Das Auge hört mit

  • In meiner Jugend war es bei manchen Musikfreunden üblich, beim Hören von klassischer Musik die Augen zu schliessen um sich von allen Umwelteinflüssen abzuschirmen.
    Bei der Schallplatte oder CD war das nicht notwendig, optische Reite waren ja keine vorhanden.
    Ich selbst habe eigentlich immer reinen Tonaufnahmen gegenüber den in meiner Jugend aufkommenden Videoaufzeichnungen den Vorzug gegeben.
    Das hatte verschiedene Gründe: Zum einen war da die schlechte Bildqualität , die mich nervte. zum anderen meinte ich, eine Tonaufnahme könne man oft abhören, eine Videoaufnahme nerve, wenn man 20 mal immer dieselben Einstelunge und Gesten des Dirigente , Pianisten oder sonstigen Interpreten sieht.


    Durch die youtube Clips ist diese Philosophie indes ins wanken geraten, und zwar, weil ich die Beobacht ung gemacht habe, daß mich Interpreten, an denen ich bislang vorüberging, plötzlich meine Aufmerksamkeit erregten, das war eher bei Pianisten als bei Dirigenten der Fall
    Der optische Eindruck verstärkte die Wirkung der Interpretation - zumindest auf mich.


    Wie ist das bei Euch ?


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Von Maria Callas gibt es relativ wenig als Videoaufnahme, da bin ich sogar froh, wenn ich ihr Auftritt in französischem Fernsehen mit Pierre Desgraupes und Luchino Visconti aus dem Jahr 1969 sehen kann. :)


    https://www.youtube.com/watch?v=NSGJVkonOks

    Über Musik kann man am besten mit Bankdirektoren reden. Künstker reden ja nur übers Geld (Sibelius)

  • Der optische Eindruck verstärkte die Wirkung der Interpretation - zumindest auf mich.


    Wie ist das bei Euch ?


    Das, lieber Alfred, würde ich so für mich nicht sagen wollen. Ich bin auch bei YouTube unterwegs und schaue mir diverse Sachen hörend an. Meist geschieht dass Gründen der Information. Einen Mehrwert - was die Interpretation anbelangt - gewinne ich daraus sehr selten. Dirigenten, die mir wichtig sind, sehe ich schon mal gern bei der Arbeit zu. Celibidache ist so einer. Seine Anwesenheit in bewegten Bildern wirkt auf mich tatsächlich gewinnbringend. Da passiert viel auf seinem Gesicht oder mit einer Bewegung. Bernstein ist dagegen grezwertig. Sein Temprament empfinde ich ehr als strörend. Karajan setzt sich zu sehr ins Bild. Da ist nichts mehr natürlich. Alles ist kalkuliert. Andere schwitzen mir zu sehr. ;) Kameras sind gnadenlos und wenig charmant. Wir hatten über solche Dinge schon mal an anderer Stelle diskutiert. Auch Sänger sehe und höre ich auch am liebsten auf Bühnen und Konzertpodien. Dort ist eine Distanz, die mir wichtig ist, um einem Werk näher zu kommen. Direkte Nähe, wie sie Filme lediglich simulieren, kann vieles zerstören. Meine Phantasie kommt ohne lllustrationen stärker in Gang.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die besten Filmdokumente der Callas finden sich - angeblich aufgebessert - in der neuen Zusammenstellung von Livaufnahmen, die demnächst bei Warner erscheint:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Vom großen Pädagogen Pestalozzi stammt die Forderung: "Alles allen Sinnen!" Daraus ergibt sich, je mehr Sinne aktiviert und angesprochen werden um so intensiver ist das Erlebnis.
    In der Lernpsychologie bestätigen zahlreiche Untersuchungen, dass und in welchem Maße der Behaltenswert eines angebotenen Lernstoffes und eines Erlebnisses steigt, wenn der vermittelte Inhalt auf mehreren Kannälen angeboten und verankert wird. Idealer Weise sollte also visuell, auditiv. kinästhetisch,haptisch angesprochen werden. Wobei es auch unterschiedliche Wahrnehmungsschwerpunkte gibt. Es kann experimentell herausgefunden werden, welcher Wahrnehmungsschwerpunkt beim Einzelnen besonders ausgeprägt ist. Wird die Botschaft auf dem dominierenden Kanal serviert, kann sie leicht aufgenommen und besser angenommen werden. Es kann vermutet werden, dass bei uns Taminos relativ häufig der Wahrnehmunsschwerpunkt audtiv gut ausgeprägt ist. Dafür spricht, dass wir gerne und überdurchschnittlich viel Musik hören.
    Bezogen auf die Fragestellung dieses Threads bedeutet dies vereinfacht, dass Bild und Ton gemeinsam geboten intensiver und nachhaltiger wirken.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Mich lenken Videos von der Musik ab, und ich lege auch keinen Wert darauf, Dirigenten beim Dirigieren und Musikern beim Spielen zuzusehen. Daher besitze ich kaum Konzert-DVDs oder -Blu-rays. Und in Live-Konzerten schließe ich oft die Augen. Eine Ausnahme ist Bernstein, dem zuzusehen einfach packend ist - von ihm habe ich alle Konzertvideos. Aber dass ich ihn gerne sehe, hat natürlich auch damit zu tun, dass ich Bernstein als Persönlichkeit verehre. Dennoch höre ich auch von ihm meistens die CD-Aufnahmen, um mich ganz auf die Musik konzentrieren zu können.


    Ganz anders ist es bei Opern, da ist das visuelle Element unverzichtbar für mich. Opern höre und sehe ich fast ausschließlich auf Videos und so gut wie nie auf CD.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ich habe für mich festgestellt, dass ich von Übertragungen von Konzerten einen weit intensiveren Eindruck von der Musik gewinne. Dabei geht es weniger darum, dem Dirigenten zuzuschauen, von denen mich mancher mit seiner Gestik eher irritiert. Aber wenn die Kamera auf das Instrument lenkt, dass den augenblicklichen Akzent setzt, dann erlebe ich dieses doch intensiver als wenn ich es rein im Radio oder von CD höre. Besonders aber hört bei mir das Auge in der Oper mit und der Sinneseindruck wird erheblich gestört, wenn das Bild nicht zum Text und zur Musik passt. Da höre ich mir dann doch lieber die Oper ohne Bild an.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Bei Live-Konzerten geht es mir so wie Gerhard, ich empfinde es viel intensiver, wenn ich das Orchester sehe. Wobei es mir auch mer um die Musiker als um den Dirigenten geht. Wenn ich sehe wie ein Musiker sein Solopart spielt und lebt, empfinde ich das Ganze viel intensiver als wenn ich es nur höre.


    Dass was Alfred da beschreibt, kenne ich auch. Wenn ich sehe wie jemand mit geschlossenen Augen der Musik lauscht, das hat etwas hingebungsvolles.Bei mir funktioniert das allerdings nicht, wenn ich zu Hause, beim Musik hören, die Augen schließe, wandern die Gedanken erst recht. Ich kann mich mit Augen auf einfach besser konzentrieren.
    Wobei ich auch keine DvDs gucke, also nicht sagen kann, ob es für mich da unterschiede zum Live-Konzert gibt.

  • Ich kann nicht mit geschlossenen Augen Musik hören. Denn ich lebe in einer Art Dauerspannung,. Kaum relaxe ich schlafe ich ein. Ich muß allso hellwach Musik hören, was leider nicht immer gelingt. Noch etwas darf ich nicht tun; Im relativ dunkelen Raum, beispielsweise nur meit einer Kerze beleuchtet Musik hören. Allmählich scheint die Musik, die da aus dem Dunkel kommt immer lauter und aggressiver zu werden, beinahe bedrohlich - natürlich nur eine subjektive Wahrnehmung - aber eine unangenehme.
    Zum eigentlichen Thema: Es sind nicht eigentlich dei Dirigenten, nein es sind die Pianisten, denen ich gerne zusehe, die mich mitreissen


    Zitat

    Aber wenn die Kamera auf das Instrument lenkt, dass den augenblicklichen Akzent setzt, dann erlebe ich dieses doch intensiver


    Was Gerhard hier beschreibt habe ich schon lange in danderem Zusammenhang beobachtet.
    In meiner Jugend, etwa zwischen 16 und 20, drehten ein Freund und ich Kurzfilme im Doppelacht Format, die wir dann vertonten. In einer Szene war eine Ente in Großaufnahme zu sehen. Da wir keine echte Ente zur Verfügung hatten bin ich als "Ente" ehrenhaber eiingesprungen und habe geschnattert oder gequakt, so gut ich halt konnte, Bei der Wiedergabe stellte sich die Frage nicht ob ich das authentisch zusatndegebracht hatte - es war einfach umwerfend naturgetraäu - durch die Verbindung von Bild undTon. Diese Verbindung von Bild und Ton (ich bin wieder beim Thema angelangt) ist auch das was Gerhard beeindruckt. Das Gehirn ist mit derart vielen Sinneseindrücken konfrontiert daß es auf die Schnelle keine Kritik üben kann. Da ist die Musik . noch dazu zweikanalig, dann das Bild, welches sich bewegt UND in Farbe ist. Dadurch gibt es weniger Beanstandungen in Sachen "naturgetreue Wiedergabe" Wenn die Mimik, oder das rhythmische "mitgehen" des Musikers sichtbar ist, dann gibt es kaum je Einwände


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Jeder hat seine Eigenarten. Meine Frau und auch ich sind ziemlich unruhige Typen. Im Konzertsaal lassen wir uns schon mal ablenken, wenn jemand mal raus muß, weil es drückt. Wenn der Schlagzeuger einen Beckenschlag vorbereitet und schon etliche Sekunden vorher aufsteht und die beiden Becken antippt, bevor der Schlag kommt, gehen unsere Augen zu ihm. Wenn die 1. Konzertmeister eine Solostelle hat, hängen unsere Augen an ihm (besonders kraß z.B. im "Heldenleben" oder im "Don Quichote" - da sind es allerdings Cello und Bratsche). Das alles lenkt oberflächlich ab, läßt aber den Gesamteindruck zu und vermindert den Genuß nicht.


    Anders im open air. Da ziehen Wolken auf, es gehen etliche Leute zwischendurch auf die Toilette, manche essen etwas (z.B. in Der Waldbühne). Die Ablenkung ist so groß, daß das Musikverständnis für uns darunter leidet. Konzerte im open air meiden wir, es sei denn, man bietet Unterhaltung an, z.B. Operettenkonzert.


    Deshalb mögen wir zwar Konzerte im Konzertsaal wegen der Atmosphäer, bevorzugen mittlerweile aber den Genuß von CD oder YT-Einstellungen. Allerdings lasse ich mich da vom schönen Kleid einer attraktiven Pianistin (z.B. Bunitiashwili) oder der nach wie vor sehens- und hörenswerten Anne-Sophie Mutter ablenken, wenn sie denn zu sehen sind. Mein Genuß wird dadurch noch verstärkt.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Deshalb mögen wir zwar Konzerte im Konzertsaal wegen der Atmosphäer, bevorzugen mittlerweile aber den Genuß von CD oder YT-Einstellungen. Allerdings lasse ich mich da vom schönen Kleid einer attraktiven Pianistin (z.B. Bunitiashwili) oder der nach wie vor sehens- und hörenswerten Anne-Sophie Mutter ablenken, wenn sie denn zu sehen sind. Mein Genuß wird dadurch noch verstärkt.

    Lieber Uli,


    Deine Reaktion ist natürlich, sympathisch, typisch männlich, also normal. Und auch Hannelore wird darüber nicht böse sein, sondern sich über einen noch so gut funktionierenden Mann freuen. :thumbsup:
    Herzlichst
    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Einfach ein paar Beispiele. Vaclav Luks, der Leiter vom Collegium 1704: temperamentvoll, aber durchaus präzise. Mir kommt er immer wie ein Bundesligatrainer, z.B. Julian Nagelsmann, vor. Dagegen Herreweghe, der eigentlich gar nicht dirigiert, sondern auf die Selbstständigkeit seiner Musiker setzt. Oder Christina Pluhar mit "L´Arpeggiata", die von der Theorbe oder Harfe aus leitet, als prima inter pares. Sehr eindrucksvoll das slowenische Vokalensemble "Ingenium" (ich habe darüber berichtet), bei dem einer der Bässe die Einsätze und Abschlüsse mit einer hochgezogenen Augenbraue gab.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Einen ähnlichen Thread muss es schon gegeben haben, aber viele neue Mitglieder forden ihr Recht und so will ich mich auch hier noch mal äußern. Also für mich kann ich sagen, das Auge hört sehr wohl mit. In der Oper sowieso, aber auch im Konzert. Allgemein werden ja bei Mitschnitten gerne immer die ausführenden Musiker/innen gezeigt. Hat der Hornist ein Solo dann ist er, ist die Flötistin dran, dann sie usw. Ich kenne ja die meisten Stücke und da ist es immer interessant, wie der oder diejenige die jeweilige Stelle präsentiert. Beim Bayerischen Rundfunksinfonieorchester fällt mir oft der Solo-Oboist auf, der nun auch in die Jahre kommt, aber immer so schön seine Pustebacken aufbläst. Manchmal übertreibt aber auch die Regie und zeigt immer wieder und wieder die Lieblinge der Kamaraleute, wobei wichtige Ausführende unterschlagen werden, das ärgert mich schon. Und natürlich steht für mich der Dirigent im Vordergrund, wie er das Orchester führt. Wenn hier Bernstein genannt wird, nun gut, der gehört zu einer ausgestorbenen Spezies, das bewerte ich nicht über, kann ihn aber sehen. Und natürlich Carlos Kleiber, dem lag die Musik im Blut, wie schade, dass sich die Aufnahmen sehr in Grenzen halten, da ist die Musik wahrlich eine Augenweide. Nicht sehen muss ich den Guru Celibidache, so schwerfällig wie seine Gesten, so kommt die Musik herüber. Ich habe ihn mal in seinen jüngeren Jahren im Konzert erlebt, da war er geradezu ekstatisch. Auch Abbado und Nelsons sind interessant. Karajan ist akzeptabel in wirklichen Live-Mitschnitten, ganz und gar nicht in den gestellten Filmen, wo die kahlköpfigen Musiker angeblich Perücken auf haben mussten. Nicht zu vergessen Riccardo Chailly, der ja öfter in TV-Aufnahmen zu sehen ist, das ist mehr als eindrucksvoll. Und in Solokonzerten finde ich es immer besser, wenn man den/die Solisten/in optisch begleiten kann. Beim nur Musikhören Auge zu, das mache ich nicht. Die Gefahr ist aber, dass man abgelenkt wird. Da ist es gut, wenn ich die Partitur habe, dann kann ich mitlesen, das ist immer aufschlussreich.
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Das Auge hört mit, sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Wie einige Vorredner schon beschrieben haben, kann es sehr bereichernd sein, in Konzerten auch zusehen zu können, wie die Musik im Augenblick entsteht, durch welche Instrumentengruppen ungewöhnliche Klangkombinationen entstehen, wie sich ein großes Crescendo aufbaut oder wie eine Sängerin eine Phrase fein ziseliert in den Raum entschweben lässt.


    Es gibt aber auch Auftritte - sowohl von Instrumental- als auch Gesangssolisten - da empfinde ich den Anblick des Solisten eher als störend, so perfekt der musikalische Ausdruck in dem Moment auch sein mag: wenn z.B. der Pianist sich so verausgabt, dass ihm die Haare am Kopf kleben und der Schweiß in Strömen auf die Tastatur tropft; wenn der Kopf eines Sänger oder einer Sängerin rot über einem angeschwollenen Hals anläuft, nur weil eine höhere Note mal länger als eine Sekunde gehalten werden muß oder wenn Solisten sich an ihrem Instrument winden, als erlitten sie körperliche Schmerzen beim Spiel. All das sind Momente, wo ich mir eine größere Entfernung zur Bühne wünsche... Ein zuviel an optischer Nähe zerstört in so einer Situation für mich den Zauber der Musik. Gleiches gilt auch für TV-Übertragungen, bei denen mit der Kamera schamlos soweit in die Gesichter der aus- oder aufführenden Künstler gezoomt wird, dass man den Zahnstatus der hinteren Molaren ohne Probleme erkennen kann - ob man möchte oder nicht (gerade auch wieder beim Salzburger Titus) :no:


    Beim Musikhören zuhause, auch gerade über Kopfhörer, schließe ich gerne die Augen, da ich so sehr viel intensiver die Musik hören kann. Ich kann dann Details entdecken, die mir bei geöffneten Augen entgangen wären.

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Auch in der Oper sitze ich am liebsten im Rang, um auch das Orchester bei der "Arbeit" zu sehen. Außerdem geht in jedem Opernhaus der Klang nach oben. Deswegen sage ich immer: "Wer Orchestersessel bucht, hat mehr Geld als musikalischen Sachverstand".
    Allerdings gibt es beim Anblick des Orchesters manchmal unliebsame Überraschungen. Da werden Bücher und Zeitungen gelesen, und am Schluss schleichen sich die Orchestermitglieder, die nichts mehr zu spielen haben, mehr oder weniger (meist mehr) aus dem Orchestergraben.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Auch in der Oper sitze ich am liebsten im Rang, um auch das Orchester bei der "Arbeit" zu sehen.

    Geht mir auch so. Oft finde ich sogar das Orchester viel interessanter als das, was da auf der Bühne vor sich geht. Ich gucke dann lieber dauerhaft in den Orchestergraben als auf die Bühne.
    Allerdings habe ich noch nie lesende Orchestermusiker gesehen. So etwas gibt es zum Glück in Frankfurt nicht. Die würden sicherlich sofort rausgeschmissen werden.

  • In Düsseldorf sitze ich immer im 3. Rang 1. Reihe und in Duisburg im 2. Rang. Zum einen wegen der Akustik und zum anderen wegen der hübschen Geigerinnen

  • Das kann ich nun gar nicht verstehen. Gerade weil mir das visuelle Erlebnis in der Oper sehr wichtig ist, sitze ich am liebsten relativ weit vorne im Parkett. Bei nicht zu großen Opernhäusern sitze ich auch gerne auf dem Balkon bzw. 1. Rang in der 1. Reihe, aber diese wenigen Plätze sind meistens schnell ausverkauft oder bei Premieren für geladene Würdenträger reserviert. Die höheren Ränge gehen gar nicht, da erkennt man auf der Bühne doch nur mit Fernglas etwas. :thumbdown:


    Ich sehe in der Oper auch lieber attraktive Sängerinnen als Musikerinnen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Zitat von Dr.Pingel: Deswegen sage ich immer: "Wer Orchestersessel bucht, hat mehr Geld als musikalischen Sachverstand".

    Lieber Dr. Pingel,


    ich gehe seit jeher in die entfernteren Ränge, sowohl bei der Oper als auch im Konzert, auch wenn in manchen Opernhäusern auch dann nicht das Orchester voll zu sehen ist. Der Klang erscheint mir viel besser.
    Einmal habe ich in einer Oper in der ersten Reihe gesessen, weil wir von einer Bekannten, die immer glaubte, das Teuerste schenken zu müssen, eingeladen waren. Nicht nur der Musikalische Genuss war schlechter, sondern man sah auch noch die Schminke sehr deutlich und manchmal hörte man auch den Souffleur.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Neben mir haben in Düsseldorf und Duisburg viele Dirigenten gesessen, die das Dirigat zu einem späteren Zeitpunkt von ihrem Kollegen übernomnen haben. Alle haben gesagt, daß im höchsten Rang die Akustik am Besten ist und man von dort aus den kompletten Überblick hat. Und den Klang und die Sänger kann man in Rang bessser wahrnehmen als im Parkett.

  • Und den Klang und die Sänger kann man in Rang bessser wahrnehmen als im Parkett.

    Das ist definitiv so. Im Parkett sitze ich grundsätzlich nicht gerne. Der Klang geht über einen hinweg, die Sicht ist nicht so gut bzw. sehr angestrengt. Da sind die Ränge wesentlich besser. Der Klang ist direkter, voller, wärmer, transparenter.

  • Alle haben gesagt, daß im höchsten Rang die Akustik am Besten ist und man von dort aus den kompletten Überblick hat.


    Den Überblick hat man dort, nur erkennt man nichts mehr :D


    Im Parkett sitze ich grundsätzlich nicht gerne. Der Klang geht über einen hinweg, die Sicht ist nicht so gut bzw. sehr angestrengt. Da sind die Ränge wesentlich besser. Der Klang ist direkter, voller, wärmer, transparenter.


    Warum soll die Sicht angestrengt sein? Vielleicht in der vordersten Reihe, weil man da die ganze Bühne nicht im Blickfeld hat, aber ein paar Reihen weiter hinter ist die Sicht auf die Bühne optimal. Und der Klang ist in den oberen Rängen sicher nicht direkter als vorne im Parkett, er ist nur besser durchmischt und daher ausbalancierter. Die Direktheit geht da oben gerade verloren, und es ist sicher auch eine Frage des persönlichen Geschmacks, was man vorzieht. Ich höre eine links auf der Bühne stehende Sängerin auch gerne von links etc., und ich mag Musik auch gerne laut.


    Hier als Beispiel die Sicht von verschiedenen Plätzen im Opernhaus Antwerpen, ein typisches traditionelles Opernhaus mit Parkett und Rängen:



    2. Reihe Parkett: Man ist nah am Bühnengeschehen, was ich sehr mag. Bewegungen, Mimik und Gestik der Sänger/innen sind sehr gut wahrnehmbar.



    1. Balkon, 1. Reihe: Eine gute Alternative (hier allerdings etwas zu seitlich): man hat einen guten Überblick, ist aber noch halbwegs nah an der Bühne und kann dort noch Einzelheiten erkennen. Weiter oben möchte ich nicht sitzen.



    Der oberste Rang. Überblick - na ja, vielleicht auf die Kopfbedeckungen der Sänger :D . Geht für mich gar nicht, dann schaue ich mir lieber eine Übertragung im Fernsehen an.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Warum soll die Sicht angestrengt sein? Vielleicht in der vordersten Reihe, weil man da die ganze Bühne nicht im Blickfeld hat, aber ein paar Reihen weiter hinter ist die Sicht auf die Bühne optimal.

    Überhaupt nicht. Im Parkett hat man ständig Köpfe vor sich, muß sich hin- und her winden und kann die Übertitel nur mit Genickstarre verfolgen.

  • Ein Streit darüber macht wenig Sinn, weil die Präferenzen offensichtlich verschieden sind. Was ja auch Vorteile hat, weil Ihr mir nicht die von mir bevorzugten Plätze wegkauft (und umgekehrt).

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zu nahe dran kann auch Nachteile haben, wenn man z.B. sieht, dass der Sänger dringend zum Zahnarzt muss und die Sängerin um eine Mandeloperation nicht herumkommt.
    Die Sache mit den zeitungslesenden Orchestermusikern habe ich vor Jahren in Duisburg bei der Poppea erlebt; daraufhin habe ich ein geharnischtes Schreiben an den Intendanten verfasst, was auch gewirkt hat. Ein anderes meiner Schreiben an die Düsseldorfer Sänger hat nicht gefruchtet. Ich hatte mich beschwert, dass die Sänger beim Beifall die besten Kenner und Klatscher, nämlich die aus dem dritten Rang, keines Blickes würdigen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Zitat

    Zitat von Dr. Pingel: Ich hatte mich beschwert, dass die Sänger beim Beifall die besten Kenner und Klatscher, nämlich die aus dem dritten Rang, keines Blickes würdigen.

    Ja, mein lieber Dottore, das sind ja auch die Leute, die weniger zahlen und nicht für alles klatschen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Nur ein paar Worte über den Klang (der ja hier eigenlich nicht das Haupthema ist)
    Im Rahmen meine Beschäftigung mit HIFI und STEREO habe ich gelernt, daß es (zumindest) zwei Arten von Musikliebhabern gibt:
    Die eine Gruppe will den Orchesterklang möglichst vermischt, als Klangwolke oder Gesamtklang ("So hat es der Komponist gewünscht") erleben, die andere möchte jedes Instrument genau orten können, sozusagen ein analytisches Klangbild*1) geboten bekommen. Daher auch verschieden Präferenzen bei der Wahl der Sitzplätze. Gut gebaute Konzertsäle und Opernhäuser sind ja stets leicht abschüssig gebaut. da sollte der Vordermann nicht stören. Ganz vorn zu sitzen kann in der Tat desillusionierend sein, das Schlimmst sind IMO indes Seitenlogen, Sie sind ideal um seinen gesllschaftlichen Anspruch zu betonen, zum Musikhören indes weniger geeignet.


    Interpretinnen ann ich gerne akzeptieren, wenn sie aber durch "aufreizende Kleidung" punkten wollen, dann beschleicht mich ein Gefühl des Unbehagens und der Abneigung. Ein elegantes schwarzes, dunkelblaues oder weinrotes Kleid oder ein Hosenanzug sollten IMO die Kleidung der Wahl sein.
    Es bleibt in letzter Konsequenz natürlich dem Interpreten selbst (oder seinem PR Management) überlassen wie er sich kleidet......



    *1)Diese Diskussion kam vor allem in den 60er Jahren auf, als Stereo zwar auf Produktionsebene, nicht aber beim Konsumenten durchgesetzt war und man über Sinnhaftigkeit der neuen Technologie stritt. (Ich war ein begeisterte Anhänger davon - vor allem über Kopfhörer - habe aber Quadrophonie boykottiert)


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner