Das völlig verkommene Opernhaus Zürich hat wieder eine halbwegs normale Neuinszenierung herausgebracht. Wie heißt es doch so schön: Wunder gibt es immer wieder. Und auch diese Aufführung bestätigte, was ich immer gesagt habe: Klassische Inszenierungen demaskieren gnadenlos ein tiefes musikalisches Niveau. Aber nun der Reihe nach.
Der für seine beknackten Produktionen sonst so gehypte Barrie Kosky ist wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden und meinte: "jetzt probiere ich es mal seriös". Seine Bühenbildnerin Rebecca Ringst, sonst auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, hat sich mal etwas angestrengt und eine aufwändige Wiese auf die Bühne gestellt, in die eine Drehbühne integriert war, dahinter zahlreiche Bäume. Sieht hübsch, aber auch irgendwie stümperhaft aus, wenn man bedenkt, wie einst die großen Bühnenbildner ihre Kulissen gebaut haben. Die Kostüme von Claus Bruns sind ländlich, zeitlos und deuten vage das ausgehende 19. Jh an. In diesem Rahmen wird eigentlich die Handlung fast so erzählt, wie es im Buche steht. Nicht besonders gut, aber auch nicht schlecht. Das Bett in dem Tatjana ihren Liebesbrief schreibt wird durch einen Scheinwerferkegel angedeutet, lediglich dass sich Lenski vor seiner großen Arie mit Wodka antrinkt ist ärgerlich und widerspricht dem Geist der Musik Tschaikowskis. Nach der Pause wird der Palast des Fürsten Gremin auf die Bühne gestellt, die einleitende Polonaise wird bei geschlossenem Vorhang gespielt. Besser so, wenn man unfähig ist, eine gescheite Choreographie auf die Bühne zu stellen. Zur letzten Szene wird der Palast wieder abgebaut und Onegin und Tatjana spielen die letzte Szene wieder auf der nun verregneten Wiese. So weit, so gut....
Wenn die Sänger gepasst hätten, wäre es ein schöner Abend gewesen. Wurde es aber nicht. Peter Mattei singt den Onegin an allen grossen Häusern, aber überzeugt hat er mich nicht. Eine schöne Stimme, aber er tut sich mit der russischen Aussprache äusserst schwer, die Intonation ist unsauber, darstellerisch bleibt der Sänger blass und unbeholfen. Olga Bezsmertna gefiel mir als Tatjana überhaupt nicht. Die Stimme klang dünn und schrill-tremolierend, besonders in der Höhe. So wurde die Wirkung der Briefszene weitgehend verschenkt, da wo sich sonst Anteilnahme einstellen sollte, bleib mein Gefühl weitgehend indifferent. Das wahre Ärgernis der Aufführung hieß Pavol Breslik in der Rolle des Lenski. Es ist ein Skandal, dass dieser Sänger gerade in Zürich und München regelmäßig Hauptrollen singen darf. Die Stimme klingt meckrig im Timbre, unangenehm hoch, keine Stilistik....So störte der Sänger bereits massiv das Quartett des ersten Akts, das "Kuda" offenbarte auf brutale Weise die stimmlichen Defizite des Sängers. Wieviel begeisterten Applaus erhielt 2010 Piotr Beczala am gleichen Ort für diese Arie, der man damals mit angehaltenem Atem folgte? Christoph Fischesser als Gremin sang seine Arie etwas knorrig, was aber für diese Rolle durchaus angemessen ist. Einen warmen Alt präsentierte die Rollenadäquate Ksenia Dudnikova als Olga, auch Liliana Nikiteanu als Larina und Margarita Nekrasova als Filippjewna sangen durchweg ausgezeichnet. Martin Zysset war ein herrlich affektierter Triquet. Etwas schrill und undifferenziert tönte der von Ernst Raffelsberger einstudierte Chor. Das Orchester unter Stanislav Kochanovsky hatte einen rabenschwarzen Tag. Da passten die Einsätze der Bläser weitgehend nicht, da waren rhytmische Unsauberkeiten in der Polonaise, da wurde nur selten ein spannungsbogen hergestellt.... Bescheiden.....
Fazit: Schade, dass eine Inszenierung mit durchaus Potential , durch unzureichende Sänger so schlecht zur Geltung kommt. Kaum zu glauben, aber das war das erste Mal, dass ich mich bei Eugen Onegin gelangweilt habe....Der Applaus am Ende war höflich, mehr nicht.