Gestern abend war ich in der Stuttgarter Oper, um die letzte Oper von Benjamin Britten nach Thomas Manns bekannter Novelle zu hören und zu sehen. Die Oper wurde von Denis Volpi (Nachwuchskünstler des Jahres) vom Stuttgarter Ballett inszeniert, dessen Ballett "Krabat" zu den Highlights des Stuttgarter Balletts gehört. Während mich selbiges im Frühjahr begeisterte, kam ich mit sehr zwiespältigen Eindrücken von diesem Opernabend zurück.
Ich muss vorausschicken, dass ich die Oper nicht kannte, und mit dem Opernschaffen insgesamt von Benjamin Britten wenig vertraut bin. Außer einer genialischen Aufführung des Mittsommernachttraums vor 30 Jahren in New York durch das Juilliard Opera Ensemble hatte ich noch nie eine Oper von ihm auf der Bühne erlebt.
Die Inszenierung durch den Stuttgarter Ballettchoreografen stellt natürlich die auch in der Vorlage angelegten Bezüge zum Tanztheater in den Vordergrund. Die am Strand spielenden Kinder, die polnische Familie des Tadzios, er selbst und zahlreiche andere Episoden werden getanzt. Auch von Aschenbach hat einige beinahe tänzerische Einlagen zu leisten.
Die ganze Geschichte findet bei Volpi im Kopf von Aschenbach statt, d.h. er verlässt sein Bücherzimmer über den ganzen ersten Akt nicht, und die Bücher dienen als Requisiten auch für die Spiele der Jungen am Strand, als Gepäck etc. Statt Gondolieren gibt es Hotelkofferwagen und Venedig, den Strand und das Hotel muss man sich dazu denken. Konsequenterweise stirbt der Dichter am Ende auch nicht, sondern erwacht aus einem bösen Albtagtraum. Eine Szene gegen Ende des ersten Aktes, verlässt das ansonsten sehr nüchterne, und kalte, wenn auch raffiniert sich ständige ändernde Bühnenbild und zeigt Apollo auf einer überaus kitschigen Riesenblume tanzend, eine Szene die Jeff Koons gestaltet haben könnte. Eindrucksvoll und beklemmend die Szenen, bei denen sich die tödliche Seuche ankündigt und das Geschehen immer mehr bestimmt. Und ohne Zweifel eine Riesenleistung von Matthias Klink in der Hauptrolle, die ja auch zu seiner Kür als Sänger des Jahres wesentlich mit beigetragen hat.
Und trotzdem hat mich das Geschehen auf der Bühne überhaupt nicht berührt und teils sogar genervt. Ob das jetzt am Sujet, der Inszenierung, der Oper selbst oder einer Mischung aus allem lag, muss ich noch auseinander sortieren.
Ein zwiespältiger Abend jedenfalls für mich.