Il turco in Italia - Bayerische Staatsoper, 18. Oktober 2017

  • Rossinis ein wenig im Schatten vom Barbier und von Aschenputtel stehender "Il turco in Italia" (1814) stand am Mittwoch in einer Inszenierung von Christof Loy auf der Bühne der Staatsoper München. Sängerisch aufgeboten war eine gute Mischung aus bekannten Namen und Newcomern.


    Ildebrando D'Arcangelo sang mit mächtiger und doch zugleich flexibler Baßstimme der Selim. Standesgemäß schwebte er zu Beginn der Vorstellung auf einem fliegenden Teppich auf die Bühne und konnte er vor allem darstellerisch seine komödiantische Seite zeigen. Auch musikalisch blieben keine Wünsche offen: vom auftrumpfenden Ton eines türkischen Fürsten bis zur Durchtriebenheit, mit der er mit Don Geronio über den Verkauf Fiorillas verhandelt ("D'un bell'uso di Turchia"). Die Donna Fiorilla fand eine ideale Interpretin in Olga Peretyatko-Mariotti. Stimmlich und auch darstellerisch gelang ihr der Spagat und die Wandlung von der zur Treulosigkeit neigenden Koketten hin zur reumütigen und liebenden Gattin. Mit runden Spitzentönen perlten ihr die Koloraturen der Fiorilla munter aus der Kehle. Aber auch für die melancholischeren Töne zum Ende der Oper ("I vostri cenci vi mando") fand sie die richtigen Schattierungen ihrer wandlungsfähigen Stimme. Ihren Ehemann Don Geronio sang mit Rossini-erprobtem Bariton Alessandro Corbelli. Beeindruckend nach wie vor die Schnelligkeit seines (und auch Fiorillas) Parlando-"Geplapper" in dem bekannten Duett "Per piacere alla signora".


    Don Narciso, der Liebhaber der Fiorilla bei Beginn der Oper, fand einen eindrücklichen Interpreten in Michele Angelini. Sang er am Anfang auch noch etwas verhalten, steigerte er sich enorm im Laufe der Vorstellung, um dann im 2. Akt in seiner Arie "Intesi... Tu seconda il mio disegno" das Publikum zu langanhaltendem Szenenapplaus hinzureissen. Die Spitzentöne gelangen mühelos und klangen frei und unangestrengt. Der Drahtzieher der Handlung, der Dichter Prosdocimo, wurde von dem jungen Bariton Sean Michael Plumb dargestellt. Plumb ist seit Beginn der Spielzeit Ensemblemitglied in München. Er verfügt über eine volle, mühelos expandierende Baritonstimme, die sich auch in den schnellen Phrasen sehr wohl fühlte. Zwei junge Mitglieder des Opernstudios der Staatsoper waren in den kleineren Rollen der Zaida (Paula Iancic) und des Albazar (Long Long) zu hören. Paula Iancic beeindruckte mit einer quecksilbrigen, aber auch tragfähigen Sopranstimme.


    Die Leitung des munter und perlend aufspielenden Bayerischen Staatsorchesters lag in den Händen des Italieners Antonello Allemandi. Diese Inszenierung nach einer Produktion der Staatsoper Hamburg hatte ihre Münchner Premiere bereits im Juli 2007. Christof Loy verlegt die Handlung der Oper in das Italien der 60er Jahre. Abgesehen von der zeitlichen Verlegung folgte die Handlung recht getreu dem Libretto. Die geschmackvollen und farbenfrohen Kostüme sowie die warme Farbe der Beleuchtung zauberten eine sonnige italienische Atmosphäre auf die Bühne. Auch wenn einige Regie-Ideen den schmalen Grat zum Klamauk schon etwas überschritten (z.B. der Boxkampf zwischen dem Türken und Don Geronio), entließ dieser gelungene Opernabend die Zuschauer mit einem Lächeln im Gesicht in den warmen Münchner Herbstabend.

    ... in diesem Sinne beste Grüße von orsini


    „Das Denken ist zwar allen Menschen erlaubt, aber vielen bleibt es erspart.“
    Curt Goetz

  • Lieber orsini, vielen Dank für diesen Bericht. Bisher habe ich diese Produktion immer "links liegenlassen", aber nun werde ich einen Besuch - sofern sie hier in Hamburg wieder aufgenommen werden sollte - ernsthaft in Erwägung ziehen.

    mfG Michael


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