MARTINU Bohuslav - Die Sinfonien und sinfonischen Werke


  • Da der alte Martinu-Thread sich allmählich zu einem Sammelsurium aller Sparten seines Schaffens entwickelte, habe ich beschlossen von vorne zu beginnen und die einzelnen Sparten separat zu besprechen. Martinu dürfte im Laufe der Jahre auf mehr Interesse gestoßen sein, immerhin weist sein "gemischter Thread" 11299 Seitenaufrufe auf. Ja gewiss innerhlab eines Jahrzehnts, aber für einen angeblich 3unbekannten "Komponisten doch bemerkenswert.


    Martinu hatte keine richtige Zuneigung zur Sinfonie, Deshalb begann er erst sehr spät welche zu komponieren, Als tschechischer Jude konnte er von Paris aus, wo er seit 1923 lebts, verfolgen, dass seine Werke in seinem Vaterland bereits von den Nazis verboten worden waren, Da deren Einmarsch in Paris bevorstand flüchtete er in die USA, wo er sofort einflussreiche Mentoren fand.


    Dort schrieb er im Alter von 52 Jahren seine erste Sinfonie, deren Komposition sich über Monate hinzog. Er selbst behauptete, für die Sparte Sinfonie nicht genügend „vorbereitet“ zu sein. Martinus erste Sinfonie, die ist dem Andenken von Natalie Koussevitzky , Ehefrau von Serge Kaussevitzky gewidmet, welcher in jenen Tagen eine bedeutende Rolle in der amerikanischen Musikszene spielte. Er, bzw seine „koussevitzky music foundation“ war es, die Martinu den Auftrag zu den ersten fünf Sinfonien gaben.


    Ex User Maik schrieb im allgemeinen Martinu Thread am 12. April 2008

    Zitat

    Nachdem ich vor ein paar Wochen die sechs Symphonien Martinus kennen gelernt habe, blieb von diesen selbst nicht viel hängen. Was ich irgendwie seltsam finde, da ich sie, wenn ich sie hörte, als interessant und wie hier auch schon angeklungen mitreißend empfand...nur im Anschluss war nichts mehr da.


    Ich gehe davon aus, dass dies ein Problem seiner Sinfonien sein könnte (?)


    Die erste Sinfonie ist mit einer Spieldauer von etwa 40 Minuten mit Abstand die längste in Martinus Schaffen. Sie trägt den Beinamen „Die Epische“ Martinu findet eine eigene individuelle Tonsprache und verzichtet auf besonders originelle Instrumentierung oder ausgeprägte Dynamik. Die Sinfonie ist nicht atonal, bedient sich aber einer moderaten erweiterten Tonalität. Martinu bezeichnete sie selbst als „ruhig und lyrisch“ Das kann ich allerdings nicht absolut bestätigen, stellenweise ist sie durchaus rhythmusbetont, in der Dynamik (meiner Aufnahme ?) allerdings eher moderat….


    A propos Aufnahme;; Ich besitze die her abgebildete BIS Aufnahme in der ebenfalls abgebildeten BRILLIANT Ausgabe (3 CDs) Letztere ist bereits gestrichen, die BIS Aufnahme ist wieder verfügbar (derzeit 34.99 Euro)
    Die BRILLANT Ausgabe dürfte sich nicht gut verkauft haben. Sie sollte ursprünglich 13.99 Euro kosten, wurde dann auf 9.99 Euro gesenkt. Mich interessierte, was ICH dafür bezahlt hatte. Ich fand die Rechnung vom 16.12. 2013 !! , da wurden mir unverschämte 5.99 Euro abgeknöpft...... :D


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Passend zu diesem neuen Thread im Taminoforum bringt das Label CAPPRICCIO eine Neueinspielung aller 6 Martinu-Symphonien heraus. Das Radio-Symphonieorchester Wien spielte unter seinem Chef Cornelius Meister diese Werke zwischen 2011 und 2017 in seinen Konzerten im Wiener Konzerthaus. Die Live-Mitschnitre wurden dann zur GA gebündelt. Es ist also keine Martinu-GA aus einem Guss, innerhalb weniger Tage oder Wochen aufgenommen, sondern verteilt über einen Zeitraum von 6 Jahren.


    Diese Neuheit wird sicher ihren Weg zu mir finden.



    Grüße
    Garaguly

  • Sinfonien von Bohuslav Martinu (1890 - 1959):
    Wie richtig erkannt wurde erfüllen die Sinfonien Nr.1-5 von 1942 - 1946 nur einen kleinen Lebensabschnitt Martinus, der in den USA im Exil lebte.
    Der Sinfonien -Zyklus ist also kein Lebenswerk, wie bei anderen Komponisten, aber trotzdem sind es interessante Werke, die begeistern können.


    Die Sinfonie Nr.6 (1953) hebt sich daher auch völlig von den anderen 5 Sinfonien ab und ist mehr eine frei sinfonische Fantasie in einem anderen Klanggewand.


    Martinu hatte vor seinen Sinfonien schon mehrere Sinfonie-Versuche unternommen - so 1924 mit einer ersten Sinfonie, mit der er aber nicht zufrieden war.
    Die erste freigegebene Sinfonie war 1928 die
    Rhapsodie für großes Orchester (1928.) mit Widmung an Serge Kussewizky.
    In der Orchesterpartitur wurde dann aber die Bezeichnung Sinfonie gestrichen und durch o.g.Bezeichnung ersetzt.


    Bohuslav Martinus Sinfonien sind in den Aufnahmen mit Bryden Thomson sehr gut gelungen. Wirken jedoch gegenüber dem von Alfred genannten Järvi-Zyklus auf BIS (heute auch auf Brilliant) etwas nervös und haben nicht diese etwas dunklere Atmosphäre wie bei Järvi. Es sind jedoch beide GA sehr gut und empfehlens- und hörenswert. Klangtechnisch sind Beide auf aktuellem Stand.


    Wie ich soeben feststelle ist diese hervorragend klingende Chandos-GA noch bei jpc verfügbar ...


    Symphonien Nr. 1-6
    Royal Scottish Orchestra, Thomson
    6543756.jpg - neues Cover =
    Chandos , 1989-89, DDD





    Weitere Sinfonische Werke Martinus:
    Bohuslav Martinu hat seinen eigenen unverkennbaren Stil. Seine Werken wirken auf den Hörer moderner als die vieler seiner Zeitgenossen. Er suchte nach neuen Ausdrucksformen, die er formal in der barocken Form des Concerto grosso fand und in sein impressionistisches Klanggewand eingebunden hat.
    Beispiele hierfür sind die Sinfonia Concertante für zwei Orchester (1932), das Concerto grosso für Kammerorchester (1937), den Tre Ricercari (1938.) , dem Konzert für Sterichquartett und Orchester (1931) und einem seiner grössten Werke dem


    :!:Doppelkonzert für 2Streichorchester, Klavier und Pauken (1938.).


    :angel: Das Doppelkonzert gehört für mich zu den herausragenden Werken des 20.Jhd. und ist zusammen mit dem Violinkonzert Nr.2 sein beliebtestes Werk.
    Das Klavier hat in mehreren Werken Martinus eine weniger solistische Funktion und agiert als obligates Klavier.
    Martinu hält den Hörer während des gesamten Konzertes auf Hochspannung.
    1.Satz Poco allegro
    Gleich zu Beginn fängt das Werk hochdramatisch an, packt den Hörer und erzeugt läßt ihn bis zum Ende nicht mehr los - laufende Gänsehaut vorprogrammiert.
    2. Satz Largo
    Hier wird der Hörer nicht mit einem langsamen Satz, wie in vielen Werken der reinen Klassik abgespeist, sondern mit weiterer Hochspannung. Das einzige was Largo ist, ist das Tempo in diesem Satz.
    3.Satz
    Nach kurzem Ruhepol am Ende des 2.Satzes erneut dramatischer Beginn. Der Satz ist sehr rhythmisch, sodass man kaum ruhig sitzen bleiben kann - fantastische Musik.


    *** Die Aufnahme mit James Conlon/Orchestre National de France (APEX)ist klangteschnisch sehr gut und lässt allen Orchestergruppen ihren Raum.
    Zum kennenlernen eine TOP-Aufnahme. Sie ist aber wesentlich kontrollierter, als meine weitere tschechische Aufnahme mit Stanislav Macura/ Tschechische PH (PANTON, 1979, ADD).
    - Leider ist auch diese PANTON-CD nicht mehr verfügbar -
    Die emotionale Spielfreude ist bei den Tschechen weitaus höher, da sie Ihren Landsmann in besten Licht erstahlen lassen wollen, als beim französischen Orchester. Klar das ich die unbändigere tschechische Version bevorzuge.


    Hier die CD-Auswahl der angesprochenen Aufnahmen:


    Doppelkonzert für Klavier, Pauken & Orchester
    Konzert für Streichquartett & Orchester
    3 Ricercare

    Heisser, Camosi, Quatuor Brandis, Orchestre National de France,
    Conlon

    APEX, 1990, DDD


    oder als Doppel-CD, mit weiteren sinf.Werken:
    Sinfonietta "La Jolla"
    Les Fresques
    Toccata


    ERATO, 1982-1900, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Passend zu diesem neuen Thread im Taminoforum bringt das Label CAPPRICCIO eine Neueinspielung aller 6 Martinu-Symphonien heraus. Das Radio-Symphonieorchester Wien spielte unter seinem Chef Cornelius Meister diese Werke zwischen 2011 und 2017 in seinen Konzerten im Wiener Konzerthaus. Die Live-Mitschnitre wurden dann zur GA gebündelt. Es ist also keine Martinu-GA aus einem Guss, innerhalb weniger Tage oder Wochen aufgenommen, sondern verteilt über einen Zeitraum von 6 Jahren.


    Dazu ein kleines Video von der jpc-Seite, in dem Cornelius Meister einnehmend über den Komponisten spricht:


    https://www.jpc.de/flv/084/0845221053202_1.mp4


    Ich werde mir dieser Tage die Sinfonie zunächst mal auf Spotify anhören.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Die Sechste Sinfonie "Fantaisies symphoniques" hat Martinu zum 75-jährigen Bestehen des Boston Symphony Orchestra komponiert. Im Januar 1955 wurde das Werk dann vom BSO unter der Leitung von Charles Munch uraufgeführt.
    Martinu sagte dazu: "Ich hatte einen ganz bestimmten Grund, dieses Stück zu komponieren: Ich wollte etwas für Charles Munch schreiben. Er imponiert mir, und mir gefällt sein spontanes Herangehen an die Musik: Bei ihm nimmt ein Stück aus sich heraus Gestalt an und kann ganz ungehindert eine Eigendynamik entwickeln. Durch ein fast unmerkliches Anziehen oder Abbremsen des Tempos beginnt eine Melodie plötzlich zu leben [...] Dies hat etwas [...] mit Munchs Auffassung und seinem Dirigierstil zu tun."


    Die Einspielung für RCA fand am 23. April 1956 in der Boston Symphony Hall statt und ist hier enthalten:


  • Eine klassische Aufnahme der Martinu-Symphonien ist die von Vacalv Neumann mit der Tschechischen Philharmonie. Die sollte eigentlich in keiner Martinu-Sammlung fehlen:



    Ich habe noch einen sensationell hochdramatrischen Konzertmitschnitt der 6. Symphonie und "Parables" ebenfalls mit der Tschechischen Philharmonie mit Charles Munch - es gibt keine Abbildung mehr und bei amazon kostet sie 112 Euro!


    https://www.amazon.de/Parables…&keywords=munch+martinu+6


    Diese CD hier, auch in meiner Sammlung:



    kostet 323,84 Euro. Glück hat der, die sie in seiner Sammlung hat! :P


    Schöne Grüße
    Holger

  • Erlaube mir auf den Zyklus der Sinfonien mit dem Dirigenten Béhlolavek hinzuweisen (2011 erschienen):



    Aus einer Rezension:
    »Anlässlich Martinus 50. Todestag hatte Jirí Belohlávek, seit 2006 Chefdirigent des BBC Symphony Orchestra, in London Martinus Sinfonien aufs Programm gesetzt. Die Mitschnitte der Konzerte in der Londoner Barbican Hall sind nun in einer auch klangtechnisch mehr als zufriedenstellenden 3-CD-Box erschienen. Jirí Belohlávek erweist sich als berufener Dirigent, der für Martinus Sinfonik ein zündendes Plädoyer ablegt.


    Jirí Belohláveks interpretatorischer Zugriff zeichnet sich vor allem durch eine differenzierte Offenlegung des komplexen Orchestersatzes aus. Ostinate Rhythmen, überlagert von Kantilenen in den Bläsern, Gegenbewegungen in den tiefen Streichern, perkussive Akzente des Klaviers (das als Klangfarbe in Martinus Orchester eingegliedert ist) – all das weiß Belohlávek sorgsam zu gewichten. Und das BBC Symphony Orchestra setzt die Vorgaben des Dirigenten feinfühlig um. Insbesondere den Holzbläsern gebührt großes Lob für die Spritzigkeit der ihnen anvertrauten Anteile. Vor allem das Farbenspiel, das Martinu in seinen Sinfonien aufbietet, kommt hier bestens zur Wirkung … «

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Diese CD hier, auch in meiner Sammlung:



    kostet 323,84 Euro. Glück hat der, die sie in seiner Sammlung hat! :P


    Hallo Holger,


    gut das Du diese CD noch gefunden hast. Das ist die PANTON-CD von der ich in Beitrag 3 überschwenglich berichtet hatte (- leider nicht mehr verfügbar -).
    Die Interpretationen der drei grossen sinfonischen Werke sind absolut ausgefeilt, von Hingabe und Kenntnis gekennzeichnet - der Hammer:
    Doppelkonzert (1938)
    Rhapsody-Concerto (1952)
    Les Parables (1957 - 58)


    Das Doppelkonzert ist auch eine verkappte Sinfonie, da eigendlich kein Soloinstrument wirkliche solistische Aufgaben hat und passt deshalb sehr gut in diesen Thread für Martinus sinfonische Werke. Man sollte auch keine allzugrosse Trennung zwischen Sinfonie und Konzerten machen, weil der Übergang zwischen Beidem bei Martinu sehr fliessend ist.
    Seine reinen 6 Sinfonien sind ohnehin nur ein ganz kurzer Abschnitt (1942 - 1946) in Martinus Lebenswerk !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • In der neusten FONO Forum - Oktober 2017 ist ein schöner Artikel der auf die 10 grössten unterschätzten Komponisten (im Bereich Spätromantik und frühe Moderne) aufmersam macht: Da finden sich u.a. die Komponisten Roussel, Bax, Alfven, Enescu und Martinu wieder (auch Glasunow ist dabei, den ich nicht als unterschätzt empfinde).


    *** Bei Martinu fiel mir sofort die abgebildete Supraphon-CD mit sinfonischen Werken ins Auge, die ich seit vielen Jahren besitze.
    Ouvertüre für Orchester (1953)
    Rhapsody für grosses Orchester (1929)
    Sinfonia Concertante für 2 Orchester (1932)
    Concerto Grosso für Kammerorchester (1937)
    Les Parables für grosses Orchester (1957 - 58)


    Die Tschechische PH unter ihrem Meister Belohlavek absolvieren das rein sinfonische Martinu-Programm mit bravur und technischer Finnesse.
    Klangtechnisch ausgezeichent !



    Supraphon, 1987/88, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • gut das Du diese CD noch gefunden hast. Das ist die PANTON-CD von der ich in Beitrag 3 überschwenglich berichtet hatte (- leider nicht mehr verfügbar -).

    Lieber Wolfgang,


    da muss ich mir die CD endlich nach langer Zeit wieder anhören - und den Behlolavek auch noch zulegen. :) Ich sammle ja Aufnahmen mit der Tschech. Philh. Gerade das moderne Repertoire spielen sie wirklich überragend - z.B. Honegger und Strawinsky. Von Martinu habe ich aus Prag (Supraphon) auch noch zwei Opern: Ariane und Julietta. :hello:


    Einen schönen Sonntag wünscht
    Holger

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  • Ich habe noch einen sensationell hochdramatrischen Konzertmitschnitt der 6. Symphonie und "Parables" ebenfalls mit der Tschechischen Philharmonie mit Charles Munch - es gibt keine Abbildung mehr und bei amazon kostet sie 112 Euro!

    Du meinst vermutlich das Tschechische Radio-Sinfonie-Orchester unter der Leitung von Charles Munch. Denn er führte das Werk mit diesem Orchester am 27. März 1967 im Prager Rudolfinum im Rahmen des Prager Frühlingsfestivals auf.


    Ich habe diese Andante-Box mit Mitschnitten aus den Jahren 1947-68:


  • Du meinst vermutlich das Tschechische Radio-Sinfonie-Orchester unter der Leitung von Charles Munch. Denn er führte das Werk mit diesem Orchester am 27. März 1967 im Prager Rudolfinum im Rahmen des Prager Frühlingsfestivals auf.

    Stimmt natürlich, lieber Agon! Mit der Tschechischen Philharmonie ist die Aufnahme von "Parables" auf dieser CD - mit Roshdestwensky von 1971. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Alfred, ich habe gerade mal geguckt, als Download ist die Brilliant Ausgabe noch zu kriegen.


    Ansonsten habe ich jetzt gestern und heute über youtube mir verschiedene Symphonien angehört und mir gefallen sie sehr gut. Man kann sie gut hören. Sie machen Spaß. Wobei ich zugeben muss, auch ich empfinde es so, dass der Tiefgang ein bisschen fehlt, oder der Nachhall. Jetzt würde mich interessieren ob andere das auch so sehen?


    Allerdings muss dass nicht unbeding ein Nachteil sein. Ich habe mir überlegt, dass ich sie schön zwischendurch hören könnte, als Ausgleich zu schwierigeren Stücken. Und modern und gut hörbar sind sie ja auch.


    Mich reizt ja am meisten die von Maurice vorgestellte Ausgabe. Ichglaube Sir Malcom Arnold muss erstmal zurückstehen und auf einen anderen Monat warten 8-)

  • Ansonsten habe ich jetzt gestern und heute über youtube mir verschiedene Symphonien angehört und mir gefallen sie sehr gut. Man kann sie gut hören. Sie machen Spaß. Wobei ich zugeben muss, auch ich empfinde es so, dass der Tiefgang ein bisschen fehlt, oder der Nachhall. Jetzt würde mich interessieren ob andere das auch so sehen?

    Naja, das ist so eine Sache mit dem "Tiefgang" bei Martinu. Ich finde seine Musik oft rätselhaft und nicht unmittelbar eingehend. Das sehe ich aber eher als Vorteil, denn er verlangt die wiederholte Beschäftigung mit seinen Werken. Sonderlich melodiös ist das alles nicht, oft auch spröde. Im Konzert habe ich mittlerweile die Erste und Vierte Sinfonie gehört. Das Konzert mit der Ersten habe ich zweimal hintereinander besucht. Das war interessant, denn die beiden Aufführungen waren durchaus anders.
    Seine Oper "Julietta" ist für mich ein Meisterwerk. Sie hat eine irreal-traumbasierte Handlung und ist fantastisch orchestriert. Und hier hat man den Tiefgang. Ich glaube, ich habe sie mindestens dreimal besucht, obwohl auf Deutsch gesungen (das war aber völlig ok, denn nur so kann man den grotesk-absurden Humor unmittelbar nachvollziehen). Kurt Streit und Juanita Lascarro sind grandios in den Hauptrollen. Den Mitschnitt auf Oehms werde ich mir auf jeden Fall noch zulegen:


  • Man kann sie gut hören. Sie machen Spaß. Wobei ich zugeben muss, auch ich empfinde es so, dass der Tiefgang ein bisschen fehlt, oder der Nachhall. Jetzt würde mich interessieren ob andere das auch so sehen?


    Schwierig zu beantworten. Das kommt oft vor bei Komponisten, deren Werke man erst kennenlernt - und zwar durch EINMALIGES Hören. Die "großen Klassiker" sind den meisten von uns schon im Blut. Ich gehe nach dem - überraschenden - Erfolg dieses Threads davon aus, daß wir uns in den nächsten Monaten eingehender mit Martinu befassen werden - und dann kann man ein Resumee ziehen.
    Wobei mangels "Ohrwurmthemen" doch immer eine gewisse Distanz bleiben wird. Zum Gassenhauer und als Motive für ein Werkel eignen sich Martinus Werke nicht.
    Sollte ich mich in dieser Hinsicht indes geirrt haben und ich einem Werkelmann begegnen sollte, der Motive aus Martinus Sinfonien spielt, dann werde ich dies hier kundtun und meinen - hoffentlich verzeihlichen - Fehler freimütig eingestehen.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    Weitere Threads zum Thema Martinu:


    Bohuslav Martinu - ein erster Überblick
    Bohuslav Martinu - Die Konzerte
    Bohuslav Martinu - Die Streichquartette
    Bohuslav Martinu: Die Sonaten für Violoncello und Klavier
    Martinu: Doppelkonzert für 2 Streichorchester, Klavier und Pauken

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Martinus Kompositionen sind überwiegend kalt-intellektueller Art, gefühlsdistanziert und psychologisierend-philosophierend. Das macht Ihn nur schwer konsumierbar. Er ist eine Art Gegenpol zu Dvoraks Offenherzigkeit und Versöhnlichkeit.
    Seine Musik hat zwar musikantisch-spielerische Züge und Elemente, ist aber nie ausgelassen, sondern stets kontrolliert und strukturiert sowie rhythmisch straff organisiert.
    In der Regel hört man karge und harte Klanglandschaften, die bisweilen auch ziemlich trostlos wirken.

  • Ich habe jetzt die erste Sinfonie aus dem Zyklus von Belohlvalek so 4 - 5 mal gehört und jedes mal gefällt sie mir besser. Die Aufnahme ist wirklich lebendig und klangschön. Wobei mirder ersteSatz zu viel Dramatik enthält. Aber der zweite ist teilweise schon fast pastoral und fröhlich. Während der dritte Satz zwar düster und vorallem nüchtern erscheint, aber bei aller Schroffheit trotzdem klangschön ist. Dadurch erscheint er mir zwar nicht so emotional, aber gut hörbar. Dieser drite Satz ist laut Booklett, evtl. auf den Tod von Martinus ehemaliger Kompositionsschülerin zurück zu führen. Der vierte, ein fröhlicher Marsch mit düsteren Einsprengseln, und Stellenweise hört es sich für mich so an, als würden Luftblasen aufsteigen und ein ertrinken oder auch Orientierungslosigkeit andeuten.


    Auf jeden Fall eine tolle und mitreißende Interpretation, die mir von mal zu mal besser gefällt.


  • Ich habe jetzt die erste Sinfonie aus dem Zyklus von Belohlvalek so 4 - 5 mal gehört und jedes mal gefällt sie mir besser.

    Das finde ich sehr beachtlich, daß Du Dir diese Aufnahme so oft angehört hast. Das ist der beste Weg, um ein Stück wirklich gut kennenzulernen. So kann man eine Art innere, seelische Beziehung dazu herstellen.
    Die Stimmungsvielfalt bei Martinu, die Du ja beschreibst, finde ich auch immer wieder erstaunlich. Er ist ein Komponist, der wirklich für Überraschungen gut ist und der sich nie einer Stimmung völlig hingibt bzw. ausliefert.

  • Danke, danke, ja ich sehe es auch so, dass überraschende bei Martinu macht wirklich Spaß. Ich bin schon sehr neugierig was mir die anderen Symphonien zu bieten haben. Ich will das aber auch wieder wie bei der ersten machen. Wirklich mehrere male hören, vielleicht auch einmal nur nebenbei, aber ich glaube bei Martinu ist das mehrmals hören wirklich wichtig und zwar gar nicht mal, weil er schwer zu hören ist, sondern um das Abwechsungsreiche Kennenzulernen und damit die Sinfonie kennenzulernen und wie du schon sagst, eine innere Beziehung herzustellen.

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  • Jetzt mal ein paar Worte von mir zur zweiten Sinfonie gespielt wieder vom BBC mit Belohlavek


    1. Satz, die Streicher und auch die Verdichtung, wenn die Pauken mit dazu kommen gefällt mir sehr gut. Er gefällt mir vielleicht sogar am besten bei dieser Symphonie.


    Der zweite Satz, mit seinem ruhigen Beginn. Getragener Aufbau durch die Streicher. Bleibt durchgehend melodisch sanft. Nach ca. 5 Minuten gibt es mal einen kurzen dramatischen Ausbruch, der aber schnell von den Streichern wieder eingefangen wird.


    Der dritte Satz wird bald ein forscher Marsch, wobei ich bei diesem Satz das Gefühl habe, dass er aus der Filmmusik Ecke kommt. Der Schlusssatz ist fröhlich und flott gespielt. Wobei ich das Ende doch recht unspektakulär finde.


    Alles in allem ist die Symphonie nicht schlecht, gefällt mir aber vom Spaßfaktor nicht so sehr.


    Es würde mich freuen, wenn andere, die auch die zweite Sinfonie von Martinu haben, schreiben, was sie von ihrer Interpretation halten. Ist doch viel interessanter als der 500erste RT Thread. :untertauch::stumm::baeh01:

  • Ist doch viel interessanter als der 500erste RT Thread.


    :jubel::yes: Da sprichtst Du mal einen wahren Satz aus ! RT interessiert mich nämlich NULL !


    Ich werde mich mit der Zweiten dieser Tage mal beschäftigen und Dir dann darauf antworten.
    Mit Martinu bin ich bei den Sinfonien nicht so perfekt, dass ich nun alle Sinfonien derzeit ausinanderhalten könnte.


    :!: Viel mehr intertessiert mich sein absolutes Meisterwerk der Extraklasse = das Doppelkonzert, das ich als eines der stärksten Werke des 20.Jhd einordnen würde.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Teleton,


    Ich glaube es ist auch nicht einfach die Sinfonien bei Martinu auseinander zu halten. Geht mir genauso. Wobei ich das bei Bruckner auch sehr schwierig finde. ;)


    Das Doppelkonzert habe ich natürlich nicht, aber weil du es so lobst...habe aber gerade mal bei Amazon geguckt und die Klangschnipsel erinnern mich ein wenig an Nordgren. Was mir natürlich erst einmal sehr gut gefällt. Allerdings scheint es nur ganz wenig Aufnahmen vom Doppelkonzert zu geben. Ich habe eine Aufnahme mit Mackerras gefunden, erschienen bei Supraphon, die mir gefallen könnte. Sie ist zwar von 1997, aber da könnte ich ne Ausnahme machen, ;)

  • Liebe Musikfreunde,


    angeregt durch diesen Thread habe ich mich auch zum ersten Mal mit Martinus Symphonien befasst. Zugrunde gelegt habe ich diese in Ton- und Bildqualität sehr gute Aufnahme:


    Martinu: 1. Symphonie
    hr-Sinfonieorchester – Frankfurt Radio Symphony ∙
    Andrés Orozco-Estrada, Dirigent


    Alte Oper Frankfurt, 10. Juni 2016



    Das hr Symphonieorchester verfügt über einen eigenen youtube-Kanal und stellt dort auch regelmäßig ganze Konzertmitschnitte ein.
    Jedenfalls hat mich diese Musik gleich in ihren Bann gezogen! Trotz der massiven klanglichen Ballungen schafft es Martinu immer wieder, eine sehr poetische, sangliche, lyrische Komponente damit zu verquicken, so dass selbst dissonante Momente nie zu sehr dominieren und dass Ganze einen sehr komplexen, aber auch sinnlich-emotionalen Charakter aufweist. Ich habe zu dieser Musik jedenfalls unmittelbar einen emotionalen Zugang gefunden (was mir bei Komponisten des 20. und21. Jahrhunderts nicht immer gelingt; Shostakowitsch ist mir nach wie vor fremd; ich erkenne rational, zerebral, dass das meisterhaft komponiert ist, empfinde es aber als überaus anstrengend, mir z.B. seine Symphonien anzuhören).
    Da geht es mir bei Martinu anders, dessen 1. Symphonie konnte ich mit großer innerer Beteiligung lauschen. Zu diesem positiven Erlebnis hat sicherlich auch das engagierte Dirigat von Andrés Orozco-Estrada beigetragen, der die ineinander verflochtenen Stimmen transparent hat werden lassen und der das Orchester zu einer hervorragenden Leistung animiert hat. Großartig auch, wie die Tontechnik das eingefangen hat, sehr klar und plastisch, selbst bei großen Klangmassierungen wurde nie ein Klangbrei daraus. Sehr reizvoll fand ich übrigens auch, wie das Klavier hier nicht als Soloinstrument, sondern in den tiefen Lagen nahezu perkussiv als Teil des Orchesters eingesetzt wurde. Insgesamt ein toller Einstieg.

  • Ich muss wohl auch nach langer Zeit wieder mal Martinu hören.


    Ich sehe gerade, diese CD fehlt mir doch tatsächlich:



    Wird wohl bald bestellt! ;)


    P.S: Ich höre gerade die Hörschnipsel: Ist das toll!!!! Wieso ist mir das nur entgangen?


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    da bin ich gespannt auf die Rezension der CD, sobald Du sie besitzt. Ich werde auch weiter noch nachforschen - das hr - Symphonieorchester hat noch mehrere Symphonien aufgenommen, da werde ich mit Sicherheit auch in nächster Zeit intensiv zuhören.


    Liebe Grüße

  • Ich bin noch ein wenig bei der Sinfonie Nr 1 geblieben. Zeitgleich mit dem Eröffnen dieses Threads habe ich mir die abgebildete Naxos CD mit den Sinfonien Nr 1 und 6 bestellt, nachdem die Klangschnippsel mich überzeugt hatten. Heute habe ich mir soeben die Sinfonie Nr 1 wieder angehört um dem hier beschreibenen Phänomen zu entgehen, daß man die Sinfonien nicht mehr auseinanderhalten kann. Dabei haben sich die Vorzüge der Naxos Aufnahme bestätigt, dir schon Alfred Beaujan 1998 in seiner Kritik für die Zeitschrift Scala anmerkte:"Böhmische Klangfreude verbindet sich in dieser Musik mit geschärftem harmo- nischem Reichtum und kraftvollem Impetus. Das Orchester aus Kiew erweist sich unter der temperamentvollen Führung von Arthur Pagen als virtuoser, in allen Stimmen qualitätsvoll besetzter Klangkörper."
    Darüberhinaus habe ich insbesondere die Schönheit des zweiten Satzes für mich entdeckt und habe den subjektiven Eindruck einer gewissen Nähe zur Tonsprache von Aaron Copland....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !





  • Wird wohl bald bestellt! ;)
    P.S: Ich höre gerade die Hörschnipsel: Ist das toll!!!! Wieso ist mir das nur entgangen?


    Hallo Holger,


    Du wirst von der CD mit den Violinkonzerten Nr.1 und 2; sowie dem Rhapsody-Concert für Viola und Orchester begeistert sein, denn nicht nur der Fachmann für das techechische Repertoire Josef Suk, sondern auch Vaclav Neumann liefern spannendes und kurzweiliges mit Temprament ab und keine "Schmalzsosse auf der Violine".
    Im Gegenteil, der Anfang des VC Nr.2 wirkt gleich sehr wuchtig und grosssinfonisch und man könnte innerhalb des Satzes stellenweise oft an eine Sinfonie mit obligater Violine denken.
    In der Rhapsody-Concerto liefert Suk auf der Viola auch eine referenzwürdige Vorstellung ab. Leider kommt die Rhapsody vom Aufbau her erst zum Finale hin richtig in Fahrt ...
    Klanglich sind diese Supraphon-Aufnahmen von 1973 ausgezeichnet, ja vorbildlich gut !
    * Nicht ohne Grund, hat die LP 1978 den Grand Prix du Disque Charles Cros erhalten.



    Als Martinu bei mir vor vielen Jahren "drann war" habe ich mir alle Wichtige von ihm zugelegt.
    So auch die beiden Cellokonzerte Nr.1 (1930, rev.1955) und 2 (1944-45) .


    Allerdings ist meine Begeisterung hier deutlich geringer als bei den Violinkonzerten.
    Auch wenn der Orchestersatz ziemlich gut gelungen ist (und Neumann alles raus zu holen scheint), so empfinde ich den Cellopart oftmals als langweiliges und mir einfach zu belangloses spätromatisches Geschrumme ohne virtuose Note ... es packt mich nicht !
    Das mag ja bei dem Einen oder Anderen anders wirken ... bei mir muss man schon mit "schärferen Waffen" auffahren --- mir ist es zu wenig, besonders wenn man betrachtet, dass das Mitte es 20.Jhd ist.


    Etwas grösseren Vorzug gebe ich dem Fakor Kurzweiligkeit dem Cellokonzert Nr.2, aber sobald das Cello einsetzt, so auch hier mit einem gewissen Gähnfaktor.
    Die Mittelsätze Andante kommen bei beiden CC gar nicht aus den Puschen und haben auch noch die längste Spieldauer.
    Die Finalsätze beider CC alleine finde ich noch am hörenswertesten ... ;) die kann man ja auch separat anhören ...


    Spieldauern:
    Cellokonzert Nr.1 = 8:54 - 11:00 - 7:30
    Cellokonzert Nr.2 = 12:42 - 14:04 - 9:37



    Supraphon, 1981, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • da bin ich gespannt auf die Rezension der CD, sobald Du sie besitzt. Ich werde auch weiter noch nachforschen - das hr - Symphonieorchester hat noch mehrere Symphonien aufgenommen, da werde ich mit Sicherheit auch in nächster Zeit intensiv zuhören.

    Lieber Don,


    da bin ich auch gespannt auf Deine Entdeckungen! Ich werde berichten! :hello:


    Dir noch einen schönen Sonntag wünscht
    Holger

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