Franz Schubert: Klaviersonate Nr. 1 D 157 - ein angebliches Fragment



  • Die Nummerierung der Schubert Klaviersonaten ist insgesamt problematisch, da er ja viele der 22 begonnenen Sonaten nicht vollendet hat. Dennoch - die Sonate D 157 gilt als seine erste, sie stammt aus dem Jahre 1815. Sie ist dreisätzig angelegt, und wird oft als Fragment betrachtet, dem der vierte Satz fehlt, obwohl Schubert diesbezüglich weder eine Nachricht, noch einen unvollendeten Entwurf hinterlassen hat. Es gibt zwei Datumsangaben, eine vor Beginn der Komposition, (18. Feber 1815) Ende am Ende (21. Februar 1815)


    Denoch vermutet man , dass ein vierter Satz geplant war, auch weil das Autograph einige leere Seiten am Schluß enthält, wo der 4 Satz hätte notiert werden sollen….


    Ich habe diese Sonate neuelich im Rahmen meiner Neuzukäufe von Schubert Klaviersonaten mit Gilbert Schuchter und Paul Badura-Skoda gehört und einige Ohrwurmthemen haben mich quasi gefangengenommen. Durch einen Zufall ist mir dam beim Einsortieren noch eine Aufnahme mit Wilhlem Kempff in die Hände gefallen. Und das war dann die Geburtsstunde diese Threads.
    Diese Klaviersonate vergleichend zu hören, ist wohl nur ausgesprochenen Schubert-Liebhabern vorbehalten, denn sie wird irgendwie als „unbedeutend“ eingestuft und ist meist nur auf Gesamtaufnahmen enthalten. Ich habe hier einige Einzel veröffentlichungen und einen Sonatenzyklus- Torso von Radu Lupo verlinkt - für alle, die keinen kompletten Zyklus kaufen wollen....


    In meine Fall ist es so, dass ich in diesem Puunkt einen wictigen Schritt nach vorwärts gemacht habe, statt 3 Gesamtaufnahmen, habe ich nun 5, das bedeutet im konkreten Fall 5 Interpretationen dieser Sonate, die ich übrigens als vollwertige komplette Sonate betrachte….


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Den frühen Schubert finde ich schon spannend, wie er da versucht, überhaupt einen eigenen Weg in Sachen Klaviersonate nach Beethoven zu finden. Ob man da nicht am Anfang von D 157 noch eine gewisse Ratlosgkeit vernehmen kann in konstruktiver Hinsicht? "Schön" ist Schubert natürlich immer zu hören! :)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ob man da nicht am Anfang von D 157 noch eine gewisse Ratlosgkeit vernehmen kann in konstruktiver Hinsicht?


    Wenngleich ich üblicherweise die Auffassung vertrete, daß die "Unsicherheit" in "Jugendwerken" gerne hineinprojiziert ist, so gibt es indes im Falle der Sonate Nr D 157 einige Hinweise, daß dies Zutrifft, denn der erste Satz wurde - so konnte ich nachlesen - mehrfach begonnen und verworfen.
    Ditto gibt es eine Sonate D 154, wo sich die Musikwissenschafter nicht einig sind, ob man sie als Vorarbeit zu D 157 oder als eigenes Werk bewerten soll. Der Harenberg Klaviermusikführer löst dieses Problem höchst elegant und auf die für ihn typische Weise, indem er nur die als vollständig bewerteten 14 Sonaten auflistet.
    Auf den mir zugänglichen "Gesamtausgaben" aller Schubert Klaviersonaten ist nur D 157 erwähnt, und zumeist mit der Bemerkung "Fragment" versehen.
    Der Versuch bei youtube in die Sonate D 154 hineinzuhören scheiterte daran, daß dieses Video "nicht verfügbar" ist. Die Klassikmafia sägt IMO erfolgreif an dem Ast auf dem sie sitzt....
    Aber eigentlich ist es mir egal, wie "handwerklich korrekt" ein klassisches Werk komponiert wurde. das für mich wichtige Kriterrium ist:


    "Schön" ist Schubert natürlich immer zu hören!


    Der "schöne" Klang geriet eigentlich erst durch den Schlager in Verruf, der ja - zumindest in den Anfangstagen - ebenfalls die Intention hatte, gefällig, schön oder rührselig zu klingen ......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Unbekümmert - das ist das richtige Wort.
    Und ich meine das im positiven Sinn des Wortes. Gerne weist man immer auf die Unzulänglichkeiten von Kompositionen, die im jegendlichen Alter entstanden sind, und als Verschäftung werden etliche Vorbilder genannt, an denen sich das jeweilige jugendliche Genie angeblich oder wirklich orientiert hat.
    Für mich ist das innerhalb des Forums immer ein ganz interessantes Thema, aber für meinen privaten Musikgenuss nicht relevant. Da werden veritable Schätze vergessen, übersehen, negiert oder einfach abqualifiziert. Die Sonate Nr 1 von Schubert, das Werk eines genialen 18 Jährigen wird mich in der nächsten Zeit "begleiten"
    und somit auch die Mitglieder und Besucher dieses Forums.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Klaviersonate Nr D 157 ist natürlich in den Gesamtaufnahmen enthalten, so auch in jener von Paul Badura Skoda auf modernem Flügel für RCA eingespielten Aufnahme, Sie Stammt aus dem Jahre 1968 und wurde im "Studio Grayson, Vienna" aufgenommen. Dieses Studio dürfte es nicht mehr geben, sucht man bei google, so findet man eine Menge Studios mit diesem Name, aber kein Tonstudio....
    Badura-Skoda wird IMO dieser Sonate in allen Belangen gerecht. Wer einen allzu moderaten Vortrag erwartet wird enttäuscht. Badura Skoda interpetiert schon den ersten Satz mit Verve und zugleich mit Bestimmtheit und Druck. Der zweite Satz (Andante) beginnt naturgemäß sehr verhalten, auch hier finder Badura Skoda- wie könnte es anders sein - genau das richtige Maß. Er vermeidet eine allzu extreme Zurückhaltung, sondern balanciert gekonnt aus, setzt auf "gemächlich" oder "innere Ruhe".Vor allem der Übergang wo dann dieser Statz gegen Ende doch etwas an Durchschlagskraft gewinnt (ca 4:50) ist ideal getroffen. Der dritte Satz Menuetto - Allegro Vivace - Trio führt uns dann wieder in hellere Gefilde, wobei Badura-Sloda gelegentlich auch mal ferster hinlangt
    Mir geht es so, daß ich jegliches Tampo,und jegliche dynamische Schattierung bei ihm als völlig natürlich, und nicht zu sagen "ideal" empfinde, da gibt es nichts gekünsteltes, nichts aufgesetzts, kein Schielen nach dem oberflächlichen Effekt.
    Es gibt auch hier keinen Hinweis, daß die Sonate als "Fragment" gesehen wird...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    auch Arcadi Volodos spielt diese Sonate gerne. Ich hörte sie von ihm in der Düsseldorfer Tonhalle. Er begann mit D 157 und später gab es dann Schumanns "Kreisleriana". Auch auf seiner vorzüglichen Schubert-CD ist sie enthalten:



    Schöne Grüße
    Holger

  • Inzwischen ist auch das Klavierstück D. 154 bei youtub enthalten und somit kann ich es hier verlinken.

    Es wird als Vorarbeit/Vorstufe zum ersten Satz der Sonate D. 157 betrachtet. Ebenso wie dei eigentliche Sonate stammt er von 1815.

    Generell liebe ich diesen Satz sehr, und ziehe ihn den anderen dieser Sonate vor - aber auch etlichen anderen Sätzen späterer Klaviersonaten. Er ist besonders markant und eingängig.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !