Am 13. April 1968 hatte Strauss‘ Der Rosenkavalier in der Inszenierung von Otto Schenk seine Premiere an der Wiener Staatsoper. Damals standen – unter der musikalischen Leitung von Leonard Bernstein – Christa Ludwig, Walter Berry, Erich Kunz, Reri Grist und Gwyneth Jones in der Titelrolle auf der Bühne. Und fast 50 Jahre später erfreut sich diese Produktion nach wie vor größter Beliebtheit beim Publikum und gilt für viele – gerade wegen ihrer librettogetreuen Umsetzung – als unantastbar. Denn wo bekommt man heute einen solchen Rosenkavalier noch zu sehen?
[timg]http://4.bp.blogspot.com/-YfgG…p_upscale.jpg;l;420;315;*[/timg]Die Aufführung am 10. September 2017 erwies sich jedenfalls auch in musikalischer Hinsicht als sehr gelungen.
Im Mittelpunkt des Interesses stand natürlich Kammersängerin Krassimira Stoyanova. Der Liebling des Wiener Publikums sang die Rolle der Feldmarschallin Fürstin Werdenberg erstmalig im Haus am Ring. Es ist ganz erstaunlich wie diese Sängerin in jedem Fach Hervorragendes zu leisten weiß. Es scheint für sie einfach keine Grenzen zu geben. Wer die Sopranistin vorwiegend durch ihre Verdi- und Puccini-Interpretationen kennt, wird erstaunt gewesen sein, wie sehr die Bulgarin imstande ist, ihre Stimme zurückzunehmen, um den Strauss’schen Ton zu treffen. Ihr Sopran schimmert weich und glänzend, klingt anmutig und delikat. Sie formt - mit enormer darstellerischer Präsenz – eine Marschallin wie aus dem Lehrbuch für Gesang.
Stephanie Houtzeel in der Titelrolle verfügt über ein gefälliges Timbre und eine ansprechende Mittellage. Doch im hohen Register wird es problematisch. Da gehen die filigranen Töne vollends verloren, Spitzentöne erklingen forciert, die Stimme beginnt zu scheppern. In der Hosenrolle macht Houtzeel eine gute Figur – optisch erinnert sie aufgrund ihrer großen schlanken Gestalt an den Octavian von Anne Sofie von Otter – doch als „Mariandl“ neigt sie darstellerisch zur Übertreibung.
Einen glasklaren, leichten Sopran findet man in der Sophie von Erin Morley. Die Stimme der US-amerikanischen Sopranistin scheint sich gerade in den exponierten Höhen sehr wohl zu fühlen, doch so mancher ihrer Töne hat es schon schwer gegen den üppigen Orchesterklang anzukommen. Da wäre ein wenig mehr Klangvolumen nötig.
Als Herr von Faninal hat der waschechte Wiener Adrian Eröd leichtes Spiel im Umgang mit der Hoffmannsthal’schen Sprache. Zudem läßt er einen der Rolle adäquaten noblen Bariton hören.
Peter Rose hat schon viele Male den Baron Ochs in Wien gesungen und gilt als einer der besten Rollenvertreter. Der britische Bass, der schon vom Typ her ganz der Partie entspricht und mit einer klangvollen Bassstimme aufwartet, hat im Laufe der vielen Jahre das Wienerische recht gut verinnerlicht. Trotz seiner zur Schau gestellten Triebhaftigkeit vergisst dieser Ochs nicht ganz auf seine Abstammung und gleitet nie zu stark ins Ordinäre ab.
Mit der italienischen Arie des Sängers hat Jinxu Xiahou so seine Mühe, bereits in der höheren Mittellage klingt die Stimme sehr gequetscht und schmelzfrei, sodass man bei den Spitzentönen geradezu zittern muss. Hervorragend hingegen die Annina von Ulrike Helzel, die aus der Vielzahl von kleineren Rollen heraussticht und unbedingte Erwähnung finden sollte.
Von Adam Fischer am Dirigentenpult hätte man sich vom hervorragend disponierten Staatsopernorchester einen mehr „Wienerischen“ Klang gewünscht, doch sorgte er trotzdem für eine dynamische Umsetzung der Partitur.
Laut Information der Wiener Staatsoper kommt Der Rosenkavalier - der bereits im Uraufführungsjahr 1911 erstmalig am "K. & K. Hofoperntheater" aufgeführt wurde - im Haus am Ring auf inzwischen 1000 (!!!) Aufführungen.
Gregor