Vergleich Matthäus- und Johannespassion (von Bach oder auch anderen)

  • Ich würde gerne einmal die Johannespassion mit der Matthäuspassion (oder auch den anderen synoptischen Evangelien) vergleichen.


    Ich gehe zunächst einmal auf die theologische Ebene, also den Text ein.


    Eingangschor: Matthäus: "Kommt ihr Töchter, helft mir klagen, ...", Johannes: "Herr, Herr, Herr, unser Herrscher, dessen Ruhm ..."


    Die letzten Worte: Matthäus: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?", Johannes: "Es ist vollbracht"


    Schlusschor: Matthäus: "Wir setzen uns mit Tränen nieder", Johannes: "Ruht wohl, ihr heiligen Gebeine"


    Also: komplett verschieden. Theologisch interessanter finde ich die Johannespassion und auch das ganze -evangelium (der Prolog!), irgendwie tiefgründiger, geheimnisvoller, Jesus triumphiert über den Tod.



    Fällt euch noch mehr dazu ein? Interessant fände ich auch Vergleiche auf anderen Ebenen, z.B. der musikalischen.

  • Interessanter Ansatz, lieber Timo. Doch warum gerade an Weihnachten? Ich habe zurzeit nur "Jauchzet, frohlocket" im Kopf, werde aber dein Thema zu gegebener Zeit gerne nochmals aufgreifen.
    Frohe Weihnachten!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Interessanter Ansatz, lieber Timo. Doch warum gerade an Weihnachten? Ich habe zurzeit nur "Jauchzet, frohlocket" im Kopf, werde aber dein Thema zu gegebener Zeit gerne nochmals aufgreifen.
    Frohe Weihnachten!

    Danke, dir auch frohe Weihnachten! Um ehrlich zu sein höre ich auch an Weihnachten und an meinem Geburtstag Passionsmusik.

  • Zitat: Timo

    Zunächst möchte ich mich nach längerer Abstinenz endlich wieder einmal im Forum zurückmelden. Probleme verschiedener Art und deren Bewältigung bewirkten, daß ich nicht den Kopf frei hatte, um mich mit meinem Hobby "Musik" und "Interpreten" so intensiv zu beschäftigen, wie ich mir dies wünschte.
    Auch in Zukunft werde ich wohl nicht mehr soviel Zeit haben wie früher, um regelmäßig Beiträge zu schreiben, doch will ich damit endlich wieder einmal einen neuen Anfang machen.



    Noch immer tief beeindruckt von einer denkwürdigen Aufführung von BACH's Matthäus-Passion im TEATRO CERVANTES in Málaga am 11. März, stieß ich zufällig auf diesen schon etwas älteren Beitrag von Timos Vergleich der Matthäus-Passion mit der Johannes-Passion. Auf die festgestellten Abweichungen im Text möchte ich jetzt hier nicht eingehen. Auch in musikalischer Hinsicht tut man sich schwer, einem der beiden Meisterwerke den Vorzug zu geben. Selbst ein KARL RICHTER hatte damit ein Problem. Auf die Frage, welches der beiden Werke er am liebsten aufführe und schätze, antwortete er vorsichtig: Ich kann Ihnen nicht sagen, welches Werk der beiden besser ist. Beides sind Meisterwerke. Für Feinschmecker ist vielleicht die Johannes-Passion noch etwas höher einzuschätzen. Aber wir haben nicht das Recht zu einem Urteil. Bach war ein Genie, soweit kommen wir nie".


    Auch in meiner Schallplattensammlung legte ich mir zuerst die Johannes-Passion zu, und in der EMI-Dacapo Einspielung mit den BERLINER SYMPHONIKERN und dem CHOR DER ST HEDWIGS-KATHEDRALE UNTER KARL FORSTER, und noch dazu in der für mich Ideal-Besetzung mit den Gesangssolisten ELISABETH GRÜMMER, FRITZ WUNDERLICH, DIETRICH FISCHER-DIESKAU und KARL-CHRISTIAN KOHN ist dies in der Tat ein großartiges Hörerlebnis - auch für nicht religiöse Musikliebhaber.


    Nun hörte ich, wie gesagt, eine Aufnahme der Matthäus-Passion mit überwiegend spanischen Musikern und Solisten, und ich war überwältigt von dem Verve und zugleich der Inbrunst, mit der das spanische Jugendorchester JOVEN ORQUESTA BARROCA DE ANDALUCIÍA, wie auch dem "CORO DE LA UNIVERSIDAD POLITÉCNICA DE MADRID mit der ESCOLANÍA SANTA MARÍA DE LA VICTORIA unter der Gesamtleitung von JAVIER CORCUERA dieses Werk interpretierten. Dazu hervorragende Gesangssolisten mit dem international schon bekannten, fabelhaften Tenor JUAN SANCHO als Evangelist, der mich durchaus mit der Qualität seiner flexiblen, auch in der Höhe klaren und voll belastbaren Stimme an JOSEF TRAXEL als Evangelisten erinnerte,, dem Bassisten MARC PUJOL als Jesus, dem ebenfalls schon arrivierten Baß CHARLES DEKEYSER als Judas, Petrus, Pilatus, OLALLA ALEMÁN, Sopran, ANAIS MASLLORENS Alt, (verschiedene Arien, und FRANCISCO FERNÁNDEZ-RUEDA, Tenor, ebenfalls mit verschiedenen Arien. Dazu ein exzellenter Solo-Gambist mit ALEJANDRO MARÍAS! Das Jugend-Orchester spielte mit einem beeindruckenden Ernst und auf höchstem technischen Niveau, der große Chor meisterte nicht nur den deutschen Text ausgezeichnet und gut verständlich, sondern sang wie mit einer Stimme und t erstklassiger Intonierung, und mit schon fast erschütternden Zwischeneinsätzen.
    JAVIER CORCUERA als Dirigent hatte den riesigen Klangkörper stets souverän im Griff und leitete Chor und Orchester einfühlsam und angenehm unauffällig.


    Ein langanhaltender Beifall der Zuhörer im vollbestzten Cervantes Theatro würdigte eine grandiose Aufführung. Nie hätte ich geglaubt, daß Spanier ein so schwieriges deutsches bach'sches Chorwerk so begeisternd und auch stilecht interpretieren könnten, und auch nicht, daß die sonst mehr extrovertierten Spanier als Zuhörer soviel Verständnis und Wertschätzung für ein deutsches Chorwerk - gesungen in deutsch - aufbringen könnten.


    Für mich ist das Resümee, daß ich mich nach dieser Aufführung nun ähnlich wie KARL RICHTER, nicht entscheiden könnte, welchem der beiden Werke, Matthäus- oder Johannes-Passion, die Krone gebührt!


    wok.

  • Persönlich mag ich die Matthäuspassion sehr viel lieber. Ich kenne sie allerdings auch besser und habe die JP, glaube ich, nur einmal live gesehen, die MP weit häufiger. Ich sehe ein, dass die Johannespassion "schneller" und dramatischer ist, aber musikalisch gefällt mir die andere einfach viel besser. Mit Ausnahme von "Es ist vollbracht" finde ich keine der Arien so außerordentlich wie sehr viele der Matthäuspassion. Sie sind natürlich nicht schlecht (außer vielleicht "Mein teurer Heiland", die finde ich unterdurchschnittlich). Mich stört auch die größere Breite der Matthäuspassion nicht und die dramatischen Szenen (turbae usw.) finde ich ähnlich dramatisch. Persönlich bevorzuge ich auch die drei großen Chöre der MP gegenüber den Anfangs- und Schlusschören der JP, aber die sind selbstverständlich auch großartige Stücke.


    Theologisch habe ich mir da noch keine großen Gedanken gemacht, aber Du hast wohl recht, dass in der JP stärker Christus (als Gott) im Vordergrund steht, in der MP eher die Gemeinde der Gläubigen und das Leiden Christi (als Mensch). Dass der abstraktere "griechische" Charakter des J.-Evangeliums auch die Passionsvertonung bestimmt, höre ich allerdings so nicht. ;)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich mag beide, allerdings den Johannes etwas lieber, da die Chöre noch besser krachen (z.B.: Lasset uns den nicht zerteilen). Bei den Arien stellt sich schnell eine gewisse Ermüdung bei mir ein, deshalb würde ich es auch eher vermeiden, die Passionen komplett zu hören.

  • Eindeutiger Favorit: Johannespassion. Dramatischer, packender, zugespitzter. Aber auch die selten komplett.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lasset uns den nicht zerteilen


    Hallo,
    den Chor schätze ich als Zuhörer und Chorsänger auch sehr.
    VG
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Bachs Passionen waren für mich persönlich vor Jahren von größerem Interesse als heute. Mal kurz hineinhören geht bei diesen Werken auch nicht so gut. Am ehesten ertappe ich mich dabei, den Eingangschor "Herr, unser Herrscher" aus der Johannespassion zu hören, der auch losgelöst vom restlichen Werk funktioniert. Das wurde in einem anderen Thread schon mal festgestellt.


    Mit der Matthäuspassion tue ich mich bis heute schwer. Mich wundert immer wieder, wie einseitig sie von vielen Dirigenten bis in die 50er oder 60er Jahre bevorzugt wurde. Ich habe die berühmte Einspielung von Otto Klemperer und mir diese vor etlichen Jahren zur Osterzeit auch einmal komplett angehört, wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich mich beinahe zwingen musste durchzuhalten, was andererseits ja durchaus einer Passion adäquat gleichkommt. Durch dieses Erlebnis ernüchtert, habe ich darauf verzichtet, es nochmal mit einer anderen Aufnahme zu versuchen. An Klemperer liegt es wohl kaum, schätze ich seinen Bach doch ansonsten sehr (vor allem die h-Moll-Messe), der für mich neben Karl Richter an und für sich noch immer das A und O darstellt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Mich wundert immer wieder, wie einseitig sie von vielen Dirigenten bis in die 50er oder 60er Jahre bevorzugt wurde.


    Das, lieber Joseph, dürfte auch mit der Rezeptionsgeschichte der "Matthäus-Passion" zu tun haben. Ihre Wiederentdeckung durch Mendelssohn im Jahr 1829 war der Beginn der Bach-Renaissance. Das war eine große kulturelle Tat, die bis heute nachhallt. Otto Klemperer, dessen Aufnahme Du nennst, wurde 1885 geboren. Seine Generation hat die Auswirkungen dieser Entdeckung gespürt, war näher dran, wenngleich Mendelssohn ja lediglich eine bruchstückhafte Fassung zur Aufführung brachte. Was nun das Thema dieses Treads selbst anbelangt: Ich gebe der "Matthäus-Passion" im direkten Vergleich mit der "Johannes-Passion" den Vorzug. Ich finde sie nicht weniger dramatisch. Im Gegenteil. Ihre Dramatik ist eine ganz andere. Sie liegt tiefer. Die Botschaften, die von ihr ausgehen, sind von starker allgemeiner Kraft und Bedeutung. Es werden Menscheitsfragen abgehandelt, die sich so noch heute stellen. Und es gibt Szenen, die sind wie aus einer gradiosen Oper. Nämlich diese, die für mich einer der Höhepunklte des ganzen Werkes ist:


    EVANGELIST
    Und alsbald krähete der Hahn. Da dachte Petrus an die Worte Jesu, da er zu ihm sagte: Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich dreimal verleugnen. Und ging heraus und weinete bitterlich.


    ARIE (Alt)
    Erbarme dich
    mein Gott, um meiner Zähren willen.
    Schaue hier,
    Herz und Auge weint vor dir
    bitterlich.


    Es muss nur sehr gut gesungen sein. Von den Solisten, die in der "Matthäus-Passion" hinsichtlich ihrer Vielseitigkeit auch an Oper denken lassen - und vom Chor. Wehe, wenn man nichts oder nicht genug versteht. Interessant finde ich auch die Gruppierung des Apparats, ob nun Hip oder nicht. Das ist wie ein ganz frühes Stereo.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Beim so genannten Bach-Kantaten-Projekt des Mitteldeutschen Rundfunks aus den 1930er Jahren versuchte der damalige Thomaskantor Karl Straube während der Sendung neue Sitzordnungen des Mitwirkenden, um den in den Werken angelegten räumlichen Eindruck akustisch zu verstären. Bei den wenigen Kantaten, die sich auf Tonträgern erhalten haben, ist dieses urzeitliche Stereo auch gut nachzuhören. Leider ist die "Matthäus-Passion" nicht dabei.


    Hier die bedeutende Dokumentation mit den CDs:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


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  • Bis in die 60er Jahre gab es bei der Matthäuspassion ja auch gleich zwei problematische Traditionen: (starke) Kürzungen aufgrund der Länge des Werks und Tempi, die keinen Hauch von Drama oder auch nur flüssigem narrativem Ablauf aufkommen lassen. Das gestisch-dramatische etwa am Eingangschor, den jemand (Schweitzer?) mit dem Bild einer zusammenlaufenden Volksmenge assoziiert hat, die besondere Dynamik der Doppelchörigkeit (das "Wohin?" usw. des zweiten Chores) bleibt m.E. bei Tempi à la Klemperer weitgehend verborgen. Die Doppelchörigkeit ist es je nach Raum auch nicht so leicht umzusetzten und bei Aufnahmen wurde eh oft gespart, indem man nur einen Satz Solisten verwendet hat (finde ich auch nicht so zentral, aber etwa Harnoncourt hat immer konsequent auf die Doppelchörigkeit geachtet).
    Ebenso kann der "Leitmotiv"-Charakter des "Haupt voll Blut und Wunden" Chorals nicht erlebt werden, wenn einige der Choräle gestrichen werden usw. D.h. das Werk muss natürlich vollständig gespielt werden und die Interpreten dürfen das Dramatische nicht völlig zugunsten des Andächtigen reduzieren.
    Aber natürlich ist die MP aufgrund der vielen Arien insgesamt kontemplativer, auch "empfindsamer" als die JP. Sie ist aber auch einfach deshalb länger, weil sie mehr Handlung enthält, wie das letzte Abendmahl u.a.
    Ohne die JP, die ja auch ein großartiges Werk ist, sind es viele Details, die die MP für mich attraktiver machen, so auch die Instrumentation mit den exponierten Holzbläsern etwa in "Aus Liebe will mein Heiland sterben", das Violinsolo in "Erbarme Dich", der "Heiligenschein" bei den Jesusworten, überhaupt die ergreifende Kantabilität bei einigen dieser Accompagnati, z.B. der Einsetzungsworte.


    Eine ganz anderer Punkt, der die JP interessant macht, ist die Überschneidung einiger Texte mit der von Händel, Telemann u.a. vertonten Brockes-Passion. So ist bei Händel der "Mich von Stricken meiner Sünden"-Text quasi der Eingangschor und eine Adaption dieses Brockestexts kommt bei Bach als Alt-Arie später im Werk.

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  • Das gestisch-dramatische etwa am Eingangschor, den jemand (Schweitzer?) mit dem Bild einer zusammenlaufenden Volksmenge assoziiert hat,


    Der Hinweis auf Albert Schweitzer ist sehr angebracht - und genau richtig. Nach meinem Eindruck ist er noch immer eine wichtige Quelle für das Verständnis der "Matthäus-Passion". Schweitzer schreibt im Kapitel über den Text der Passion in seinem sehr umfänglichen Johann-Sebastian-Bach-Buch: "Er (nämlich Bach) sah, wie man Jesum durch die Stadt zum Kreuze führte; sein Auge erblickte die Volkshaufen, die sich durch die Straßen wälzten, er hörte, wie sie sich anriefen und antworteten. Aus dieses Vision heraus schuf er die Einleitung seiner Passion als gewaltigen Doppelchor. Der Singular ,Kommt ihr Töchter, helft mir klagen' ist stehengeblieben, als müsste er von dieser großartigen Textvergewaltigung Zeugnis ablegebn." Und weiter: "Darum ist es wohl nicht richtig, diesen Doppelchor als ein Tonstpck aufzufassen, das einen idealen Schmerz schildert, und es dementsprechend fein abgetönt in mehr langsamem Zeitmaß wiederzugeben. Es ist realistisch gedacht und stellt ein Wogen, Drängen, Heulen und Rufen dar." Und wenige Zeilen zuvor heißt es bei Schweitzer: Je mehr man sich den dramatischen Aufriss der Matthäuspassion vergegenwärtiugt, desto mehr kommt man zur Überzeugung, dass es ein Wunderwerk ist."


    Das Buch von Albert Schweitzer ist bei Breitkopf und Härtel erschienen:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent


  • Hallo,
    den Chor schätze ich als Zuhörer und Chorsänger auch sehr.
    VG
    zweiterbass


    Kennst Du die Version eines afrikanischen Chors auf der CD "Lambarene"? Paßt ja auch exzellent zu Schweitzer.


    , ab etwa 1:10 min

  • In der Matthäuspassion leidet Jesus wie ein Mensch, in der Johannespassion dagegen "wusste Jesus [sowieso schon] alles, was ihm begegnen sollte", er steht als "wahrer Gottessohn" über den Dingen und Pilatus ("Aber Jesus gab ihm keine Antwort"), und als er sagt "Ich bin's." "wichen sie zurücke und fielen zu Boden".

  • In der Matthäuspassion leidet Jesus wie ein Mensch, in der Johannespassion dagegen "wusste Jesus [sowieso schon] alles, was ihm begegnen sollte", er steht als "wahrer Gottessohn" über den Dingen

    Und genau das ist der Grund, warum mich die "Matthäus-Passion" weit mehr berührt und bewegt als die "Johannes-Passion"!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Und genau das ist der Grund, warum mich die "Matthäus-Passion" weit mehr berührt und bewegt als die "Johannes-Passion"!


    Interessant. Ich kann deine Haltung verstehen, aber für mich ist genau das der Grund, warum mir der Inhalt der Johannespassion besser als die der synoptischen Evangelien gefällt. Die Musik von beiden Passionen finde ich aber gleichermaßen großartig.


  • Interessant. Ich kann deine Haltung verstehen, aber für mich ist genau das der Grund, warum mir der Inhalt der Johannespassion besser als die der synoptischen Evangelien gefällt. Die Musik von beiden Passionen finde ich aber gleichermaßen großartig.

    Dann vermute ich mal, dass du - im Gegensatz zu mir - Christ bist? ;)


    Schon wegen der Doppelchörigkeit (im Eingangschor singen sogar drei Chöre gleichzeitig!) finde ich die "Matthäus-Passion" im wahrsten Sinne des Wortes "groß-artiger".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • In den mir bekannten christlichen Denominationen sind allerdings beide Evangelien (tatsächlich sogar alle 4!) gleichermaßen kanonisch. ;)


    Weder quantitativ noch qualitativ ist für mich die jeweilige Jesusfigur musikalisch zentral genug, um daran entscheidende Unterschiede (oder unterschiedliche Vorliebe) zwischen den Werken festzumachen. Ich bestreite nicht, dass diese genannten Unterschiede bestehen, aber der musikalische Anteil ist eher gering. Und von wenigen Stücken wie "Es ist vollbracht" oder dem Eingangschor der JP mal abgesehen (und da ist es auch eher der Text), finde ich auch nicht, dass diese Unterschiede den Rest der Werke musikalisch so entscheidend bestimmen. Dass Bach "O Mensch bewein" in beiden Werken verwenden konnte, zeigt m.E. auch, dass sich bei Chören, Arien usw. die unbestrittenen Unterschiede in der Erzählung (Evangelist, Turbae etc.) und Jesusdarstellung nicht so stark oder gar eindeutig auswirken.

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

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  • Weder quantitativ noch qualitativ ist für mich die jeweilige Jesusfigur musikalisch zentral genug, um daran entscheidende Unterschiede (oder unterschiedliche Vorliebe) zwischen den Werken festzumachen.

    Für mich schon, zumal es ja quantitaive Unterschiede gibt: die "Matthäus-Passion" beginnt wesentlich früher (nicht erst mit der Ergreifung) wie die "Johannes-Passion"), der Jesus-Anteil (mit dem wassergießenden Weib und nicht zuletzt dem Abendmahl) scheint mir doch deutlich gewichtiger zu sein, spricht mir zumindest weit mehr an als die Abgeklärtheit und Überlegenheit derselben Figur in der "Johannes-Passion".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Dann vermute ich mal, dass du - im Gegensatz zu mir - Christ bist? ;)


    Ich bin kein Christ, aber auch kein Atheist, eher Agnostiker.


    Ich denke, bei Arien wie "Ich folge dir gleichfalls mit freudigen Schritten" und "Es ist vollbracht [...] Der Held aus Juda siegt mit Macht" ist es klar, dass sie vom Text und der Musik her eindeutig aus der Johannes- und nicht aus der Matthäuspassion kommen.

  • Bachs Matthäus-,Johannespassion

    Hallo,


    der Evangelist Johannes gehört nicht zu den Synoptikern.


    Die Vorliebe für eine der zwei Passionen als Merkmal des Christseins anzusehen, dürfte in die Irre führen. Es gibt einen mehr emotionalen (Matthäus und die Synoptiker) und einen mehr rationalen (Johannes) Zugang zum Bibelverständnis, die nach neueren Erkenntnissen gleichberechtigt sind und sich ergänzen können.


    Jesus ist Mensch und Gottessohn zu gleich, was rational nicht vereinbar ist. Die Kenntnis Jesu über seine Prädestination, die bei Johannes deutlich wird, macht den Gottessohn erfahrbar (dürfte für einen rationalen Zugang sprechen) und dem Anliegen der Bibel gerecht werden.


    Ich meine. dass die zwei Bachschen Passionsvertonungen diesen Unterschied der damaligen Bibelexegese deutlich hörbar machen, was auch den zugrunde liegenden Texten geschuldet ist. Matthäus‘ Passionsbericht ist relativ weitschweifig (= emotional?), während sich Johannes an die notwendigen, entscheidenden Fakten (= rational?) hält.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler