„Man müsste halt französisch können“, so kommentierte ein Nachbar. Warum eine Offenbach Opera-bouffe auch noch französisch gesprochen werden muss, sei dahin gestellt. Jedenfalls hingen fast alle Zuschauer an den Obertiteln, was dem möglicherweise vorhandenen Hintersinn der gesprochenen Texte nicht entgegen kam. Warum in Hamburg eigentlich von Nichthamburgern so häufig auf das Schiffsmotiv zurückgegriffen wird (für die Inszenierung und das Bühnenbild waren der Franzose Renaud Ducet und der Frankokanadier André Barbe verantwortlich), das hatten wir schon bei der noch aktuellen Fledermaus erleben müssen, bleibt mir (zumindest aus künstlerischer Sicht) ein Rätsel. Jedenfalls verlegten die Inszenatoren das Stück auf ein Kreuzfahrtschiff und zusätzlich in die quietschbunten 1960er/70er Jahre (als Kreuzfahrten eigentlich noch nicht so gängig wie heute waren). Das wäre noch erträglich gewesen, wenn nicht das sehr zahlreiche, um eine erhebliche Statisterie erweiterte Personal so völlig jedem noch so gängigen Klischee der damaligen Jahre über sexuelle Freizügigkeit geopfert worden wäre. Jedenfalls war der gestandene Kammersänger Peter Galliard zu bedauern, wenn er sich als Menelaos mit weißem Röckchen und Brustpanzer gekleidet zum Gespött machen musste. Das sei aber nur am Rande bemerkt.
Ich sah und hörte dieses Stück zum ersten Mal und wartete die ganze Zeit auf das Auftreten der schönen Helena (die Damen waren zum Teil ähnlich kostümiert und ob ihrer Perücken nur schwer zu unterscheiden). Schon im ersten Akt trat eine Sängerin mit ausladendem Vibrato auf, die unmöglich Helena sein konnte. Sie war es aber doch, wie sich im zweiten Akt herausstellte, denn Paris himmelte sie als schönste Frau der Welt an. Es handelte sich um Jennifer Larmore, deren Namen ich natürlich kannte, sie aber persönlich in der Oper bisher nie erlebt hatte. Sie war als Doris Day-Verschnitt (das passte zu der Zeit) kostümiert, aber nicht nur optisch zu alt für die Rolle (sie ist im 60. Lebensjahr), sondern vor allem auch gesanglich. Ich empfand ihre einstmals wohl sehr schöne Stimme nur noch als Tortur, wenn sie die Koloraturen herauf- und herunterraste. Paris war mit dem blutjungen Tenor Oleksiy Palchykov besetzt, der fast der Enkel der Helena hätte sein können. Er war neben dem Bass Otto Katzameier (Kalchas) einer der wenigen gesanglichen Lichtblicke in dieser Aufführung. Er führte seine Stimme sicher durch die verschiedenen, auch hohen Klippen dieser Rolle. Das Urteil des Publikums war übrigens ein anderes. Alle Sängerinnen und Sänger, vor allem auch Jennifer Larmore, die von ihrer Person her auch bei mir einen netten Eindruck hinterließ, wurden herzlich bejubelt.