TOSCA (Pieczonka, Calleja, Finley) - Royal Opera House Covent Garden London, Februar 2018

  • Puccini’s Tosca zählt zu den meistgespielten Opern überhaupt. Kein Wunder, hat doch der Komponist einen Opern-Krimi voll mitreißender Musik und herrlichen Melodien komponiert.
    Im Januar und Februar kam es am Royal Opera House Covent Garden in London zu einer Reihe von herausragenden Vorstellungen, bei der die Sängerbesetzung besonders viel Freude bereitete.
    Die Produktion von Jonathan Kent spricht besonders die Freunde traditioneller Inszenierungen an. Die Geschichte spielt tatsächlich in Rom im Jahr 1800, als Schauplätze dienen wie gewünscht die Kirche Sant'Andrea della Valle, der Palazzo Farnese und die Engelsburg. Doch warum spielt sich die Handlung bloß auf so dunkler Bühne ab? Die mangelnde Bühnenbeleuchtung ist auf Dauer etwas anstrengend.


    Mit Adrianne Pieczonka wurde eine Sängerin aufgeboten, die der Titelrolle in jeder Hinsicht gerecht wurde. Die Kanadierin verfügt über einen kräftigen Sopran mit eher herbem Timbre. Sie besitzt die nötige Stimmkraft, um im dramatischen zweiten Akt vokal zu bestehen, doch ist auch eine gewisse Schärfe in der Höhe nicht zu überhören. Vissi d’arte wurde nicht lyrisch-weich gezeichnet, sondern war eher von kantiger Ausformung. In ihrem Spiel war sie in jedem Moment Diva und starke Frau, die sich sichtlich mühte vor Scarpia ihre Haltung zu bewahren.


    [timg]https://farm5.staticflickr.com…8f4bcc4_b.jpg;l;512;342;*[/timg]Mit dem Cavaradossi hat Joseph Calleja - dessen Stimme sich zuletzt in einer Umbruchsphase befunden hat - wohl eine neue Traumrolle gefunden. Seine Tenorstimme und sein außergewöhnlich schönes Timbre empfehlen sich ohnehin für Puccini, und er hat den richtigen Zeitpunkt abgewartet, um die Partie nun in sein Repertoire aufzunehmen. Sein Tenor verfügt inzwischen über einen leichten metallischen Kern und er macht schon mit La vita mi costasse enormen Eindruck, die Vittoria-Rufe haben Saft und Kraft, und seine Spitzentöne gehen wunderschön auf. Die hohen Cs sitzen sattelfest. Auch seine Piani und Diminuendi sind meisterhaft, letztere sowieso eine Spezialität des Sängers. Besonders hinreißend bei le belle forme disciogliea dai veli in E lucevan le stelle. Ein wahrhaftiger Gänsehautmoment.


    Gerald Finley stattet den Scarpia mit einem warmen, geschmeidigen Bariton aus. Was die Figur vielleicht sogar noch gefährlicher erscheinen lässt. Finley’s Stimme mag es in mancher dramatischer Situation etwas an kerniger Stimmkraft fehlen, das Arioso im zweiten Akt erklingt dafür regelrecht betörend. Aber wann hat man je einen so unheimlichen, ja geradezu gruselig auftretenden Scarpia gesehen? Dieser Polizeichef verbreitet Unbehagen und Angst, alleine durch seine Anwesenheit. Eine hervorragende Rollengestaltung.


    Die restlichen Rollen wurden von Ensemblemitgliedern des Royal Opera House übernommen. Dazu zählen der in jeder Hinsicht ideale Jeremy White als Mesner und der junge Simon Shibambu als Angelotti.


    Am Dirigentenpult sorgte Dan Ettinger dafür, dass es manchmal sehr laut aus dem Orchestergraben tönte. Ettinger ist bekannt dafür, es laut zu mögen, und so tobte er sich natürlich im Te Deum und auch im spannenden zweiten Akt aus.


    Viel Applaus gab es am Ende für die drei Hauptrollensänger, vor allem Joseph Calleja wurde mit viel Jubel bedacht.
    Eine hervorragende Tosca-Aufführung in London.


    Gregor

  • Lieber Gregor, vielen Dank für den schönen Bericht, vor allem für die Beschreibung der Stimmen; da kann ich mir gut vorstellen, wie gesungen wurde. herzlichst, Ralf Reck

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Auch von mir besten Dank für den guten Bericht, lieber Gregor. Da kommen Erinnerungen zurück, Covent Garden ist immer wieder einen Besuch wert. :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Zitat von Siegfried: Covent Garden ist immer wieder einen Besuch wert.

    und da gibt es wenigstens noch einige werkgerechte Inszenierungen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • und da gibt es wenigstens noch einige werkgerechte Inszenierungen.


    Liebe Grüße
    Gerhard


    Das nervt! :thumbdown:


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Zitat

    Zitat von Fiesco: Das nervt!

    Das freut mich sehr!
    Ich habe aber auch nicht von dir verlangt, dass du meine Beiträge liest.


    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)