Und noch einmal Hamburger Staatsoper: Rigoletto, 23.02.2018

  • Rigoletto - Juan Jesús Rodríguez (für Ambrogio Maestri)
    Gilda - Nina Minasyan
    Il Duca di Mantova - Yosep Kang
    Maddalena - Ruzana Grigorian
    Sparafucile - Tigran Martirossian
    Conte Monterone - Alexander Roslavets


    Philharmonisches Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Carlo Rizzari
    Chor der Staatsoper Hamburg unter der Leitung von Eberhard Friedrich,
    Inszenierung Andreas Homoki,
    Bühnenbild und Kostüme Wolfgang Gussmann


    (106.Vorstellung seit der Premiere am 16.Oktober 1994)


    Mit diesem Rigoletto endete mein "Freitags Festspiel-Februar" (Stilles Meer von Toshio Hosokawa, Fidelio, Holländer und zwischendrin noch eine hervorragenden, jedoch nicht freitäglichen Aufführung von Haydns Die Jahreszeiten Hob.XXI:3 mit Regula Mühlemann, Werner Güra, Arttu Kataja, der Gaechinger Cantorey, sowie der Bremer Kammerphilharmonie unter H-C.Rademann; vgl. auch meine Saisonplanung 2017/18) und anders, als beim Hamburger Fußball-Noch-Erstligisten konnte hier die Hamburger Staatsoper ein recht klares "4 aus 4" erringen!


    Als Star des Abends kann sicherlich Nina Minasyan als Gilda "verbucht" werden, die Koloraturen in "Caro nome ..." gelangen bis auf eine "Hupe!" makellos und glasklar. Wirklich berückend aber war ihr sehr feines Piano, welches natürlich am Ende der Oper in der Sterbeszene so wichtig ist. Ebenfalls auf der Haben-Seite zu verzeichnen ist der koreanische Tenor Yosep Kang in der Rolle des Duca di Mantova. Seine Auftritte "Questa o quella", "Parmi veder le lagrime ... Possente amor mi chiama" und natürlich "La donna è mobile" gelangen ihm leicht und mühelos, wenngleich er sich eher an der Rampe orientierte. Überzeugt hatte mich der lyrische Tenor bereits vor einiger Zeit als Arnoldo in Rossinis Guglielmo Tell. Schließlich der Dritte im Bunde Juan Jesús Rodríguez in der Titelrolle; in dieser Serie eingesprungen für Ambrogio Maestri wurde Rodríguez seinem Ruf als "einer der wichtigsten Verdi-Baritone unserer Zeit" (siehe auf der Seite der Staatsoper) durchaus gerecht: Auch, wenn es vielleicht etwas an der notwendigen Schallstärke für den 4ten Rang reichte (dbzgl. ist das Haus aber wohl etwas undankbar, selbst eine etablierte Hauskraft, wie Helen Kwon meint dazu "Immer nach vorne Singen!"), sang er mit großem Ausdruck und wirkte als innerlich zerissene Persönlichkeit absolut glaubwürdig. Tigran Martirossian (Sparafucile) ist im Hamburg ja recht häufig zu hören. Seine Leistungen sind immer adäquat, aber für meine Ohren im 4ten Rang auch immer etwas zu leise. Zudem fehlt ihm für die bösen Rollen die böse Tiefe. Sehr beeindruckend, kraftvoll und mit wirklicher Tiefe sang Alexander Roslavets in der kleinen Rolle des Conte Monterone.


    Zum Schluß noch ein paar Worte zur Inszenierung: Es handelt sich um eine ältere Arbeit Andreas Homokis, die aber immer noch recht regelmäßig auf dem Spielplan der Hamburger Staatsoper steht. Der hier im Forum nicht unumstrittene Intendant des Opernhauses Zürich liefert zusammen mit Wolfgang Gussmann (Bühnenbild & Kostüme) m.E. eine zwar reduzierte, aber darum vielleicht umso eindrücklichere Interpretation ab. Bestechend beispielsweise die Idee einer großen, leuchtend gelben/goldenen Krone als "Lotterbett" des Duca. Auch das Haus des Rigoletto in dunklem Blau einem Pappspielhaus für Kinder nachempfunden, welches zwecks Entführung Gildas einfach umgeworfen wurde. Überhaupt kennzeichnen sich die Tableaus und Kostüme durch eine klare Farbgebung: Gelb die Farbe des Hofes, Ein tiefes Blau für Rigoletto und Gilda, Sparafucile und seine Schwester in Schwarz gewandet. Das Bühnenbild, spitz nach hinten zulaufend, erinnert an den expressionistischen Stummfilm der 20er Jahre.


    Das Dirigat Carlo Rizzaris hätte an der einen oder anderen Stelle vielleicht etwas mehr "Schmiß" vertragen. Die Soli im Orchester gelangen gut.


    Leider ist kein Trailer verfügbar, aber einige Impressionen findet man z.B. hier (zuletzt aufgerufen am 25.02.2018)).

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Sehr schön beschrieben, wie ich finde. Keine Fanpost, sondern ein klarer Bericht, der mir eine genaue Vorstellung von diesem "Rigoletto" gibt. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Michael,
    vielen Dank für deinen Bericht. Am Freitag habe ich in Düsseldorf auch Rigoletto gesehen und werde heute abend darüber berichten.