Konzert des Heilbronner Sinfonie Orchesters am 29. 4. 2018 in Heilbronn, Solist: Gerhard Oppitz

  • Ich bin heute gegen Abend von einem sehr schönen Wochenende aus Heilbronn heimgekehrt, zu dem mich unser lieber Operus (Hans A. Hey) und seine ebenso liebe Frau Ingrid eingeladen hatten.
    Am Freitagabend lernte ich bei einem Festmahl bei den Heys Gerhard Oppitz, den Solisten eines Konzertes des gestrigen Abends kennen. Das ausführliche Gespräch, das wir am Freitag führten, konnten wir gestern Abend nach dem Konzert fortsetzen. Ich lernte ihn kennen als sehr netten, herzlichen und natürlichen und, wie ich finde, bescheidenen Menschen kennen, der an jenem Abend
    "unter Freunden" war, und ich war sehr froh darüber, dass ich dabei sein konnte.
    Als Pianisten lernte ich Gerhard Oppitz vor vielen Jahren kennen, als er an meinem damaligen Wohnort Coesfeld-Lette ein Konzert gab mit Werken von Johannes Brahms und Ludwig van Beethoven, und in den Beethoven-Sonaten-Threads habe ich bisher 17 Sonatenaufnahmen von ihm besprochen und auch schon die Sonate B-dur D.960 von Schubert im entsprechenden Thread.


    Gestern nun stand ein Konzert im Konzert- und Kongresszentrum Harmonie in Heilbronn an:

    Abbildung von 1960
    im Theodor-Heuss-Saal mit 2000 Sitzplätzen. Wie mir Operus heute Morgen mitteilte, waren gestern Abend trotz des zeitgleichen Heilbronner Frühlingsfestes 1850 Zuhörer gekommen.
    Sie erlebten ein Konzert mit einem auch in der Struktur nicht alltäglichen Programm:


    Wolfgang Amadeus Mozart, Ouvertüre zur Oper "La clemenza di Tito" KV 621, eines der letzten Werke, die Mozart in seinem Todesjahr komponierte (5 min.)
    Wolfgang Amadeus Mozart, Klavierkonzert Nr. 24 c-moll KV 491 (ca. 33 min.)
    Richard Strauss, Burleske für Klavier und Orchester d-moll AV85 (20 min.)
    Ludwig van Beethoven, Sinfonie Nr. 8 F-dur op. 93 (25 min.)
    Gerhard Oppitz, Klavier

    Heilbronner Sinfonie Orchester

    Dirigent: Alois Seidlmeier


    Die Ouvertüre zu Titus drückt schon aus, dass bei Mozart beileibe nicht alles so endete, wie es begann, so auch hier: zuerst würdevolle Stimmung mit Pauken und Trompeten, dann nach nicht einmal einer halben Minute die hurtigen Streicher, die uns an den Figaro gemahnten, also nicht mehr Verherrlichung der herrschenden Adelsklasse und dann die wunderbaren Holzbläser, die uns daran erinnerten, dass Mozart auch Freimaurer war, und wie war das noch mit dem Schwesterwerk KV 620: "Die Zauberflöte"?
    Welche herrlichen fünf Minuten, die uns mal wieder in das Genie Mozart hineinführten. Dass sie herrlich wurden, lag an dem bestens disponierten Heilbronner Sinfonie Orchester, das klassisch besetzt war. Da ich nicht ganz vorne saß, konnte ich die Musiker nicht genau zählen, und die Aufstellung war eine Mischform der deutschen und der amerikanischen Aufstellung. Die Kontrabässe waren rechts, die Celli aber nicht den ersten Geigen gegenüber, sondern in der Mitte, und vorne rechts vermutlich die zweiten Geigen und dahinter die Bratschen, die Pauken hinten in der Mitte, die Trompeten rechts daneben, das Holz von der Mitte links bis rechts und die Hörner links.
    Ich würde schätzen bei den Streichern 12 - 10 - 6 - 5 - 3 also sechsunddreißig Streicher, doppeltes Holz, also 8 Holzbläser, 2. Hörner, 2 Trompeten und die Pauken, also rund 50 Instrumente.
    Bei Strauss` Burleske, traten 2 Hörner und 1 Pikkoloflöte hinzu.
    Bei Beethovens 8. Sinfonie fielen die zusätzlichen 3 Instrumente wieder weg.
    Abweichende vom herkömmlichen Programmschema Ouvertüre-Instrumentalkonzert-Sinfonie war, dass mit Strauss Burleske ein zweites quasi Instrumentalkonzert von rund 20 Minuten hinzutrat.
    Das hat Gerhart Oppitz, der in Heilbronn als 11jähriger debütierte, in dieser mit der Überschrift "Welt des Klaviers, Oppitz-Zyklus" so vorgeschlagen, wenn ich das richtig erinnere. Von ihm existiert auch eine vorzügliche Aufnahme der Burleske:

    aus dem Anfang dieses Jahrtausends mit den Düsseldorfer Sinfonikern unter ihrem damaligen Chefdirigenten John Fiore.


    Mit Mozarts c-moll-Konzert gewann er 1977, mit 24 Jahren, als erster Deutscher den Arthur-Rubinstein-Wettbewerb in Tel-Aviv, und 4 Jahre später, 1981 wurde er bislang jüngster Professor an der Musikhochschule München, wo er heute noch lehrt.
    Das c-moll-Konzert, mein persönliches Lieblingskonzert, das man in etwa auch als andere Seite einer Münze bezeichnen könnte, dessen eine Seite das A-dur-Konzert ist, mag ich so wegen seiner kühnen Gestalt, vor allem im Kopfsatz, der über das, was Mozart schon ein seinem ersten Konzert in moll, der Nr. 20 d-moll KV 466, im Kopfsatz ausgedrückt hat, m. E. noch hinausgeht, noch weiter in die Zukunft weist, mit seinen chromatischen Tonfolgen, seinen ungeheuren dynamischen Steigerungen, der rätselhaften Coda und dem genialen Schluss. Der lyrische Seitensatz kann da nur vorübergehend die Stimmung etwas aufhellen.
    Diese gesamte Stimmung des Kopfsatzes traf das engagierte Orchester unter der umsichtigen und sehr gut mit dem Werk vertrauten Alois Seidlmeier, wie ich finde, sehr genau, und Gerhard Oppitz offenbarte schon hier die ganze Skala seines Könnens, den äußerst flexiblen Anschlag, das traumhafte Zusammenspiel mit dem Orchester, den dynamisch-dramatischen Impetus, der vor allem in der virtuosen und langen Kadenz offenbar wird, aber auch, und das finde ich sehr bemerkenswert, seine offenbar ureigene Art, sich nicht in den Vordergrund spielen zu wollen, sondern im geeigneten Augenblick sich auch völlig in das Orchester zu integrieren.
    Der erste wirklich große Höhepunkt des Konzertes war jedoch das Larghetto, weshalb ich dieses Konzert noch mehr liebe als wegen des dramatischen Kopfsatzes.
    Als Brendel dieses Konzert an Allerheiligen 2008 in seinem Berliner Abschiedskonzert mit Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern spielte, saß ich im Publikum und habe bei dem Larghetto geweint (und nicht alleine). Gestern Abend habe ich wieder geweint. Spätestens seit gestern Abend gehört Gerhard Oppitz für mich auch zu den großen Lyrikern am Klavier, aber das hatte ich ja bei den langsamen Sätzen in den Beethoven-Sonaten und der B-dur-Sonate von Schubert im Grunde genommen auch schon gedacht. Natürlich gilt das auch für die lyrischen Seitensätze in den Kopfsätzen.
    Während ich dies schreibe, höre ich das Larghetto in der Interpretation von Vladimir Ashkenazy, auch einem großen Lyriker. Gerhard Oppitz hat mir gestern Abend noch etwas besser gefallen. Und noch eins: das Larghetto kann nur so hervorragend gelingen, wenn auch das Orchester ein entsprechend hohes Niveau erreicht. Das war gestern Abend der Fall, auch dank des Dirigenten Alois Seidlmeier.
    Wieder zum c-moll zurückgekehrt ist Mozart im Finale, einem faszinierenden Variationensatz. Die Variation war Mozart ja offenbar auch nicht fremd, wie wir alle wissen. Und immer, wenn wir ein paar Takte Entspannung wittern, brechen Orchester und Solist mit Vehemenz dazwischen, wie in der Mitte der ersten Satzhälfte, wo dann, dank des Genies Mozart, urplötzlich eine ländlerartige Holzbläservariation dazwischen fährt, die aber letztlich doch nicht zum Stimmungsumschwung führen kann ( und will?). Aber auch in Moll ist natürlich dieser Schlusssatz genial, sind die Steigerungen schon stark auf Beethovenniveau. Auch die zweite Dur-Einstreuung führt nicht zum Wandel, aber Solist und Orchester haben hier wieder Gelegenheit, ihr virtuoses Können unter Beweis zu stellen. Und Oppitz und seine Heilbronner tun es. Schließlich führt die letzte Mollwandlung zum unausweichlichen, unerbittlichen Ende.
    Zwar haben die Heilbronner Sinfoniker naturgemäß nicht die Könnensstufe der Berliner Philharmoniker erreichen können, Oppitz m. E. wohl die Brendels, aber im Engagement standen die Heilbronner gestern Abend, wie ich finde, nicht zurück.


    Nun ist mein Text jetzt doch schon so lang geworden, dass ich die zweite Hälfte des Konzertes morgen besprechen werde.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    die Aufnahme der Strauss‘schen Burleske mit Oppitz und den Düsseldorfern unter Fiore ist ein Live-Mitschnitt aus der Düsseldorfer Tonhalle. Wir waren dabei ! Ich konnte im Anschluss Gerhard Oppitz meinen Dank ausrichten. Ja, er ist sehr fein und bescheiden. Nach der Pause gab es Rachmaninovs 2. Sinfonie. Ein denkwürdiger Abend.


    LG Siamak

  • Lieber Willi,
    danke! Schon jetzt istDeine Besprechung den Leistungen des Konzertabends würdig. Ich schreibe grundsätzlich nicht zu den Konzerten "meines" Orchesters, da ich als Programmmacher mich befangen fühle. Danke, dass Du es tust und dann mit einer im Klavierfach weit tiefergehenden Kenntnis als ich sie habe. :jubel: :jubel: :jubel:
    Herzlichst
    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Hans,


    schönen Dank für deine Anerkennung, und ich freue michg, dass dein Zugang zu Tamino offenbar wieder freigeschaufelt ist. Offenbar hat die Intervention an höherer Stelle doch geklappt, nicht wahr?
    Heute, nach den Erinnerungen, habe ich (bei dem Wetter) reichlich Zeit für den zweiten Teil des Konzertberichtes.


    Schöne Grüße auch an Ingrid


    Willi :)


    @ AcomA2:


    Lieber Siamak,


    ich habe mir die Aufnahme bei Amazon zur Gänze angehört, wirklich denkwürdig. Auch das auf dieser CD enthaltene "Also sprach Zaraathustra", einem meiner Lieblingswerke von Richard Strauss, ist großartig gelungen. Als ich das Stück vor vielen Jahren meinen Schülern vorstellte, kam als sofortiges Echo: "Das kennen wir, das ist das Warsteinerlied". :D

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Bericht zu Oppitz-Zyklus In Heilbronn, Konzert am 29. 4. 2018, Teil 2


    Nach der Pause stand nun Richard Strauss' Burleske auf dem Programm. Die Besetzung wurde geringfügig vergrößert (s. o.).
    Die von Strauss selbst als "Scherzo" und dann auch als "Klavierkonzert" bezeichnete Komposition ist einsätzig und hat, wenn man so will, neben dem Klavier im Grunde noch ein zweites Soloinstrument, nämlich die Pauke.
    Mit ihr beginnt auch das muntere Stück, bei dessen Komposition Richard Strauss sicherlich Einiges Johannes Brahms zu verdanken bzw. sich durch den Einfluss seiner Werke angeeignet hat. Brahms lernte er in Meiningen kennen, wohin er 1885 ging, nachdem er als 19Jähriger zwei Jahre zuvor Hans von Bülow kennengelernt hatte, den Dirigenten und Pianisten, der in Meiningen Leiter der dortigen Hofkapelle war. Strauss wurde dort von Bühlows Assistent, und Brahms brachte dort u. a. in dem Jahr, als Strauss kam, seine 4. Symphonie zur Uraufführung.
    Wie dem auch sei, jedenfalls merkte man bald, dass der Part der Pauken weit über die reine Begleitung hinausging, eigentlich das zweite Soloinstrument war. Und man merkte, dass das Heilbronner Orchester einen ausgezeichneten Solopaukisten hat, dessen Namen ich leider nicht kenne und insofern auch kein Konterfei von ihm einstellen kann.
    Und durch diesen eigentümlichen, höchst originellen Beginn, zuerst die Pauken, dann das Orchester und schließlich der Solist, und das alles innerhalb von weniger als einer halben Minute weist das Stück als eines mit unwiderstehlichem Rhythmus, hochdynamisch, mit enormen Tonintervallen und einer unglaublichen Virtuosität aus. Das galt hier nicht nur für Gerhard Oppitz, sondern auch für das Orchester und nicht zuletzt für den fabelhaften Paulkisten, aber das sagte ich ja schon.
    (Nach dem Konzert haben wir in dem Gespräch mit Gerhard Oppitz noch diese großen und vielfältigen Griffabstände besprochen, die seinerzeit Hans von Bülow bewogen, die Aufführung des für ihn aus diesen Gründen quasi unspielbaren Stückes abzusagen. Und Gerhard Oppitz hatte offenbar trotz seiner vergleichsweise kleinen Hände, aber dank seiner stupenden Technik, nicht die geringsten Schwierigkeiten damit.)
    Ein schönes Beispiel für die sehr großen Tonabstände kann man in der großen höchst intensiven Abwärtsbewegung nach etwa einer Minute erkennen, in der sich Solist und Orchester mit größter Verve bewegen.
    Das alles habe ich nicht minutiös im Kopf behalten, sondern ich höre parallel, um das überhaupt so schreiben zu können, die Aufnahme von Gerhard Opptiz mit den Düsseldorfer Sinfonikern von 2001/2002 unter John Fiore gegen, und damit kann ich auch keine genauen Zeitangaben machen, weil sich das Tempo des Heilbronner Orchesters geringfügig von dem des Düsseldorfer unterschied.
    aber das Gegenhören ruft mir präzise den Höreindruck zurück, und man kann so auch die rondoähnliche Struktur besser nachverfolgen, in der einmal das Orchester die Themenführung hat und Pauken und Klavier einsteigen und beim anderen Mal das Klavier das Thema spielt und das Orchester beispringt und immer wieder sich Klavier und Pauken im Duett begegnen.
    Auch lyrische Momente tauchen auf, in dem mal das Klavier eine längere Sequenz hat und dann wieder im dem Orchester im Duett und sich immer wieder auch die Pauke meldet. All das strahlt pure Lebensfreude aus, dokumentiert aber im durchgängigen Walzertempo auch einen hohen Schwierigkeitsgrad, mit dem nicht nur Gerhard Oppitz als Solist in Düsseldorf und das dortige Orchester sondern auch die Paarung in Heilbronn überzeugend fertiggeworden sind.
    Die Burleske ist keinesfalls das Werk eines Anfängers, auch wenn Richard Strauss erst 21 Jahre alt war, als er mit der Komposition begann. Aber dem gingen zwei Symphonien, das Violinkonzert und ein Hornkonzert sowie mehrere kammermusikalische Werke voraus. Wer die Burleske noch nicht kennt, dem sei sie wärmstens empfohlen, auch in der im ersten Teil abgebildeten Interpretation.


    Nach dieser Burleske mit stehenden Ovationen des Publikums für Solist und Orchester wurde der Abend durch Beethovens 8. Symphonie beschlossen, die sich als letzter Höhepunkt des Abends und würdiger Abschluss entpuppte.
    Hier war das Orchester wieder mit dem Dirigenten allein, und jetzt kam es darauf an, denn das war durchaus kein Nebenbei-Belohnungs-Stückchen, das das Orchester ohne Anstrengung spielen durfte, sondern das ist m. E. eine der aus dem Bereich der Klassik, aber ganz sicher von Beethovens 9 Symphonien die am meisten unterschätzte, auch in ihrem Schwierigkeitsgrad. Was da alleine im Kopfsatz (Allegro vivace e con brio) auftaucht:
    103 Takte Exposition mit zweiteiligen Thema I, Thema II, Überleitung, zweiteiligem Thema III mit Wiederholung, 93 Takte Durchführung, 102 Takt2 Reprise und 83 Takte Coda!!, das ist vom Allerfeinsten und in der Ausführung mit höchsten Anforderungen verbunden. Allein die Satzbezeichnung drückt aus, was Beethoven sich vorgestellt hat. Auch hier höre ich gegen, eine referenzwürdige Einspielung von Günter Wand.
    Und es war ganz erstaunlich, was die Heilbronner Musiker aus der Partitur herausholten. Alois Seidlmeier forderte hier mit Umsicht, aber auch mit Verve, all das, was in der Partitur steht, von seinem Orchester, wobei er aber den temporalen Bogen nicht überspannte, und das Orchester lieferte.
    Das gilt auch für das an Stelle eines langsamen Satzes stehende Allegretto scherzando, das manche Dirigenten sehr flott nehmen, selbst der zuletzt im Februar dieses Jahres gehörte Jukka Pekka Saraste mit seinem WDR-Sinfonie-Orchester in Köln.
    Seidlmeier dagegen beschritt den "klassischen Mittelweg". Man würde intuitiv das Tempo als "genau richtig" empfinden. Allerdings haben nicht nur die Besucher der Akademie vom 27. 2. 1814 im Wiener Redoutensaal die wahre Größe dieser Sinfonie nicht erkannt, da an dem Abend vorher noch die Siebte zur Aufführung gelangte, desweiteren ein Terzette und "Wellingtons Sieg". Noch heute werden die vielen positiven Facetten dieses Werkes nicht von allen erkannt, denken wir nur an die
    vielen Rhythmuswechsel, an die wunderbaren Partien der Holzbläser, speziell des Fagotts, an die vielen Steigerungen und dynamischen Kontraste.
    Das Gleiche gilt auch für den dritten Satz, der wie der Name schon sagt, nur im "Tempo di Menuetto" steht, aber im Grunde ein vollwertiges Scherzo ist, mit seinem dichten musikalischen Gefüge, mit seinem wunderbaren Walzer im Trio mit dem leitenden Horn, denken wir an die vielen komponierten Dinge, die von der Norm abweichen, die unerwarteten Sforzandi, die augenscheinlich falschen Einsätze, all das ist Beethovens Werk, und nur, wenn man die scheinbar falschen Dinge so spielt, wie sie in der Partitur stehen, ist das Ziel erreicht. Dieses Orchester hat es erreicht.
    Das Finale schließlich ist der letzte Höhepunkt des Abends, vielleicht der größte Höhepunkt dieser Symphonie. Hier hat Beethoven alles aufgeboten, was ihm zu diesem Zeitpunkt noch zur Verfügung stand, rhythmische Höchstschwierigkeiten, unerwartete Taktwechsel, dynamische Steigerungen vom Feinsten und auch dramatische Einsprengsel, die man hier vielleicht nie erwartet hätte und Sforzandi ohne Ende, und Solofagottist und Paukist durften sich nochmal nach Herzenslust austoben, und auch das Orchester lieferte hier eine Meisterleistung ab.
    Spontane, lang anhaltende Ovationen des fast vollbesetzten Saales belohnten die bravouröse Leistung, die sicherlich auch für Heilbronn nicht alltäglich war. Ich kann in der Nachschau nicht sagen dass die Aufführung in Köln (s. o.) mir besser gefallen hätte.
    (Vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/8._Sinfonie_(Beethoven) und Programmheft, S. 9 bis 32


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Jetzt nur noch danke, lieber Willi. Morgen mehr!! :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Herzlichst
    Dein
    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wunderbares Programm, ein toller Solist, fast 2000 Zuschauer - was will man mehr!!


    Kommt nicht von alleine, so was muß erarbeitet sein. Heilbronn und unser Operus, das ist unverkennbar eine Einheit. Wunderbar, daß es so etwas noch gibt, daß die Programmgestaltung auf das Publikum zugeht. Beispielhaft.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Wunderbar, daß es so etwas noch gibt, daß die Programmgestaltung auf das Publikum zugeht. Beispielhaft.

    Lieber Ulli,


    Wir müssen ein Programm maßgeschneidert für unser Publikum machen, denn wir brauchen min. 1.500 Besucher pro Konzert, sonst sind wir pleite. Dabei sind unsere Programme durchaus ambitioniert und keine volkstümlichen Wunschkonzerte. Auch unsere Preise sind so, dass jeder ins Konzert kommen kann. Diese Grundlinien sind durchaus noch "Nachwehen" meiner 45 jährigen Tätigkeit als 1. Vorsitzender. Kluger Weise hat das HSO den Alten nicht auf's Altenteil geschickt. Heute als Ehrenpräsident bin ich immer noch für die Solisten - ein Beziehungsgeschäft - und mitarbeitend für's Programm und einiges mehr verantwortlich. Diese Kontinuität und klare Linie zahlt sich aus.
    Liebe Grüße auch an Hannelore
    Herzlichst
    Hans

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  • Spontane, lang anhaltende Ovationen des fast vollbesetzten Saales belohnten die bravouröse Leistung, die sicherlich auch für Heilbronn nicht alltäglich war. Ich kann in der Nachschau nicht sagen dass die Aufführung in Köln (s. o.) mir besser gefallen hätte.

    Lieber Willi,


    neben Deiner umfangreichen Besprechung ist heute nun auch die Kritik aus der Heilbronner Stimme, der einzigen Lokalzeitung in Heilbronn, erschienen. Diese ist selbstverständlich auch glänzend. Überschrift: "Weltklassepianist mit souveränem Heimspiel". Bereits durch die Überschrift werden jedoch Unterschiede deutlich. Bei der Heilbronner Stimme schreibt die Kritikerin durchaus gefällig , jedoch oberflächlich und ohne Tiefgang. Mit den üblichen Fehlern bei den Werkbezeichnungen. Der heutige Alltagsjournalismus einer musikinteressierten Rezensentin dominiert. Die kenntnisreiche Auseinandersetzung mit den Werken und dem Solisten erfolgt nicht. Sie ist auch gar nicht möglich, weil Konzertführer und das Abendprogramm eben nur begrenzte Informationen liefern. Nicht falsch verstehen, ich bin durchaus zufrieden, es ist halt die Ebene dessen, was man heute unter Feuilleton versteht. Bezeichnender Weise sind die beiden Kulturredakteure auch der Lokalredaktion zugeordnet.
    Ganz anders ist es bei Dir: von der ersten Zeile an ist Deine große Kennerschaft der Werke und Deine immense Erfahrung spürbar. Du steigst in die Werke detailliert ein, zeigst Strukturen auf, kannst die einzelnen Sätze mit ihren musikalischen Schwerpunkten herausarbeiten und den Solisten mit der ganzen Skala seiner Möglichkeiten auch im Zusammenspiel mit dem Orchester analysieren. Darüber hinaus kannst Du mit der Erfahrung des langjährigen Musikexperten berichten, z. B. Gerhard Oppitz im Vergleich mit Alfred Brendel im himmlischen Larghgetto des Mozart Klavierkonzerts Nr. 24 c-moll. In dieser Meisterschaft wird das ganze Programm bis zum strahlenden Schluss mit Beethovens 8. Sinfonie, F-dur kompetent und verständlich von Dir besprochen. Wenn Du den 2. Teil Deines Konzertberichts mit den Worten schließt:" ...die bravouröse Leistung, die sicherlich auch für Heilbronn nicht alltäglich war - so kann man Dir, lieber Willi,
    diesen Lorbeer ebenfalls überreichen, denn auch Deine Leistung als Kritiker ist bravourös und im heutigen Kulturjournalismus und in Heilbronn schon gar nicht alltäglich. :jubel: :jubel: :jubel:
    Herzlichst
    Operus


    Lieber Willi, der Du mir in den Tagen des Heilbronner Zusammenseins noch mehr zum Freund geworden bist, nur eine kleine Einschränkung: Keine Tageszeitung würde einen Bericht in dieser Länge drucken. Das ist wiederum der Alltag. Ich danke Dir für alle Deine Ausführungen, die eben Con amore geschrieben sind.
    Dein Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Hans,


    vielen Dank für dein übergroßes Lob, und ich muss dir völlig Recht geben. Ich habe viele Jahre für die heimische Zeitung Berichte aller Art als Gründer und Vorsitzender des Tierschutzvereins, als Leiter der Begleithundelehrgänge und als Lehrer über die sportlichen Aktivitäten unserer Schule, später dann auch als Pressewart unseres Chores Artikel geschrieben, und ich musste oft um jeden Satz kämpfen, der noch in die Zeitung sollte. Die örtlichen Mitarbeiter der Zeitung waren oft nicht nahe genug am "Ball", um bei einem Bild aus dem Sport zu bleiben.
    Deshalb bin ich auch dankbar, dass ich im Forum eine Gelegenheit gefunden habe, meine Beiträge so umfangreich zu gestalten, wie sie gehören. Mir fällt da, während ich dies schreibe, eine kolportierte Begebenheit ein, wie si sich zugetragen haben soll rund um die Premiere von Mozarts "Figaros Hochzeit", als der österreichische Kaiser, der wohl bei der Premiere kurz eingeschlafen war, Mozart zwar lobte, aber das Werk mit einer Einflüsterung der ihn umgebenden missgünstigen anderen Komponisten kritisierte: "Zu viele Noten" und Mozart aufgebracht entgegnete, das Werk hätte keinesfalls zu viele Noten, sondern genau so viele, wie nötig seien.
    Als Zeitungsschreiber macht man manchmal was mit, gell?


    Lieber Freund Hans,


    liebe Grüße, auch an Ingrid,


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • dass das Heilbronner Orchester einen ausgezeichneten Solopaukisten hat, dessen Namen ich leider nicht kenne und insofern auch kein Konterfei von ihm einstellen kann.


    Lieber Hans
    das könntest Du doch sicher noch in Erfahrung bringen, wer der tolle Paukist war.
    Auch ich habe das Konzert sehr genossen und kann den umfänglichen Ausführungen von Willi nichts Substanzielles zufügen. Hans hat mich jedenfalls in jetzt vier Konzerten davon überzeugen können, dass auch in der "Provinz" hochkarätig Musik gemacht wird.
    Beste Grüße
    lutgra

  • Lieber Willi,


    auch von mir besten Dank für deinen schönen Bericht.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Liebe Taminofreunde,


    auch ich möchte mich in diesem Thread noch einmal kurz melden, weil ich mit meiner Frau dank der Möglichkeiten von Operus und seiner generösen Art der Kontaktvertiefung beim Konzert dabei sein durfte und es mir ausgezeichnet gefallen hat.


    Nicht zu vergessen den anschliessenden Umtrunk direkt am "alten" Neckar, den uns die milde Sommernacht ermöglicht hat !


    Wenn ich noch kurz etwas abschweifen darf:


    Heilbronn, die kleine Grossstadt im Südwesten Deutschlands, die mir postpubertärem Knaben eine tolle Tanzstunde und ein passables Abitur beschert hat in 1967, hat neben seiner weithin bekannten grossartigen Kilianskirche auch einen grossen Haupt- mit im Norden angeschlossenen Güterbahnhof. **** Durch ersteren fährt jedoch kein ICE, kaum zu glauben (offizielle Begründung ist die Lage im Verkehrsschatten der Magistralen) ! :pfeif: :pfeif: :pfeif: :D :D :D *****


    Zufälligerweise bin ich mit der fussgesunden Verwandtschaft am vergangenen 1. Mai die Innenstadt, die Neckarwiesen, und das Gebiet nördlich und nordwestlich der Innenstadt abgewandert aus einem wichtigen Grund !!! (abgesehen von der Lust und Pflicht am/zum Laufen). Abgesehen von der sowieso von langer Hand hochgehegten und ambitioniert und werthaltig verbesserten Innenstadt, stehen auf dem früher völlig eingeschlafenen, zugewachsenen, in Teilen durch kleine Altbauten auch schmuddeligen Gütergleisgelände nun ca. 15 bis 20 Riesenkranen und zahllose Kränchen (wie zum Eigenheimbau). Es wird - weiträumig abgesperrt - allerorts gebaut, was das Zeug hält.


    Weiter nördlich noch, wo ich damals in der einst sehr grossen Firma Wolff- Kran an der Werkbank stand und dem Getriebebau-Meister tagtäglich seine zwei Päckchen ECKSTEIN geholt hab`, gibt es im damalig niedergehenden und schmutzigen und staubigen Industriegebiet jetzt jede Menge neuer Gebäude in schön gruppierter Umgebung für überlebende Altindustrien und viele, viele Handels- und Dienstleistungsbetriebe.
    Es ist keine Orgie, sondern eher eine symphonische Dichtung neuer und teuerer Architektur. Das darf man gesehen haben !


    Zum Schluss die Erklärung:


    Ab 19. April 2019 findet auf den dort ausgewiesenen Freiflächen die Bundesgartenschau statt, aha.
    Dabei lädt die ohnehin schon (oder noch) wohlhabende Stadt nochmals nach, was Investitionen und Verbesserungen auf den letzten Drücker angeht.


    Egal, wie die Vorstände der Deutschen Bahn inzwischen gucken:
    Heilbronn liegt im Fadenkreuz der beiden höchstfrequentierten Autobahnen Süddeutschlands A 8 und A 81, anders formuliert - im Spannungsfeld zwischen Trollinger und Weissburgunder / Riesling.
    So, des wär`s.


    MlG
    Damiro :love:


  • Lieber Damiro,


    schön, wenn es Dir gefallen hat, noch schöner, wenn Du häufiger in die Stadt Deiner Jugend (Streiche/Sünden) kommen würdest. Vielleicht wieder zu einem Konzert. Du weißt ja, wo Du immer Karten bekommst.


    Liebe Grüße auch an Deine Frau
    Herzlichst Ingrid und Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Hans,


    auch ich melde mich noch einmal, aus zwei Gründen:


    1. ich habe vorhin auf der Homepage der "Heilbronner Stimme" rauf und runter, aber letztlich doch vergebens, versucht, die Kritik der verehrten kritikerin zu finden. Ich hätte sie gerne im Wortlaut gelsen.


    2. Ich habe inzwischen auf der Rückseite des Programms vom Sonntag die neue Konzertreihe 2018/2019 studiert, und mich würde sehr das Konzert am 10. Februar 2019 reizen. Ich kenne zwar alle vier Stücke, habe sie aber in dieser Zusammenstellung noch nie gehört, und auch hier ist wieder die Zusammenstellung sehr ungewöhnlich: Sinfonie-Instrumentalkonzert-sechssätziges Klaveirstück-Sinfonie. Das ist sehr reizvoll. Aber ganz genau kann ich mich erst entscheiden, wenn ich die Programme der neuen Saison Mitte des Monats vorliegen habe.


    Schöne Grüße, auch an Ingrid


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Kurze Fehlerkorrektur:


    Im letzten Satz meines Posts # 13 muss es heissen: ....im Fadenkreuz (...) der A 6 und A 81 (Weinsberger Kreuz).....