Bericht zur Aufführung:
Der Fliegende Holländer von Richard Wagner
Düsseldorf, Deutsche Oper am Rhein, Wiederaufnahme vom 14. 6. 2018
AD: 20. 6. 2018, 19.30 Uhr
Besetzung:
Der Holländer: ........................................Anooshah Golesorkhi
Daland, ein norwegischer Seefahrer:......Hans-Peter König
Senta, seine Tochter: .............................Morenike Fadayomi
Erik, ein Jäger:........................................Reymond Very
Steuermann Dalands:...............................Cornel Frey
Mary, Sentas Amme:..............................Katharina von Bülow
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Statisterie der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker
Dirigent: Aziz Shokhakimov
Regie: Adolf Dresen (+ 2001)
Regiemitarbeit: Marion Winter
Ich darf zu Beginn noch darauf verweisen, dass ich schon im Winter 2016 zweimal den Holländer in Duisburg erlebt habe, am 28. 1. 2016 und am 18. 3. (siehe entsprechenden Thread im Unterforum "Gestern in der Oper". Im letzten Jahr fiel mein Besuch wegen Erkrankung aus.
Die ausgezeichneten Düsseldorfer Symphoniker wurden dirigiert von Aziz Shokhakimov, ( * 1988, Usbekistan):
einem jungen Mann, dessen Namen ich bis dato nie gehört hatte (und ich habe schon viele Dirigentennamen gehört und gelesen). Er ist seit der Spielzeit 2015/2016 als Kapellmeister an der Rheinoper engagiert, wo er bereits die Carmen, Aida, Rigoletto und Hoffmanns Erzählungen dirigiert hat, nun also den Holländer.
Er ging sogleich vom ersten Takt der Ouvertüre an sehr extrovertiert zu Werke. Dabei fiel mir sofort positiv auf, wie transparent und hell getönt der Orchesterklang rüberkam und wie schön sich die Hörner auf er linken (Violinen-) und Trompeten und Posaunen auf der rechten Seite ergänzten bzw. welche ausgezeichnete klangliche Balance sie herstellten.
Auch die Holzbläser, u. a. Englischhorn, Klarinette und Flöte, die das lyrische Motiv aus Sentas Ballade schon in der Ouvertüre vortrugen, waren auf der linken Seite gut postiert. Während der ganzen Oper gefiel mir das Orchester, befeuert vom jugendlichen Temperament des Dirigenten, über die Maßen. Auch die dramatischen Passagen, schon beginnend mit den Eingangsakkorden, wurden mitreißend vorgetragen.
Bei den Sängern gab es fast nur neue Gesichter im Vergleich zu den beiden vorher gesehenen Aufführungen (s. o.)
Der Sänger des Holländer, Anooshah Golesorkhi:
ein gebürtiger Amerikaner, war mir ebenfalls bisher völlig unbekannt, und ich werde ihn wohl ebenso wie den Dirigenten nicht in meiner Musikerdatenbank übernehmen können, da mir das genaue Geburtsdatum fehlt.
Seine Stimme, die mir nicht ohne klangliche Härten schien, war in den dramatischen Steigerungen recht eindrucksvoll, aber in den Piani verlor sie, wie ich meine, manchmal an klanglichem Fundament, eine Crux, mit der, wie es scheint, nicht nur wir Laiensänger in den unzähligen Kirchenchören immer wieder zu kämpfen haben. Dennoch war seine Gesamtleistung sehr ansprechend und wurde nicht zu Unrecht am Schluss mit großem Beifall belohnt.
Den Sänger des Daland, Hans-Peter König:
kenne ich seit Jahren zumindest nach Namen und hätte ihn vor zwei Jahren schon beinahe in dieser Rolle erlebt, aber statt seiner sang Thorsten Grümbel die Partie (s. o.)
Obwohl ich ihn noch nie gehört hatte, hatte ich doch schon viel über ihn gehört und war mit seinem ersten Auftritt sofort sehr berührt von einer Stimme und sehr angetan von seinem einfachen Auftreten: praktisch ein Nordländer aus Westfalen. Im Gegensatz etwa zu Thorsten Grümbel (Januar und März 2016) hatte Hans-Peter König nicht die geringsten Schwierigkeiten mit den Tiefen seiner Partie und überzeugte sängerisch auf der ganzen Linie, aber auch darstellerisch.
Eine weitere, sehr positive Überraschung bot die Sängerin der Senta, Morenike Fadayomi:
Mitreißend, wie sie im Höhepunkt der Oper, der Ballade, gleich den ersten Ton: Traft ihr das Schiff im Meere an...! bombensicher und ansatzlos im Fortissimo in den großen Opernraum stellte, und damit wären wir gleich bei einem großen Plus ihrer Stimme, wie ich finde, denn diese Ballade hat ja auch wunderbare lyrische Wendungen, die sie ebenso, auch im Pianissimo ergreifend beherrschte wie das Furioso in den hohen dramatischen Stellen.
Daneben hat sie auch, wie ich finde, hohe darstellerische Qualitäten, aber auch bei ihr kann ich die sängerische und darstellerische Leistung nicht in Relation zu ihrem Alter setzen, weil ich es schlicht nicht weiß. Es ist frustrierend für einen Chronisten, wenn er lesen muss: "geboren im südlichen Kalifornien.." oder "geb. 20. Jahrhundert" oder "geboren in London.." etc.
Kommen wir nun zu dem Sänger des Erik; Raymond Very,
einem amerikanischen Tenor, von dem ich auch so gut wie nichts weiß, vor allem nicht, wann er geboren ist. Wenn er jedoch so alt sein sollte, wie er auf der Bühne aussah, dann war er auf jeden Fall zu alt für Senta, er hätte, schon alleine mit seiner barocken Gestalt und seinem grünen Jägerloden besser als Erbförster Kuno in den Freischütz gepasst denn als junger Jäger in den Fliegenden Holländer. Stimmlich sah das natürlich ganz anders aus, da konnte er durchaus überzeugen, was auch der reichliche Schlussbeifall zum Ausdruck brachte.
Der einzige "alte Bekannte" war mir Cornel Frey, der lyrische Schweizer Tenor:
der mir von Mal zu Mal besser gefällt. Da weiß man vom ersten Ton an, wenn er die Wache antritt: er ist der Typ, der sofort an zu pfeifen fängt, wenn es in den dunklen Wald geht. Sehr natürlich in der Darstellung, sehr anrührend in seinem Gesang. Auch er wurde mit reichlichem Beifall bedacht.
Schließlich die mir ebenfalls noch nicht begegnete Katharina von Bülow,
die Sentas Amme Mary gab, mit eleganter großer gertenschlanker Figur, die von Anfang an den zutreffenden Eindruck erweckte, dass sie mit diesem quirligen Stall voller Spinnerinnen so gut wie nicht fertig werden konnte. War das eine köstlich Meute, die aber auf Kommando sich in einen in kindlicher Faszination versammelten Kreis von Zuhörerinnen verwandelte, als Senta ihre Ballade sang.
Dem Frauen wie dem Männerchor als auch dem Chor in seiner Gesamtheit möchte ich erneut großes Lob zollen:
Das war, quantitativ wie qualitativ erstklassiger Opernchorgesang, und außerdem konnten sich dank der bewährten Inszenierung von Adolf Dresen in der Regiemitarbeit von Marion Winter Chor und Solisten völlig natürlich in der Szene bewegen und sich ganz auf ihren Gesang und ihre Darstellung konzentrieren.
Was ich oben noch zu erwähnen vergaß: der Schlussbeifall war natürlich auch bei den übrigen Protagonisten, Morenike Fadayomi, Hans-Peter König, Katharina von Bülow, Chor, Orchester und Dirigent reich bis überreich.
Eine Gesamtleistung, die es verdient hätte, einmal in Ton und Bild dokumentiert zu werden.
Liebe Grüße
Willi