BOIELDIEU, Francois Adrien: JEAN DE PARIS

  • Francois Adrien Boieldieu ( 1775 – 1834 )
    Jean de Paris

    (Johann von Paris)


    Komische Oper in zwei Akten
    Libretto: Claude Godard D'Aucour
    Orignalsprache: Französisch


    Uraufführung: Paris 1812

    PERSONEN DER HANDLUNG

    Claire, Prinzessin von Navarra, Sopran
    Der Haushofmeister der Prinzessin, Bariton
    Jean de Paris (französischer Kronprinz inkognito), Tenor
    Oliviero, sein Reisemarschall, Sopran
    Pedrigo. ein Gastwirt, Bass
    Lorezza, seine Tochter, Mezzosopran
    Dienerschaft, Gefolge der Prinzessin und des Prinzen


    Ort und Zeit der Handlung: Ein Wirtshaus in einem Dorf in den Pyrenäen, 17. Jahrhundert


    INHALTSANGABE


    ERSTER AKT
    Saal in einem Wirtshaus
    Der Wirt, seine Tochter und die Dienerschaft sind beschäftigt, alles für die Ankunft der Prinzessin von Navarra vorzubereiten, die hier auf dem Weg nach Paris Quartier nehmen will.
    Dann verschwindet die Dienerschaft, um im Haus alles zu richten.
    Lorezza ist ungeduldig, weil nicht klar ist, wann die Prinzessin eintrifft. Doch ihr Vater erklärt ihr, dass es für ihn kein Schaden sei, denn das Geld für das Freihalten des Hauses habe er bereits erhalten.
    Da erscheint Oliviero und bittet um Quartier. Doch der Wirt will ihn, den er für einen Studenten hält, trotz der Einwände seiner Tochter, abweisen, weil alle Zimmer bereits bestellt sind. Als er dann noch ankündigt, dass er seinen Gebieter erwarte, wird der Wirt immer wütender: Er solle zusehen, dass er fortkomme. Lorezza bedeutet ihm jedoch heimlich, er solle noch bleiben und geht, um ihm etwas zu essen zu bereiten.
    Da Oliviero keine Anstalten macht, fort zu gehen, befragt ihn Pedrigo, wer denn sein Gebieter sei. Er nennt ihm den Namen „Jean de Paris“. Auch wenn der Namen noch so schön klinge, meint Pedrigo, gibt es für ihn keine Unterkunft in seinem Hause.
    Ein Diener kommt und verkündet, dass eine Schar Reiter angekommen sei. Auf die Frage, wie sich diese nennen, erklärt er, es sei das Gefolge eines Jean de Paris. Oliviero erzählt dem aufgebrachten Wirt, dass dieser die Stadt Navarra kennenlernen wolle und ihn als Marschall voraus geschickt habe. Nun gut, meint der Wirt, er werde ihnen ein kleines Zimmerchen einrichten.
    Indessen meldet Lorezza, dass das Haus voller Leute sei. Pedrigo, der glaubt, dass nun auch die Prinzessin mit Gefolge eingetroffen sei, befiehlt ihr, beschleunigt dafür zu sorgen, dass alle untergebracht werden. Sie erklärt ihm, dass es das Gefolge des Jean de Paris sei, was den Wirt sehr verwundert. Das kann wohl kein einfacher Mann sein! Er entschließt sich nun, den oberen Teil des Hauses, der sonst seinen Zwecken dient, für diese Leute einzurichten.
    Auf die Frage, wer denn dieser Herr sei, besingt Oliviero in einer Arie, mit welcher Pracht sein Herr durch die Lande ziehe. Als er dann noch preisgibt, dass dieser, wenn er gut bedient werde, auch sehr freigebig sei, will der Wirt ihm – in der Hoffnung, dass er nur kurz bleiben und die Prinzessin nicht zu gleicher Zeit eintreffen werde – sogar die Gasträume im unteren Teil des Hauses einrichten. Ihn wundert lediglich, wie ein „Bürger“ von Paris solchen Aufwand treiben kann. Aber da kann Oliviero ihn beruhigen. In Paris sei das eben anders als hierzulande.
    Dann tritt auch Jean mit Gefolge ein und befiehlt schnell aufzutischen. Er erklärt dem Wirt, dass er alle Zimmer des Gashofes für sich beanspruche. Auf die Einwände des Wirts, dass diese schon von der Prinzessin von Navarra besetzt und auch bezahlt seien, fragt er nach der Höhe der Bezahlung und übergibt ihm im Voraus das Fünffache dieser Summe. Danach lässt er keine Einwände des verzweifelten Wirtes mehr zu.
    Dann lädt der Wirt alle zum Male ein. Jean und Oliviero bleiben zurück. Der Prinz belehrt ihn über die Pflichten eines Ritters gegenüber Frauen und seinem König. Dann spricht Jean mit Oliviero über seinen Plan. Er habe diese Verkleidung angenommen, um die Prinzessin, deren Schönheit man so sehr rühme und die hier absteigen will, erst einmal anonym näher kennen zu lernen, ehe er sie zur Ehefrau nehmen werde. Er bittet Oliviero, alles entsprechend einzurichten. Oliviero geht.
    Der verlegene Pedrigo kommt und verkündet, dass die Prinzessin im Anmarsch sei. Er versucht, den Bürger von Paris zu überreden, sofort abzureisen. Was solle denn nun mit den Ankommenden passieren? Jean meint kaltblütig, das, was auch mit ihm passiert wäre, wenn die anderen vor ihm angekommen wären. Sie sollen also weiterziehen. Dann begibt er sich zum Essen ins Haus.
    Der Wirt ist wütend; wenn jetzt der Herr Haushofmeister der Prinzessin käme...? In demselben Augenblick kommt Lorezza und bittet den Haushofmeister herein.
    Der Haushofmeister legt sofort mit einer Arie los, in der er das Mittagsmahl befiehlt und sich auf ein Geschenk freut, das er von der Prinzessin für seine gute Organisation erhalten wird. Pedrigo ist verlegen.
    Zum Glück kommt in diesem Augenblick Jean herein und stellt sich als reisender Bürger von Paris vor. Der Wirt behauptet nun, dass dieser Herr sich das Haus gewaltsam angeeignet habe. Der Haushofmeister kann sich vor Zorn kaum fassen: Als gemeiner Bürger einer Prinzessin das Mittagsmahl zu rauben!! Er will ihn aus dem Hause jagen lassen. Aber Jean lässt sich nicht beirren. Er werde heute der Gastgeber sein und die Prinzessin mit ihrem Gefolge zum Essen einladen.
    Olivier meldet die Ankunft der Prinzessin. Diese tritt auf und singt ein Lied auf die Freuden des Reisens. Sie erkennt als Einzige sofort, dass Jean der Prinz ist, der ihr eine Schlinge legen will, was sie aber verschweigt, um ihm mit einer anderen List zu begegnen. Sie nimmt den Vorschlag Jeans an und dieser befiehlt, das Mahl zu richten. In einem finalen Ensemble drückt der Haushofmeister sein Entsetzen aus, verlacht die Prinzessin ihren närrischen Haushofmeister, freuen sich Jean und Oliviero über die gelungene List und hoffen Pedrigo, Lorezza und die Dienerschaft auf ein gutes Geschäft.


    ZWEITER AKT
    Ländliche Gegend vor dem Wirtshaus
    Lorezza und Oliviero unterhalten sich und singen ein Duett über die Sitten in der Stadt und auf dem Lande. Dann tanzen sie, sie nach ländlicher, er nach städtischer Art. Als Jean kommt, verschwindet Lorezza.
    Jean hat Kummer. Er hat sich in die Prinzessin verliebt, aber der Haushofmeister (der ihn ja nicht erkannt hat) hat sich geäußert, sie habe bereits einen Gatten gewählt und Jean fürchtet nun, dass er einen Rivalen hat. Er befiehlt Oliviero, dafür zu sorgen, dass seine Befehle sorgfältig ausgeführt werden.
    Jean sinniert nun, was zu tun, wenn sein Plan schief ginge. Dann singt er eine Arie über Glanz und Ehre der Ritterschaft.
    Der Haushofmeister tritt auf. Er will Jean auffordern, seinen bürgerlichen Ton gefälligst in Gegenwart der Prinzessin abzulegen. Als Jean ihm dann noch gesteht, dass er um die Prinzessin werben will, hält er ihn für einen Verrückten und will nicht mehr mit ihm reden.
    Der Wirt, seine Tochter, Oliviero, Jeans Gefolge sowie Bauern und Bäuerinnen kommen und decken eine festliche Tafel. Dann kommt auch die Prinzessin mit Gefolge und ist erstaunt über die geschmackvolle Aufwartung, die sie in einem Dorf nicht erwartet hätte. Jean will sich entschuldigen, dass diese einfache bürgerliche Tafel wohl kaum der an einem königlichen Hofe vergleichbar wäre, aber die Prinzessin ergeht sich in immer größerem Lob. Als dann noch der Wirt preisgibt, dass die Speisen nicht von ihm, sondern vom Gefolge Jeans bereitet wurden, findet es nur der Haushofmeister „himmelschreiend“, was sich die Bürger so alles leisten können.
    Dann fordert Jean zu Gesang und Tanz auf, worüber der Haushofmeister nur „die Nase rümpfen“ kann. Oliviero stimmt eine Romanze von einem Troubadour an, Jean und auch der Chor stimmen in die zweite und die Prinzessin in die dritte Strophe mit ein. Dazu wird getanzt.
    Nach dem Ende der Romanze entfernen sich auf ein Zeichen Jeans alle – außer Jean, Oliviero, der Prinzessin mit Gefolge und dem Haushofmeister – singend von der Bühne.
    Die Prinzessin bedankt sich bei Jean und der Haushofmeister mahnt zum Aufbruch. Da schickt ihn die Prinzessin, alles dafür vorzubereiten. Jean beordert Oliviero, alles für seinen Plan vorzubereiten. Auch die Prinzessin entlässt ihr Gefolge.
    Als sie allein sind, versucht die Prinzessin, Jean endlich zum Reden zu bringen, doch er weicht weiterhin aus. Als sie ihm dann scheinheilig wegen seiner Kochkünste eine Stelle bei ihr anbietet, wenn sie den Mann, der ihr bestimmt ist, heirate, will er Näheres über seinen „Rivalen“ erfahren. Sie beschreibt ihm in einem Duett, wie der Mann (er selbst) ist, den sie zu heiraten wünscht. Als sie ihn fragt, ob er den Mann nun kenne, gibt er endlich zu, wer er ist und sie gesteht, dass sie durch ihren Bruder, den König von Navarra, über seine Vermummung bereits unterrichtet war.
    Als er ihr zu Füßen fällt, kommt der Haushofmeister zurück und ist verwirrt. Als dann noch Oliviero, der Wirt und seine Tochter sowie das Gefolge Jeans und der Prinzessin auftreten und Jean die Prinzessin öffentlich zu seiner Ehefrau erklärt, gerät der Haushofmeister völlig außer Fassung. Doch Jean beruhigt ihn, dass er wohl nur daher erregt sei, weil dies nicht das passende Ambiente für eine Hochzeit sei. Auf einen Wink Jeans werfen er und seine Gefolgsleute die Oberbekleidung ab und stehen nun in prachtvoller Bekleidung da. Da erkennt der Haushofmeister seinen Irrtum, entschuldigt sich und ist der Erste, der gratuliert. Alle anderen huldigen dem neuen Paar in einem Chor: „Der Schönheit Ruhm und Ehre....“


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    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Anmerkung:
    Die Oper war in Paris ein großer Erfolg und blieb bis 1863 dort auf dem Spielplan. Sie wurde auch in Deutschland (Berlin) und Österreich (Wien) gegeben. Die Beschreibung entstand nach dem Originaltext von 1812. Eine Neufassung stammt aus 1869.
    Den gleichen Stoff hat Donizetti in seiner Oper „Gianni die Parigi“ von 1831 auf ein Libretto von Felice Romani bearbeitet
    Auf CD gibt es die Oper in folgender Aufnahme

    Eine Einspielung auf DVD habe ich nicht gefunden
    Youtube bietet eine Aufnahme in französischer Sprache

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)