Der Michelangelo der Musik - Josquin Desprez




  • Die Apostrophierung "Michelangelo der Musik" hat Thomas sehr schön gewählt, weil sie doch gleichzeitig Größe und Stellung dieses genialen Meisters trefflich umreisst, dessen genaue Herkunft (man schwankt zwischen Frankriech, Flandern und Italien) bis heute im Dunkeln liegt.


    Das Geburtsjahr wird zwischen um 1440 und 1450 angenommen. Sein Geburtsort lag möglicherweise im Hennegau, wahrscheinlich in der Nähe von Saint-Quentin, überprüfbare Quellen dafür fehlen jedoch, denn Kindheit und Jugend Josquins sind nicht dokumentiert. Über seine Ausbilung sind die Angaben einfach zu vage um dazu eine verwertbare Aussage zu machen. Seine wesentliche Prägung als Sänger und als Komponist jedoch hat er in der Zeit zwischen 1474-1479 als Mitglied der herzoglichen Kapelle der Sforza in Mailand erfahren, denn der Leiter dieser Kapelle war kein Geringerer als der berühmte Gaspar van Weerbecke, einer der vielen Niederländer, die damals in Italien Dienst taten. Ein anderes berühmtes Mitglied dieser Kapelle war Alexander Agricola.


    Über seinen milaneser Diestherren Ascanio Sforza, der 1484 als Kardinal nach Rom kam, wurde Josquin in die päpstliche Sängerkapelle berufen. Nach 1501 fliessen die biografischen Quellen spärlicher und es werden Aufenthalte in Frankreich und Flandern (Mechelen) vermutet. Seine letzten Lebensjahre verbrachte der in ganz Europa hoch geachtete und für bestellte Kompositionen geradezu fürstlich entlohnte Meister als Propst an der Kollegiatskirche Notre-Dame in Condé-sur-l' Escaut, eine Stelle, die mit einer reichen Pfründe ausgestattet war. Eine Abschrift der Grabinschrift (die Kollegiatskirche ist 1793 zerstört worden) in einem Manuskript der Bibliothèque Municipale in Lille aus dem 17. Jhdt. enthält als Sterbedatum den 27. August 1521.


    Die Anzahl seiner Messen, Motetten und weltlichen Werke lässt sich bis heute nicht bestimmt festlegen, denn schon als er noch lebte, wurde mit Kompositionen, die unter seinem Namen veröffentlicht wurden, ein schwunghafter Handel getrieben. Man kann von etwa 15 Messen, 50 Motetten und einer (noch) nicht näher bestimmbaren Anzahl von weltlichen Werken als gesichertem Bestand ausgehen.


    Daß Josquin Schüler Ockeghems gewesen sein soll, ist eher unwahrscheinlich: zu verschieden sind Herangehensweise und Wollen beider Meister.Die eigentliche Bedeutung Josquins liegt darin, die Musik aus ihrer gotischen Verschlüsselung und durch eine Vielzahl spekulativer Elemente hermetisch-starr gewordenen Kunst in eine menschliche Dimension des "Miterlebens und Mitleidens" verwandelt zu haben, die es auch dem mit den Gestaltungsprinzipien des Mittelalters wenig vertrauten Hörer ermöglicht, in den sinnlich flutenden Klang-Kosmos seiner Werke einzutauchen. Das macht ihn zu einem würdigen Zeitgenossen der Maler und Bildhauer der Renaissance wie Raffael und Michelangelo und zum ersten großen Musiker der "Neuzeit".




    Vielen Dank an BigBerlinBear für den, wie ich finde, sehr gelungenen Einleitungsbeitrag!!



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Auf Wunsch von C.Huth hier ein paar Zeilen über die Aufnahme der beiden L´homme armé Messen von Josquin Desprez durch das Ensemble A Sei Voci.


    Das Fazit gleich vorweg: sehr empfehlenswert mit kleinen Abstrichen.


    Was mich ein klein wenig stört, das ist die Unausgewogenheit des Ensembles an manchen Stellen. Am stärksten fallt das gleich im ersten Kyrie auf, wenn der Bariton allein beginnt und die anderen Stimmen nacheinander einfallen. Der Bariton klingt da sehr knödelig und singt mit zuviel Vibrato. Das tritt im folgenden der CD noch ein paar Mal auf, häufig dann, wenn forte gesungen wird. Ansonsten ist der Ensembleklang aber sehr schön. Mit sehr viel Fundament, auf dem die oberen Stimmen sicher ruhen können.


    Eine zweite Sache, aber wahrscheinlich bin ich da zu pingelig, sind kleine Irritationen in der Intonierung. Z.B. der Schlußakkord des Kyries der ersten Messe scheint mir eine andere Stimmung zu haben als das davor Gesungene und eine Winzigkeit höher zu sein. Solche Stellen gibt es aber nicht oft und sollten eigentlich kaum eine Trübung des Hörgenusses hervorrufen. Was ich schon im vorherigen Abschnitt gesagt habe, trifft auch hier zu:, der Großteil der Aufnahme ist auch in dieser Hinsicht vorzüglich.




    Missa L'homme armé sexti toni und Missa L'homme armé super voces musicales
    A Sei Voci, Bernard Fabre-Garrus erschienen bei Astree



    Thomas

    Da freute sich der Hase:
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    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Ich danke Dir, Thomas - ich denke, für den Preis wie derzeit bei 2001 kann man die Abstriche allemal hinnehmen, oder?


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Auf jeden Fall! Vielleicht empfindest du es ja auch ganz anders als ich. Im Falle eine Kaufentscheidung bin ich sehr an deiner Meinung interessiert.


    einen schönen zweiten Advent wünscht
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • "A sei voci" singt, wie Thomas schon sagte, zu vibratoreich, die Stimmen sind stimmbildnerisch zu wenig aufeinander abgestimmt und ich registriere kleine bis mitteschwere Probleme bei der Intonation. Solange
    "Ensemble Officium" keine Desprez-Aufnahmen vorlegt, sind "The Tallis Scholares" mit ihrer Einspielung aus 1988 noch immer 1.Wahl, auch die zwar ein wenig blässliche, aber intonationssicher und sauber singene
    "Oxford Camerata" unter J. Summerly bei Naxos kann sich durchaus hören lassen.


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Hallo


    Euer interessanter Thread hat uns angeregt die besprochene CD Missa L'homme armé sexti toni und Missa L'homme armé super voces musicales
    A Sei Voci, Bernard Fabre-Garrus erschienen bei Astree wieder einmal anzuhören. Mit der Renaissance-Musik weniger vertraut als mit anderen Zeitepochen, können wir die von unserem Spezialisten Thomas herausgehörten Mängel nicht so stark vernehmen. Besonders hervorheben möchten wir die oberen Stimmen die uns sehr ansprechen.


    A Sei Voci mit Bernard Fabre-Garrus haben noch weitere Einspielungen mit der Musik Desprez aufgenommen.
    So haben wir noch eine CD aus dem Jahre 1993 unter anderem mit dem Missa Ave Maris Stella ebenfalls bei Astree herausgekommen.


    Eine Aufnahme mit Motetten der Archiv mit dem amerikanischen Ensemble Orlando Consort sagt uns ebenfalls zu. Doch nahmen wir diese CD schon länger nicht mehr aus dem Regal.



    Einen schönen Tag


    romeo&julia

  • Hallo Romeo & Julia,


    die Motetten-CD des Orlando-Consorts ist zweifelllos eine der schönsten
    Josquin-Einspielungen überhaupt, einmal allein deshalb, weil hier sowohl Interpretation wie Intonation makellos sind und zum andern, weil mir Josquins Motteten näher stehen als seine Messen. Stücke wie "Tu pauperum refugium", die ich schon als Kind kennelernte und sang, haben bis heute für mich nichts von ihrem Zauber eingebüsst. Wenn man da lediglich die Noten betrachtet, steht da eigentlich "fast nichts" aber das klingende Ergebnis ist trotzdem übewältigend. Dergleichen kenne ich sonst nur noch von Palestrina.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Philippe Herreweghe spielte ebenfalls eine schöne CD für die französische harmonia mundi ein auf die wir gerne hinweisen möchten.



    Aufgenommen sind Motetten wie Ave Regina oder dem Stabat Mater.
    Nach seiner Zeit in Rom scheint Josquin in Beziehung zu dem Burgundischen Hof Philipp des Schönen gestanden zu haben. Darauf lässt der Umstand schließen, daß er um 1495 dem Erzherzog sein "Stabat mater" schickte.
    Stabat mater dolorosa ist die Sequenz vom 'Fest der Sieben Schmerzen Mariä' (Septem Dolorum Beate Mariae Virginis) am 15. September. Ein zweites 1727 amtlich eingeführtes Fest mit demselben Namen wurde bis 1960 am Freitag nach dem 1. Passionssontag gefeiert (heute Commemoratio). Es war ursprünglich ein Reimgebet für Privatandachten (die zahlreichen Überlieferungen erfolgten vor allem durch Gebetbücher) und stammt wahrscheinlich aus der Zeit zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert. Der Schöpfer ist nicht bekannt; allenfalls wurde ein Franziskanermönch, neuerdings der heilige Bonaventura als Urheber vermutet. /Das Stabat mater dolorosa besteht aus 20 Strophen. Seine von bemerkenswerter Frömmigkeit getragenen, ausdrucksstarken Sequenzen zeigen einen konstanten Aufbau aus drei im Trochäus geschriebenen jeweils zwei gleichen Metren mit einem unvollständigen Metrum in der dritten Zeile. Darüber hinaus werden jeweils zwei Strophen in ein festes Reimschema (aab - ccb) eingegliedert. Mehrere deutsche Übersetzungen des Stabat mater dolorosa enstanden schon vor der Zeit, da es als Passions- und Kirchenlied größere Verbreitung erlangte. /Mehrstimmige Vertonungen wurden seit dem 15. Jahrhundert von diversen Komponisten vorgenommen.


    Liebe Grüsse


    romeo&julia

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Immer wieder präsentiert uns das „The Clerk’s Group“ von Neuem erstklassige Aufnahmen.
    Die „Missa Malheur me bat“ wurde hier auf Referenzniveau eingespielt mit einem eindrücklichen und effektvollen „Agnus Die“. Weiter enthält die CD eine Motette über den Stammbaum Christi und ein „Ave Maria …“. Als gelungenen Kontrast ergänzt durch eine Auswahl von Chansons, die das Ensemble von seiner sensibelsten Seite zeigt.



    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Hallo!


    Zitat

    Original von romeo&julia


    Philippe Herreweghe spielte ebenfalls eine schöne CD für die französische harmonia mundi ein auf die wir gerne hinweisen möchten.



    Ja, die CD gefällt mir auch sehr. Besonders mag ich das "Ave Maria" und das "Miserere".


    Hinweisen möchte ich auch noch auf die wunderschöne Missa de Beata Virgine, die in der folgenden Aufnahme (leider mit der IMO verzichtbaren Matthäuspassion von di Lasso gekoppelt) ganz besonders schön (soweit ich das beurteilen kann) interpretiert wird:




    Und dann habe ich noch eine Frage:
    Hat Josquin irgendwas requiemartiges geschrieben? Ich meine, mich an sowas erinner zu können. Evtl. auf den Tod von Ockeghem? Wer weiß da bescheid?


    Viele Grüße,
    Pius.

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  • Zitat

    Und dann habe ich noch eine Frage: Hat Josquin irgendwas requiemartiges geschrieben? Ich meine, mich an sowas erinner zu können. Evtl. auf den Tod von Ockeghem? Wer weiß da bescheid?


    Hallo Pius, merkwürdigerweisem ist von Josquin kein Requiem überliefert, was aber nicht zwingend bedeutet, daß er keines geschrieben hat. Was Du meinst, ist die Trauermusik auf Ockeghems Tod; ich zitiere die Stelle aus dem Ockeghem-Thread hier noch einmal:




    Zitat

    Nymphen des Waldes, Göttinnen der Quellen, Kundige Sänger aller Nationen, Ändert euren klaren, schönen Gesang In durchdringende Schreie und Klagen. Denn Atropos, die fürchterliche Tyrannin, Hat euren Ockeghem gefangen in ihrer Falle, Den wahren Schatzmeister der Musik, dies Meisterstück, Gelehrt, mit eleganter Größe, nicht gedrungen. Großes Unglück, dass die Erde ihn nun bedeckt. Legt an eure Trauerkleidung Josquin, Perchon, Brumel, Compère, Und vergießt Fluten von Tränen: Verloren habt ihr euren lieben Vater. (Jehan Molinet) Josquin Desprez hat diese Verse auf seinen Mentor, der möglicherweise auch sein Lehrer war, anrührend komponiert.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von Pius
    Und dann habe ich noch eine Frage:
    Hat Josquin irgendwas requiemartiges geschrieben? Ich meine, mich an sowas erinner zu können. Evtl. auf den Tod von Ockeghem? Wer weiß da bescheid?


    "La déploration de Johannes Ockeghem"


    Kenne das Stück selber nicht, Aber Peter B. weiß hier Bescheid:


    http://www.drmk.ch/werke/wdesprez.html


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo, BBB und JR,


    danke für Eure Antworten. Inzwischen habe ich das Stück kennengelernt - von dieser CD:



    Und auch die "Deploration" gefällt mir sehr! :jubel::jubel:


    Obige CD beginnt ebendo wie die Herreweghe-CD mit dem "Ave Maria", dennoch ganz anders interpretiert (Zeitenvergleich: Herreweghe 4'38 - Hilliard 6'51). Aber auch um so vieles langsamer fand ich das Ave Maria wunderschön. :angel:
    Ich warte mal bis sich die Josquin-Begeisterung etwas gelegt hat, um rauszufinden, welche Interpretationsweise ich bevorzuge.


    Interessant finde ich das Zitat, das Peter B. anführt auf der Seite, die Johannes R. verlinkt hat:


    Zitat

    Wer bisher nur klassisch-romantische Musik kennt, wird unmittelbaren Zugang zu Josquins Musik finden können, da er die Dramatik Beethovens, die Inbrunst des Winterreise-Komponisten, die Leidenschaft eines Brahms transportiert in eine frühere musikgeschichtliche Situation wiedererkennen kann.


    Scheint bei mir ja zugetroffen zu haben... jedenfalls ist Josquin inzwischen definitiv mein Lieblingskomponist vor 1650.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo!


    Ich habe eine Frage zu einem auf dieser CD enthaltenen Stück:



    Es geht um das "Lament on the death of Josquin (Vinders)" (Track 10).
    Ist Vinders der Name des Komponisten? War er ein Josquin-Schüler? Er ist zumindest bei Klassika und Wikipedia unbekannt. Und Josquin wird wohl kaum sich selbst betrauert haben? Das booklet schweigt dazu...


    Viele Grüße,
    Pius.

  • hm - nach vinders würde ich einfach mal bei deinem nächsten besuch in der bibliothek in der mgg suchen.

    "Der moderne Komponist darf seine Werke einzig und allein auf der Grundlage der Wahrheit schreiben."
    Claudio Monteverdi


    "Der Komponist komponiert erstens für sich selbst und zweitens für das Publikum; aber für ein ideales Publikum und nicht für das...welches real existiert"
    Nikolai Rimski-Korsakow


    "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche."
    Gustav Mahler

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  • Zitat

    Original von Prometeo
    hm - nach vinders würde ich einfach mal bei deinem nächsten besuch in der bibliothek in der mgg suchen.


    Ich weiß nicht mal, was "mgg" ist. :untertauch:
    Zudem war ich seit Jahren in keiner Bibliothek mehr. :untertauch:

  • Zitat

    Original von Pius
    Es geht um das "Lament on the death of Josquin (Vinders)" (Track 10).
    Ist Vinders der Name des Komponisten?


    Hieronymus Vinders, Flame, irgendwann in der ersten Hälfte des 16. Jh.


    Zitat

    War er ein Josquin-Schüler?


    Wenn ja, dann kein so besonders guter. "O mors inevitabilis" auf den Tod Josquins ist das einzige besser bekannte Werk und zugleich das einzige Indiz für ein engeres Verhältnis Josquin/Vinders.


  • Danke! :hello:

  • Zitat

    Original von Pius
    Ich weiß nicht mal, was "mgg" ist.


    Musik in Geschichte und Gegenwart = DAS Musiklexikon in deutscher Sprache.
    Die erste, teilweise arg überholte Auflage gibt es als CD bei MMI für wenig Geld. Die ist besser als nichts.


    Die zweite Auflage ist mehr oder weniger soeben fertig geworden, derzeit komkurrenzlos und für schlappe € 5645,50 bei Bärenreiter/Metzler zu haben.


    Zitat

    Zudem war ich seit Jahren in keiner Bibliothek mehr.


    Desch' ä Fähler. :D

  • Zitat

    Original von Pius
    Inzwischen habe ich das Stück kennengelernt - von dieser CD:




    Und heute hat das "De profundis" bei mir eingeschlagen - wie genial und ergreifend komponiert! :jubel::jubel::jubel::jubel:
    In der U-Bahn MP3-Player hörend schien die Welt stillzustehen... :angel:


    Viele Grüße,
    Pius.

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  • Hallo Josquin-Freunde,


    wie mir ein Freund am Wochenende mitgeteilt hat, führt der Leipziger Kammerchor "Josquin des Préz" zur Zeit alle Werke von JOSQUIN im Konzert auf.
    Na ja , zur Zeit heisst - wie eine kurze Internetrecherche ergab- seit 2004 und 2010 soll das Projekt abgeschlossen sein. Das meiste haben wir dann wohl bereits verpasst!
    :wacky:
    Ich habe dieses Ensembles vor bald 10 Jahren bereits zweimal im Konzert gehört und als hörenswert in Erinnerung, wobei die Interpretationen von z.B. Herreweghes oder dem Orlando Consort nach meiner Erinnerung schon noch eine Qualitätstufe höher anzusiedeln sind.


    Näheres zu dem Projekt findet man auf folgender Internetseite:


    "http://www.josquin-projekt.de/de/index.php?page=1&subpage=0&lang=de"


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Das ist der fetzigste Komponist vor Monteverdi- das muss man doch hier mal klarstellen!!!! :D
    Nein, im Ernst- man glaubt nicht, wa man hört- Josquin- Rameau-Debussy- diese drei Genies kann man m.E. in enem Atemzug nennen.


    Ein hiesiger ,sehr guter Chor namens Coeli et Terra hat ein Werk ihres Dirigenten der auch Komponisten und Sänger ist (er hat den Josquin eigenstimmig verkörpert)- Maurice Bourbon- zum Leben Wirken und Sterben Josquins vor zwei Jahren szenisch uraufgeführt: "Nymphes des bois" geheissen.
    Ob es das mittlerweile auf CD gibt, weiss ich nicht- wenn ja: nciht ohne Schwächen aber auc hgazn und gar nciht ohne grosse Stärken und in jedem Fall sehr interssant. Eine Art Collage aus Josqins eigener Musik und Dazukomponiertem.


    Bonne nuit
    F.Q.

  • Mein Lieblingsstück von Josquin ist "Nymphes des bois", das Requiem auf Johannes Ockeghem. Aber hier möchte ich drei kurze Hinweise auf die Wirkung von Josquin geben:


    1. Theun de Vries: Die Kardinalsmottette. Ein Roman über die Zeit Josquins in Italien, sehr lesenwert.


    2. Im ersten Akt von Pfitzners "Palestrina" hegt Palestrina angesichts seiner Schaffenskrise und der Bedrohung durch den Kardinal Borromeo Selbstmordgedanken. Da erscheinen ihm die alten Meister und reden ihm zu, dass sein Lebenswerk noch nicht vollbracht sei. Unter diesen erkennt er "Josquin, du Herrlicher, lass deine Hand mich...." Josquin antwortet: "Mein Bruder. sei gegrüßt!"


    3. Martin Luther, der selber ja sehr musikalisch war, sagte zu Josquin: "Josquin ist der noten meister, die habens müssen machen, wie er wolt; die andern Sangmeister müssens machen, wie es die noten haben wöllen."

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Josquin ist zumindest einer der vielfältigsten Komponisten der Renaissance. Die Qualität seiner weltlichen Werke, z.B. Frottole, ist ungeheuer sprechend und deskriptiv, man denke nur an das berühmt "El Grillo" oder "Scaramella". Die polyphon angelegten Chanson und die geistl. Motetten und Messen sind derart ausgeglichen, formvollendet im Einsatz der Satztechniken und ausdrucksstark, daß man Luthers Ausspruch nur allzu gut verstehen kann.

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Das Anfang der 1990er Jahre von Eckehard Kiem gegründete Freiburger Dufay-Ensemble hat nun bereits ihre zweite CD mit Kompositionen von Josquin Desprez veröffentlicht. Das Dufay Ensemble hat sich inzwischen einen guten Namen im Bereich der Alten Musik erwerben können. Zuvor spielten sie eine Anzahl Aufnahmen mit dem Komponisten Jacobus Vaet ein.


    Auf dieser 2010 entstandenen CD sind Werke wie „Stabat Mater“, „Pater Noster“ oder „Miserere Mei Deus“ enthalten. Die Auswahl deckt somit frühe Kompositionen wie auch späte Werke ab. Die Werke sind Mehrstimmig und reich an Vorhalten und anderen Dissonanzen. Die Werke sind stilistisch sehr unterschiedlich. Das „Déploration de Johan.Ockeghem“ wurde von Desprez als Klagegesang auf den Tod seines grossen Kollegen und möglicher Lehrers Johannes Ockeghem zu dessen Totenfeier im Jahre 1497 komponiert. Solch eindeutige Zuordnungen der Datierung sind sonst selten, fehlt es doch an entstehungsgeschichtlichen Anhaltspunkten.



    Das Dufay-Ensemble musiziert ohne Instrumentenbegleitung homogen auf hoher Qualität.


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

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  • Josquin Desprez (1440-1521) Wirkung auf Komponisten der Renaissance lässt sich auf dieser CD nachvollziehen. Die King's Singers haben ihre Zusammenstellung den Titel "Tributes to Josquin Desprez" gegeben. Wie nicht anders zu erwarten singt das Ensemble makellos. Ein grosses musikalisches Vergnügen für alle, die mit dieser polyphonen Musik etwas anfangen können. A Capella Gesang auf höchstem Niveau.


    Jean Richafort (um 1480- ca. 1550) Missa pro defunctis Requiem in Memoriam Josquin Desprez
    Benedictus Appenzeller (um 1480-1558): Musae Jovis à 4
    Nicolas Gombert (1495- ca. 1560) : Musae Jovis à 6
    Josquin Desprez (1440-1521): Salve regina; Nymphes, nappes
    Jacquet von Mantua (1483-1559): Dum vastos Adriae fluctus
    Hieronymus Vinders (1510-1550): O mors inevitabilis

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich habe mich jetzt drei Monate lang praktisch nur mit Josquin beschäftigt und kann nur bestätigen, dass die hier genannten Aufnahmen die höchsten Ansprüche erfüllen. Meine Lieblingsaufnahme habe ich aus dem Radio, sie ist im Handel nicht erhältlich: das Ensemble "Dialogo musicale" unter Leo Meilinck aus Holland. Danach kommen gleichberechtigt die King´s Singers und das Orlando-Consort als reine Männerensemble, wobei die jeweilige Färbung interessant ist: das Orlando-Ensemble sehr dunkel, die King´s Singers sehr virtuos. Das beste gemischte Ensemble scheint mir das Taverner-Consort unter Andrew Parrott zu sein mit der grandiosen Emily van Evera im Sopran. Die Aufnahme mit The Clerk´s Group unter Edward Wickham fällt dagegen etwas ab, weil der Sopran zu dünn ist und sich gegen die Männerstimmen nicht recht durchsetzen kann. Auch der Titel "The Essential Josquin des Prez" schein mir etwas hochgestapelt, weil doch wichtige Stücke wie "mille regretz" und "Nymphes des bois (déploration de Ockeghem)" fehlen. Die CD mit dem Hilliard-Ensemble ist ordentlich, aber es klingt eher nach Hilliard als nach Josquin. In meinem Thread "Alte Musik - neue Vocal-Consorts" habe ich darüber ausführlicher geschrieben.
    Mit den Messen habe ich mich weniger beschäftigt, aber ich habe mir aus den Chansons und Motetten eine eigene umfangreiche CD zusammengestellt, die etwa 40 Titel enthält. Das habe ich bei Ockeghem auch schon so gemacht.
    Die oben von moderato erwähnte CD werde ich mir sofort bestellen!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Die King's Singers hatten 1993 eine CD mit einem reinen "Josquin Desprez-Programm eingespielt, das alle sechsstimmigen Werke enthält, die zweifelsfrei zugeordnet werden können. Der Komponist hatte sich erst gegen Lebensende dem sechsstimmigen Chorsatz zugewendet, nachdem er seine Hauptwerke bereits verfasst hatte. Diese sind im vierstimmigen Satz verfasst worden. Der sorgfältig verfasste Booklet-Text gibt in deutscher Sprache Auskunft über die Bedeutung der sechsstimmigen Werkgruppe.
    Die Aufnahme ist auf Marketplace bei einem unserer Werbepartner noch erhältlich. Obwohl nicht mehr im Katalog verzeichnet, setze ich sie, weil ich sie für gelungen halte. Bisher wurde diese CD in diesem Thread nicht erwähnt, was ich hier nachhole. Klickt man auf das kleine Bild beim Booklet, kann man die Titel der enthaltenen Werke nachlesen.
    Da die King's Singers in wechselnden Zusammensetzungen gesungen haben, seien hier die Sänger namentlich aufgeführt: David Hurley, Alastair Hume, Countertenor; Robert Chilcott, Tenor; Bruce Russell, Simon Carrington, Bariton; Stephan Connolly, Bass

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Diese CD habe ich noch, und sie ist einfach großartig!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Zitat von dr. pingel

    Diese CD habe ich noch, und sie ist einfach großartig!


    Ich habe die CD auch und kann Deinem Urteil nur zustimmen.

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