Meine Seele rühmt und preist - Solokantate

  • Mehr oder weniger zufällig bin ich auf die Kantate "Meine Seele rühmt und preist" gestoßen und zwar in der Aufnahme mit Müller-Brühl und dem Kölner Kammerorchester, Tenor: Markus Schäfer.






    Ich finde diese Kantate, vor allem die erste Arie, einfach wunderbar, zum Dahinschmelzen schön.


    Laut Booklet ist das Werk von einem Georg Melchior Hoffmann (1679-1715). Ursprünglich soll die Kantate J.S. Bach zugeschrieben und unter BWV 189 geführt worden sein.


    Weiß jemand mehr über den wirklichen Komponisten Hoffmann und die Geschichte dieser Kantate? Seit wann und wie wurde entdeckt, dass sie gar nicht von Bach ist?


    Und kennt jemand noch andere Kantaten von Hoffmann? Aufnahmen?


    Das würde mich interessieren.


    Es grüßt euch Carola :hello:

  • Hallo Carola,


    Georg Melchior Hofmann 1685 - 1715 Organist und Musikdirektor an der Neukirche in Leipzig, am collegium musicum und an der Oper in Leipzig. Er war in den ersten zwei Ämtern Nachfolger von Telemann ab 1704.Erzogen wurde er als Kapellknabe in Dresden und leitete in Leipzig das öffentliche Konzert und das Operntheater und starb noch nicht 30gjährig daselbst. Die von dir erwähnte Kantate ist in einer Abschrift Bachs oder Magdalena Bachs (was manchmal auch für Kenner kaum zu unterscheiden ist) ohne Namen des Komponisten überliefert und wurde wohl allein deshalb von den Herausgebern der 1. Bach-Ausgabe zu Sebastians Werken gerechnet. Sponatan an weiteren Kantaten fällt mir noch "Schlage doch, gewünschte Stunde", BWV 53 ein, die ebenfalls dem Bachschen Oevre zugerechnet wurde, ein Werk, das alleiin aufgrund seiner pietistischen Ausrichtung kaum von Bach stammen kann, aber hörenswert ist es allemal ! Der Bestand mit Werken Hoffmanns dürfte eher gering gewesen sein und das wenige Vorhandene wurde noch einmal durch Kriegseinflüsse reduziert.Lieder ist das vollständige Repertoire des 1. Leipziger Opernhauses nicht auf uns gekommen, denn in diesem Bereich dürften seine eigentlichen Leistungen gelegen haben. Meines Wissen s nach hat sich bis jetzt noch niemand mit Hofmann wissenschaftlich auseinandergesetzt, was z.b.im Rahmen einer Dissertation durchaus lohnenswert wäre !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Das ist sehr interessant, danke für die Information.


    Das von dir erwähnte "Schlage doch, gewünschte Stunde" ist zufällig auf der anderen CD von Müller-Brühl die ich vor einigen Tagen gekauft hatte.




    Dort wird allerdings nirgends auf die Urheberschaft von Hoffmann hingewiesen, sondern das Werk ohne weitere Angaben als BWV 53 aufgeführt. In meiner Bach-Biographie von Christoph Wolff (Fischer Verlag 2000) fehlt es dann allerdings wieder im Verzeichnis der Bach Kantaten.


    Ich finde dieses BWV 53 wegen der dort eingesetzten Glocken ein wenig kurios, aber in jedem Fall ebenfalls hörenswert. Aber ob der pietistische Text ALLEIN schon gegen eine Urheberschaft Bachs spricht? Der Text von "Ich habe genug" BWV 82 zum Beispiel scheint mir soo viel anders auch nicht zu sein.


    Wie auch immer, die Arie von "Meine Seele rühmt und preist" ist einfach wundervoll, wie da Oboe, Blockflöte und Geige miteinander "ins Gespräch" kommen und dann noch die Tenorstimme dazu - einfach großartig. So gesehen hatte Hoffmann doch fast schon Glück, dass sein Werk lange Zeit als Bach Kantate geführt wurde, sonst wäre es vermutlich schon vergessen.


    Mit Gruß von Carola :hello:

  • Carola:


    Zitat

    So gesehen hatte Hoffmann doch fast schon Glück, dass sein Werk lange Zeit als Bach Kantate geführt wurde, sonst wäre es vermutlich schon vergessen.


    Sicher und man kann sehn, daß in diesem Falle einfach die "Etikettierung" ausreichte. Über Hoffmann als Komponist ein abschliessendes Urteil zu fällen, wird wohl nicht mehr möglich sein, denn ich halte es für eher unwahrscheinlich, daß der erhaltene Werkbestand (es soll auch noch Instrumental-Musik geben, von der ich aber nichts kenne !) um viele Werke anwachsen könnte. Seine farbige Art, zu instrumentieren, weist allerdings schon auf einen Komponisten hin, dem die Arbeit mit Theatermusik wichtig war und das eher befremdliche "Glockengebimmel" in BWV 53 spricht ebenfalls dafür. ich würde es insgesamt begrüssen, wenn das unmittelbare musikalische Umfeld Bachs, speziell in Mitteldeutschland, sowohl wissenschaftlich wie auch interpretatorisch eine stärkere Berücksichtigung fände, es sind gewiss wahre Schätze darunter, die sich nicht hinter Bach verstecken müssen.
    Im Kosmos der Kantatentexte sind die Vorgaben bei BWV 82 eher als Ausnahme denn als Regel zu konstatieren, zeigte sich doch gerade diesbezüglich die lutherische Orthodoxie in Sachsen wenig beweglich bei dem, was sie gut und erbaulich fand und die wichtigsten Textdichter Bachs tanzen da auch kaum aus der Reihe !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)