Leopold Mozart, Vater vom Wolferl, ein Genie des modernen Management?

  • Hallo,


    heute möchte ich einmal den Vater vom Wolferl "Leopld Mozart" als ein Universalgenie des modernen
    Managements zur Diskussion stellen.



    Vater Leopold Mozart


    Leopold Mozart, geb. am 14.11.1719 in Augsburg, gestorben am 28.5.1787 in Salzburg, Vater von Wolfgang Amadeus Mozart, (27.1.1756 bis 5.12.1791) erkannte früh die genialen musikalischen Fähigkeiten seines Sohnes.


    Die schulische und musikalische Ausbildung erhielt W.A.Mozart durch seinen Vater Leopold Mozart.
    Schon im zarten Alter fordert der Vater von seinem Sohn Spitzenleistungen und versucht dieses geschickt zu vermarkten. Wolfgang war das Wunderkind, so war der Vater Leopold ein begnadeter Coach und Manager.


    Er verstand es geschickt die Werbetrommel zu rühren und auf anstehende Konzerttermine mit der älteren Schwester vom Wolferl, „Nannerl“ (30.7.1751 – 29.10.1829) und dem Wunderknaben Wolfgang Amadeus vorausschauend den Potentaten Europas schmackhaft zu machen.
    Beruflichen Erfolg und ein hohes Ansehen erwarb sich der Vater mit seinen 2 Kindern durch harte Arbeit.


    Eine Meisterleistung vollbrachte der Vater 1763, als er mit dem siebenjährigen Wunder- Sohn und der nicht
    minder begabten Tochter Nannerl zu einer 3 ½ jährigen Europareise aufbrach. Mehrere tausende an Kilometer durch Deutschland, Frankreich, England, Holland und der Schweiz erforderten eine ungmein logistische Genialität. Kontaktaufnahmen zu Herrscherhäusern und Konzertsäle wurden durch seine guten Sprachkenntnisse in Latein, Französisch und Englisch erleichtert.


    Die Europatournee kostete ihn ca. 20.000 Gulden, demgegenüber standen Einnahmen als Vizekapellmeister in Salzburg gerade einmal 400 Gulden zur Verfügung. Der Vater verstand es vortrefflich, sich als Macher zurückzunehmen und die Neugierde der Menschen auf seine Wunderkinder zu lenken, nur so war es möglich, die Kosten der Tour wieder hereinzubekommen.


    Er kann als der erste Vermarkter eines bedeuteten Popstars seit dem 18. Jahrhunderts betrachtet werden.



    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • Hallo,


    ich habe momentan auch noch den AMADEUS-Film im Kopf und bemerke eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Porträt und dem Schauspieler des Leopold.


    Mich würde interessieren, ob sich Leopold tatsächlich mit Constanze Mozart verstritten hat und deswegen aus Wien wieder abgereist ist.



    Gruß, Peter.

  • Hallo,


    soviel ich aus der Historie weiss hat sich der Vater Leopold Mozart bei seinem Wiener Besuch von Februar bis April 1785 bei seinem Sohn, W.A. Mozart in einem Brief an Nannerl wie folgt geäußert:


    "Wir kommen vor 1 Uhr in der Nacht niemals schlafen, stehen niemals vor 9 Uhr auf. Wenn nur einmal die Akademien vorbei sind. Es ist unmöglich, die Schererei und Unruhe alles zu beschreiben!"


    Ebenso beschwerte sich der Vater darüber, dass täglich das Klavier aus dem Hause Mozarts zu Konzert-
    veranstaltungen geschleppt werden musste.


    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.


  • Salut,


    zunächst Dank an reklov29 für diesen großartigen Thread !!!


    :jubel:


    Leopold Mozart besuchte seinen Sohn im Februar 1785 in Wien. Es gibt von Vater Leopold jede Menge schöne Brief an die Tochter Nannerl in St. Gilgen. Unter anderem schreibt er am 21. Februar 1785:


    [...] den 17ten, am donnerstage, speissten wir bey deines Bruders Schwiegermutter, der Frau Weber, wir waren nur wir 4, die Weberin und ihre Tochter Sophie, denn die älteste Tochter ist in Gratz. ich muß dir sagen, daß das Essen nicht zu viel und nicht zu wenig, anbey unvergleichlich gekocht war: das gebrattene war ein schöner grosser Phasan [...]


    Am 12ten Merz schreibt er:


    [...] deines Bruders Fortepiano Flügel ist wenigst 12 mahl, seit dem ich hier bin, aus dem Hause ins Theater oder in ein andres Haus getragen worden. [...]


    Bezüglich des "Streites" [?] schreibt er am 16ten April:


    [...] Endlich sind wir entschlossen donnerstags den 21ten von hier abzureisen in Gesellschaft der Boudé und ihres Mannes, dein Bruder und Schwägerin waren vest entschlosen die Reise mit zu machen: allein itzt hinkt schon alles wieder [...]


    und am 30ten April:


    Wir sind endlich den 25ten dieses [Monates] um halbe 11 uhr von Wienn in gesellschaft deines Bruders und seiner Frau von wienn abgereist [...]


    Das Verhältnis war durchaus positiv. Auch berichtet Leopold Mozart von mehreren großartigen Konzerten seines Sohnes und von einer "ökonomischen" Hauswirtschaft, die wohl auf Constanze gemünzt ist. Es kann also von einem solchen Streit nicht ausgegangen werden, denn die Familie reiste zusammen von Wien ab. Der Film aber nimmt sicher Bezug auf die Korrespondenz zwischen Vater und Sohn vor der Eheschließung von Constanze und Wolfgang Mozart und hat diesen Zwist einfach nur "anders" zum Ausdruck gebracht. Briefe lassen sich eben im Film schlecht darstellen, ohne gelangweilt zu wirken.


    So - und jetzt zur Musik Leopold Mozarts:


    Ich habe diese hübsche CD, die ich mir wegen der "musikalischen Schlittenfahrt" einst zulegte:



    Darauf befindet sich auch noch die als "Kindersinfonie" bekannte Cassatio es G, die nicht von Leopold Mozart stammt sowie zwei sehr hörenswerte Sinfonien Leopold Mozarts: 1) Sinfonie da caccia [Jagdsifonie] und 2) Sinfonie in D-Dur, Eisenverz. 26.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo, Ulli!


    Zitat


    Darauf befindet sich auch noch die als "Kindersinfonie" bekannte Cassatio es G, die nicht von Leopold Mozart stammt


    Sondern? ?(
    Wieso kennt man sie unter seinem Namen?


    Viele Grüße,
    Pius.


  • Lieber Pius,


    schau mal hier hinein:


    Klassische Musik und Vogelimitationen [solltest Du eigentlich gelesen haben, denn Du hast unmittelbar im Anschluss gepostet...]


    :angel:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo


    Leopold Mozart ist in unseren Tagen, wo eine dumme und ungebildete Clique meint ihre eigenen Wertvorstellungen auf vergangene Jahrhunderte übertragen zu müssen arg zerzaust worden:


    Was hat man ihm nicht alles vorgeworfen: Er habe Mozart um seine Kindheit gebracht, er habe das Kind ausgenutzt unt tyrrannisiert, und was sonst noch alles.


    Tatsächlich war Leopold einerseits ein Pragmatiker, andererseit unbestechlich und streng in seinem Urteil - gelegentlich auch zu streng.
    Indes - viele seiner Warnungen seinem Sohn gegenüber - zeigen den Weitblick dieses eher intoleranten Mannes. Man muß die Person aus der Zeit in der er lebte begreifen und beurteilen - und so gesehen - Reklov bemerkte es ganz richtig - schneidet er ganz hervorragend ab.



    Nebenbei war er ja mehr als "nur" der Vater eines der größten Musikgenies unserer Welt. Gerühmt wurde sein Witz und sein Geist, sowie seine Allgemeinbildung, sein Schreibstil ist brillant.


    Von ihm sind ca 250 Kompositionen erhalten, darunter in etwa 70 Sinfonien. Sein Lehrwerk "Versuch einer gründlichen Violinschule (1756 erstmals erschienen, mehrere Neuauflagen) wurde bis ins 19 Jahrhundert verwendet.



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    das einzige, was mich persönlcih an Leopold Mozart "gestört" hat, war sein folgendes Handeln während einer [frühen] Wienreise:


    1767 flattern die Blattern in Wien umher. Muttern, Nannerl, Wolfgang und Leopold Mozart wohnen bei Familie Schmalecker. Als zwei Kinder der Schmaleckers an den Blattern erkranken, rettet Leopold zunächst sich und seinen Sohn und zieht mit WAM um zu guten Freunden. Nannerl und die Mutter nebst Butler "dürfen" bei Schmaleckers bleiben.


    Die Rache: Erst Wolfgang, dann Nannerl haben doch die Blattern bekommen...


    Da fällt mir nichts mehr zu ein...



    :motz:


    ÄHH Der Beitrag wurde von der Moderation in eine diesem Forum
    angemessene Sprache übersetzt... :D
    MOD 001 - Alfred

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Ulli,
    Zitat:
    das einzige, was mich persönlcih an Leopold Mozart "gestört" hat, war sein folgendes Handeln während einer [frühen] Wienreise:
    ---------------------------------------


    aus alten Überlieferungen ist bekannt, dass Wolfgang Amadeus Mozart seinen Vater abgöttlich liebte
    und nach seinem Wiener Besuch des Vaters, der 1787 in Salzburg verstarb, ihn als einen herben persönlichen Verlust betrachtete.
    Wer so von Jugend an eine starke Bindung zu dem leiblichen Vater besitzt kennt keine andere Erziehungsweise, als die, die er persönlich erfahren hat. Hier gab es sie noch die Autorität "Der Alten"
    heute ist sie ja leider verpönt.
    Auch der Leopold war nicht frei von Fehlern - @ lb.Ulli - hier kann ruhig einmal nachsichtig mit ihm umgegangen werden.


    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.


  • Salut reklov29,


    was Du schreibst mag vielleicht auf die Zeit bis 1778 zutreffend sein. Dann jedoch setzt sich Wolfgang Mozart einfach über den Vater hinweg und macht, was er will. Zwar schreibt er irgendwo, dass er der "allerbeste Papa der Welt" sei [Zitat aus der Erinnerung], dennoch belügt er ihn in seinen Briefen aus Paris ständig: Nicht zuletzt, dass er erst einen Tag später mit der Wahrheit über den Tod der Mutter herausrückt, auch was das finanzielle anbelangt, verspricht er immer wieder, Geld zu schicken; das Geld hat er - von Brief zu Brief wird es jedoch weniger [er redet von ein und demselben Betrag] und schickt letztlich ein klägliches Restchen Heim. Auch den Tod des Vaters kommentiert er lediglich mit ein paar abtuenden Zeilen an die Schwester. Viel interessierter und herzlicher widmet er sich da seinem fast zur selben Zeit verstorbenen Vorgel-Star, komponiert in dieser Zeit den "musikalischen Spaß" und "Eine kleine Nachtmusik"...


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Hier bin ich mit Ulli NICHT d´accord:


    Die Fakten mögen zwar stimmen, das zweifle ich gar nicht an,
    lediglich die Deutung ist anders.


    Den Tod der Mutter schreibt er dem Vater aus SCHONUNG nicht, mit gleicher Postkutsche ging ein Brief an den Freund seines Vaters, worin er die ganze Wahrheit schreibt und diesen Freund bittet seinen Vater schonend auf das Furchtbare, das er ihm in seinem nächsten Brief wird mitteilen müssen, vorzubereiten.....


    Zum Tod des Vaters:


    Viele Leute reagieren auf den Tod einer geliebten Person mit Verdrängung, was immer wieder zu bösen Vermutungen Anlass gibt,
    in Wahrheit jedoch nur eine Flucht vor der Realität darstellt.....


    Aus meiner Sicht hat Mozart seine Vater in seinen Briefen auch nicht belogen - es ist wie der Spieler oder Trinker , der jedesmal Besserung verspricht, weil er selbst daran glaubt. Mozart wollte, so glaube ich, nicht lügen - er war nur nicht in der Lage seine Versprechungen einzulösen, der Rest fält unter "Beschönigung"


    Freundliche Grüße



    aus Wien



    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Hier bin ich mit Ulli NICHT d´accord:


    Aus meiner Sicht hat Mozart seine Vater in seinen Briefen auch nicht belogen - es ist wie der Spieler oder Trinker , der jedesmal Besserung verspricht, weil er selbst daran glaubt. Mozart wollte, so glaube ich, nicht lügen - er war nur nicht in der Lage seine Versprechungen einzulösen, der Rest fält unter "Beschönigung"


    Naja,


    der Vater sah das anders:


    Salzburg, den 23ten feb: 1778:


    […] allein! Was hilft alle Genauigkeit, Sorge, Nachdenken und zu einem so wichtigen und nothwendigen Unternehmen vätterlich angewandte Bemügung, wenn du /: bey einer wichtig scheinenden Hinderniß, die etwa die Mamma längst mag eingesehen haben :/ kein aufrichtiges Vertrauen zu deinem Vatter hast; und dann erst deinen Sinn änderst, wenn man zwischen zwey feuer kommt und nicht hinter sich und nicht für sich kann. Wenn ich glaube nun ist alles auf bessrem Fuße, und in seinem Gang, so kommt wieder im Augenblicke ein närrischer unversehener Einfall, oder zeigt sich am Ende, daß die Sache anderst war, als du mir solche berichtet hattest. So hab ich es dann also abermahl errathen? – du hast also nur 96 f anstatt 200 bekommen? - - und warum?weil du ihm nur 2 Concerti und nur 3 quartetti fertig gemacht. – wie viel hättest du ihm machen sollen, da er dir nur die Helfte bezahlen wollte? - -und warum schriebst du mir eine Lüge, daß du ihm 3 kleine Concertl und ein paar quartette nur machen solltest […]


    Mit nächster Post werde ich wohl umständlich vernehmen, wie viel ihr geld habt.


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Aus meiner Sicht keine große Differenz:


    Der Vater will den Sohn schützen - ihn aber gleichzeitig bevormunden.


    Er weiß wie schlecht Mozart mit Geld umgehen kann.


    Mozart will sich nicht in die Karten sehen lassen - und manipuliert die Wahrheit. Wahrscheinlich ist er der Meinung, daß sich sein Vater nicht einmischen soll - aber das traut er sich natürlich nicht zu sagen, bzw zu schreiben...


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    ja genau! Und deswegen lügt WA trotzdem und der Vater regt sich tierisch darüber auf. WA wird daraus lernen und das künftig "besser" machen...


    Es gibt noch einen ganz anderen Brief, der eigentlich vollständig zitiert werden müsste, dann wird alles klar. Mal sehen, ob und wann ich das schaffe.


    Cordialement
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Alfred,



    Hallo Ulli,
    Zitat:
    Salut,


    Zitat

    ja genau! Und deswegen lügt WA trotzdem und der Vater regt sich tierisch darüber auf. WA wird daraus lernen und das künftig "besser" machen...


    Hierzu würde ich bemerken, dass Wolfgang seiner finanziellen Situation durchaus bewusst war und
    dem Vater gegenüber mit Notlügen seine Situation zu entschärfen suchte. Eine persönliche Blosstellung seinerseits versuchte er mit allen Mitteln zu verhindern, wo doch sein Vater ihn mit
    Ratschlägen nur so überhäuft hat und er sie von seinem Naturell her nicht umzusetzen wusste oder
    sogar nicht wollte. Das hat aber mit einer abtrünnigen Liebe gegenüber seinem Vater in meinen
    Augen damit nichts zu tun, dass er sich mit Notlügen herauszureden versuchte.


    Grüsse
    reklov29

    Bach ist so vielfältig, sein Schatten ist ziemlich lang. Er inspirierte Musiker von Mozart bis Strawinsky. Er ist universal ,ich glaube Bach ist der Komponist der Zukunft.
    Zitat: J.E.G.

  • oh je... ich muss wohl doch den Brief rauskramen und posten... es sind mehrere Seiten. OCR streikt wegen der vielen "Sonderzeichen"... aber ich probier's mal.


    :hello:


    Cordialement
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut,


    nein, jetzt mache ich es anders: Erst einmal ein Zeugnis von Leopold Mozarts charmanter Zynik aus einem Brief vom 27. November 1777, gleich der Beginn:


    Mon trés cher fils!


    Dein Schreiben vom 20ten diess [Monaths] auf einem blätl Papier, weil keins mehr zu Hause war, habe ich dienstags den 25ten, also schon den 5ten Tag erhalten. […]


    Dies ist die Antwort des um die Geldnöte wissenden Vaters auf den Brief WA’s vom 20.11.1777, den er wie folgt beginnt:


    Mon trés cher Pére.


    Heüt muß ich es ganz kurz machen, weil ich kein Papier mehr zu haus habe. […]


    Zitat

    Original von reklov29


    Hierzu würde ich bemerken, dass Wolfgang seiner finanziellen Situation durchaus bewusst war und
    dem Vater gegenüber mit Notlügen seine Situation zu entschärfen suchte.


    Meine Meinung: Eine Notlüge ist erlaubt, viele Notlügen sind Lügen.


    Nun werde ich einfach in der Weise von Zitat und Gegenzitat aus dem sagenhaften Brief Leopold Mozarts vom 5ten Februar 1778 zitieren, der schon verheißungsvoll mit „Mein lieber Sohn!“ beginnt [der gesamte Brief umfasst sechs Seiten, 211 Zeilen] - das "trés" [ = sehr] fällt flach, stattdessen kommt ein Ausrufungszeichen hinzu!


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Mozart will sich nicht in die Karten sehen lassen - und manipuliert die Wahrheit. Wahrscheinlich ist er der Meinung, daß sich sein Vater nicht einmischen soll - aber das traut er sich natürlich nicht zu sagen, bzw zu schreiben...


    Richtig und falsch:


    Richtig ist, dass Leopold um die Vorhaben seines Sohnes weiß, er schreibt seinem Sohn:


    Da allem Vermuthen nach dieser der letzte Brief seyn kann, den du von mir gewiß noch in Mannheim erhalten wirst; so ist er an dich allein gerichtet. Wie schwer es mir fällt, daß [ich] nun weis, daß du dich noch weiter von mir entferntest, kannst du zwar dir in etwa vorstellen, aber mit derienigen Empfindlichkeit nicht fühlen, mit der es mir auf dem Herzen liegt. […]


    Leopold schrieb ganz gerne mal an Frau und Sohn in einem Brief [Nachschrift an die Frau], in diesem Falle besonders hervorgehoben an den Sohn allein. Voraus ging zunächst eine Empfehlung an den Sohn, Mannheim zu verlassen. Leopold ist ein geschickter Schreiber, zunächst lässt er „vermuthen“, im selben Satz jedoch ist er sich sicher [gewiß!], dass der Brief den Sohn noch in Mannheim erreichen wird, daß er also dem väterlichen Rat nicht folgen wird


    Was nicht stimmt, dass sich WA nicht getraute, dem Vater seine Gedanken unverblümt zu übermitteln:


    […] ich habe gesagt, daß seit meiner Abwesenheit 3 briefe gekommen sind, daraus ich ihnen weiter nichts sagen kann, als daß ich schwerlich mit ihnen nach Paris reisen werde. Vielleicht werde ich nachkommen. Vielleicht gehe ich aber woanders hin. Sie sollen sich auf mich nicht verlassen. […]


    Ganz schön kühn, was WA da am 4. Februar dem Vater entgegen trompetet [des Vaters Brief vom Datum tagsdrauf wird ihn erst nach dem 14. Februar erreichen]. Doch nicht genug: Er unterbreitet sogar seine Absicht, mit der Familie Weber nach Italien zu reisen – auf der Durchreise werden wir […] die Ehre haben meinen lieben Papa und meine liebe schwester […] auf 14 täge zu besuchen. Als auch noch die Mutter am 7ten Februar schreibt:


    Mein lieber Mann.


    Das der Wolfgang fest entschlossen ist, mit den wendling nicht nach Paris zu gehen, wirst du aus seinen vorigen brief vom 4ten februari ersehen haben. […]


    platzt Leopold natürlich der Kragen:


    Deinen Brief vom 4ten habe [ich] mit verwunderung und Schröcken durchlesen. Ich fange auch an ihn heut den 11ten zu beantworten: indem ich die ganze Nacht nicht hab schlaffen können, und so matt bin, daß ich ganz langsam Wort für Wort schreiben […] muß. Ich war, gottLob, itzt immer wohlauf: allein dieser Brief, an dem ich meinen Sohn, an nichts anderm mehr erkenne, als an dem fehler, daß er allen Leuten auf das erste Wort glaubt, sein zu gutes Herz durch schmeicheleyen und gute schöne Worte iederman blos stellt [..] und sogar den Nutzen und die seinen alten ehrlichen Eltern schuldige Hilfe aufzuopfern […]


    Was ich sagen will: W. A. Mozart ist grundsätzlich ein sehr ehrlicher Mensch. Diese Ehrlichkeit aber ist eher Dummheit – eine Freizügigkeit, Kindlichkeit. Kaum geht es aber darum, seine Ehre vor dem Vater zu retten, lügt er wie gedruckt! Am 19ten Februar Antwortet er auf die Vorwürfe des Vaters wiederum mit einer ganz offenbaren Lüge:


    Ich habe mir nie etwas anders vorgestellt, als daß sie die Reise [mit den Weberischen] misbilligen werden, denn ich habe es niemahl, bey unsern dermaligen umständen verstehts sich, im sinn gehabt […]


    Ach was! So voller Innbrunst hat er dem Vater die Italienreise schmackhaft zu machen versucht, es wollte ihn sogar netterweise auf der „Durchreise“ besuchen. Ich glaube kaum, dass dies von WA als Scherz gemeint war. Zudem schränkt er das „niemahl“ durch einen unscheinbaren Nebensatz ein.


    Soweit mal.


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Und nun zu etwas Erfreulichem:
    Der Sinfonien-CD mit Michi Gaigg und dem L´Orfeo-Barockorchester.



    Natürlich muß man den Stil der Zeit mögen , Jagdsinfonien mit Hörnerschall und (imitierten) Gewehrschüssen etc etc.


    Sehr apart auch die Sinfonia "Baurenhochzeit", mich Juchezern untersetzt.


    Leopold. Mozart setzt auch "exotosche" Intrumente, wie Drehleier und Dudelsack ein.


    Die Aufnahme an sich ist ein klarer Hinweis darauf, daß Leopold Mozart mit Originalinstrumenten in der Hand von Könnern, erheblich interessanter klingt, als mit modernem Kammerorchester.
    Ich besitze eine Doppel-CD mit 7 Sinfonien Leopold Mozarts, gespielt vom Slovakischen Kammerorchester unter Bohdan Warchal. Ebenso wie die Michel Haydn Sinfonien, welche dieses Orchester aufgenommen hat, klang dort Leopold Mozart belanglos. Daß die an der Interpretation und nicht an den Werken liegt, macht die Gaigg -Einspielung deutlich.
    Spritzig, transparent, mit viel Drive und Spielfreude werden hier die Sinfonien des "alten" Mozart zu neuem Leben erweckt.


    Der Klang auf der CD ist prägnanter als auf den jpc -Tonbeispielen....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Allmählich wird auch - so scheints - Leopold Mozart wiederentdeckt.
    Ihm ist die neueste Folge der Chandos Serie über Mozarts Zeitgenossen gewidmet.



    Laut Booklet handelt es sich bei allen veröffentlichten Sinfonien um Ersteinspielungen. Stilistisch sind die Werke vielfältig, da sie aus verschiedenen Jahrzehnten stammen (soweit belegbar)
    Manches erinnert an den jungen Wolfgang Amadeus, anderes an die vielen Jagdsinfonien des 18. Jahrhunderts, teilweise glaube ich Ähnlichkeiten mit Boccherinis Sinfonien durchklingen zu hören....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Heute vor 325 Jahren gestorben:
    Johann Georg Leopold Mozart, (* 14. November 1719 in Augsburg; † 28. Mai 1787 in Salzburg), war ein deutscher Komponist zur Zeit der Wiener Klassik.
    Die längste Zeit seines Lebens wirkte er und wohnte mit seiner Familie im Fürsterzbistum Salzburg.
    Seine Frau brachte hier ihren gemeinsamen Sohn, den späteren Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart, zur Welt.



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Auch wenn einige Ttel bereits auf anderen Veröffentlichungen enthalten sind, so erwähne ich diese neulich von mir erworbene - allerdings schon 1998 veröffentlichte Aufnahme dennoch. Wird doch viel zu viel über Leopold Mozart als Vater von Wolfgang Amadeus geschrieben und viel zu wenig über seine eigenen Werke, welche einerseits dem Stil der Zeit entsprachen, andrerseits doch gewisse geschmackliche Vorlieben erkennen lassen....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da ich heute bereits in einem anderen Leopold Mozart Thread ein wenig über seine Hornkonzerte geschrieben habe, will ich mich hier, dem eigentlichen Thema, Leopold Mozart als "Manager" oder auch "Bevormunder" (nicht zu verwechseln mit "Vormund" was er ja ohndies auch war) widmen. Ich weiss nicht wie lange man im 18. Jahrhundert "unmündig" war, aber desungeachtet hat Leopold diese Spanne weit überschritten, und eigentlich war das gut so, denn Mozarts finanzielle Probleme begannen erst, als er sich der Führung seines Vaters entzogen hat.

    Dem Vater, geboren als ältester Sohn eines Augsburger Buchdruckers sollten indes die Konflikte Vater Sohn aus eigener Erfahrung bekannt vorgekommen sein. Ursprünglich für den geistlichen Stand bestimmt, entzweit er sich mit seiner Familie und studiert Philosphie. Er erwirbt das Baccalauréat, wird aber bald - man höre und staune - wegen "Mangel an Fleiß, unregelmäßigen Besuchen der Vorlesungen und - "schlechtem Benehmen" der Universität verwiesen.

    Ursprünglich konnte ich mir "schlechtes Benehmen" gerade bei Leopld Mozart nicht vorstellen. Dann habe ich länger nachgedacht und kam zu dem Schluss, daß es sich hierbei um seine spitze Zunge gehandelt haben muß, verbunden mit geübtem Scharfblick und unbestechlicher erbarmungsloser bis bösartiger Urteilskraft. Dieser Mangel an Geschmeidigkeit war es vermutlich auch, daß er bei Beförderungen immer wieder übergangen wurde. Wenn Joseph II W.A. Mozart - verklausuliert die Neugung zur Selbstüberschätzung attestierte, so wird Fürsterzbischof Colloredo - ein moderener Rationalisierer seiner Zeit, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Hierarchie - ähnliche Tendenzen bei Leopold beobachtet, und versucht haben ihnen Einhalt zu gebieten.

    Er muss erkannt haben, daß Leopold sehr gebildet und klug obendrein war - und sowas liebte der Adel nicht bei Bürgerlichne - und der geistliche insbesondere nicht !!!


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !