Jewgenij Swetlanow, der russische Bernstein


  • Mit diesem Thread möchte ich eine Lanze brechen für einen der im Westen am sträflichsten vernachlässigten russischen Musiker:
    Jewgenij Swetlanow


    (Es gibt auch Transkriptionen, die ihn Evgeny Svetlanov und ähnlich schreiben; über Transkriptionen des Kyrillischen Alphabets gebe ich gerne privat Auskunft, ich will niemanden langweilen, der sich dafür weniger interessiert.)


    Swetlanow wurde am 6. September 1928 in Moskau geboren und starb in der Russischen Hauptstadt in der Nacht von 3. auf 4. Mai 2002. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere war der Schüler des legendären Alexander Gauk Leiter des Bolschoj-Theaters und Chefdirigent des Staatlichen Symphonieorchesters der UdSSR. Auf dem Tiefpunkt wurde er von Putins Kulturminister Schwidkoj mit allen Ehren in Pension geschickt, was einer Entlassung und Kaltstellung in den GUS-Staaten gleichkam.
    Swetlanow konzentrierte sich danach auf Konzerte in Frankreich und in Großbritannien. Aber im Grunde war er ein gebrochener Mann.


    Ich will mich nicht weiter mit biografischen Details aufhalten, sondern eine Interpretation dieses Musikers versuchen.


    Dazu muss ich gleich an den Anfang aus Gründen der Ehrlichkeit setzen: Swetlanow war ohne Zweifel ein Mann der KPdSU.
    Nun sind wir gewohnt, bei außerordentlichen musikalischen Leistungen ein bis beide Auge(n) zuzudrücken, wenn es sich um Musiker handelt, die der NSDAP angehört hatten oder zumindest nahegestanden sind, man denke nur an Elly Ney, Böhm, Karajan, Clemens Krauss etc. Die Entschuldigung lautet dann mehr oder weniger differenziert: "Was hätten sie denn tun sollen?"
    Um dieses "Was hätte er denn tun sollen?" bitte ich auch im Fall von Swetlanow, der eben nicht über Schostakowitschs Begabung für Doppelbödigkeiten und wahrscheinlich auch nicht über seinen Mut verfügte.


    Wenn ich das Thema im Untertitel nenne "der russische Bernstein", ist mir klar, wie sehr der Vergleich hinkt. Ein leidenschaftlicher und völlig subjektiv zupackender Allround-Musiker war allerdings auch Swetlanow: Er war ein Komponist in der Nachfolge des von ihm so verehrten Rachmaninow und schrieb zumindest zwei Werke, nämlich eine Symphonie und ein Klavierkonzert, die zwar nicht zum großen Kanon der Neuen Musik gehören, sie sind aber, innerhalb der russischen nachromantischen Schule, der man etwa Schaporin, Schebalin, auch den frühen Schtschedrin etc. zurechnen kann, durchaus beachtliche Werke in einem persönlichen Tonfall.


    Das außerordentlich virtuose Klavierkonzert spielte Swetlanow selbst (Dirigent war Schostakowitschs Sohn Maxim) - er bewies damit nicht nur in diesem Werk jene außerordentlichen pianistischen Fähigkeiten, wie man sie gemeinhin der technik-verliebten russischen Schule zuschreibt.


    Und Swetlanow war vor allem auch ein Dirigent - und zwar einer von jenen, die sich einem Werk aus dem Blickwinkel des Komponisten nähern.


    Als Dirigent verfügte er über ein gewaltiges Repertoire. Werke von rund 250 Komponisten aus der ganzen Welt dirigierte er, von rund 150 Komponisten spielte er Werke ein, was insgesamt über 200 Aufnahmen ergibt. Hierin ist er am ehesten mit dem jungen Bernstein zu vergleichen: So wie Bernstein zahlreichen amerikanischen Komponisten zu Aufführungen verhalf, kümmerte sich Swetlanow um die Komponisten seiner russischen Heimat. Und zwar auch dann, wenn sie, wie der spätere Schtschedrin, seinem eigenen Stilgefühl weniger entgegen kamen.


    Es gibt zu Bernstein aber noch eine weitere Parallele: Die Liebe zu Gustav Mahler. Swetlanow führte als erster Dirigent einen kompletten Zyklus mit Mahlers Symphonien in Russland auf. Der große Mahler-Apologet Kirill Kondraschin konnte bekanntlich die weite und Achte wegen der religiösen Themen nicht aufführen. Überhaupt wurde Mahlers Musik in Russland nie wirklich heimisch.


    Swetlanows Interpretationen der Mahler-Sinfonien, leider alle gestrichen, sind geprägt von Leidenschaft und Analytik gleichermaßen, und sein mittlerweile in Staatliches Russisches Symphonieorchester umbenannter Klangkörper steigert sich in emotionale Ekstasen, wie man sie bei Westorchestern selten findet. Die Achte Symphonie ist IMO eine konkurrenzlose Aufnahme, die Fünfte nicht minder.


    Ebenso wie für Mahler engagierte sich Swetlanow für in Russland weniger geliebte Komponisten des internationalen Repertoires wie Debussy, Chausson oder de Falla.


    Wer Swetlanow nicht über die eine oder andere noch greifbare CD mit russischer Musik kennenlernen will, sondern lieber über eine Aufnahme, bei der es eine gute Vergleichsbasis gibt, kann es mit Tschaikowskijs Fünfter versuchen, die völlig anders angelegt ist als bei Mrawinskij und ebenso überzeugt, oder mit Bruckners Achter, die ich für eine exemplarische Deutung halte. Oder vielleicht auch mit Strawinskijs "Sacre": Bei aller knieender Devotion vor der CBS/Sony-Einspielung des Werkes durch Pierre Boulez - wer die Aufnahme von Swetlanow nicht gehört hat, weiß nicht, was kultischer Tanz im heidnischen Russland bedeutet!

    ...

  • Hallo Edwin,


    toller, interessanter Thread! Auch wenn ich selber nicht viel beitragen kann - ich freue mich jetzt schon auf Anregungen. Swetlanow kenne ich bislang nur von der Britten/Richter-CD und einer Miaskowsky-Sinfonie. Beide Aufnahmen sind fantastisch.


    Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Bei aller knieender Devotion vor der CBS/Sony-Einspielung des Werkes durch Pierre Boulez - wer die Aufnahme von Swetlanow nicht gehört hat, weiß nicht, was kultischer Tanz im heidnischen Russland bedeutet!


    Das klingt sehr verführerisch. Boulez ist gut, mir aber zu „kopflastig“; den Sacre wünsche ich mir barbarischer, kerniger, erdiger. Und Gergiev läuft bei mir eh außer Konkurrenz.


    Gruß, Cosima

  • Hallo Cosima,
    ich drohe, dass es demnächst einen Boulez-Thread geben wird... Die Kopflastigkeit bei der CBS-Aufnahme vom "Sacre" merke ich nicht, weil Boulez diese Musik so durchpeitscht, dass mir nur noch der Atem stockt. Die DG-Aufnahme ist dagegen Boulez für Warmduscher.
    Gergiev und Swetlanow sind für mich irgendwie verwandt: Hirn und Emotion zugleich, können einen Hexenkessel entfesseln und ein Orchester das zarteste Pianissimo hauchen lassen.
    Bevor Du's kaufst: Schau einmal, ob Du in das Swetlanow-"Sacre" irgendwo hineinhören kannst. Ich weiß nicht, wie ich den Unterschied zwischen Gergiev und Swetlanow beschreiben soll. Gergiew ist für mich entfesselte Gewalt, Swetlanow eine Zeremonie der Vernichtung und Schöpfung zugleich, kultischer, am Höhepunkt aber ebenso exzessiv.
    Ein Freund von mir hat es so beschrieben: Gergiev und Swetlanow sind Vulkane von gleicher Urgewalt, nur dass der in Leningrad wenigstens warnt, bevor er ausbricht.

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Gergiew ist für mich entfesselte Gewalt, Swetlanow eine Zeremonie der Vernichtung und Schöpfung zugleich, kultischer, am Höhepunkt aber ebenso exzessiv.
    Ein Freund von mir hat es so beschrieben: Gergiev und Swetlanow sind Vulkane von gleicher Urgewalt, nur dass der in Leningrad wenigstens warnt, bevor er ausbricht.



    Respekt, exzellente Deutung!!

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Gergiev und Swetlanow sind für mich irgendwie verwandt: Hirn und Emotion zugleich, können einen Hexenkessel entfesseln und ein Orchester das zarteste Pianissimo hauchen lassen.


    Hieß es aber nicht kürzlich noch von Dir: „Gergiev, na ja…“ ? (Oh Gott, bitte jetzt keine Diskussion über Gergiev!)


    Ein Boulez-Thread wäre auch gut. Übrigens kenne ich auch nur die Warmduscher-Ausgabe (auch sehr hübsch formuliert von Dir). Vielleicht ist es ein Vorurteil, aber bei Boulez habe ich immer das Gefühl (sooo viel kenne ich allerdings auch nicht unter ihm als Dirigent), als ob er emotional irgendwie recht zurückhaltend interpretiert.


    Gruß, Cosima

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Gergiew ist für mich entfesselte Gewalt, Swetlanow eine Zeremonie der Vernichtung und Schöpfung zugleich, kultischer, am Höhepunkt aber ebenso exzessiv.
    Ein Freund von mir hat es so beschrieben: Gergiev und Swetlanow sind Vulkane von gleicher Urgewalt, nur dass der in Leningrad wenigstens warnt, bevor er ausbricht.


    Im Sommer 1996 fuhr ich nachts nach einem Gergiev-"Otello" in Mikkeli mit einem russischen Musiker aus Gergievs Orchester zurück nach Savonlinna. Dieser Mann ist heute Gergievs Stellvertreter als Generaldirektor des Mariinsky-Theaters und gestand mir damals, daß nicht Gergiev, sondern - Swetlanow sein Lieblingsdirigent sei.


    Leider gibt es auch bei http://www.russiandvd.com seine Interpretation von Mahler-Sinfonien nicht, dafür jede Menge weiterer Aufnahmen, sogar die 4 Brahms-Sinfonien und Bruckners Achte, als ausgesprochene Rarität Sea Pictures und die 2. Sinfonie von Elgar! Im Bereich der Oper wird dort neben russischem Repertoire (u.a. Schneeflöckchen, Mlada) auch eine Tosca aufgeführt.


    Anmerkung für Cosima : Es gibt das 2. Bartók-Klavierkonzert unter Swetlanow - mit Richter!!!


    Sune

  • Zitat

    Original von sune_manninen
    [Anmerkung für Cosima : Es gibt das 2. Bartók-Klavierkonzert unter Swetlanow - mit Richter!!!
    Sune


    Fortsetzung der Anmerkung : in dieser Kombination ebenfalls das 2. Klavierkonzert von Chopin.


    Sune

  • Schönen guten Morgen!


    @ Sune: Ja, das Chopin-Konzert ist bereits Bestandteil meiner Sammlung, aber empfehlen würde ich es keinem echten Chopin-Liebhaber, da bin ich trotz Richter-Verehrung lieber ganz ehrlich. Zimerman und Arrau z.B. haben das IMO viel besser hinbekommen. Der Bartók fehlt mir noch, kommt aber irgendwann…



    LG, Cosima

  • Ich habe vor ein paar Wochen folgende CD ersteigert. Ich bekam hinterher mehrere Anfragen, ob ich sie nicht wieder verkaufen wolle. Weiß jemand von euch, warum die Aufnahme so begehrt ist? Kaufgrund für mich war die Toteninsel von Rachmaninow. Aber da gefällt mir, wie ich feststellen mußte, die Ashkenazy-Aufnahme besser.



    Auf dieser Doppel-CD finden sich:
    Rachmaninow:
    The Isle Of The Dead, Op.29
    Prince Rostislav
    Capriccio On Gypsy Themes, Op.12
    Scherzo für Orchester in D


    Liapunow
    Zelazowa Wola,Op.37


    Balakirew:
    In Bohemia
    Tamara
    Russia


    Glasunow:
    Stenka Razin, Op.13
    Ballard in F, Op.78



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo zusammen,


    zu Swetlanow kann ich leider wenig beitrage, aber ich lese die Informationen und Tipps hier mit Interesse....Aber:


    Zitat

    Original von Cosima
    Ein Boulez-Thread wäre auch gut.


    Ja, Leute, den gibt es doch schon lange, jedenfalls, wenn es um Boulez als Dirigenten geht - schaut mal da


    Boulez als Komponist hingehen steht noch aus....


    Beste Grüsse,


    C.!

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Cosima,
    die Gergiev-na-ja-Eintragung gehört sozusagen zu meinen Jugendsünden. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich eben das Verdi-Requiem gehört hatte und dass mir einige Konzerte in allzu lauter Erinnerung waren. In letzter Zeit habe ich vieles wieder überprüfend nachgehört (wozu Tamino doch gut ist!!!) - und ich muss mein Urteil, expressis verbis just im Svetlanov-Thread, revidieren. (Du hast aber auch ein Elefanten-Gedächtnis, ich hatte gehofft, das na-ja sei Dir längst entfallen...)


    Hallo Sune,
    mir hat ein Musiker des Bolschoj gesagt, dass Gergiev für ihn die Fortsetzung Swetlanows sei, sowohl was die Disziplin betrifft als auch die Kollegialität. Ich habe auch im Bekanntenkreis mit "Blindtests" oft festgestellt, dass Gergiev-Fans Swetlaonow mögen und umgekehrt.


    Hallo Claus,
    den Boulez-Thread habe ich übersehen. Muss ich heute abend unbedingt drin rumstöbern, was man über den angeblichen Eismann so alles an Gemeinheiten zu sagen hat.
    :hello: an alle Beteiligten

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    (Du hast aber auch ein Elefanten-Gedächtnis, ich hatte gehofft, das na-ja sei Dir längst entfallen...)


    Hallo Edwin,


    ich bin eine glühende Gergiev-Anhängerin, da vergesse ich eine solche Bemerkung natürlich nicht. ;)
    Freut mich aufrichtig, dass Du Dein Urteil nun etwas revidierst. Interessant wäre für mich, aufgrund welcher Aufnahmen Du zu diesem Sinneswandel gekommen bist. Vielleicht äußerst Du Dich noch mal im Gergiev-Thread?


    Den Boulez-Thread habe ich gerade überflogen (danke an Claus für den Hinweis). Vieles dort deckt sich mit meinen (spärlichen) Eindrücken. „Eismann“… passt schon irgendwie.


    LG, Cosima

  • Hallo Cosima,


    Zitat

    Original von Cosima
    Den Boulez-Thread habe ich gerade überflogen (danke an Claus für den Hinweis). Vieles dort deckt sich mit meinen (spärlichen) Eindrücken. „Eismann“… passt schon irgendwie.


    Kann ich nicht recht nachvollziehen - aber vielleicht steht das auch damit in Verbindung, dass ich mit Gergiev allermeist ziemlich wenig anfangen kann.


    Was Dir Deine Begeisterung nicht nehmen soll - aber hör gelegentlich mal in Boulez' Aufnahme von Mahlers VI. oder Birtwistles "Earth Dances" (nicht jedermanns Repertoire, sicher) oder in seine Wagner-Vorspiele auf CBS/Sony rein ;)


    Liebe Grüße,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Claus,


    Zitat

    Original von C.Huth
    Was Dir Deine Begeisterung nicht nehmen soll ...


    Warum ist eigentlich dauernd jemand besorgt, dass er mir meine Begeisterung nehmen könnte? :D


    Nein, im Ernst – ich werde mir meine wenigen Boulez-Aufnahmen (Berlioz, Bruckner, Debussy, Ravel, Strawinsky – kein Mahler und Wagner weit und breit) in nächster Zeit noch einmal zu Gemüte führen.


    LG, Cosima

  • Zitat

    Original von C.Huth
    Hallo zusammen,


    zu Swetlanow kann ich leider wenig beitrage,


    Das will ich gerne ändern - und besonders Interesse hat (man frage mich nicht warum), eine Aufnamhe der 2. Sinfonie des mir völlig ungekannten Komponisten Liapunow unter diesem Dirigenten erregt, die auf naive erschienen ist:



    Ich bin mir sicher, dass hier jemand Werk und Interpretation kennt und ein paar Worte dazu sagen kann! Ich danke jedenfalls im voraus....


    Beste Grüsse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Zitat

    Original von C.Huth
    besonders Interesse hat (man frage mich nicht warum), eine Aufnamhe der 2. Sinfonie des mir völlig ungekannten Komponisten Liapunow unter diesem Dirigenten erregt, die auf naive erschienen ist:
    Ich bin mir sicher, dass hier jemand Werk und Interpretation kennt und ein paar Worte dazu sagen kann! Ich danke jedenfalls im voraus....


    Hallo,


    bei meiner Beschäftigung mit Svetlanov hörte auch ich gestern zufällig diese Sinfonie, ebenfalls unter Svetlanov, aber in einer Aufnahme mit seinem USSR State Symphony Orchestra.


    Sergey Lyapunov, geboren 1859 in Yaroslavl, studierte in Nizhny Novgorod Klavier bei Karl Kindworth, einem Liszt-Schüler, und Komposition bei Sergey Taneyev. Er ging später nach St. Petersburg und schloß sich dort Balakirev an und wurde Rimsky-Korsakovs Assistent. 1911 wurde er Professor am St. Petersburger Konservatorium. Nach der Russischen Revolution emigrierte er 1923 nach Paris, leitete dort eine Schule für russische Emigranten und starb 1924 an den Folgen einer Herzattacke.


    Lyapunov komponierte an Orchesterwerken 2 Sinfonien, 2 Klavierkonzerte, 1 Violinkonzert, die Tondichtung Zelazowa Wola, eine Solemn Overture zu russischen Themen sowie zahlreiche Klavierwerke, auf Grund derer er den Beinamen "russischer Liszt" erhielt.


    Beeinflußt von Borodin, aber auch von Tschaikowsky, könnte man Lyapunovs Orchesterwerke vielleicht in ihrem spät-romantischen Stil mit den Werken von Glazunov vergleichen.


    Svetlanov hat mit seinem USSR State Symphony Orchestra die beiden Sinfonien sowie Zelazowa Wola und die Solemn Overture eingespielt. Bei Chandos gibt es meines Wissens eine weitere Aufnahme der 1. Sinfonie, gekoppelt mit dem 2. Klavierkonzert (Solist : Howard Shelley), dirigiert von Vasily Sinaisky.


    Schöne Grüße


    Sune


    P.S. Svetlanov hat auch sehr viel von Glazunov eingespielt.

  • Danke, Sune,


    ich werde es gelegentlich mit dieser Sinfonie einmal versuchen!


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Zitat

    Original von sune_manninen
    P.S. Svetlanov hat auch sehr viel von Glazunov eingespielt.


    Hallo Sune,


    könntest Du das bitte etwas präzisieren? Ich hatte zwar hier einmal einen Glazunov-Thread eingerichtet, aber der fand kaum Beachtung.


    LG, Cosima

  • Zitat

    Original von Cosima


    Hallo Sune,
    könntest Du das bitte etwas präzisieren? Ich hatte zwar hier einmal einen Glazunov-Thread eingerichtet, aber der fand kaum Beachtung.
    LG, Cosima


    Liebe Cosima,


    aber gerne doch! Unter der von mir schlon einige Male erwähnten Website russian.dvd (ich bekomme wirlich keine Prozente!) finden sich folgende Glazunov-Aufnahmen Svetlanovs :


    - SUCD 10-00156 : Forest & Sea & Oriental Rhapsody


    - SUCD 10-00020 : Lady Soubrette (einaktiges Ballett)


    - SUCD 10-00022 : 1. Sinfonie & Kremlin


    - SUCD 10-00024 : 3. Sinfonie


    - SUCD 10-00026 : 6. Sinfonie & Volga Botamen's Song & Serenade & Characteristic Dance


    - SUCD 10-00157 : From the Middle Ages & To the Memory of a Hero & Slavonic Festival & Wedding Procession


    - SUCD 10-00161 : Stenka Rasin & Lyrical Poem & Finnish Fantasy & Mazurka & Theme with Varaiations


    - SUCD 10-00162 : Concerts Waltzes & Chopiniana & From Darkness to Lights & Triumphal March


    - SUCD 10-00158 : Ballade & Solemn Overture & Spring & Introduction and Salome's Sance & Romantic Intermezzo


    - SUCD 10-00160 : Ballet Suite & Characteristic Suite


    - MEL CD 00708 : Raymonda (Ballett)


    - SUCD 10-00023 : 2. Sinfonie


    - The Seasons & Concert Waltzes


    Na, wie war ich? (Eigenlob stinkt!)


    Liebe Grüße nach Göttingen


    Sune

  • Zitat

    Original von sune_manninen
    Na, wie war ich? (Eigenlob stinkt!)


    Lieber Sune, Du bist ein :angel:


    Kannst Du etwas aus dieser Liste aus eigener Erfahrung besonders empfehlen?


    Schöne Grüße nach Finnland,


    Cosima

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  • Zitat

    Original von Cosima
    Kannst Du etwas aus dieser Liste aus eigener Erfahrung besonders empfehlen?


    Leider kann ich damit nicht dienen. Zwar habe ich im Laufe der Jahre einige Aufnahmen von Glazunov-Sinfonien gehört (u.a. von Khaikin, Fedoseyev, Rozhdestvensky, Järvi, Ahronovich), doch mir ist bisher keine der Sinfonien so richtig im Ohr haften geblieben, ganz im Gegensatz etwa zum Violinkonzert oder zum Ballett "Raymonda", von dem ich auf Video eine fantastische Interpretation aus dem Bolshoi-Theater habe und das ich auch einmal live in Helsinki sah.


    Ich verspreche jedoch, ein wenig in die Svetlanov-Aufnahmen hineinzuhören.


    Anmerkung unter uns bekennenden Gergiev-Fans : Gergiev stellte vor noch nicht langer Zeit in Rotterdam Glazunovs Volga Boatmen's Song einem Konzert mit Rimsky-Korsakovs "Mlada" voran.


    Schöne Grüße


    Sune

  • Hallo Edwin und Taminoaner,


    Jewgenij Swetlanow hat für meine musikalische Entwicklung in den 70er und 80er-Jahren eine sehr große Rolle gespielt. Ich habe und hatte zahlreiche Schallplatten mit ihm. Die Firma Eurodisc hatte immer so schön aufgemachte Doppel-LP´s von den russ.Komponisten Liadow, Rachmaninow, Tschaikowsky, Rimsky-Korsakoff.
    :) Bisher hat noch keiner die Tschaikowsky Sinfonien mit Swetlanow genannt. Besonders die Sinfonien Nr.1 - 3 habe ich bis heute in keiner besseren Aufnahme gehört. Die Manfred-Sinfonie - LP/Swetlanow hatte ich Anfang der 80er-Jahre verschenkt, weil ich mir die Muti-EMI-CD gekauft hatte --- diese LP habe ich mir dann später im Tausch gegen eine andere CD wiedergeholt.
    Bei den sinfonischen Dichtungen von Tschaikowsky (2EurodiscLP) kann auf CD IMO nur noch Dorati auf Decca gleichziehen.

    :evil: Leider habe ich auf CD nicht sehr viele Werke der russ.Klassik mit Swetlanow auf CD, weil der CD-Markt mir Swetlanow erst gesättigt wurde, als ich die meisten Werke schon mit anderen Dirigenten auf CD gekauft hatte (und alles muß man ja nun auch nicht doppelt und dreifach haben).
    :) Noch zwei Meilensteine mit Swetlanow fallen mir ein:
    1. Strawinsky: Le Sacre du Ptrintemps (das war meine erste Aufnahme dieses genialen Werkes - und ist eine der Besten.
    2. Rachmaninoff: Sinfonische Tänze op.45 (mein Favorit für dieses Werk) Die muß ich mir jetzt auch noch auf CD holen(salburgensis hat sie abgebildet), denn meine Eurodisc-LP ist hoffnungslos verkratzt.


    An sunne möchte ich sagen, das die Glasunow-Swetlanow-Aufnahmen das einzig wahre zu sein scheinen. Sonst kann der Komponisten Glasunow bei mir keine richtige Begeisterung erwecken.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    es gibt eine ganz tolle Kammermusik-Aufnahme mit Swetlanow, womit ich auf einen weiteren Aspekt seines Wirkens hinweisen möchte:


    Rachmaninow, Elegisches Trio op. 9


    Klavier: Swetlanow
    Violine: L. Kogan
    Cello: F. Luzanow


    Ich habe die auf einer Melodia-LP; ob es eine CD gibt, weiß ich nicht.


    Freundliche Grüße


    Heinz Gelking

  • Hallo,


    nach Durchsicht meiner Regale bin ich leider nur auf eine einzige Swetlanow-Aufnahme gestoßen, die aber in sich hat:


    - BBC Legends: Rimskij-Korsakow: Mlada (Procession of the nobles) / Scheherazade (London Symphony Orchestra); Scriabin: Poème de l´extase (UdSSR-Sinfonieorchester) (Live-Aufnahmen, stereo)


    Svetlanov gelingt es, dem oft abgenudelten Schlachtroß Rimskijs sehr innige Momente abzugewinnen, dabei aber gleichzeitig einen Regenbogen an warmen wie auch gleißenden Orchesterfarben zu erschaffen. Das LSO spielt mit allerhöchster Virtuosität (trotzdem sehr präzise) und klingt dabei wie ein russisches Orchester. Der Scriabin jagt einem dauernd kalte und heiße Schauer den Rücken runter und das finale Crescende des gesamten Orchesters muß man gehört haben, um es zu glauben...


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Schönen guten abend miteinander,


    Jewgenj Swetlanow gehört in jedem Falle zu meinen Lieblingsdirigenten.Die Einspielungen der 7. und 10.Schostakowitsch-Sinfonien mit "seinem" UDSSR-Staatlichem Sinfonieorchester sind atemberaubend und für mich"die" Referenzaufnahmen, aber natürlich nicht nur dieser Werke-dazu gleich mehr.Leider gibt es sie wohl nicht auf CD...Ich kann nur empfehlen,nach EMI-Pressungen aus den 70ern Ausschau zu halten,wenn man noch einen Schallplattenspieler hat


    Auch schließe ich mich der Empfehlung der Aufnahmen des "Sacre" von Strawinsky sowie der "Sinfonischen Tänze" von Rachmaninoff an.Für viele "westliche" Hörer gewöhnungsbedürftig ist unter anderem zwar der vibratoreiche Hornklang, aber ich finde ihn klasse.Mein Geheimtip für den Rachmaninoff ist allerdings eine alte Einspielung(von 1962,auch klanglich auf bemerkenswertem Niveau) auf dem Label Everest mit dem Londoner Sinfonieorchester unter Sir Eugene Goossens,welche tatsächlich noch wilder ist(Diesem wie ich finde genialem Dirigenten und auch Komponisten,dem seine bei einer Kontrolle am Flughafen im Koffer gefundene Sammlung erotischer Bilder zum Verhängnis wurde,sollte man posthum allergrößte Aufmerksamkeit schenken..) .Auch die Einspielung von Kondraschin mit den Moskauer Philharmonikeren ist sehr zu empfehlen, besonders da dies eine der wenigen Aufnahmen ist, auf denen das Ausklingen des Tam-Tams im Schlußakkord befolgt wird.



    Zurück zu Swetlanow und weiter mit seinen Skrjabin-Aufnahmen...Unbedingt Ausschau halten sollte man nach seinen alten Aufnahmen der 2. und 3.Sinfonie sowie des Poeme de'l Exstase.Ich kenne keine besseren Aufnahmen.Aus späteren Jahren gibt es sogar einen "Prometheus" mit Svjatoslaw Richter, welcher aber eigenartigerweise überhaupt nicht von der Stelle kommt.Muß ich mir nochmal anhören....



    Swetlanow war ein sehr großer Bewunderer der Musik von Nikolai Medtner und auf Melodyia(auch CD) gab es eine ziemlich außergewöhnliche Aufnahme seines 2.Klavierkonzertes(allerdings mono), vor allem wegen des Pianisten Abraham Shatzkes, über den ich nur herausfand, das er wohl Professor in Moskau war.Auf dieser Aufnahme(von 1959) höre ich einen Pianisten, welchen ich für mich den "russischen Glenn Gould" nenne, so extrem ist der Ausdruckswille dieses Pianisten, der fast ohne Pedal zu spielen scheint und dieses Konzert völlig zu "seinem" macht.Auch seine "Nebengeräusche"und beeindruckendes polyphones Spiel erinnern stark an Gould.Alle neueren Aufnahmen-von Demidenko, Madge oder Tozer- wirken, obwohl natürlich viel besser aufgenommen und auch im einzelnen eindrucksvoll(und auch wesentlich schneller)gespielt, eigenartig blaß dagegen.



    Wiederum zurück zu Swetlanow, der, wie von Edwin schon geschildert, selber ein hervorragender Pianist war.Von ihm gibt es einige sehr gute Einspielungen von Sonaten Medtners und, wie auch schon angemerkt, einiges an Kammermusikeinspielungen mit Musikern "seines" Orchesters.Swetlanov war(und von Life-Konzerten, welche ich besuchte, kann ich dies bestätigen)berüchtigt dafür, daß er zum Frack schwarze Wildlederschuhe trug und immer einen kleinen roten Ventilator vor sich auf dem Pult montiert hatte, welchen er vor dem ersten Auftakt anmachte.



    Zum Komponisten Swetlanow möchte ich auch noch etwas beitragen, und bitte, bitte, Edwin, sei mir nicht böse!
    Ich kenne seine Sinfonie, sein Poem für Violine und Orchester und natürlich sein Klavierkonzert ,obwohl ich eine andere Einspielung(auch mit Swetlanow am Klavier,aber live unter einem anderen- mir unbekannten -Dirigenten-natürlich auf Melodyia)besitze.Ein befreundeter russischer Cellist bestätigte mir seinerzeit, daß dieses Konzert zu UDSSR-Zeiten sehr beliebt war und u.a. im Fernsehen zu sehen und zu hören war.Meine Freunde und ich mögen dieses Konzert-wir hören es öfter bei unseren Treffen, obwohl-na ja-und jetzt kommt es....-wir uns jedesmal einig sind,daß dieses Konzert wirklich keine große Musik ist........Dieses Konzert besteht aus nur einem einzigern Thema, und dieses Thema wird variationsmäßig durch jedes Klischee geführt, welches es in der Sowjetunion gab.Für mich sehr spannend sind allerdings die Einflüsse, unter denen es auf diese Weise komponiert wurde.Fast kein Rachmanninoff-was ja naheliegend wäre(dazu wiederum am ende mehr),wenig Tschaikowsky was noch naheliegender wäre,sondern vor allem sehr viel Medtner,ein wenig Kabalewski(vor allem in der Instrumentation), Miaskowsky und natürlich(da fällt mir jetzt nichts besseres ein) viel sogenannte "russische Seele"oder vielleicht auch "sozialistischer Realismus",wie man es auch immer nennen mag inklusive eines beeindruckenden Cellosolos(für "seinen" Solisten Luzanow) und am Ende dann tatsächlich ein Abklatsch des allseits bekannten tam,tam,ta,taram von Rachmanininoff!(Diese geniale Idee stammt tatsächlich von Rachmaninoff,sie bedeutet eigentlich Rach-Ma(n)-Nin(o)-off-hier ein wenig fehl am Platz).Es scheint ein richtiges "Volkskonzert"gewesen zu sein und ich möchte noch einmal betonen, daß meine Freunde und ich es sehr mögen und regelmäßig anhören, aber es ist wirklich keine besonders gute Musik-so eigenartig das jetzt vielleicht rüberkommt.Swetlanows Klavierspiel ist übrigens virtuos, natürlich ganz auf die große Geste(die einzige?) des Konzertes ausgelegt.



    Meiner Meinung nach ist er(auch nach Kenntnis seiner Sinfonie) ganz und gar nicht der "russische Bernstein",denn einige von Bernsteins Kompositionen gehören für mich zu den interessantesten Werken des 20.Jhd.,aber eben leider nicht die Werke von Swetlanow.



    Galina Wischnewskaya hat in ihren Memoiren leider auch nur einige abfällige Bemerkungen für ihn übrig, auch war er mit Sicherheit kein besonders angenehmer Mensch(nach Schilderung meines russischen Cellokollegen-der Solocellist in der Lettischen Philharmonie war -hat er seinen Solocellisten Luzanow nach langer erfolgreicher Arbeit herausgeschmissen,dieser scheint dies nicht überlebt zu haben, aber diese Aussage bitte ich mit Vorsicht zu betrachten-ich kann nur das wiedergeben, was mir erzählt wurde.....)



    Jedenfalls gibt es für mich äußerst wenige Dirigenten wie Swetlanow, von denen alle Einspielungen Ihres Repertoires wenigstens herausragend,oder meistens noch die absolute Referenz darstellen.



    Dies hat natürlich auch ein wenig mit der isolierten Situation des sowjetischen Musiklebens in der damaligen Zeit zu tun.Die sowjetrussischen Orchester waren allesamt dem russischen Klangideal verschrieben, d.h. zum Beispiel die Hörner mit Vibrato(finde ich als Cellist toll-ist aber heutzutage total verpönt), die Trompeten mit dem sogenannten "Sandstrahlgebläse-Sound"(konnte man wohl bis zu 10 km bei Gegenwind noch hören-auch verpönt heutzutage), die Streicher mit einem abgrundtief "schwarzen" Sound.Es wäre mal einen eigenen Thread wert, zu ergründen, was uns da in den letzten Jahrzehnten alles verloren ging an Orchesterkultur.Heute ist alles nivelliert und muß einem international anerkanntem Klangindeal entsprechen.Wenn man sich einmal Aufnahmen von z.Bspl. französischen,britischen,spanischen,italienischen,deutschen und-oder- wie in diesem Falle russischen Orchestern von vor 30 bis -was weiß ich nicht- wieviel Jahren anhört, wird man bemerken, daß es in jedem Land eine andere Streicher oder Bläserkultur(Holz wie auch Blech) gegeben hat.Gutes Beispiel ist der Unterschied zwischen einer Boehm(französisch) oder einer deutschen Klarinette,oder den amerikanischen Trompeten(die der russischen Tradition nahestehen) und Oboen,welche einen wesentlich härteren Sound als europäische haben usw.usf.
    Die heutigen Orchester aus dem damaligem Einzugsgebiet der UDSSR haben sich mittlerweile sehr dem hier herrschendem Klangideal angepaßt, (heutzutage ist es mittlerweile recht schwierig,Orchester einem bestimmten Land zuzuorden, daß einzige französische Orchester zum Beispiel, welches meines Wissens einen traditionell französischen Sound, z. Bspl. in den Fagotten, zu retten versuchte war das von Toulouse unter Michelle Plasson)ich denke, auch, um international wettbewerbsfähig zu sein.Ich finde dies schade, denn wir werden nie wieder diesen einzigartigen Sound hören, der auch zu den mitbestimmenden Faktoren der Aufnahmen von Dirigenten wie Kondraschin, Mrawinsky oder halt auch Swetlanow gehörte.Natürlich war jeder dieser Dirigenten in der Lage, und da gibt es ja auch genügend Aufnahmen als Beweis, ein "westliches" Orchester zu absolut irrsinnigen Höhepunkten der Spielkultur und der Emotionen zu bringen, aber für mich fehlt trotzdem immer dieser extreme Sound der damaligen sowjetischen Orchester.



    Übrigens noch ein Tip:Es gibt eine Aufnahme der sehr lohnenswerten "Sinfonia del mare" des schwedischen Komponisten Gösta Nystroem aus Swetlanows kurzer Tätigkeit als Chef des Schwedischen Rundfunk-Sinfonieorchesters, welche ich vor einiger Zeit noch bei Amaz.. ergattern konnte.Diese Aufnahme ist wohl gestrichen, aber wie in meinem Falle könnte es noch Restexemplare geben.Aufnahmetechnisch nicht so toll, aber Musik und(natürlich)Dirigat vom feinsten.


    Beste Grüße


    Michael

  • Hallo Myron!
    Da berichtest Du einige Sachen, die ich nicht wusste - und die ich in mein Gedächtnis-Archiv sofort integrieren werde.


    Swetlanows Kompositionen - nun, ich halte die Symphonie und das Klavierkonzert nicht für international bedeutende Musik (aber ich glaube, das klingt ohnedies an). Allerdings glaube ich, dass sie im russischen Zusammenhang Beachtung verdienen. Man muss sie als das nehmen, was sie sind: Treue Befolgungen der Kunstrichtlinien. Gemessen an dem blutleeren Schwachsinn von Tichon Chrennikow oder Rostislaw Bojko und etlichen anderen sind diese beiden Werke Swetlanows gar nicht so übel, weil sie innerhalb der vorgegebenen Möglichkeiten Musik bieten, für deren Anhören man sich nicht genieren muss.
    Soll heißen: Als Komponist spielt Swetlanow nicht in der Klasse eines Schostakowitsch, Schtschedrin, Tischtschenko, Schnittke etc. Aber er erhebt sich doch meiner Meinung nach über den Durchschnitt derer, die "linientreu" komponierten.


    Dass ihn die Vischnevskaya nicht mochte, hat sicher mit Auseinandersetzungen am Bolschoj zu tun. - Und nicht vergessen: Vischnevskaja und Rostropowitsch sind Exilanten, die dem Parteimann Swetlanow sicherlich nicht objektiv gegenüber stehen. (Übrigens: Ich habe eine Aufnahme mit Vischnevskaya und Swetlanow: Mussorgskijs "Ohne Sonne", von Swetlanow in düsteren Farben instrumentiert und von der Vischnevskaya zum Niederknien gesungen!)


    "Der russische Bernstein" ist somit eher als Leseanreiz gemeint angesichts eines Allround-Musikers. Dass Bernstein ein besserer Komponist als Swetlanow war, bezweifle ich keine Sekunde lang. Dafür war Swetlanow ein besserer Pianist - denn was Bernstein in diesen Belangen ablieferte... Besser vergessen!


    Was mich an Deinem Statement aber am meisten fasziniert, ist, dass ich bezüglich des Orchesterklanges absolut derselben Meinung bin.
    Es ist für mich die größte musikalische Katastrophe unserer Zeit, dass die Orchester ihre Identität verloren haben. Ein unwiederbringliches Kulturgut ist damit vertan.
    Vibrato-Hörner und Sandstrahl-Trompeten mögen nicht jedermanns Sache sein, aber wenn ich mir anhöre, wie die Leningrader unter Mrawinskij klingen, die Moskauer unter Kondraschin, das Orchester des Kulturministeriums unter Roschdestwenskij, das UdSSR-Symphonieorchester unter Swetlanow, das Tbilisi-Symphonieorchester unter Kachidze - dann sind das in sich geschlossene Klangkörper, in denen alles zusammenpasst, von den Flöten über die Oboen, das Blech etc. bis zu den Celli und Bässen. Dieser Klang hat Farbe, er ist verbindlich, individuell, er charakterisiert eine kulturelle Identität.


    Heute wird alles eingeebnet auf einen Mischklang, der ungefähr die Streicher der Wiener Philharmoniker mit dem Blech von Chicago und dem Holz des Concertgebouw kombinieren soll. Statt der kulturellen Identität gibt's kulturelle Globalisierung.
    Und auch den russischen Orchestern bleibt nichts anderes übrig, als früher oder später mitzumachen. Als ob das, was ich als HiFi-Sound bezeichne, wirklich erstrebenswert wäre. Ein Jammer...!

    ...

  • "Suchet, so werdet ihr finden". Ich wußte doch, daß ich noch etwas habe, und zwar einen Konzert-Mitschnitt vom 19. April 2002. Da Svetlanov Anfang Mai starb, könnte es eines seiner letzten Konzerte gewesen sein, vielleicht sogar das letzte.


    Rachmaninow : Die Glocken (Elena Prokina, Daniil Shtoda, Sergei Leiferkus)
    Tschaikowsky : Sinfonie Nr. 1
    BBC Symphony Chorus & Orchestra


    Sune

  • hallo, für mich steht swetlanow meilenweit über den - m.e. immer wieder überschätzten gergiev -. swetlanow verdanke ich viele der großartigsten cd-erlebnisse seit knapp 20 jahren.
    wäre nur die aufnahmequalität viel besser - es würde einem aus dem sessel heben ... :D

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    Original von klingsor
    hallo, für mich steht swetlanow meilenweit über den - m.e. immer wieder überschätzten gergiev -.


    Hallo,


    Swetlanow gefällt mir ja auch richtig gut, ich möchte unbedingt noch mehr Aufnahmen mit diesem Dirigenten kennen lernen, aber noch kurz zu Gergiev: Ich glaube nicht, dass er überschätzt wird, seine Aufnahmen – ich spreche jetzt nicht von den Opern, die kenne ich zu wenig - werden doch (von einigen Ausnahmen abgesehen) mit schöner Regelmäßigkeit von Kritikern in der Luft zerfetzt. Erst gestern las ich eine Rezension von Hurwitz, der meinte, Gergievs Sacre sei so schlecht, dass er niemals auf CD hätte erscheinen dürfen.


    Interessant ist für mich, dass seine Aufnahmen anscheinend trotzdem geliebt werden (von mir zumindest), obgleich sie technische Schlampigkeiten usw. aufweisen. Irgendetwas muss also dran sein an diesem Dirigenten, was die Hörer fasziniert. Halt etwas, das nicht mit objektivierbaren Kriterien nachvollziehbar ist.


    Das Lob, das Gergiev zuteil wird, gilt dann auch häufig ihm als Persönlichkeit und seinem Engagement bzgl. des Mariinsky. Und hier muss man einfach auch mal anerkennen, dass er wirklich Großes geleistet hat.


    Gruß, Cosima

  • Zitat

    Original von klingsor
    hallo, für mich steht swetlanow meilenweit über den - m.e. immer wieder überschätzten gergiev -. swetlanow verdanke ich viele der großartigsten cd-erlebnisse seit knapp 20 jahren.
    wäre nur die aufnahmequalität viel besser - es würde einem aus dem sessel heben ... :D


    Hallo klingsor,


    ich teile Deine Begeisterung für Svetlanov. Was ich jedoch nicht verstehe, ist, warum man sich nicht für einen Künstler begeistern kann, ohne einen anderen überschätzt zu finden. Ich schätze viele der russischen Dirigenten; der eine steht mir näher, der andere ferner. Letzten Endes hängt es doch vom eigenen Geschmack ab, ob mir Tschaikowskys Fünfte nun mehr von Mravinsky oder von Gergiev gefällt, oder ob ich nicht doch Rozhdestvensky oder Svetlanov vorziehe. Wenn ich den einen toll finde, brauche ich den anderen doch nicht für überschätzt zu halten.


    Es ist hier genauso wie bei Anna Netrebko. Wenn ich mich von der PR blenden lasse, verliere ich die tatsächliche Leistung leicht aus den Augen.


    Nichts für ungut!


    Sune

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