• Fjodor Schaljapin


    So, jetzt mach ich mein Versprechen wahr und eröffne den ersten Thread über einen historischen Sänger. Ich bin mir sicher, es werden weitere folgen. Den Anfang macht Schaljapin, da ich von ihm sehr viele Tondokumente habe.
    Fjodor Iwanowitsch Schaljapin (* 13.02 1873 bei Kasan, Russland; † 12.04 1938 in Paris).
    Der Sohn eines armen Bauern hatte keine geregelte Ausbildung und dementsprechendwenig musikalische Übung. Erste Gesangsversuche unternahm er im Kirchenchor. 1894 debütierte er in Tiflis als Oberpriester in Giuseppe Verdis Aida, wechselte dann an das Mariinski Theater in St. Petersburg. 1896 schloß er sich einer privaten Moskauer Opernbühne an, in der er als Boris Godunow und Iwan der Schreckliche auftrat.
    1901 ging Schaljapin nach Westeuropa. Zunächst sang er an der Mailänder Scala und ab 1907 an der New Yorker Metropolitan Opera. Er wurde dort nicht sehr geschätzt und wechselte darum 1908 an die Pariser Oper.
    Ein Auftritt in New York wurde dann 1921 zu einem gigantischen Erfolg. Diesmal blieb er in der Stadt und sang dort sechs Saisonen lang. 1926 verpflichte ihn das Londoner Opernhaus Covent Garden.
    Seit 1921 trat Schaljapin nicht mehr in der Sowjetunion auf, weil er mit ihrer Politik nicht einverstanden war. Er betonte dennoch, dass er nicht anti-sowjetisch eingestellt sei.
    Neben seinem russischen Repertoire tat er sich als Mephistopheles, Don Basilio, Leporello und König Philip hervor. Schaljapin war von hünenhafter Gestalt und sang einen dunkel gefärbten kraftvollen Bass. Er war einer der ersten Sänger, der psychologische Techniken in dem Opernschauspiel anwandte.
    1910 übernahm er in Monte Carlo die Hauptrolle in der Uraufführung des Don Quichotte von Jules Massenet, der später mit ihm verfilmt wurde.
    Schaljapin war seit 1898 mit der italienischen Ballerina Iola Tornagi verheiratet und hatte eine Tochter. Nach seinem Tode wurde er zunächst in Paris begraben. 1984 wurden seine sterblichen Überreste auf den Moskauer Nowodewitschij Friedhof überführt.
    Seit 2000 findet jedes Jahr ein Schaljapin Operngesangs Festival auf der Krim, Ukraine statt.
    Besonders bemerkenswert finde ich die Belcanto-Aufnahmen Schaljapins auf der Great Voices of the Opera- CD-Edition. Ihm ist als einzigen Bass eine Doppelcd gewidmet.


    Die besten Arien sind:
    Dormiro sol nel mant- Don Carlos
    Vieni la mia vendetta-Lucrezia Borgia
    It sul colle, o Druidi - Norma
    Weiters sind Arien aus Ernani, Faust, Mefistofele, Fürst Igor, Sadko und einige russiche Volkslieder drauf.
    Etwas komisch finde ich "die beiden Grenadiere" auf russisch. Sehr gewöhnungsbedürftig.


    Es stört mich dass Keine Szene aus Boris Godunow drauf ist, da dies seine Paraderolle war. Dazu gibt es eine kleine Anekdote.


    Der Zar besuchte eine Vorstellung des Boris Godunow in St. Petersburg mir Schaljapin in der Hauptrolle. Schaljapin gibt alles. Nach einiger Zeit, als er eine Pause hat, kommt ein Mitarbeiter zu ihm und sagt: "Sing ab jetzt leiser, der Zar ist eingeschlafen."


    Ich finde, jeder Opernfan sollte diesen Wahnsinnsbass kennen und ich hoffe, ich konnte ihn euch näher bringen.[

  • Hallo!!


    Wirklich schade, dass diesen Thread keiner beachtet! ;(
    Ist er wirklich so schlecht? Wenn ja, bearbeite ich ihn so, dass er besser ausschaut und reiche soga noch meine übliche Tracklist nach!


    Oder gibt es einfach keine Schaljapin-Fans!


    LG joschi

  • Kenne Schaljapin lediglich durch Literatur und aus dem Fernsehen und habe - wenn ich mich nicht irre - momentan keine Aufnahme von ihm auf CD parat.


    Aber letzte Woche habe ich mir den "Boris" bestellt. Die CD hat aber ihre Lieferzeit. Vielleicht kann ich dann mehr sagen...


    Bis dann.

  • Hallo Joschi und Keith,



    ich habe mich auch sehr gewundert das auf der Great Voices -Doppel-Cd nichts von Boris Godunov enthalten ist.
    Vor einiger Zeit hab ich mir als Ergänzung diese Cd zu gelegt:





    Es gibt zwar Überschneidungen mit der Great Voices Cd, aber es sind Ausschnitte einer Live-Aufnahme des Boris enthalten.
    Auch wenn ich manche seiner Aufnahmen etwas eigenwillig interpretiert empfinde, und ich oft Alexander Kipnis vorziehe, muss ich eingestehen die Abschieds Szene des Boris ist wirklich unglaublich, muss man gehört haben um es zu glauben.


    Eine Verwandte von mir ist (zu Recht) von Boris Christoff begeistert und wollte mir nicht Recht glauben als ich die Chaljapin Aufnahme noch über die schon sehr gute von Christoff gestellt habe.
    Nach einmal anhören war sie überzeugt.


    @Keith


    Zitat

    Aber letzte Woche habe ich mir den "Boris" bestellt. Die CD hat aber ihre Lieferzeit. Vielleicht kann ich dann mehr sagen...


    Ist das eine Gesamtaufnahme mit Chaliapin die du bestellt hast, und wenn ja, weißt du wann die aufgenommen wurde?


    Die Live Aufnahme die ich oben erwähnt habe ist aus Londen von 1928, wenn es die als GA gibt muss ich sie haben.


    Viele Grüße von
    Jimi

  • Zitat

    Aber letzte Woche habe ich mir den "Boris" bestellt. Die CD hat aber ihre Lieferzeit. Vielleicht kann ich dann mehr sagen...


    Ist das eine Gesamtaufnahme mit Chaliapin die du bestellt hast, und wenn ja, weißt du wann die aufgenommen wurde?


    Die Live Aufnahme die ich oben erwähnt habe ist aus Londen von 1928, wenn es die als GA gibt muss ich sie haben.


    Viele Grüße von
    Jimi[/quote]


    Bestellt bei Amazon. Aufnahmen(-ausschnitte) vom 04.07.1928. So wie das Cover es beschreibt, ist der "Boris" wohl nicht komplett, aber hoffentlich Schaljapin.


    Wie gesagt mit Lieferzeit.


    Bis dann.


    Bis dann

    Einmal editiert, zuletzt von keith63 ()

  • Hallo Historienfreunde,


    tatsächlich viel zu wenig Beachtung für den großen Chaliapin. Die Sperenzchen, die er sich leistet, sind zwar legendär, beruhen aber bei ihm stets auf kompletter Beherrschung der Rolle und der sängerischen Anforderungen. Was ich an ihm besonders bewundere, ist die Flexibilität der Stimme und die einzigartige Diktion, die eine Lust am Schauspielern verrät, wie sie etwa brillant ausgebildeten Synchronsprechern eigen ist. Mephisto, Leporello, Basilio - alle exzentrisch, aber grandios. Nicht wie die vielen billigen Plagiatoren (man höre sich z. B. Ghiaurov als Mephisto an) - man kann das anders anlegen, aber nicht eindeutig besser.
    Farlafs Rondo aus Ruslan und Ludmilla gehört ja wohl auch zum Tänzerischsten, was ein Baß mit der Stimme anstellen kann - abgesehn von Plancons Kapriolen aus Le Cid oder Adolphe Adams Kompositionen.


    Welch ein großer Künstler!


    Grüße von Christian

  • Seine Paraderollen "Boris" und "Mephisto" sind in Live-Aufnahmen aus Covent Garden 1928 auf EKLIPSE EKR 50 ausreichend dokumentiert. In der Wahnsinnszene aus "Boris" glaubt man den Schauspieler zu erleben, man hört, wie er auf der Bühne agiert. :jubel: :jubel: :jubel:


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Grüezi


    Schade ist es wirklich, doch als junger Spund lese ich zum ersten Mal von diesem sagenumwobenen
    Sänger, dessen Schaffen meine Neugier erweckt. Boris Godunow zählt zu meinen Lieblingsopern, eine
    der vielen angefangenen Werke von Mussorgsky die Rimsky vollendete.


    Existieren auch Opern-Gesamtaufnahmen mit Fjodor Schaljapin. Wenn ja, welche sind zu empfehlen?


    Greets, Carl

    Our cultural heritage belongs to all of us, that's why we must preserve it
    Unser Kulturgut gehört uns allen, deshalb müssen wir es bewahren
    http://www.publicdomain.ch

  • Wenn man in internationalen Katalogen nach Aufnahmen mit Schaljapin stöbert, ist die unterschiedliche Schreibweise seines Namens zu beachten. Während er hier meist unter "Fedor Schaljapin" gelistet ist, habe ich in englischen Verzeichnissen "Tchaljapin" gefunden, in französichen "Chaliapine". Seine ersten Schallplatten erschienen 1901 in Moskau auf G & T; später sehr viele Aufnahmen auf HMV, auch noch elektrische Platten dieser Marke. Seit 1923 entstanden akustische wie elektrische Victor-Aufnahmen, die letzten 1936 in Japan. Zu seinen besten Aufnahmen gehören Schallplatten mit russisch-orthodoxer Kirchenmusik.
    Die einzige Opern-Aufnahme ist die bereits weiter oben genannte "Boris Godunow"-Einspielung:


    Aufnahme: 1928, live, London
    Spieldauer: 71'49 15'31, (Prolog) 12'12 (Akt, 2) 3'33 (Polonaise, Akt, 3) 14'43 (Akt, 4.1., Kromy) 25'50 (Akt, 4.2, Boris, Tod)
    Dirigent: Vincenzo Bellezza
    Orchester der Covent Garden Opera
    Chor der Covent Garden Opera
    Kommentar: Bearbeitung von N. Rimskij-Korsakow


    Rollen und Sänger
    Boris Godunov: Feodor Schaljapin
    Dimitrij (Grigory): Dino Borgioli
    Feodor: Margherita Carosio
    Lavitzki: Dennis Noble
    Narr: Octave Dua
    Schtschelkalov: Aristide Baracchi
    Schuijski: Angelo Bada
    Tschernikowsky: Aristide Baracchi
    Warlaam: Salvatore Baccaloni


    Passt gerade auf 1 CD!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Mit SchaljapinArien und -szenen auf LP (muss direkt mal sehen, ob sie noch irgendwo im Keller steckt) bin ich quasi aufgewachsen...


    Das bisher Gesagte bestätige ich gerne - mit Ausnahme des Leporello (die RegisterArie habe ich als "mir gar zu lax runtergesungen" in Erinnerung)
    Die Schluss-Szene a.d. "Boris" ist geradezu furchteinflössend 8o
    Bei "Vous qui faites l`endormie" sah ich Mephisto - als :yes: miesen Schmierenkomödianten :yes: - quasi vor mir...


    Es gibt übrigens eine eindringliche Schilderung seiner Interpretation von Mussorgskys "Flohlied" - ich weiss leider nicht mehr, wo und von wem...


    THANKS an @Harald für den Hinweis auf Aufnahmen mit orthodoxer Kirchenmusik - ist `ne Überlegung wert !


    CIAO aus Franken
    piet alias Micha

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  • Lieber piet alias Micha,


    ich finde die Aufnahme, die ich von FC als Leporello habe, nicht heruntergesungen und nur die von Alexander Kipnis eindeutig besser.
    Neulich habe ich in eine meiner nicht so häufig aufgelegten CDs reingehört ("Voices of the Czar"), mit traumhaften russisch gesungenen Aufnahmen Chaliapins (ein früher Mephisto, Robert le Diable und ein a capella gesungenes russisches Volkslied). Kurz nach der Jahrhundertwende war die Stimme noch elastischer und klangschöner, ideal als basse chantant.


    Wieder ein Gewinn!



    LG,


    Christian

  • Bei jpc ist jetzt eine CD der russischen Melodija erschienen, auf der frühe Aufnahmen aus Moskau zu hören sind:




    Feodor Schaljapin singt Arien & Lieder


    von Glinka, Dargomyzhsky, Borodin, Rimsky-Korssakoff,
    Mussorgsky


    Label: Melodiya , ADD/m, 10-31


    Vom Klang eher etwas für hartgesottene Schellack-Fans, aber eigentlich unverzichtbar!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich besitze seit einiger Zeit die folgende CD, welche ausschließlich akustische (also mit Trichter gemachte ) Aufnahmen aus den Jahren 1908-1912 enthält. Es sind Arien von Rossini, Bellini, Donizetti und Verdi, aber auchBoito, Gounod und Delibe zu hören, ebenso wie Arien von Glinka und Rubinstein .


    Trotz der archaischen Aufnahmetechnik ist nicht zu überhören, daß wir es hier mit einer Jahrhundertstimme zu tun haben, zudem mit einem dramatischen, engagierten Rollengestallter, der sich jedoch auch zahlreiche Unarten erlaubte um die erwünschte schauspielerische Wirkung zu erreichen.


    Stimmen lassen sich nur schwer beschreiben, dies jedoch ist selbst in dieser Hinsicht eine Ausnahme: Kraftvoll und dunkel mit hörbarem Vibrato und einem manchmal bedrohlich düsterem Unterton.


    Schaljapin war wohl die berühmteste Baßstimme des frühen 20. Jahrhunderts - und das ist sogar auf diesen alten Aufnahmen zu hören.



    Leider geraten auch die grösste Stimmen in Vergessenheit - wenn man nicht das Interesse daran wachhält, was bei Aufnahmen der akustischen Ära besonders schwer ist....


    Wir tun jedenfalls unser Bestes


    mfg aus Wien


    Alfred



    Bei Anklicken des Covers besteht die Möglichkeit in die Aufnahme hineinzuhören..

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mit den Namen Schaljapin und Caruso ist der Beginn der Ära der Tonaufnahmen eng verbunden. Daher gibt es zahlreiche historische Dokumente von diesen beiden Sängern und sie haben musikgeschichtlich eine ganz besondere Bedeutung und einen Bonus in der Wertung. Schaljapan strahlt selbst in diesen antiquierten Aufnahmen eine darstellerische Faszination und Dramatik aus. Mir gefallen sein Timbre, die Stimmführung und das häufige non-legato Singen, durch Überbetonung einzelner Phrasen und Texteile nicht. Eine Wirkung die durch Übertreibungen noch verstärkt wird. Wahrscheinlich hatte dieser Sänger, der ja Diva-Alüren gehabt haben soll, auf der Bühne eine weit stärkere Wirkung, als sie in den Tondokumenten zu erleben ist. Für mich verkörpern Sänger wie z. B. Alexander Kipnis, Iwan Petrow und Mark Reizen überzeugender und typischer die russische Basskultur.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    was die klassische russische Baßkultur angeht, hast Du sicher Recht, ebenso fallen einem Namen wie Sibiryakov oder Kastorsky ein. Chaliapin steht dagegen für eine grundlegend andere Auffassung des Singens, hörbar an seinen sehr frühen Aufnahmen, die weit weniger Manierismen aufweisen als die Dokumente des etablierten Weltstars.
    Eine schlank geführte, enorm biegsame und wandlungsfähige Stimme erlebt man da, geradezu zaubrische Tongebung, die mit gröberen Akzenten alterniert, ein Sonderfall, der französischen Tradition näher als der russischen, jedoch nicht primär auf den wohlgerundeten Ton ausgelegt (wie etwa bei Journet oder auch - variantenreicher - bei Plancon). Am ehesten würde ich die Stimme als expressiven basse chantant beschreiben, mit baritonaler Färbung.


    Chaliapin ist eigen, sehr eigen, ich halte es dennoch für nicht ganz korrekt, ihn ausschließlich auf seine Hyperbeln bzw. seine Temporückungen zu verkürzen. Die Qualität der Stimme ist aus meiner Sicht großartig; sie könnte auch ohne die überrumpelnde Wirkung, die Chaliapin auf der Bühne gehabt haben soll, als Dokument eines äußerst individuellen Meistersängers bestehen.


    LG


    Christian

  • Lieber Christian,


    wir diskutieren hier auch wieder auf dem Niveau russischer Ausnahmesänger, von denen jeder einzelne seinen Reiz, seine besondere Charakteristik und Ausnahmestellung hatte. Insofern größte Übereinstimmung.
    Übrigens schön, dass Du Dich so kompetent mit Bässen auskennst. Durch persönliche Beziehungen mit Frick, Moll, Crass. Adam und Mazura stehe ich der Faszinination der "Tieftöner" sehr nahe.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Vielleicht eine kurze Anmerkung zu den sängerischen "Unarten".


    Die Quellen divergieren zwar - während die einen meinen er wäre im Wesentlichen Autodidakt gewesen (was Vor- aber auch Nachteile mit sich bringt) erwähnen andere eine kurze Ausbildungszeit in Tiflis...


    Seine eigenwillige, sehr persönlich gefärbten Interpretationen mögen heute Anlaß zur Kritik geben, in seiner Glanzzeit vermehrte das seine Ruhm sogar.


    Zu den "Starallüren"
    Man kann heute vielleich nur an der Menge von überlieferten Gemälden von Schaljapin, dessen Berühmtheit ermessen. Man malte ihn privat und im Kostüm - von dern Photos mal ganz zu schweigen, einige befinden sich seit gestern im Avatarpool.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    in einem anderen Beitrag drückte ich bereits meine Freude aus, dass ich als Vertreter der "Generation Silber" in dem ganz ausgezeichneten Tamino-Forum dabei sein darf.
    Was mich aber noch mehr beeindruckt sind Deine über 5.000 Beiträge. Du weißt universell zu allen Gebieten der Musik "Gescheites" auszusagen,z. B. hier zu Schaljapin. Kompliment, ich könnte vor Neid erblassen.
    Hätte diese Eloge nach den Spielregeln des Hauses als persönliche Nachricht übermittelt werden sollen? Wenn ja, verzeihe und nehme sie auch so an, denn die Anerkennung ist sehr herzlich gemeint.
    Liebe Grüße von Heilbronn nach Wien.
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Guten Abend!


    Als Verehrer von Fedor Schaljapin (siehe Avatar) besitze ich natürlich auch eine große Sammlung von ihm. Aus der Ukraine habe ich mir einen Band mit ca. 8 Platten von ihm mitgebracht. Ich weiß das nicht mehr so genau, weil ich die Platten lange nicht mehr gehört habe und diese auf dem Speicher lagern. Es gibt auch eine tolle CD von CEDAR mit gut restaurierten Arien und Liedern, u. A. auch mit Abschied und Tod aus "Boris Godunov".


    Als ausgesprochener Fan der russischen und bulgarischen Baßstimmen habe ich natürlich auch viele Stimmen aus deren Opernhäusern. Bei Preiser gibt es CD-Aufnahmen mit Mark Reizen, einem Bassisten aus der Ukraine. Auf der CD Nr. II gibt es sogar mit ihm den Wotan mit "Leb wohl, du kühnes herrliches Kind" und den BORIS, original aus dem Bolshoi-Theater. Sehr empfehlenswert!



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Fjodor Schaljapins Kunst kennegelernt zu haben, war für mich eigentlich eher Zufall. In einem Booklet zur Aufnahme einer russischen Oper (Serov "Judith) wurde erwähnt, dass die männliche Hauptrolle dort (Holofernes) eine von Schaljapins Lieblingsrollen gewesen sein soll...nun, über die Richtigkeit dieser Aussage will und kann ich nichts sagen, aber nachdem ich las, wie berühmt eben dieser Sänger Schaljapin gewesen war, musste ich mir das auch einmal anhören. Also bin ich ab auf youtube und was ich hörte, strafte das Lob lügen, es war nicht nur gut, er war außergewöhnlich.
    Sein "Son lo spirito, che nega" hat mich vom ersten Mal an gefesselt. Und dann erst sein Boris, unglaublich.
    Nachdem ich den Beitrag über ihn im Sängerbuch von Jürgen Kesting gelesen hatte, war ich dazu auch noch voller Bewunderung für den Künstler Schaljapin an sich, die Art wie er mit dem Gesang und der Darstellung umging. Sehr schlau und geistreich.
    Ich finde, schon die unzähligen Fotos in Kostümen, die von ihm existieren, spiegeln bereits einen Funken seiner Wirkung wieder, auch, wenn wir heute nur davon träumen können, seine Bühnenwirkung nachzuempfinden.
    Was seine gesanglichen Eskapaden bzw. Spirenzien angeht...ich gebe zu, dass ich sowas in einem gewissen Maß sehr gerne mag (auch bei anderen Sängern), wenn es dem Ausdruck und der Darstellung dient.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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  • Dienen Drücker, Schluchzer, Temporückungen und freier Umgang mit der Atmung und der Intonation dem Ausdruck und der Darstellung? Wie weit darf die künstlerische Freiheit gehen? Selbstverständlich war Schaljapin ein exemplarischer Sänger und grandioser Exponent einer Epoche. Nur, andere Bassisten schufen ähnlich eindrucksvolle Operncharaktere und dies bei wesentlich korrekterem Singen.


    Herzlichst
    Operus


    Nur ganz nebenbei ich genieße manchmal sogar mit Wonne die italienischen Tenordiven a la des oft so herrlich schmalzigen Bejamino Gigli .
    "0, sole mio!"

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Nur, andere Bassisten schufen ähnlich eindrucksvolle Operncharaktere und dies bei wesentlich korrekterem Singen.


    Ich würde auch nie Gegenteiliges behaupten, ganz sicher nicht, gerade ich als Liebhaberin der tiefen Stimmlagen nicht. Es gab viele enorm große und ausdrucksvolle Bässe (zB Frick-bei den deutschen mein Favorit oder auch Christoff, nur um mal welche zu nennen) und wird hoffentlich immer welche geben. Es geht ja nicht darum Schaljapin über alle anderen zu stellen. Aber exemplarisch war er, meiner Meinung nach, schon. Das was man ihm vorwirft, macht man zB auch bei Max Lorenz (ich weiß, der war Tenor) und es mag ja sogar richtig sein, aber was da manchmal für eine Intensität zustande kommt, finde ich trotzdem beeindruckend.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • fesselnd und faszinierend sind wohl die richtigen Ausdrücke für Schaljapin, was mich betrifft. Trotzdem finde ich seine Aufnahmen vom rein sängerischen Standpunkt schwierig nachzuvollziehzen. Da ist er mir oft auch allzu frei und "erfinderisch". Live im Haus auf der Bühne als Darsteller und Sänger-Schauspieler in Verbindung mit dem visuellen Element muss er auch grossartig und zum niederknien gewesen sein. - Das vermitteln auch einstimmig zeitgenössische Berichte und Kritiken. Auch von Sängerklollegen und Konkurrenten - das wohl größte Lob.

  • Erst jetzt fällt mir auf, dass wir mit SchallundWahn eine Dame, die ein Gewinn für unsere Diskussionen rund um die Opernwelt ist, in unseren Reihen haben. Verführte mich das männlich aussehende Avatur zu einer falschen Assotiation? Ich werde diese Beiträge mit noch mehr Aufmerksamkeit lesen.
    Die letzte Bemerkung könnte mir im Zeitalter der absoluten Gleichberechtigung Kritik bescheren. Ab er sei's drum. Ich stelle mir gerne die Tamino-Partner im Geiste vor und Damen erhalten auch bedingt durch die Substanz und die Verbindlichkeit ihrer Beiträge im Forum immer meine besondere Hochachtung. Verzeihung - liegt vielleicht daran, dass ich so erzogen wurde. Noch eins drauf: Wären noch mehr Damen im Forum, wäre die Tamino-Welt friedlicher und viele Rangeleien und Positionskämpfe würden in harmonischere Bahnen gelenkt..
    SchallundWahn bitte schreibe weiter so fleissig und kompetent. :hello:


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo miteinander,


    vor einigen Jahren ist bei Grat Hall eine GA des Boris Godunov mit Schaljapin erschienen, die aus diversen Schaljapin-Aufnahmen zwischen 1911 und 1923 und zwei Aufnahmen aus dem Bolschoi-Theater zusammengesetzt ist. Das Ergebnis ist ist weniger frankensteinmäßig, sondern geht vielmehr ins Osirishafte ab. D.h. durch das Hinzufügen des musikalischen Kontextes wird Schaljapins gesangliche und darstellerische Leistung derart unterstrichen, dass Schaljapin wirklich zu Boris Godunow wird.



    Allem Anschein nach ist diese Aufname aber zur Zeit nicht erhältlich.


    Jöhn Doe

  • Hallo Operus, hallo mein lieber Hans!


    Es sind mehr Damen hier im Forum als Du denkst. Man sieht es allerdings nicht gleich (leider).




    Einen herzlichen Gruß
    Wolfgang

    W.S.

  • Erst jetzt fällt mir auf, dass wir mit SchallundWahn eine Dame, die ein Gewinn für unsere Diskussionen rund um die Opernwelt ist, in unseren Reihen haben. Verführte mich das männlich aussehende Avatur zu einer falschen Assotiation?



    [size=10]Danke, dass du mich als Gewinn empfindest, lieber operus.
    Mein Avatar ist auch durchaus männlich, es ist ein Fotos meines Lieblingsängers.


    Um noch etwas zu Schaljapin zu sagen : die von John Doe erwähnte Aufnahme des "Frankenstein"-Boris klingt in meinen Ohren überaus interessant. Was heute so alles möglich ist!
    Schaljapin ist für mich, wie gesagt, auch ein bewundernswerter Künstler, vor allem, weil er sich sehr geistreiche und wissende Gedanken um den Gesang und die Darstellung von Rollen gemacht hat. Seine Art und Weise zu singen war keine "Aus-sich-heraus"-Natur, sondern wohlbegründend und überlegt, er hat kultiviert, wie er sang. Er hat einen nach seinen Theorien durchdachten Stil gehabt. Das ist mehr als man über manch andere Sänger behaupten kann.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Schaljapin ist für mich, wie gesagt, auch ein bewundernswerter Künstler, vor allem, weil er sich sehr geistreiche und wissende Gedanken um den Gesang und die Darstellung von Rollen gemacht hat. Seine Art und Weise zu singen war keine "Aus-sich-heraus"-Natur, sondern wohlbegründend und überlegt, er hat kultiviert, wie er sang. Er hat einen nach seinen Theorien durchdachten Stil gehabt. Das ist mehr als man über manch andere Sänger behaupten kann.Das macht für mich den Unterschied zwischen Sänger und Künstler aus. Von wem will man das heute behaupten?

  • Falls es jemanden interessiert: Schaljapin hatte sechs Kinder. Sein jüngster Sohn machte eine Karriere als Schauspieler und spielte u. a. im Film "Der Name der Rose" mit und zwar die Rolle des "Ehrwürdigen Jorge von Burgos".
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ach gott, dieser gruselige, blinde, alte Mönch oder?
    Na, das ist durchaus interessant, wenn ich den Film das nächste Mal sehe, werde ich sicher daran denken müssen.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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