Joseph Edler von EYBLER [1765-1846]


  • Ich Endesgesetzter bescheine hiermit daß ich Vorzeiger dieser Hr: Joseph Eybler als einen würdigen Schüller seines berühmten Meisters Albrechtsberger, als einen gründlichen komponisten, sowohl im kammer= als kirchen=styl gleicht geschickten, in der Sing=kunst ganz erfahrnen, auch vollkommenen Orgel= und klavierSpieller, kurz, als einen Jungen Musiker befunden habe, wo es nur zu bedauern ist, daß seinesgleichen so selten ist.


    Wienn, den 30:t May. 1790.


    Wolfgang Amadè Mozart
    Kapellmeister, in k: diensten


    Wir kennen Joseph Leopold Edler von Eybler zu meist nebensächlich als Resignierenden im Versuch, Mozarts Requiem zu vollenden. Daß es aber keineswegs an musikalischem Genie gemangelt haben kann, sondern die Ablehnung der Vollendung des Requiems eher ein Ausdruck größter Ehrfurcht gegenüber Mozart war, erfahren wir gleich. Trotz seiner Ehrfurcht vor Mozart und dem Requiem sollte ihm ausgerechnet dieses Werk noch zum Verhängnis werden...


    Joseph Leopold Edler von Eybler wurde am 8. Februar 1765 in Schwechat bei Wien geboren. Den ersten Musikunterricht erteilte, wie so oft, der Vater Joseph Leopold, welcher Schullehrer und Chorregent war. Im alter von sechs Jahren bereits, so ist es überliefert, spielte Eybler bereits ein Klavierkonzert, bei dem der Hofbeamte Josef Seitzer [1744-1806] zu hörte und entzückt war. Er war es dann auch, der dem Knaben einen Platz im Wiener Stadtseminar verschaffte. Hier wurden auch Eyblers Brüder sowie u.a. die Gebrüder Haydn erzogen. Von 1776 bis 1779 nahm Eybler an einem Kompositionskurs bei Johann Georg Albrechtsberger teil. 1782 sollte ein Unglücksjahr für Eybler werden: Nicht nur, dass das Seminar geschlossen wurde, auch vernichtete eine Feuersbrunst am 20. Januar das gesamte Vermögen der Familie. So konnte Eybler sich sein geplantes Jurastudium abschminken und wandte sich daher voll und ganz der Musik zu: Seine Arbeiten legte er Joseph Haydn vor, der ihm gerne als Freund und Lehrer beistand. Eybler hielt sich durch sehr fleißiges Unterrichten über Wasser und Joseph Haydn empfahl 1787 3 Klaviersonaten Eyblers an den Verlag Artaria. Nicht nur Mozart selbst, auch Joseph Haydn bezeugte Eyblers Können und Albrechtsberger meinte, daß er nach Mozart in der Musik das größte Genie sei, welches Wien besitze.


    Eybler hatte mit Mozart viel zu tun und durfte sich auch seines Vertrauens rühmen: So beauftragte Mozart ihn mit der Einstudierung seiner Oper Cosí fan tutte. Nach Mozarts Tod schenkte ihm Kaiserin Maria Theresia [die 2. Gemahlin des Kaisers Franz] ihre Aufmerksamkeit und lud ihn ständig zu Familienfeiern, zu Konzerten und Theateraufführungen ein. Sie setzte durch, dass er ab 1801 Lehrer der Kaiserlichen Familie wurde. Zu seinen Schüler zählte alsdann der Kronprinz Ferdinand. Eybler erfüllte ihr den Wunsch und komponierte ihr 1802 ein Requiem – 1804 stieg er zum kaiserlich-königlichen Vizekapellmeister auf und heiratete am 27. Oktober 1806 die Kammerdienerin der Kaiserin: Theresia Müller. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Theresia [gest. 11. Oktober 1809] und Josef, der später Staatsrats-Offizier werden sollte.



    [Joseph Leopold Edler von Eybler]


    Als Antonio Salieri in den Ruhestand trat, folgte ihm Joseph Eybler am 16. Juni 1824 als 1. Hofkapellmeister und erhielt dafür ein Jahresgehalt von 1.500 Gulden. Während einer Aufführung des Mozartschen Requiems am 23. Februar 1833 erlitt Joseph Eybler einen Schlaganfall, damit war seine Laufbahn jäh beendet. Dennoch erhob ihn die treue Kaiserin 1834 in den Adelsstand. Noch mehr als 10 Jahre lebte Joseph Eybler bei seiner Familie, bis er am 24. Juli 1846 verstarb. Die Witwe starb am 31. Januar 1851 und der Sohn am 19. März 1856.


    Eyblers Schaffen wird wie folgt angegeben:


    32 solenne Messen, ein großes Requiem von 1802, 7 Te Deum, 30 Offertorien, 35 Gradualen, Das Zauberschwert [Oper], Die Hirten bey der Krippe zu Bethlehem [Oratorium, 1793], Die vier letzten Dinge [Oratorium, 1811], Freimaurermusiken, Kanoni, ein Klarinettenkonzert [1798], Tänze, Sonaten für Violoncello, Streichquintette, Sinfonien, Streichtrios, …


    Von der Oper Das Zauberschwert ist bedauerlicher Weise nur der erste von zwei Akten erhalten.

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Und hier eine erfreuliche Nachricht:


    Die beiden Sinfonien, die Eybler schrieb, liegen seit kurzem in einer Aufnahme vor, die für cpo zwischen 12. und 14. Dezember 2004 in der Schweiz gemacht wurde, und die 2005 in den Handel kam.




    Wenn man diese Werke hört möchte man weinen, daß Eybler nicht mehr davon geschrieben hat - so schön sind sie.
    Natürlich sollte man schon eine gewisse Affinität zum ausgehenden 18. Jahrhundert haben, um sie zu schätzen.


    Wie beschreibt man dies Werke ? Fast unmöglich.


    Teilweise erinneren einzelne Passagen der ersten Sinfonie an die Ouvertüre zur Zauberflöte - die Parallelen sind eher unterschwellig, eher die gleiche Emotion wird vermittelt,m denn die gleiche Melodie.
    Dann wieder Stellen mit Solo-Einlage, einer Sinfonia Concertante nicht unähnlich. Trotz der äusserst entfernten Anklänge an die Welt der Zauberflöte käme man nie auf die Idee, die Werke könnten von Mozart sein - sie haben eine individuelle Tonsprache. Weiche, interessant instrumentierte Stellen von unerreichter Süsse, wechseln mit erhabenen Stelllen und dann kommen wieder Teile, wo Pauken dominiieren. Auch das tänzerisch Leichte des achzehnten Jahrhunderts kommt nicht zu kurz., die Themen sind teilweise Ohrwürmer.
    Ich bin glücklich, daß sich eine Firma entschließen konnte, diese kaum bekannten, bisher nicht erhältlichen Sinfonien einzuspielen.
    Liebhaber dieser Epoche zugreifen, bevor wieder alles gestrichen wird....


    Wie es scheint, hat cpo in letzter Zeit seine Liebe zu Eybler entdeckt...., neben geistlichen Werken bringt es da vor allem Kammermusik....


    Viele Grüsse aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    wie beneidenswert, dass Du diese Aufnahme bereits Dein eigen nennen darfst... ich muß da leider noch etwas warten.


    Als ich mir Süßmayr's Klarinettenkonzert im vergangenen Jahr zulegte, machte ich einen Fehler! Nicht wegen des Werkes - nein, es ist großartig! - sondern: ich besorgte mir eine Aufnahme [mit Thea King], bei der ich sicher war, dass Mozarts Klarinettenkonzert nicht darauf war, denn das wollte ich nicht unbedingt mehrfach haben. Übersehen habe ich dabei, dass mir dadurch Joseph Eyblers Klarinettenkonzert durch die Lappen gegangen ist:



    :motz:


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Von Eybler kenne ich die Requiem-Aufnahme:



    Schlick, Assenheimer, van Berne, van der Kamp,
    Alsfelder Vokalensemble, Steintor Barock Bremen unter Wolfgang Helbich
    erschienen bei cpo



    Die Aufnahme wurde im Dom zu Wetzlar gemacht, der offenbar ziemlich lange Nachhallzeiten hat. Mir ist es jedenfalls zu viel. Auch die Abbildung des Raumes auf der Aufnahme finde ich nicht optimal. Die Solisten sind sehr direkt zu hören, der Chor dagegen scheint ein gutes Stück von den Mikros weg gewesen zu sein, singt quasi nur im Hintergrund. Ähnlich geht es dem Orchester. Durch diese hallige Akkustik leidet das Stück, vor allem die dramatischen Stellen kommen so nicht richtig zur Geltung. Das ist sehr schade, weil dieses Requiem etliches zu bieten hat.



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • mir ist das, ehrlich gesagt, nicht aufgefallen, die raumakustik interessiert mich normalerweise auch nicht besonders ...
    aber mit der musikalischen ausführung war ich bei dieser CD eigentlich sehr zufrieden und auch mit dem werk (obwohl ich nicht gar so viele mozart-zeitgenossen schätze wie Ulli - oder sind es nur andere?)

  • Hallo


    Ich durfte letzte Woche einen Ausschnitt aus Eyblers Requiem hören, was auf mein Interesse gestossen ist.


    Gibts noch weitere empfehlenswerte Einspielungen?

  • hallo, was alfred schreibt, trifft auch auf sein weihnachtsoratorium ('die hirten ...') zu. der anfang erinnert in seiner gewalt geradezu an den beginn der schöpfung ... so stellt man sich ein weihnachtsoratorium aus dieser zeit denn doch nicht vor. ich war begeistert! dann wieder einfache, schlichte, volkstümliche melodien, dann wieder kunstvolle chöre, kräftige tuttipassagen des vollen orchesters ...sehr interessant, viell. ein wenig heterogen.
    auf jeden fall werde ich mich um weiteres bemühen, um mir ein detailliertes bild zu machen. scehint interesdsant, der hr. eybler :yes:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Gestern kam´s im Radio (Deutschlandradio), ich konnte es leider nur fragmentarisch hören. Aber was ich gehört habe, das hat mich schwer beeindruckt: Eyblers Oratorium Die vier letzten Dinge:




    Gott sei Dank hat meine liebe Frau den record-Knopf gedrückt. :lips: So kann ich das Werk in den nächsten Tagen komplett hören. Bericht folgt.



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo miteinander,


    ich komme aus dem Staunen über dieses Werk nicht mehr raus. Das Stück ist der Wahnsinn! Bei der nächsten CD-Bestellung ist es mit Sicherheit dabei, mein Radiomitschnitt reicht mir nicht.


    Die vier letzten Dinge ist eines der dramatischsten Oratorien, die ich kenne. Schon in der Ouvertüre geht es richtig zur Sache. Diese Intensität, diese Aufgewühlte dauert über die ersten beiden Teile des Werkes an, in denen Untergang der Welt sowie Auferweckung der Toten und Jüngstes Gericht geschildert werden. Und Eybler legt immer wieder nach und erzeugt so eine Spannung, die kaum auszuhalten ist. Freilich, solche hochdramatische Musik ist für den Inhalt des Werkes kein Wunder, bietet der Text der Apokalypse doch haufenweise Möglichkeiten zu Tonmalereien. Eybler nutzt aber auch jede Volage gnadenlos aus. Er benutzt dabei Mittel, wie sie sich auch in Haydns Oratorien finden, z.B. die vom Orchester kommentierten Rezatitve, also ein mehr oder weniger begleiteter Textteil, dessen Inhalt gleich vom Orchester nachgemalt wird. Eybler läßt einen gewaltigen Orchesterapparat antreten, vor allem mit einer mächtigen Besetzung im Blech. In diesen ersten beiden Teilen, die zusammen eine gute Stunde dauern, gibt es nur wenige Momente zum Ausruhen und entspannen. Mal ist es eine Sopranarie, mal ein liebliches Duett. Und schon brüllt das Blech wieder los. Erst im dritten Teil, die Errettung der Seligen, kann man sich zurücklehnen und etwas entspannen. Da wird die Musik dann lieblicher.


    Der Star dieser Aufnahme ist zweifelsohne das Orchester. Danach kommen Chor und Solisten. Es ist eine grandiose Aufnahme, soweit ich das mit meinem Mitschnitt beurteilen kann. Lediglich das Timbre des Tenors Markus Schäfer mag ich nicht besonders, was natürlich Geschmackssache ist. Mir klingt seine Höhe etwas zu angestrengt.





    Elisabeth Scholl, Markus Schäfer, Peter Kooij,
    es singt die Rheinische Kantorei, es spielt Das Kleine Konzert, Gesamtleitung Hermann Max
    erschienen ist die Aufnahme bei cpo.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Hallo Salis,


    Du hast mich ja sehr neugierig gemacht. Bisher kannte ich von Eybler nur ein Streichquartett [oder -quintett] in Partitur sowie die paar Noten, die er in Mozarts Requiem-Partiur hineinkritzelte. Mit Hermann Max und dem Kleinen Konzert habe ich gute Erfahrung gemacht [Joh. Chr. Bach-Oper].


    Wie Du es beschreibst, klingt es ja beinahe so, als wollte Eybler 10 Jahre nach Mozarts Tod endlich seinem Ärger Luft machen, dass er das Requiem nicht vollenden durfte...


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich habe kurz via Internet hineingehört -
    Dieses Oratorium ist ein Fixstarter bei mir .


    Nicht umsonst schätzte Mozart Eybler sehr.


    LG
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    das Eyblersche Requiem ist nun auch meins... es ist ein sehr gelungenes und beeindruckendes Werk, 1802 komponiert, mit etlichen Anlehnungen an Mozart - nach dem ersten Höreindruck diese:


    - Teile des Tuba mirum
    - "Salva me" aus Rex tremendae
    - "Rex Gloriae" aus Domine Jesu
    - Quam olim



    Zudem erinnert mich manch unheimliche Stelle an die Wolfsschluchtszene des Freischütz aus der Feder des angeheirateten Mozart-Cousins Carl Maria von Weber. Den konnte Eybler aber noch nicht kennen.


    Insgesamt ist das Werk, vom Anfang und dem lyrischen Benedictus einmal abgesehen, sehr hektisch und aufgeregt. Eybler scheint das Mozart'sche Dies sehr beeindruckt zu haben; na, wen beeinbruckt es nicht? Das Requiem ist insgesamt sehr blechlastig - dauerhaft ist es jedoch zu viel.


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Auf Empfehlung von Salisburgensis habe ich mir Eyblers groß angelegtes Oratorium "Die 4 letzten Dinge" angeschafft und nach dem Hören der Einleitung war mir klar, warum Mozart wollte, daß Eybler sein "Requiem" vollendet. Eybler scheint eine ausgesprochen dramatische Begabung gewesen zu sein und genau deshalb schien er Mozart der richitige Mann, sein dramatisch
    angelegtes Werk zu vollenden. Schade, daß es dazu, warum auch immer, letztendlich nicht gekommen ist.


    Von Eybler kenne ich mittlerweile das Requiem", das besagte Oratorium, 2 Sinfonien und 1 Klarinettenkonzert und das auffälligste an ihnen allen ist,daß ihnen absolut nichts Mittelmässiges oder Epigonales innewohnt.


    Natürlich sind die "tönenden Versatzstücke" seiner Epoche deutlich heraushörbar, aber ebenso ist die individuelle Handschrift des Komponisten erkennbar, eine Neigung zu harmonischen Herbheiten und ein Hang zu echter
    Dramatik, die nicht als Seifenblase verpufft...
    Eybler als Autor vonm Bühnenwerken dürfte möglicherweise noch zu entdecken sein.


    Sein großartiges Oratorium von den 4 letzten Dingen ist das erste im Reigen einer Werkfolge, die sich über Spohrs "Die Letzten Dinge" (1826). Friedrich Schneiders "Das Weltgericht" ertstreckt und die in den Werken Mendelssohns ("Elias", "Paulus") gipfelt !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Salut,


    Die vier lerzten Dinge, das groß[artig] angelegte Oratorium Joseph Eyblers hat mich auch in den Bann gezogen:



    Ich schrieb bereits zu Salisburgensis, dem Quasi-Vormund dieser Edition, dass ich darin eine gewisse kraussche Dramatik heraushöre, ein Begriff, den ich neu geprägt habe und der - sonst wäre es sinnlos - auch auf Beethoven [bis Mittel] anzuwenden wäre. Das Wort-Musik-Verhältnis ist - wie bei Kraus - durchweg sehr gelungen, Langeweile kennt die Eyblersche Musik absolut nicht!


    Das Werk ist schon, wie BBB es anreißt, grundsätzlich traditionell behaftet: es sind aber auch durchaus musikalische bzw. harmonische Momente dabei, die bereits auf späteren Beethoven oder gar länger Gelebthabende "hinweisen".


    Wahrhaft beeindruckend sind die großen Tutti mit Posauen [?] und allem sonstigen Blech - nicht mit Haut und Haaren, aber mit Haut und Holz... wie aus einer anderen Welt!


    Der Beginn des Schlußchores [vor der Fuge] hat eine überdeutliche Anlehnung an Mozarts Musik zu Thamos, König von Ägypten [Mitte der 1770er komponiert].


    Insgesamt wirkt dieses Werk - gemessen an Oratorien des späten 18. Jahrhunderts - zumeist opernhaft, geht aber auch durchaus eigene interessante Wege. Besonders hervorzuheben sind die Soli von Violoncello und Clarinette - ein Traum [besonders die Tiefe der Clarinette]!


    Und die Einspielung ist natürlich überaus gut, dank Hermann Max und seinen "Untergebenen"...


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Die Aufnahme wurde im Dom zu Wetzlar gemacht, der offenbar ziemlich lange Nachhallzeiten hat. Mir ist es jedenfalls zu viel. Auch die Abbildung des Raumes auf der Aufnahme finde ich nicht optimal. Die Solisten sind sehr direkt zu hören, der Chor dagegen scheint ein gutes Stück von den Mikros weg gewesen zu sein, singt quasi nur im Hintergrund. Ähnlich geht es dem Orchester. Durch diese hallige Akkustik leidet das Stück, vor allem die dramatischen Stellen kommen so nicht richtig zur Geltung. Das ist sehr schade, weil dieses Requiem etliches zu bieten hat.


    Ich habs nochmal angehört und finde jetzt auch, dass das Ganze streckenweise zu sehr im Hall ersäuft, vor allem bei den Fugato-Stellen.
    :hello:

  • Ein wunderschöner Beitrag über Eybler.Ich weis nicht, ob die Frage schon erörtert wurde, was Constanze wohl bewogen haben mag, das unvollendete Requiem nicht, wie Mozart es, ihrer eigene Aussage vom 1. Januar 1826 nach, ausdrücklich bestimmt hatte, Süßmayr, sondern einem anderen Schüler, Joseph Eybler, zur Vollendung zu übertragen?
    Padre :hello:

  • Zitat

    Original von Padre
    Ich weis nicht, ob die Frage schon erörtert wurde, was Constanze wohl bewogen haben mag, das unvollendete Requiem nicht, wie Mozart es, ihrer eigene Aussage vom 1. Januar 1826 nach, ausdrücklich bestimmt hatte, Süßmayr, sondern einem anderen Schüler, Joseph Eybler, zur Vollendung zu übertragen?
    Padre :hello:


    Die Aussage von 1826 (wo finde ich die?) ist auf jeden Fall nicht zuverlässig. Es gab mW keinen Auftrag Mozarts an Süßmayr auf dem Sterbebett. Sophie Haibl (Constanzes Schwester) gibt 1825 an, dass Mozart auf dem Sterbebett Johann Georg Albrechtsberger erwähnte. Auch dies ist nicht unbedingt ein Hinweis auf eine "Beauftragung".


    Nach der mir vorliegenden Literatur ist eher davon auszugehen, dass es keinen Auftrag Mozarts gab. Da nun aus pekuniären Gründen die Vervollständigung des Requiems in kurzer Zeit erfolgen musste, wandte sich Constanze an die Schüler Mozarts. Der erste Ansprechpartner war Franz Jacob Freystädter, den Constanze unter Mozarts Schülern als den erfahrensten ansah. Nach der Ausführung der colla-parte-Begleitung gab Freystädter auf. Vom 30jährigen Freystädter zum 26jährigen Eybler (folgte Constanze dem Prinzip der Seniorität?): Eybler gab nach der Instrumentatation von fünf Sätzen der Sequenz auf. Nun kam möglicherweise noch Abbé Stadler zum Zuge, für dessen Beteiligung Indizien sprechen. Danach erging der Auftrag an Süßmayr.


    Wolff (1991) : "Für die konsequente Verschwiegenheit der Beteiligten bietet sich nur eine plausible Erklärung an: absolute Loyalität gegenüber Constanze im Einklang mit der uneingeschränkten Ehrenbezeugung gegenüber dem Genius Mozart. Man war sich darüber einig, im Requiem Mozarts Werk zu sehen und selbst Süßmayrs führende Rolle als untergeordnet zu sehen; andere Mitarbeiter waren gar nicht erst erwähnenswert." (32)


    Es grüßt Peter

  • Sehr schön Peter.
    Ich stütze mich ja auch nur auf die Literatur. Wolfgang Hildesheimer schreibt:"Als Eybler ablehnte-es ist nicht völlig gesichert, ob er sich nicht zunächst daran versucht hat-,gab sie es, notgedrungen, Süßmayr, denn sie brauchte das Geld. Später erst, nach Nissens Tod nochmals gefragt, schrieb sie ( 4. juli 1826) :" Das ich's Eybler'n angetragen habe, es fertig zu machen, kam daher, weil ich eben ( ich weiß nicht warum) böse auf Sümayr war."Constanze also, die sich an vieles erinnernt, sollte sich nicht mehr erinnern, warum sie , in dieser kritischen Phase ihres Lebens böse gewesen sei?
    Das können wir nicht glauben."
    Soweit Hildesheimer.
    In der Tat, ist es schon merkwürdig, dass Constanze nicht mehr weiß warum sie auf Süßmayr böse war. Wollte sie, dass Süßmayr sie heiratet und hat sie Süßmayr verschmäht?
    Padre
    :hello:

  • Hallo Padre

    Zitat

    Original von Padre
    Ich stütze mich ja auch nur auf die Literatur. Wolfgang Hildesheimer


    Da bin ich ja beruhigt :) Hildesheimer (1977) mag eine literarische Referenz sein, ist aber keine musikwissenschaftliche, u.a. aus folgendem Grund


    Zitat

    schreibt:"Als Eybler ablehnte-es ist nicht völlig gesichert, ob er sich nicht zunächst daran versucht hat-,


    Nun, das ist wohl völlig gesichert denn Eyblers "oftmals grobe und unschöne Eintragungen im Dies-irae Teil" (Woff, 1991) sind unübersehbar :(


    Zitat

    gab sie es, notgedrungen, Süßmayr, denn sie brauchte das Geld. Später erst, nach Nissens Tod nochmals gefragt, schrieb sie ( 4. juli 1826) :" Das ich's Eybler'n angetragen habe, es fertig zu machen, kam daher, weil ich eben ( ich weiß nicht warum) böse auf Sümayr war."Constanze also, die sich an vieles erinnernt, sollte sich nicht mehr erinnern, warum sie , in dieser kritischen Phase ihres Lebens böse gewesen sei?
    Das können wir nicht glauben."
    Soweit Hildesheimer.


    Ich bin da ein wenig hilflos, denn in meiner Ausgabe der Constanze-Briefe findet sich dieser Brief nicht, da muss ich in der Bibliothek nachschlagen. Es wäre - findet sich der Brief - auch nur ein Hinweis, dass nicht das Senioritätsprinzip, wie Wolff es vermutet, sondern andere Kriterien die Reihenfolge der Bearbeiter bestimmte, änderte also auch nichts an der Sachlage.


    Zitat

    In der Tat, ist es schon merkwürdig, dass Constanze nicht mehr weiß warum sie auf Süßmayr böse war. Wollte sie, dass Süßmayr sie heiratet und hat sie Süßmayr verschmäht?


    Ich glaube, sie war als "Witwe Etatsräthin von Nissen gewesene Mozart" alles andere als unglücklich. Hildesheimer ist kein guter Berater in Sachen Mozart, die Unterstellung eines Verhältnisses von Constanze und Süßmayr ist von keiner Beweisführung befleckt :evil:


    Bei Jahn findet sich: "Die Frau, welche schon am Tage vorher so unwohl gewesen war, daß der Arzt auch ihr Arznei verordnet hatte, war ganz gebrochen von Schmerz und Leiden und konnte sich kaum aufrecht erhalten. In ihrer Verzweiflung legte sie sich in das Bett ihres Mannes um von derselben Krankheit ergriffen zu werden und mit ihm zu sterben. Van Swieten, der sogleich zu ihr geeilt war, suchte sie zu trösten und veranlaßte daß man sie aus der traurigen Umgebung fort und zu befreundeten Familien ins Haus brachte." (Jahn, S. 687)


    Die Reihenfolge der Bearbeiter ist heute wohl einigermaßen gesichert. Da mag denn jeder Literat seine Geschichte dazu erfinden ...


    Es grüßt Peter

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  • Peter,
    die Quellen die du anführst kenne ich z.T.auch. Neben der Referenz Hildesheimer, lese ich u.a. Valentin,Pahlen, Hamann,Hennenberg,Doldinger.
    In der unten zu klärenden Frage geht es nicht um eine musikalische, wissenschaftliche Frage, sondern einfach um das seltsame Verhalten von Constanze. Ich möchte dir auch widersprechen und meine doch, dass Hildesheimer auch sehr viel Ahnung von der Musik hatte.
    Wir können noch so viele Autoren bemühen ,die Frage bleibt,warum sich Constanze so verhielt.
    Sie wusste doch genau, dass Süßmayr in der Lage war das Requiem zu vollenden.Hier beginnt die Spekulation.Hatte Süßmayr sie in ihrer Ehre gekränkt? Gab er ihr einen Korb?Welche Frau zur damaligen Zeit würde zugeben, von einem Mann abgewiesen geworden zu sein?
    Nun beginnen auch die Spekulationen um den jüngsten Sohn ( das hatten wir hier schon).
    Indes bleibt die Frage unbeantwortet, warum Constanze sich so verhielt?
    Wir können uns deshalb nur einer Meinung eines Autors anschließen und hoffen dies wäre die Wahrheit.
    So ist beispielsweise nicht bewiesen, dass Nissen geadelt wurde.


    Padre
    :hello:

  • Lieber Peter,
    ich habe noch zwei weitere Quellen bemüht. Übereinstimmend wird davon gesprochen, dass der ominöse" graue Bote" Franz Anton Leitgeb, im Auftrag des Grafen von Walsegg-Stuppach, einen Vorschuß für das Requiem überbrachte.
    Constanze hatte die berechtigte Sorge, den Vorschuß zurückzahlen zu müssen.
    Eybler der als sehr takvoll geschildert galt und soll die Skzizzen übergeben haben.Eine Variante des Rquiems soll vorliegen.
    Der von mir zitierte Brief,MBA=Mozart. Briefe und Aufzeichnungen. Gesamtausgabe liegt mir leider auch nicht vor. Mit Sicherheit kann Ulli helfen.
    Gruß
    Padre
    " Das Herz adelt den Menschen"

  • Hallo Ulli,
    vielen Dank für deinen Hinweis auf "Mozart im Spiegel der Quellenlage".Ich schließe mich, was die Vollendung des Requiem anbelangt deiner Meinung an und danke den anderen Autoren für ihre Beiträge.
    Als Mozart, das von dir vorgestellte Zeugnis, seinen Schüler Eybler am 30.Mai 1790 austellte, soll E. in Wien nichts mehr gegolten haben?E. wollte sein Glück auswärts suchen, dort,wo Mozart geschätzt wurde.
    Leider konnte ich der der Literatur bisher keinen Hinweis finden,
    warum es ihn aus Wien wegzog?
    Padre :hello:

  • Zitat

    Original von Ulli
    Wie Du es beschreibst, klingt es ja beinahe so, als wollte Eybler 10 Jahre nach Mozarts Tod endlich seinem Ärger Luft machen, dass er das Requiem nicht vollenden durfte...


    ... konnte ...


    Es grüßt Peter

  • Zitat

    Original von pbrixius


    ... konnte ...


    Es grüßt Peter


    Die eyblerschen Pauken- und Trompeteninstrumentationen zum Requiem, die überliefert sind, klingen für meinen Geschmack weitaus besser, als jene von Sümßmayr.


    :boese2:


    Dennoch lasse ich nichts über das "Mozart"-Requiem kommen, so wie es letztendlich abgeliefert wurde.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von pbrixius
    Was ich also unter Bezug auf Korten (2000) zu Eyblers Ergänzung zu schreiben habe, soll ich dort nachtragen?


    Ich halte es für sinnvoller, ja. Denn es geht ja dabei per se um "Mozarts" Requiem, nicht um Eyblers Vollendungsversuch. Aber ein Hinweis in diesem Thread auf den anderen wäre sicherlich nicht verkehrt [ist nur meine persönliche Meinung zu solchen schwierigen Entscheidungen - ich mag eigentlich keine Kompromisse].


    Zitat


    Einiges bezüglich Constanze willst du doch nicht tatsächlich so stehen lassen?


    Zum Beispiel?


    Übrigens [@Padre] ist Carl Maria von Weber ebensowenig adelig, denn er hieß nur plötzlich so - im Stammbaum der Familie Weber gibt es eigentlich gar kein "von"...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli


    Zum Beispiel?


    Die Unterstellungen hinsichtlich Süßmayr etwa: Auch wenn Gärtner mE noch immer ein wenig mehr spekuliert, als ich das tun würde, macht er doch sehr deutlich, was Spekulation ist - und was einfach üble Nachrede - so eben was das Verhältnis Constanze/Süßmayr angeht


    Zitat

    Übrigens [@Padre] ist Carl Maria von Weber ebensowenig adelig, denn er hieß nur plötzlich so - im Stammbaum der Familie Weber gibt es eigentlich gar kein "von"...


    So ists, der hat sich einfach den Adelstitel angeeignet. Nun hatte auch Beethoven nichts dagegen, dass viele sein "van" als Adelstitel ansahen. Nissen selbst hat übrigens nie das "von" geführt. Es ist wohl ein Versuch Constanzes, mit ihrer Schwägerin (der guten "Maria Anna Reichsfreyin von Berchthold zu Sonnenburg gebohrene Mozart", die wir als Nannerl kennen) auf Augenhöhe zu kommen :)


    Es grüßt Peter

  • Ich möchte hier nicht abschweifen. Es ist bei dieser Frage eigentlich Wurscht, ob von oder nicht.Van bedeutet hingegen, nicht nach unseren Verständnis von, aber das kann Paul ja aufklären.An der Qualität des Reqiems ändert das m.E. nichts.
    Padre :hello:

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