Dietrich Fischer Dieskau - eine Referenz

  • Liebe Forianer,


    Ich war noch seehhr jung, wenn da ein Liederabend im Rundfunk übertragen wurde, oder eine Übertragung der Salzburger Festspiele angesagt war, dann tauchte mit hundertprozentiger Sicherheit ein Name immer wieder auf: Dietrich Fischer Dieskau



    Kaum jemand, der jüngeren Generation kann sich diese quasi-Monopolstellung heute mehr vorstellen: In einer Zeit wo die konkurrierenden Schallplattenkonzerne EMI und Polygram (Deutsche Grammophon) mit ihren Künstlern Exklusivverträge abschlossen, um so zu verhindern, daß einen "ihrer" Künstler für die Konkurrenz aufnahm, sang Fi-Di für beide.


    In Sachen Schubert war er in den sechzigern absolute Referenz, einzig Hermann Prey war eine Konkurrenz.


    Er war ja auch AFAIK der einzige Sänger in der Geschichte der Schallplatte, der alle Lieder für die Schallplatte eingespielt hat (für Deutsche Grammophon)
    Es gibt übrigens auch Liedaufnahmen von Robert Schumann, Richard Strauß und Hugo Wolf.


    Zusätzlich war er auch ein gesuchter Mozart-Bariton, aber dessen nicht genug, er sang auch (mehr oder weniger erfolgreich, aus heutiger Sicht) Wagner und italienisches Repertoire.


    Auf der Höhe seines Ruhmes war er quasi sakrosankt: Niemand hätte es gewagt öffentlich die Eignung eines Fi-Di für eine Rolle in Frage zu stellen, oder ihm Manierismen vorzuwerfen.


    Tempi Passati.


    Kommt heute der Name Fischer-Dieskau ins Spiel, dann vermeint man oft, verhaltene Kritik oder sogar Ablehnung durchhören zu können. Oft werden hiebei Stilmerkmale von Fi-Di ins Treffen geführt (beispielsweise sein "Sprechgesang"), die eigentlich erst in relativ späten Jahren evident waren, als er mit Überinterpretation den Tribut seiner Stimme ans Alter zu kaschieren versuchte, jedoch alles in allem gesehen ist er nicht nur einer der beeindruckendsten Sänger seiner Generation, sondern des gesamten 20. Jahrhunderts.


    Heute breche ich mal mit einer Tradition:


    Ich empfehle gleich zu Beginn, sich einmal eine CD mit Schubert Liedern (etwa 1958-65) zuzulegen und zu geniessen. (Man braucht keine spezielle zu empfeheln, weil die Firmen sie
    immer wieder neu verpacken und zusammenstellen.)


    Nur wenige heutige Sänger können daneben IMO bestehen.


    Auf Eure Meinungen bin ich gespannt.


    Freundliche Grüße
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ehrlich gestanden, hat mir FI DI weder als Liedinterpret, noch als Opernsänger und auch nicht als spätberufener Dirigent gefallen.


    Warum: Ich fand seine Interpretationen etwas zu artifiziell. Alfred hat "Manierismen" erwähnt. Beides trifft zu.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Ja, da habe ich so eine Aufnahme: Fischer-Dieskaus 4. Liederabend in Salzburg am 13. August 1956. Eben habe ich sie wieder hervorgeholt, nachdem ich sie lange nicht gehört hatte; neugierig, ob ich sie immer noch so gut finde wie in meiner Erinnerung.


    Um es gleich zu sagen, er hat es wieder geschafft: Die Wandlungsfähigkeit, Natürlichkeit und Kontrolliertheit seiner Stimme ergibt in meinen Ohren eine Gestaltung, die wahrlich ihresgleichen sucht. Ich kann - jedenfalls in dieser herrlichen Live-Aufnahme - nichts Maniriertes entdecken, allenfalls mal eine winzige Intonationstrübung, die im Studio wohl nicht überlebt hätte. Er singt 6 Lieder aus Schuberts "Schwanengesang", Schumanns "Dichterliebe" sowie 5 Zugaben, darunter die legendäre "Mondnacht" (Eichendorff). Nach dieser waren
    weitere besondere Höhepunkte für mich (heute abend jedenfalls) "Das Fischermädchen" aus dem "Schwanengesang", und aus der Dichterliebe: "Die Rose, die Lilie, die Taube, die Sonne" (selten eine gelungenere halbe Minute erlebt!), "Wenn ich in deine Augen seh'", "Ich will meine Seele tauchen", "Und wüßten's die Blumen" sowie die alte Geschichte "Ein Jüngling liebt ein
    Mädchen". Auf der ganzen Linie ist Gerald Moore ein großartiger Partner am Klavier.


    Obige Neugier verwandelte sich so wieder in staunende Bewunderung.


    Doch wenn das für manch anderen nur die alten bösen Lieder sein sollten - ich grolle nicht, und wenn das Herz auch bricht...


    :)

  • Ich bekenne mich offen als FiDI-Fan, ich mag diese, sicherllich polarisierende Gesangskultur, aber das ist aus meiner Sicht eine Eigenart aller großen charismatischen Sänger. Meine Lieblingssänger sind allesamt Personen, die man sowohl an ihrem Timbre wie auch vor allem an der Art der Deklamation (z.B. Kurt Moll, Gottlob Frick, Martti Talvela, Bryn Terfel, Thomas Quasthoff) sofort identifzieren kann.
    Fischer - Dieskau ist dafür beispielhaft und hat wundervolle Liedaufnahmen hinterlassen.
    Auch umstrittene Opernpartien wie z.B. den Wotan unter Karajan im Reingold oder der Papageno unter Böhm finden durchaus meine Zustimmung - auch wenn Alfred mir bestimmt gleich wieder eine Standpauke über Dieskaus gekünsteltes Wienerisch halten wird. :D


    Gruß
    Anti

  • Hallo Anti,


    Mit Sicherheit halte ich Dir keine "Standpauke". :D


    Von allen "Fehlbesetzungen" des Papageno, war mit Sicherheit Fischer-Dieskau eine der hochkarätigsten und besten.
    Ich oute mich also durchaus als "Fan" Fischer-Dieskaus, lediglich mir der Einschränkung, daß ich Hermann Prey ebenso schätze.... =)


    Was an Fi-Dis Papageno tatsächlich störend ist, ist weniger das fehlende Wienerisch, als vielmehr die allzu aufgesetzte Fröhlichkeit. Einfach ausgedrückt: Die Rolle liegt ihm (darstellerisch) nicht.
    Als hervorragender Interpret, der er nun einmal ist, vermag ein solches Manko sich nicht allzu stark zu Buche schlagen - - Erwähnen sollte man es aber -- vergleichend mit Walter Berry -- aber schon.


    Interessant, daß seinem Großen "Gegenspieler" Hermann Prey solche Rollen eher abgenommen wurden, ich denke hier an Figaro, sowohl an jenen von Mozart, als auch an jenen von Rossini im "Barbiere".
    Eine für mich sehr vergnügliche Aufnahme ist eben jene Aufnahne des Figaro unter Böhm, wo Prey den Figaro, Fischer-Dieskau den Grafen Almaviva verkörpert, beide äußerst glaubwürdig.


    Aber, um die Kirche im Dorf zu lassen:


    Wie glücklich wären wir heute oft, hätte die Tonträgerindustrie solche "Fehlbesetzungen" wie Fi-Dis Papageno parat.



    Beste Grüße
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Verehrter Administrator,


    mir ging es mit Dieskau genauso. Er war der Sänger, der mir unglaublich viel gegeben hat, seit 1959. Ich glaube, als erstes hatte ich seine Winterreise mit Geralrd Moore in den Händen (die Fassung aus den fünfziger Jahren bei der EMI) und später dann über zehn Aufnahmen dieses Werks allein von ihm, beginnend mit Billing 1948, eine wunderbare Aufnahme, die er selbst, ich konnte ihn zu seinem 65ten Geburtstag für Radio Bremen interviewen, als "kitschig" ablehnte.
    Es gibt neben der überragenden Stellung als Liedersänger unglaubliche Bachinterpretationen (zB Matthäus-Passion 1959 und 1979 mit Karl Richter).


    Zugleich glaube ich, dass Dieskau auch eine tragische Figur ist. Selbstkritik ist nicht gerade seine Stärke und deswegen hat er Rollen gesungen, die nicht zu ihm passten und Aufnahmen sein OK gegeben, die er besser unterlassen hätte. Er ist ein so umfassender Musiker, dass er sich auf seine Stärken (der intelligente Umgang mit der Rolle und dem Text) und den lyrisch gestalteten Gesang hätte beschränken sollen. Aber er hat immer wieder dramatische Partien gesungen, die seiner Stimme gar nicht entsprachen, sie häßlich werden lassen und er hat zu lange gesungen (und Aufnahmen davon gemacht; niemand hat ihn abgehalten, weil er ja der berühmte Dieskau ist).


    Aber die kritischen Anmerkungen ändern nichts daran, dass uns Dieskau Zeugnisse einer Gesangskunst hinterlassen wird, die kaum zu erreichen sind.

  • Guten Tag allerseits,


    wie sehr sich an DFD die Geister scheiden, habe ich als aufmerksamer Leser dieses Forums schon häufig erlebt. Auch in meiner Brust schlagen 2 Herzen,wenn es um diesen Künstler geht.
    Hochachtung empfinde ich vor seinem Liedschaffen und einiger weniger Opernrollen, die er mit seinem Stempel versehen hat. Der Mozart-Almaviva gehört dazu oder der Posa in Don Carlos, wovon ich aber nur eine deutsch gesungene Fassung mit ihm kenne.
    Negativ besetzt sind für mich Begriffe wie Meisterkurse, weil er seine Schüler dort häufig der Lächerlichkeit preisgab und das im Beisein von Fernsehkameras. Das ist eine menschliche Schwäche von ihm.
    Oder das manierierte Singen sowohl bei den späteren Liedeinspielungen als auch bei ihm nicht liegenden Opernrollen.
    Ebenso sind Opernaufnahmen mit ihm entstanden, die er nie hätte singen dürfen, weil die Rollen seinem Naturell oder seiner Stimme widersprachen. Lag es immer an den falschen Beratern? Oder war hier die ihm eigene Eitelkeit ausschlaggebendes Element?


    Wie auch immer, wir haben es mit einer Sängerpersönlichkeit zu tun, die ob ihrer Vielseitigkeit in keine Schublade paßt und die im vergangenen Jahrhundert dem deutschen Liedgut und -gesang zu Weltruhm verholfen hat. Und dafür gebührt ihm Dank und Anerkennung.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat von Alfred

    Kaum jemand, der jüngeren Generation kann sich diese quasi-Monopolstellung heute mehr vorstellen: In einer Zeit wo die konkurrierenden Schallplattenkonzerne EMI und Polygram (Deutsche Grammophon) mit ihren Künstlern Exklusivverträge abschlossen, um so zu verhindern, daß einen "ihrer" Künstler für die Konkurrenz aufnahm, sang Fi-DI für beide.


    ... Lieber Alfred: Ich mit meinen 32 Lenzen, also als Vertreter "der jüngeren Generation", kann mir diese Monopolstellung sogar sehr lebhaft vorstellen. Allein die Omnipräsenz seiner Einspielungen am Markt + die unzähligen Wiederveröffentlichungen und Neuzusammenstellungen zu seinem Geburtstag belegen das ja in geradezu monumentaler Weise.
    Selbst ein Jungspunt wie ich hat viele Lieder und Liederzyklen erstmalig mit FiDi gehört - nicht ob meines ziel- und instinktsicheren Griffs nach dem "Godfather" des Liedgesangs, sondern weil seine Aufnahmen selbst im schlechtest sortierten CD-Laden jederzeit greifbar waren.
    Ein bisschen ungerecht ist diese Sonderstellung allerdings schon: FiDi schiebt sich wie ein Schatten des Vergessenmachens über viele seiner bedeutenden Kollegen, die dann fast automatisch (und unberechtigt) klein und mickrig gegen ihn wirken müssen - Es gab zu Zeiten, als Hermann Prey als FiDi-Konkurrent gehandelt wurde z.B. noch einen Franzosen, der als nicht minder bedeutender Liedinterpret gehandelt wurde: Gerard Souzay. Im französischen Fach hatte er zu seiner Zeit kaum seinesgleichen und auch als Schubert-, Schumann- oder Brahms-Interpret hatte er Gewichtiges zu sagen - wenn auch leider mit etwas zu unidiomatischer deutscher Diktion. Die Schönheit seines Timbres übertraf die FiDis m.E. um Längen. Namen wie Souzay kursieren heutzutage allenfalls in Liederfreak-Kreisen, während die Frage nach dem Namen FiDi bei Günther Jauch allenfalls 500 Euro wert wäre...
    Ich muss gestehen, dass ich alles, was ich von dem Menschen Fischer-Dieskau durch Fernsehporträts und Interviews mitbekommen habe, ziemlich unsympathisch finde - ein spitzfindiger, besserwisserischer alter Mann, der sich selbst offenbar mit deutlich gütigerem Maß misst, als den größten Teil seiner Sängerkollegen. Diese Scharfsicht der Umwelt gegenüber bei gleichzeitiger Blindheit sich selbst gegenüber hat zu den hier bereits erwähnten "Rollenfehlgriffen" im Opernfach geführt. Mir fällt neben den oft erwähnten Wagner-Irrtümern (Über die ich allerdings mehr gehört habe, als dass ich sie tatsächlich gehört hätte) noch der Papageno ein - Der ist bei FiDi ist von einer professoralen Überfeinerung, die einem Naturwesen rein gar nicht entspricht. Sorry, aber dieser Papageno gleitet fast ins Karikatureske ab...
    Auch nicht schlecht: Die (zu) späten Liedaufnahmen mit Hartmus Höll - Schumanns gewiss höllisch schwerer "Contrabandiste" klingt bei ihm einfach nur noch nach einem völlig holprigen Sprechgesang, nach unfreiwilligem "gerappe"...
    Unbestreitbar ist allerdings die Schönheit und Überzeugungskraft seiner Liedaufnahmen der 50er und frühen 60er Jahre - die großen Schubert-Zyklen dieser zeit gehören nicht nur zu FiDis bestem, sondern sind nach wie vor kaum erreichte Sternstunden der Liedkunst.


    Schöne Grüße!
    Daniel

  • Da ich hier zur älteren Generation gehöre und geboren bin in Berlin, bin ich mit Dietrich Fischer-Dieskau "groß" geworden...
    Will hier niemand langweilen mit einer Aufzählung der Rollen, die jedoch seine außerordentliche Begabung beweisen.
    Vielleicht habe ich gelernt vor künstlerischen Leistungen mehr Respekt und auch Achtung zu haben....
    Ich weiß es nicht, aber vor einer solchen Karriere hab ich persönlich HOCHACHTUNG!
    Das macht ihm wohl heute keiner mehr nach.
    Sicher gefällt mir das eine oder andere nicht, aber in Erinnerung bleiben unvergeßliche Opernabende in Berlin, München und Salzburg sowie Liederabende und Konzerte.
    Ja und Meisterkurse da wird er wohl von der auch sehr verehrten Frau Ks Elisabeth Schwarzkopf überboten als Kritiker für die Teilnehmer.
    Ich muß hier für diesen wohl e i n m a l i g e n Künstler eine Lanze brechen. =)

    mucaxel

  • Etwa im selben Alter wie Daniel habe ich auch mit die ersten Kunstlieder meines Lebens mit Fi-Di gehört. Ich glaube die wenigsten bestreiten, dass er ein hervorragender Sänger war, der besonders für die Gattung Lied und deren Ansehen sehr viel getan hat. Aber ich möchte den unbestimmten Artikel des Threadtitels unterstreichen, der leider oft in einen bestimmten umgewandelt wurde. Mich stört häufig einiges bei Fi-Di, z.B. dass man (wie bei manchen Schauspielern) die Distanz oft spürt: er ist eben kein leidender Liebhaber, sondern er stellt ihn auf hochintelligente Weise dar, wobei leider aber oft ein gewisses Kalkül oder eine Überdeutlichkeit erkennbar bleibt. Ähnliches gilt für die Balance zwischen Deklamation und melodischer Linie, die bei ihm fast immer einseitig pro (mitunter überdeutlich manierierter) Deklamation ausfällt Dass es Sänger mit schönerem Timbre gibt, ist ohnehin unbestritten.
    Weiterhin, aber da bin ich nicht ganz sicher, inwiefern das auf seine extreme Dominanz des männlichen Liedgesangs zurückgeht, scheint sich irgendwie die Baritonlage als die Stimmlage schlechthin für Lieder etabliert zu haben, was ich insofern bedenklich finde, als dass die berühmten Schubert-Zyklen und AFAIK auch die Dichterliebe alle für Tenor komponiert wurden (und etliche Lieder funktionieren auch viel besser in dieser Lage).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat von Johannes Roehl

    Weiterhin, aber da bin ich nicht ganz sicher, inwiefern das auf seine extreme Dominanz des männlichen Liedgesangs zurückgeht, scheint sich irgendwie die Baritonlage als die Stimmlage schlechthin für Lieder etabliert zu haben, was ich insofern bedenklich finde, als dass die berühmten Schubert-Zyklen und AFAIK auch die Dichterliebe alle für Tenor komponiert wurden (und etliche Lieder funktionieren auch viel besser in dieser Lage).


    Ja, das ist ein wichtiger Aspekt. War nicht dieser Tenor namens Vogel (hieß er so?) der Leib-und-Magen-Sänger von Schubert? Ich meine mich zu erinnern, irgendwo gelesen zu haben, dass seine Person oft genug die entscheidende Veranlassung zum Liederschreiben war.
    Es gibt sehr schöne Tenordastellungen von Schubert-Liederzyklen: ich denke an die überirdisch schöne "Müllerin" vom Dänen Aksel Schiotz (mit diagonalem Strich durchs "o") oder an die zeitgenössischen Aufnahmen des exzentrischen aber intensiven Ian Bostridge (der von vielen abgelehnt wird, ich weiß...) oder den ausgeglicheneren, aber stimmschönen Werner Güra. Wunderlich natürlich nicht zu vergessen - obwohl ich denke, dass ein paar Jahre später zumindest gestalterisch noch mehr möglich gewesen wäre. Die reihe der Liedtenöre ließe sich mühelos fortsetzen - aber auch auf dieses Feld wirft FiDi der Dominator leider seinen Schatten... Wenn Wunderlich länger gelebt hätte, hätte es vielleicht ein ähnlich öffentlichkeitswirksames Tenor-Pendant gegeben, wer weiß?


    Der unversöhnliche Gegensatz zwischen FiDi dem Sänger und FiDi dem Deklamator wird ja gerne und ständig postuliert - dieser störende Ausschlag in Richtung einer manirierten Textlastigkeit gibt es nach meinen Empfinden aber nicht durchweg. Als junger Mann konnte FiDi durchaus "auf Linie" singen. Wie gesagt, in den EMI-Liederzyklen der 50er Jahre stimmt die Balance.


    Schöne Grüße!
    Daniel


    PS: Ein Thread zu Lied-Bässen wäre auch recht nett...

  • Hi


    Zitat

    ... ich denke an die überirdisch schöne "Müllerin" vom Dänen Aksel Schiotz ...


    Wenn du nicht Schiøtz schreiben willst, wäre Schiötz wohl die beste deutsche Schreibweise.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Servus Theophilus,


    Verrate mir doch lieber mal, mit welcher Tastenkombination man das "Smörebröd"-o erzeugt, dann kann ich mir das Ausweichmanöver auf "ö" bzw. die umständliche Beschreibung des "diagonalen Strichs durchs O" sparen...


    Schöne Grüße!
    daniel

  • Servus Daniel


    Ich kann mit keiner Tastaturkombination dienen. Du benötigst dafür die Zeichentabelle. Du findest sie im Start-Menü unter Programme / Zubehör / Systemprogramme / Zeichentabelle.
    Nach dem Start des Programms suchst du das benötigte Zeichen. Du kannst es dann in die Zwischenablage kopieren ("Auswählen" und dann "Kopieren") und von dort in jede Anwendung einfügen. Alternativ gibt es fast in jedem Textprogramm die Möglichkeit des Hinüberziehens. Du klickst das gewünschte Zeichen einmal an. Dann wird es größer dargestellt. Jetz klickst du nocheinmal darauf, bleibst auf der Maustaste und ziehst das Zeichen auf den Editor. Nach Loslassen der Maustaste wird das Zeichen an der aktuellen Cursorposition eingefügt.



    PS: Ich habe mir die Zeichentabelle in die Startleiste kopiert, so dass sie immer sofort verwendbar ist!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Sagitt meint:


    Die Zeit, als DFD noch " King" war, sind lange vorbei. Er war wegen seines intellektuellen Zugangs immer schon in der Kritik,teilweise wegen seines Anspruchs, ein italienischer Bariton zu sein, teilweise wegen seiner unkritischen Einstellungen zu seinen Leistungen ( zu lange, zu oft Aufnahmen gemacht, die eher schlecht sind).
    Das alles ändert nichts an der ungeheuren künstlerischen Bedeutung dieses Mannes. Wer hätte je so viel Liedrepertoire erarbeitet,so viele Bücher geschrieben, Projekte verfolgt, gemalt, usw.usw.
    Wenn man den Titel " der wissende Sänger" zu vergeben hätte, er gebührte ihm.


    P.S. Auch ich bin mit Dieskau groß geworden, hatte Gelegenheit, zu seinem 65ten Geburtstag ein Porträt von ihm für Radio Bremen zu gestalten ( er war kühl und schwierig im Interview)Es gibt Aufnahmen von ihm, mit denen dereinst selig dahinscheiden werden- und dann vergesse ich alle die Einwände, die ich jetzt formuliert habe.

  • Zitat

    Servus Dieter


    Tschuldigung!


    Da muss ich mit den Gedanken in der falschen Schublade gewildert haben... :wacko:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat von Sagitt

    Das alles ändert nichts an der ungeheuren künstlerischen Bedeutung dieses Mannes. Wer hätte je so viel Liedrepertoire erarbeitet,so viele Bücher geschrieben, Projekte verfolgt, gemalt, usw.usw.


    Hallo Sagitt,


    das sehe ich genauso. FiDis Rolle als Pionier darf nicht unterschätzt werden - ihm ist es überhaupt zu verdanken, dass ein großes Liedrepertoire für das breitere musikliebende Bewusstsein erschlossen wurde. Auch wenn andere Sänger meinen Geschmack deutlich mehr treffen, als zumindest der spätere Fidi - ich weiß, dass FiDi maßgeblich dafür gesorgt hat, eine Öffentlichkeit fürs Kunstlied herzustellen, von der andere Sänger selbst heute noch profitieren. Der Name Fischer-Dieskau wird ganz sicher unauslöschlich bleiben.


    Ob er ein genau so brillanter Buchautor ist, wage ich aber zu bezeifeln. Und: wenn seine übrige Malerei genauso fürchterlich ist, wie die Aquarelle auf den DG-Covers, dann ist es nur gut, dass FiDi den Pinsel nur zum Zeitvertreib quält...


    LG! Daniel

  • Zitat von Daniel Behrendt

    ... War nicht dieser Tenor namens Vogel (hieß er so?) der Leib-und-Magen-Sänger von Schubert? Ich meine mich zu erinnern, irgendwo gelesen zu haben, dass seine Person oft genug die entscheidende Veranlassung zum Liederschreiben war....


    Vogl [sic! zum zweiten] war bariton!


    da schau her


    :hello: aus schubert-town

  • ... ja, das ist wirklich interessant. Es scheint sich ja aus irgedwelchen Gründen der Irrglaube verbreitet zu haben das Vogl Tenor war...
    Dann bin ich also fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Schubert vorrangig für Tenöre schrieb?


    LG :hello:
    dab

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  • Hallo Daniel,
    es gab einen Tenor,Heinrich Vogl,der aber zur "Wagner-Zeit"sang.
    Der Freund Schubert's hieß,Johann Michael Vogl und sang Bariton.
    Fast alle Lieder Schubert's sind aber in der Tenorlage geschrieben.
    Schubert sang nämlich selbst Tenor,wenn also Vogl zum Beispiel
    "Die schöne Müllerin"sang,mußten die meisten Lieder transponiert
    werden,genau wie heute,zum Beispiel bei Fischer-Dieskau.


    Gruß,Herbert Henn.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Die Frage nach der Stimmlage ist keineswegs völlig zweitrangig; es gibt ein paar Lieder wenn ich recht erinnere z.B. "Es brennt mir unter meinen Sohlen..."), wo besitmmte Effekte nur deutlich werden, wenn die Gesangstimme im Tenor liegt. Wenn ich recht erinnere z.B. in Rückblick, "Es brennt mir unter meinen Sohlen..." so ein "Hörnerklang" bei "Wie anders hast Du mich empfangen..."
    Es mag sein, dass einige Stellen für Tenöre an die Grenzen kommen ("Mein Herz! Mein Herz!" in "Die Post"), aber es wirkt eben auch eindringlicher. Gewiß gibt es sehr gute Interpretationen durch Baritöne. Aber ich finde falsch, wenn man den Eindruck gewinnt, das sei der Standard.


    viele Grüße


    JR

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    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Ich würde nie behaupten,daß die Tonart einer Komposition
    zweitrangig ist,aber wir hätten nicht die wunderbaren Liedaufnahmen
    (Winterreise)von G.Hüsch,H.Hotter,G.Souzay,d.Fischer-Dieskau,
    H.Prey,wenn man daraus ein Dogma machen würde.
    In dem Lied "Rückblick"(Es bennt mir unter beiden Sohlen...)
    kann ich keinen Hörnerklang wahrnehmen,aber natürlich in"Die Post".
    Abschließend möchte ich behaupten,daß Fischer-Dieskau der
    bedeutenste Liedersänger des 20.Jahrhundert's ist.Er hat alle
    nachfolgenden Liedinterpreten stark geprägt.


    Grüße von, Herbert Henn.

    Tutto nel mondo è burla.

    Einmal editiert, zuletzt von Herbert Henn ()

  • Hallo alle miteinander,


    Mehr oder weniger gezwungen, mußte ich mich mit Dieskau befassen.
    Und da bemerkete ich zwei Fakten.


    Erstens: Obwohl ich ein Dieskaufan "pur sang" bin, hatte ich ihm hier noch kein Wort gewidmet ?(
    Zweitens: um so erstaunlicher ist es, daß es noch keine Beschreibung seines Lebens gibt.


    Zur Zeit bin ich noch heimgesucht von Asthmaanfälle. Ich erwarte aber daß binnen einige Wochen dies nachläßt. Dann kann ich Schluß machen mit Sullivan. Und als erster wird dann Dieskaus Biographie nachträglich eingeholt.


    Viele Menschen finden ihm heutzutage maniriert. Zu denen kann ich nur Alfreds Worte bestätigen:


    Zitat

    Ich empfehle gleich zu Beginn, sich einmal eine CD mit Schubert Liedern (etwa 1958-65) zuzulegen und zu geniessen.


    Diese gehören zu den schönsten und empfindsamsten Interpretationen der Schubertlieder je. Auch ich hatte darauf bereits gewiesen.


    Ich hoffe euch bald mehr über ihn berichten zu können.


    LG, Paul

  • Ich bekam eine PN über Dieskau:

    Zitat

    Ich suche eine Aufnahme der umgeänderten Graf Arie aus dem Figaro, diese wurde 1969 von FiDi aufgenommen.


    Dies betraf deutlich eine LP-Aufnahme. Leider sind bei mir alle LPs in Kartons und ist mein Katalog alle (große Elektrizitätsstörung).
    Trotzdem schimmerte etwas hinter im Gedächtnis. Ich suchte, und fand eine gebrennte CD ohne Inhaltsangabe. Darauf stand Dieskau - Mozart.
    Und ich sah die LP-Hülle vor meinen Augen. Ich dachte Decca.
    Sofort wurde Kontakt mit Ulli aufgenommen. Er schrieb, daß der zweite Almaviva eine hohe Bariton hatte. Und daß Mozart speziell für ihn eine Arie umkomponierte. Es "wimmelt von G's...", so schrieb Ulli.


    Ich war noch nicht überzeugt, machte eine mp3-Datei und mailte diese. Denn ich mußte es unbedingt wissen.


    Und da kam die Antwort:

    Zitat

    Salut,
    ab der Stelle "Ah, no, lasciarti in pace..." WIMMELT VON G's...


    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Kennt einer diese LP und kann er mir mehr Info geben (die Nummer auf diese LP). Denn wo meine LP ist, weiß ich (noch) nicht.


    LG, Paul

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  • Hallo Paul


    DiFiDi auf Decca kann ich mir eigentlich nicht recht vorstellen...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,


    Ich auch nicht, aber als ich ins Internet suchte, fand ich mehrere Aufnahmen von Opern usw bei Decca.
    Aber mir steht bei, daß diese Aufnahme von Decca war. Und darum blieb diese Musik hangen. Natürlich, ich kan mich irren bzgl diese LP. Aber jedenfalls hat er auch bei Decca Aufnahmen.


    LG, Paul

  • Hallo Paul,


    wenn ich es mir recht überlege, er sang doch den Germont bei Maazels Traviata. Das war eine Decca-Einspielung (da sang das Ensemble der Deutschen Oper Berlin).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Paul,


    wie man daran sieht, war auch DiFiDi einer jener Giganten, die es damals schaffen konnten, die noch ziemlich engen Bindungen an die Labels gelegentlich zu durchbrechen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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