Gustav Albert Lortzing - Spießbürger oder deren Kritiker?

  • Liebe Forianer,


    Hier wieder ein "abstrakter" Thread, einer der sich mit den Werken eines Komponisten auseinandersetzt, ohne auch spezielle Aufnahmen hinzuweisen - dafür haben wir Speezialthreads.


    Gustav Albert Lortzing (1801- 1851) genießt heutzutage wenig Annerkennung und gilt bei vielen Musikfreunden als veraltet.
    Eigentlich stele ich mir die Frage nach dem warum.


    Ich erwähne nur kurz, daß Lortzing eigentlich Händler war, schließliuch bein Sprechtheater landete, und als sich erste Erfolge Seiner Opern einstellten sich gänzlich aus Komponieren verlegt - nein das stimmt nicht ganz - in zahlreichen Aufführungen seiner Opern übernahm Lortzing eine wichtige Rolle.


    Interessant ist, daß Lortzing heute als "hausbacken" oder biedermeierlich gilt - und ich behaupte - er war nichts weniger als das !
    Lortzing, der seine Libretti zumeist selbst verfasste, kan aus meiner Sicht als der "Wilhelm Busch der deutschen Spieloper" gesehen werden.


    Mit spitzer Feder schrieb er boshafte Texte, welche durch seine Musik aufs wirksamste unterstrichen wurden -ironisch und unerreicht. Auch die musikalische Qualität kann sich sehen und vor allem hören lassen.


    Aber da möchte ich Meinungen von Euch dazu hören


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ja der Vergleich mit Wilhelm Busch gefällt mir sehr sogar!
    Ich finde die Musik auch "überholt", aber ab und zu mal
    den "Wildschütz" zu hören ist ganz amüsant!
    Mehr auch nicht.
    Lortzing geht mir zu wenig unter die Haut.
    Hörte im "Wildschütz" mal Martha Mödl als Gräfin das war eine
    Meisterleistung an Humor! :D

    mucaxel

  • Hallo Alfred,
    Lortzing hat mir schon so viel Freude bereitet,daß er schon lange zu meinem Stimmungsaufheller an trüben Tagen geworden ist.Sein Humor und seine Verschmitztheit haben manchmal sogar philosophischen Tiefgang.Man muß nur genau hinhören.
    Als Paradebeispiele führe ich das Sextett im 2.Akt von Zar und Zimmermann auf oder die berühmte Billardszene aus dem Wildschütz.Da sprühen nur so die Funken,das ist deutsche "Commedia del Arte" in Perfektion.
    Wer das nicht kennt oder mag,ist ein Spießbürger.Lortzing hält denen einen Spiegel vor.Für mich ist er ein ganz Großer.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Alfred,


    daß Albert Lortzing als Textdichter wie als Komponist heute weitgehend unbeachtet ist, verdankt sich wohl der vermeintlichen "Harmlosigkeit" seiner Sujets, die heutzutage für ihren biedermeierlichen Nennwertgelesen genommen werden, ohne daß man zwischen den Zeilen liest (Lortzing hatte zeitlebens mit der Theaterpolizei seine liebe Not und Müh´und daher kommt seine durchaus vorhandene Kritik etwa an Obrigkeit oder geldgierigem Biedersinn sehr subtil auf leisen Sohlen daher). Lortzing selbst war zeitlebens überzeugter Demokrat und "48er". Im Revolutionsjahr schrieb er seine erste nicht zensurierte Oper, die "Regina", eine wirkliche Gegenwartsoper der damaligen Zeit mit Revolutionschören und einer brennenden Fabrik. Und kurz vor seinem Tod kam dann noch "Rolands Knappen" heraus, eine ins Märchenhafte entrückte, doch erkennbare Satire auf den preußischen Militärstaat (sie mußte natürlich zensurbedingt entschärft werden). Der "wahre" Lortzing harrt noch seiner Entdeckung...


    Grüße


    GiselherHH


    P.S. Eine sehr umfangreiche Biographie Lortzings von Jürgen Lodemann, die sich gerade auch mit dem "politischen" Lortzing beschäftigt, ist im Jahr 2000 im Steidl-Verlag erschienen.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Lortzing veraltet? Hausbacken?
    Der Man schlägt ja eine Brücke zwischen Operette und Oper. Soviel Humor als seine Opern haben.


    Ich hatte zuerst Undine, Zar und Zimmerman, Der Waffenschmied, Der Wildschütz und die Opernprobe auf LP. Mit Ausnahme von Undine hab ich heute alles auf CD.
    Freilich, man braucht tatsächlich einen Bass als Ollendorf in Der Wildschütz (neben die andere Stars). Oder so einer wie Gottlob Frick als der Bürgermeister in Zar und Zimmerman. Und wie in "Der Waffenschmied" Gisela Lutz die Dialogen macht (und der Ollendorf natürlich auch).
    Ich genieße während das Lauschen, und noch viele Stunden nachher.


    Und hat einer je das Lied von Veith (Undine) überdacht?
    Wir benützten sogar die letzte Strophe während des Begrabnis meines Vaters.


    Ich zitiere aus dem Gedächtnis, also nicht völlig Fehlerfrei:
    Hab schon öfters sagen hören,
    Daß man dort sich wiederseht
    Aber niemand kann's beschwören,
    Keiner weiß was da gescheht.
    Wenn es fest und sicher stände,
    Daß man dort sich wieder fände,
    O, wie herrlich und wie schön
    Wär ein solches Wiedersehn,


    Vielleicht war er ein mittelmäßiger Komponist. Er war aber jedenfalls ein genialer Librettist.

  • Liebe Freunde,
    ich bin ehrlich genug zu sagen, auch ich habe das Thema Lortzing, ich glaube nicht endgültig, beiseite gelegt. Die Gründe sind hier schon angesprochen, obwohl ich gerade das vordergründig Harmlose, ich wage auch zu sagen: das Liebe, das Gemütvolle, durchaus vermisse.
    Musicophil, Du hast auch versucht einige Hintergründe auszuleuchten - vielleicht hast Du ja eine Biographie-Empfehlung für mich. So was hat mir oft schon zur Vertiefung meines Wissens beigetragen. Übrigens rennst Du bei mir offene Türen ein, wenn Du (im Grunde genommen) sagst, dass qualitativ hochstehende Sänger eine Oper durchaus retten können Gilt m.E. nicht nur für Lortzing.


    Mach(t) mir ruhig Appetit, vielleicht wage ich mich noch mal daran.


    Viele liebe Grüße
    Bernd Hemmersbach (hemmi)

  • Lieber Hemmi,


    Bezüglich Deine Frage einer Biographie: GiselherHH schrien an dieser Stelle
    "P.S. Eine sehr umfangreiche Biographie Lortzings von Jürgen Lodemann, die sich gerade auch mit dem "politischen" Lortzing beschäftigt, ist im Jahr 2000 im Steidl-Verlag erschienen."


    Was ich weiß, habe ich zum Teil mühsam aus Bücher und Internet bei einander gebastelt.


    Zum anderen Teil entdeckte ich es selber, als ich seine Opern anhörte und die Libretti las - nein studierte und versuchte zu analysieren.
    Dabei hatte ich im Gedächtnis immer zwei Punkte: wann lebte er (Geschichte damals) und wann spielte sich seinen Opern ab (Geschichte zu jener Zeit).


    Unverkennbar aber ist bei Lortzing HUMOR. Ich kenne keine Deutsche Librettisten der annähernd so humorvoll schreiben konnte als er. Offenbach hatte das Glück begabte Librettisten zu finden, und Sullivan mit Gilbert idem (da muß ich auch immer lachen). Lortzing war, sag mal, Autodidact.


    Auch die Wörte in das Lied von Veith. So subtil beschreibt Lortzing die Verzweiflung.
    Da muß ich denken an dem Gebet eines Ungläubiger: "Gott, wenn Sie bestehen, rette meine Seele, wenn ich eine habe".


    Entschuldigung für die manche Fehler, aber ich bin Ausländer und es ist bereits 50 jahre her, daß ich deutsch in der Schule lernte.


    Gruß,
    Paul

  • Lortzing zählt zu den Protagonisten der sog. deutschen Spieloper, worunter man komödiantische Opern mit Singspielcharakter versteht. Anders gesagt: sie gilt noch als Oper, aber noch nicht als Operette, deren Entwicklung sich in Deutschland/Österreich erst nach der Spieloper auszuformen beginnt. Will man eine Parallele zu Frankreich ziehen, so wäre diese Opernform am ehesten mit der opéra comique vergleichbar. Als Komponisten der deutschen Spieloper gelten neben Lortzing Otto Nicolai, Friedrich v. Flotow und Peter Cornelius.


    Florian

  • lieber musicophil, ein freundliches Hallo auch allen anderen Lesern,


    noch mal vielen lieben Dank auch für Deine Antwort.


    GiselherHH habe ich gelesen, hatte gehofft, Du hättest noch einen anderen Rat. Aber mir ist durch Deinem neuerlichen Hinweis auf Herrn Lodemann noch deutlicher geworden, dass dieser eine erste Adresse in Sachen Lortzing ist.
    Einige wenige biographische Punkte von Lortzings Leben kenne ich übrigens und hätte schon deshalb nicht vermutet, dass dieser Mann ein Spießbürger war.


    GiselherHH hat wohl recht, wenn er schreibt, der "wahre" Lortzing harrt noch seiner Entdeckung...


    Das Lied des Veith habe ich vor mehr als 25 Jahren im Gesangsunterricht gesungen. Beim zweiten Lesen Deines ersten Postings fiel es mir wieder ein. Ich hoffe immer noch, dass ich doch noch mal die Kantatenprobe aus Zar und Zimmermann singen darf (nein, ich bin kein Van Belt, sondern nur ein kleiner Chortenor. =))


    Viele liebe Grüße
    Bernd Hemmersbach (hemmi)

  • Hallo Musicophil und andere Lortzingfreunde,


    wer Lortzing als mittelmäßigen Komponisten bezeichnet,tut ihm bitter unrecht.Seine Opern sprühen geradezu vor brillanten Melodien,die teilweise auch echte Gassenhauer geworden sind.Und die Stimmlagen kamen durchweg gut bei ihm weg.Für jede hat er unsterbliche Arien und Szenen geschrieben.
    Ich möchte die Lortzing-Opern auch nicht in die Nähe der Operetten platzieren.Sie haben ihren eigenen Platz als deutsche Verteter der Komischen Oper.Die Italiener haben ihre Commedia dell'Arte,ein treffender Ausdruck,weil der Begriff Kunst drin vorkommt.
    Wenn ich lortzing-Musik höre,dann bekomme ich gute Laune,und dieser Zusammenhang rechtfertigt eine hohe Qualitätsbezeugung für Lortzings Werke.

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Lieber Siegfried,


    NEIN, ich betrachte Lortzing nicht als mittelmäßig. Meines Erachtens war er ein guter Komponist und ein genialer Librettist.
    Ich schrieb 'Vielleicht war er ein mittelmäßiger Komponist.' Das bedeutet: dies ist die Meinung von anderen Menschen.


    Ich versuchte das Bild von ihm beizustellen.
    Da wurde behauptet 'daß Lortzing heute als "hausbacken" oder biedermeierlich gilt' und 'Ich finde die Musik auch "überholt"'.
    Selbtverständlich teile ich nicht diese Meinung.


    Ich behaupte sogar, daß er mit seinem Humor (viel mehr als bei "Martha" oder "Die lustigen Weiber von Windsor") die Deutsche Opernmusik einen zweiten Weg zeigte. Nicht nur "schwere" Opern brauchte man zu schreiben, sondern man konnte sich auch beteiligen an den Nachfolger des "Singsspiels".


    Ich stellte nicht, daß er zur Operette gehört. Im Gegenteil.
    Aber seine Humor ist Humor die man eher in die Operette findet als in einen Oper. Deshalb slägt er m.E. eine Brücke.
    Persönlich halte ich Undine für schwächer als die andere Oper. Undine ist ja auch nicht humoristisch.


    Es wäre vielleicht möglich, daß Offenbach sogar beinflußt ist durch Lortzing.
    Wie bekannt ist die Deutsche Operette jedenfalls beeinflußt von Offenbach. Ist es undenkbar, daß auch Lortzing etwas hat beigetragen?


    Liebe Grüße,
    Paul Musicophil

  • Hallo Siegfried,


    Ich schaute mal bei der Operette nach, und da fand ich ein Zitat von Alfred Schmidt: "Warum Zar und Zimmermann als komische Oper gilt, Bocaccio jedoch als Operette wusste ich lange Zeit nicht.Da bei ist die Antwort eher simpel: Zur Zeit von Zar und Zimmermann war die Operette noch nicht erfunden."


    War ich auf der falschen Spur?


    Liebe Grüße,
    Paul Musicophil

  • Hallo Musicophil,


    ich kann dich beruhigen,du warst nicht auf der falschen Spur.An die Art deiner Ausdrucksweise habe ich mich inzwischen gewöhnt.Es war anfänglich vielleicht eine Fehlinterpretation meinerseits im Spiel.
    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Das Problem bei Lortzing ist, das er als "braver Musiker" in die Ecke gestellt, d. h. zumeist total unterschätzt wird. Es ist, wenn man genau hinhört, viel tiefsinniges in seinen Opern zu finden :yes:
    Ausserdem spielen (zumindest die Berliner Häuser) die Opernhäuser seine Werke kaum noch.

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Zitat

    Original von heldenbariton
    Das Problem bei Lortzing ist, das er als "braver Musiker" in die Ecke gestellt, d. h. zumeist total unterschätzt wird. Es ist, wenn man genau hinhört, viel tiefsinniges in seinen Opern zu finden :yes:


    Zum einen das, zum anderen schafft Lortzing es, Menschen aus Fleisch und Blut auf die Bretter zu stellen, in dieser Hinsicht möchte ich ihn durchaus mit Mozart vergleichen. Beide schaffen es - natürlich jeweils auf ihre Weise - das Geschehen von der rein äußerlichen Handlung auf das Menschlich - allzu Menschliche zu verlegen. Da sieht man dann also nicht mehr den Grafen, den Kammerdiener oder den Wilddieb agieren, sondern da kommen die tiefsten Beweggründe und manchmal auch Abgründe zu Tage. Das allerdings meist wie schon erwähnt auf sehr humorvolle und lockere Art, was ja auch wieder eine Kunst für sich ist. Ernste Dramen sind ja bekanntlich leichter zu schreiben als humorvolle aber tiefgründige Kommödien.


    In dieserBeziehung steht Lortzing für mich um Klassen über Flotow, dessen Martha sicherlich auch nicht schlecht ist, aber die Figuren wirken auf mich blutleer und hölzern, bei "Mag der Himmel euch vergeben" rührt sich bei mir nicht viel, das Lied des Zaren dagegen kann mich schon eher zu Tränen rühren.


    Und genau das hat man Lortzing ja vielleicht nicht ganz zu Unrecht vorgeworfen: In seinen Opern kommen die sentimentalen Momente manchmal vielleicht ein wenig zu berechenbar und der Druck auf die Tränendrüse etwas zu gezielt - was mich persönlich aber noch nie übermäßig gestört hat, es ist ja auch nicht so, dass er gleich mit dem Holzhammer kommt, dafür sind dann doch eher die modernen Regisseure zuständig. :D


    Für mich zählt Lortzing also zu den ganz Großen und selbst wenn von ihm nichts anderes überliefert wäre als die Arie des van Bett "O sancta justitia", dann sollte das schon reichen. Dieses Kabinettstückchen ist nicht nur musikalisch geglückt, sondern stellt gleichzeitig eine grandiose Charakterstudie eines notorischen Wichtigmachers dar, und zwar in einer quasi zeitlosen Weise, im Grunde hat sich seit damals ja nicht sehr viel verändert, wenn man sich das Gebaren mancher Führungspersönlichkeiten so ansieht. :D


    Und wenn man sieht, wie kindisch sich Graf und Baron im zu Recht berühmten Billardquintett aufführen, und dabei im Hoffen auf eine amouröse Gelegenheit die verkleidete Baronin umwerben, dann ist das einfach nur herzerfrischend und der Schritt zum Finale von Figaros Hochzeit für mich gar nicht mehr so weit, nur eben auf einer etwas kleineren, "kammermusikalischen" Ebene.


    Naja, vielleicht gibt es ja mal eine Lortzing-Renaissance, verdient hätte er sie meiner Meinung nach durchaus.


    Kurt

  • Ich möchte den Lortzing Thread noch einmal aufnehmen.


    Er gilt vielen als Inbegriff des musikalischen Biedermeier, als hausbackene, betuliche Musik. Dies hängt sicher auch mit der Rezeption bis etwa in die 60er Jahre zusammen, so lange wurde er nämlich viel aufgeführt, dabei aber leider das gutbürgerlich-gemütliche stark überbetont (sowohl in der musikalischen Lesart als auch in den Inszenierungen und der Gesamtbertrachtung seiner Werke), das doch sehr starke gesellschaftskritische Moment (Wildschütz!) ist dabei leider weitgehend vergessen worden.


    Immerhin hat Lortzing mit Regina den äußerst seltenen Fall einer deutschen Revolutionsoper geschrieben.


    Musikalisch entsprach er dem Zeitgeschmack. Ihn als zweitklassig zu bezeichnen, kann ich aber überhaupt nicht nachvollziehen. Er war ein guter Melodiker im deutschen Sinne, konnte hervorragene Ensemble schreiben (Billiardszene im Wildschütz!) und Figuren durchaus klar charakterisieren.


    Vor Jahren habe ich an der Wiener Volksoper eine Aufführung von Zar und Zimmermann unter Asher Fish gesehen, der Lortzing viel stärker aus der Sicht italienischer Zeitgenossen (Rossini, Donizetti) interpretierte, was der Musik sehr gut getan hat und wodurch sie überhaupt nicht mehr bieder klang (wie etwa in den Standrardaufnahmen unter Robert Heger). Ich glaube, dass ein wesentlicher Grund für das Verschwinden des einst beliebtesten deutschen Opernkomponisten (der Waffenschmied war an deutschen Bühnen Anfang der 30er Jahre die meistaufgeführte Oper!) eher in einer Zurückhaltung des Regietheaters liegt, die mit dieser Art von Stücken, ähnlich wie mit Operetten, wenig anzufangen weiß. Während es sich allerdings anbieten, bei Operetten den Trashgehalt herauszustellen und sie genüsslich zu vergewaltigen, schrecken bei Lortzing die meisten Regisseure eher zurück. Ich weiß nicht, ob ich darüber traurig sein soll ...


    meint
    vitelozzo-tamare

  • Hallo


    Parodien lassen sich nur schlecht parodieren - das ist es was Lotzing für das Regietheater so uninteressant macht - Glücklicherweise - möchte ich fast sagen.....


    Nehmen wir hier "Zar und Zimmerman als Beispiel (Es gibt einen eigenen Thread zu dieser Oper)


    Van Bett ist eine ideale Spottfigur eines jeden aufgeblasenen dümmlichen Politikers, wie sie sich auch heututage zuhauf tummeln. - immer wissend was gut für das "Volk" ist.


    Ebenso die "Diplomaten", wo keiner dem anderen traut - und jeder eigentlich ahnungslos ist - Selbst der Marquis von Chateauneuf erkennt nur in Ansätzen die Dummheit van Betts.


    Interessant auch die Anspielung auf die Fremdarbeiter - man meint im 20. bzw 21. Jahrhundert zu sein.


    Die Arie "Verraten auch verraten" kann eigentlich nur als Parodie gewertet werden - allzu dick wurde hier aufgetragen - eine Spott auf die dramatische Oper (?)


    "Verräterblut soll färben das blanke Henkerbeil
    damit sie sühnend sterben dem Vaterland zum Heil"


    Diese Arie wird gern gestrichen - in der Annahme, daß sie die Oper zu düster färbe. Aus meiner Sicht ist sie (siehe oben) gar nicht ernst gemeint - kaum an einer Stelle findet sich pathetisches - ausser wenn es gilt zu spotten.


    Und damit sind wir bereits beim nächsten Ereignis: Der Kantate


    Kantaten dürften Lortzing nicht besonders behagt haben -
    Nicht nur daß hier eine ganz grässlich entstellte komponiert,
    schon im Wildschütz lässt er Bacchulus am unpassenden Ort,
    zur unpassenden Zeit aus einer singen....



    Vielleich ist bei allem Focus auf Lortzings texhtliche Qualitäten, doch ein wenig untergegangen welch wunderbare Musik - von manchmal geradezu mozärtlicher Leichtigkeit - dennoch immer bodenständig und
    (künstlich) volkstümlich -gelegentlich auch (absichtlich) volksdümmlich)
    seine Opern auszeichnet.


    Uns nun jenes Statement, welches heutige Dramaturgen, Kritiker und
    Operndirektoren in ihrer Ablehnung von Lortzings Werken noch bestärken wird:


    Es macht Spaß solch eine Oper zu hören und zu sehen -
    vorzugsweise in einer humorvollen aber historisch korrekten Inszenierung...!!!!


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • 1846 rückt er aus Berlin mit einer neunköpfligen Familie in Wien an.


    Sein "Zar und Zimmermann" ist schon neun Jahre an der Hofoper ein Erfolg, dennoch muss seine Frau 'dazuverdienen':


    Rosina war Nebenerwerbsbäuerin - in den Stallungen, die dem gemieteten Wohnhaus 'auf der Wieden' angehörten, hielten Kühe Einzug und sie verkaufte Milch an die Anrainer.


    Im Steuerbogen, den Musikforscher aus den Archiven holten, wird Albert Lortzing nicht nur als Kapellmeister, sondern auch als 'Milchmeyer' ausgewiesen.


    In Wien hielt es ihn dann doch nur zwei Jahre. Die Vorliebe des damaligen Wiener Publikums fürs 'italienische' und die hohen Lebenshaltungskosten vertrieben Lortzing nach Ablauf des Zweijahresvertrages als Kapellmeister am Theater an der Wien.


    Hier entstanden auch "Der Waffenschmied" und "Undine".

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Hallo Forianer,


    ich höre auch hin und wieder die Opernmusik von Albert Lortzing. Nur noch selten erlebt man seine Werke auf der Bühne.


    Ich finde Lortzings Opern wichtig, denn es gibt so wenige deutsche komische Opern.


    Die Spieloper überzeugend in Szene zu setzen, ohne ins Porter-Wein- Milieu abzugleiten, ist ein Balance-Akt, den viele Regisseure nicht gewachsen sind: Rampensingen geht hier nicht!


    Herzliche Grüße
    LT :hello:

  • Da mich wieder mal das Lortzing Fieber gepackt hat suche ich eine Waffenschmied Aufnahme und ich hoffe hier Hilfe zu bekommen, wo ich sie noch finden könnte! Bei den großen Versandhäusern ist nichts zu finden...


    Also Gesamtaufnahme: Der Waffenschmied
    Schädle,Litz,Unger,Klarwein,Prey,Böhme,Ollendorf
    Orchester und Chor der Bayer.Staatsoper
    Leitung: Fritz Lehan
    EMI 1C 153-28 930/31


    Schonmal Danke im Vorraus! :hello:

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  • Hallo


    Leider dürfte die gewünschte Aufnahme derzeilt gestrichen sein - ich suche sie schon lange - Es besteht aber die Hoffnung, daß EMI sie wachküsst, sie haben soeben eine neue Budget-Preis Opernserie gestartet - Als Konkurrenz zu jener von Deutsche Grammophon.....


    LG


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Als die Oper gerade auf CD erschien, sah ich sie im Laden. Ich hatte weder eine Karte vom Bank noch genügend Geld bei mir (und ich vergaß zu fragen diese Oper für mich zu reservieren). Der nächste Tag war sie bereits verkauft. Und es gelang der Ladeneigner nicht, sie nochmals zu bekommen. Da mußte ich immer wieder meine LPs drehen. Bis endlich Calig diese Oper auch ausbrachte. In manche Punkten sogar besser als die von EMI. Denn da war m.E. der Dirigent damals die schwache Stelle.


    Vor einiger Zeit ist es mich endlich gelungen die EMI-Aufnahme über Amazon (gebraucht) zu bekommen. Es war das einzige Exemplar. Aber vielleicht gibt es noch ein Exemplar bei eBay.


    LG, Paul

  • Salut,



    gibts für 6,-- Taler bei lpcd.de...


    ...allerdings nur als Querschnitt. Aber vielleicht ist das ja wenigstens etwas?


    LG
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • "Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar..."


    Wer kennt die Aufnahme in dieser Besetzung:??

    Der Waffenschmied


    Komische Oper von Albert Lortzing


    Hans Stadinger,
    Waffenschmied und Tierarzt: Kurt Moll
    Marie, seine Tochter: Monika Schmitt
    Graf von Liebenau: Ludwig Baumann
    Georg, sein Knappe: Hans-Jörg Weinschenk
    Adelhof aus Schwaben: Fritz Grass
    Irmentraut: Eva Gilhofer


    Musikal. Leitung: Peter Schneider


    Demnächst mehr in diesem Theater!


    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Freut mich ungemein, was ich hier gelesen habe.


    Der Leipziger Lortzing ist wirklich völlig zu Unrecht vergessen.
    Man stelle sich seine schönen Texte mal auf sächsisch vor, dann ist die "Hinterfurzigkreit" nochmal so schön. Sachsen haben einen ganz subtilen Humor, der ist immer so, daß er nicht weh tut, aber dennoch immer den Punkt trifft, das versteht eben nicht jeder sofort und denkt, das sei brav und harmlos.


    Lortzing war mit dem Waffenschmidt meine erste Opernerfahrung und mein unvergessenes Erstaunen, wie man Musik für so viele Instrumente schreiben kann, deren Zusammenspiel auch noch gut klingt.


    Ein Leipziger Sujet war "das Fischerstechen", das auf dem Floßgraben stattfand
    und allen bekannt war.
    Allein Zar und Zimmermann sollte ihn unsterblich gemacht haben.


    Lieben Gruß aus Bonn :hello: :hello: :hello: :hello: :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu


  • Lieber Harald,


    ich hoffe doch sehr, dass Du mehr über diese Aufnahme verrätst, die schon wegen Kurt Moll und Ludwig Baumann sehr interessant sein dürfte! Wann und wo ist sie entstanden und vor allem: wo ist sie erhältlich?


    LG, Elisabeth

  • Hallo zusammen,


    ein weiteres Juwel aus der Feder Lortzings ist:



    Allein die Billardszene rechtfertigt mal wieder einen Besuch.


    An welchem Haus läuft die Oper derzeit?


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried


    An welchem Haus läuft die Oper derzeit?


    Lieber Siegfried,


    es ist mir eine besondere Freude, Dir einen Besuch in meiner Heimatstadt Coburg zu empfehlen - am dortigen Landestheater hat der WILDSCHÜTZ am 06. Juni 2008 unter der musikalischen Leitung von Hans Stähli Premiere.


    LG, Elisabeth

  • Leider konnte bisher noch niemend meine gestrige Frage:


    Wer kennt diese Aufnahme?


    beantworten.


    Hier nochmals die Besetzung:


    Der Waffenschmied
    Komische Oper von Albert Lortzing
    BR Deutschland 1983
    Hans Stadinger,
    Waffenschmied und Tierarzt - Kurt Moll
    Marie, seine Tochter - Monika Schmitt
    Graf von Liebenau - Ludwig Baumann
    Georg, sein Knappe - Hans-Jörg Weinschenk
    Adelhof aus Schwaben - Fritz Grass
    Irmentraut - Eva Gilhofer
    SDR Sinfonieorchester Stuttgart
    Musikal. Leitung: Peter Schneider


    Im Bielefelder Katalog steht sie nicht. Auch in der neuesten Ausgabe von Dr. Andreas Ommers Verzeichnis aller Opern-Gesamtaufnahmen ist sie nicht zu finden, vom Hermes-Handlexikon oder vom Steiger ganz zu schweigen. Vermutlich also keine Gesamtaufnahme, eher ein Querschnitt.


    Folgende Informationen sind neu: Produktionsjahr: 1983
    Orchester: Stuttgarter Rundfunk-Sinfonie-Orchester


    Mal sehen, wie es weitergeht!


    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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