Klavier Kaiser

  • Die Süddeutsche Zeitung scheint ins Klasssikgeschäft einsteigen zu wollen. Zu diesem Zweck hat sie, wie ich jetzt an diesem Wochenende erfahren habe, eine Box mit 20 CDs unter dem Titel "Klavier Kaiser" herausgebracht:



    Hat jemand schon in die Aufnahmen dieser Box hineingehört und kann sagen, ob sich diese Investition lohnt? Wie ist die Klangqualität? Haben wir es hier durchweg mit vorbildlichen Aufnahmen zu tun oder handelt es sich hier um eine Verwertung von "Altbeständen"?


    Liebe Grüße,


    Spatz.

  • An der Kompetenz, der Hörerfahrung von Kaiser und damit der Qualität der Auswahl gibt es sicher kaum Zweifel.


    Aber der Preis ist nicht gerade niedrig. Spätestens dann, wenn du nicht alle brauchst, oder dir später mehr von einem Pianisten kaufst und dann Doubletten hast.


    Teilweise würdest du ohnehin nicht viel mehr für die Werke bezahlen. Nur als Beispiel Solomon: 2 Beethoven-Sonaten (gut gewählt) und eine Liszt-Etüde (wenn auch genial gespielt). Aber die EMI-Doppel-CD mit allen späten Beethoven-Sonaten kostet ohnehin nur 10 Euro. Und den klanglichen Nachteil der offenbar irgendwann einmal dolby-gemasterten Bänder wird auch die Kaiser-Edition nicht korrigieren.


    Aber wenn du noch gar nichts hast, und eine kompetente Übersicht suchst, kannst du sicher Kaiser vertrauen.


    Viel Spaß

  • Die Box gibt es ja mit dem Buch "Grosse Pianisten unserer Zeit" vom Kaiser.


    Das Buch fand ich interessant :)


    Desweiteren muss ich 3.Ohr zustimmen.
    Viele Sachen habe ich schon, da muss ich mir nicht zu so einem Preis etwas nochmal kaufen.

  • Ich bin gespannt und dennoch voreingenommen und wahrscheinlich auch ziemlich undankbar. Die SZ hat ein Pianistenrätsel veranstaltet und ich habe eine dieser Kassetten gewonnen, werde sie also studieren. Voreingenommen und damit undankbar bin ich gegenüber den Vorlieben von Joachim Kaiser. Niemand, auch ich nciht, wird bestreiten, dass er großartige Pianisten vorstellt. Niemand wird bestreiten, dass Kaiser in Klavierfragen in Deutschland Experte Nr. 1 sein könnte. Aber sein Klavierhimmel ist mir zu eng, auch in den Büchern, die ja mehr Platz lassen. ich will es an drei Beispielen demonstrieren: Rubinstein war ein großartiger Pianist und sicher ein interessanter Mensch, aber sein Beethoven ist schlicht konventionell und eher langweilig,auch als Mozartspieler kenne ich viele bessere. Horowitz ebenso großartig, aber sein Mozart ( ich finde ihn albern), sein Beethoven( belanglos) und selbst als Virtuose ist er keinesfalls einmalig. Was er mit Toscanini aus Tchaikowskis b-moll Konzert machte, kann Lang Lang mit Rattle auch.Brendel als drittes Beispiel deckt so Bereiche wie Schubert ab. Zacharias, Pires oder- wenn man es ein wenig " schräg" will Afanassiev tauchen nicht auf, auch nicht der großartige Andreas Steier- man muss kein Hammerklavier mögen, aber er spielt einen sehr spannenden Schubert, auch vierhänige Stücke.
    Viele andere großartige Pianisten tauchen bei Kaiser wenig oder gar nicht auf. Die Pires wird nicht adäquat gewürdigt, Zacharias ebenfalls nicht, der sicher einen viel spannenderen Scarlatti spielt als Horowitz. Sein Klavierhimmel kommt mir ein wenig wie in closed shop vor. Es gibt Namen, die erwähnt werden müssten, bei aller Überfülle an gut spielenden Pianisten, aber einen Gould mit Bach zu erwähnen und einen Alexis Weissenberg nicht, halte ich für einen Fehler. In einem Interview gestand Kaiser einmal einen gewissen ennui. Verstehen kann ich das, obwohl ich zugleich meine, man sollte dann vielleicht den Beruf doch aufgeben, wenn die Begeisterung flieht und man nur noch in Erinnerungen schwelgt. Also ein wenig mein Vorurteil: Hier werden vorwiegend Erinnerungen beschworen. Ich bin gespannt auf das Durchhören.

  • Hallo,


    Sagitt har diese Kassette rezensiert und "kritisiert", und dennoch hat er ihr das höchste Kompliment ausgeprochen, das man solch einem Produkt machen kann:
    Er hat es ernst genommen.
    Vielleicht ein wenig zu ernst, denn bei der Beurteilung muß man doch ein wenig auf den Preis und auf die angepeilte Zielgruppe sehen.
    Und, wie sich das Produkt mir darstellt ist es eher als (hochwertiges) Einsteiger-Produkt zu sehen, denn als Enzyklopädie des Klavierspiels. Eine solche wäre ja ohnedies zum Scheitern verurteilt, bei weniger als 500 CDs :yes:


    Und natürlich ist das Produkt konservativ, subjektiv, rückwärtsgewandt.
    Das ist keine Frage, aber das ist es ja schon per Definition.


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich habe mir die Kaiser-Kassette zugelegt und bin sehr zufrieden. Daß seine Auswahl subjektiv ist - nebbich, das würde jedem so gehen. Wenn heutige Pianisten kaum angeboten werden, dann hat das einen einfachen Grund: Kaiser ist 75 Jahre alt, er läßt seine Favoriten, die ihn ein Leben lang begleitet haben, Revue passieren, will heißen: die meisten Künstler deckt der grüne Rasen und Zeitgenossen wie Brendel, Argerich, Barenboim und Pollini zählen ja auch nicht mehr zu den Jüngsten...
    Mag sein, daß man Einzelaufnahmen günstiger ersteht, mag auch sein, daß der fortgeschrittene Sammler sich hier und da Doubletten einhandelt - doch das Spektrum des Angebots ist doch beeindruckend. Rubinsteins live-Chopin - einfach umwerfend; Argerichs 3. Rachmaninow-Konzert - ein Feuerwerk der Pianistik; Edwin Fischers 5. Beethoven-Klavierkonzert mit Furtwängler - ein historisches Erlebnis im besten Sinne; auch Benedetti-Michelangelis berühmte Interpretation des Ravel-Konzerts wird man nicht missen wollen, genauso wenig wie die genialen Aufnahmen Lipattis, dessen Schumann-Konzert bis heute unerreicht ist. Dazu eine Menge hervorragender Beethoven-Sonaten, Schumann, Mozart, Schubert etc. etc.
    Horowitz' hochgelobte Referenzaufnahme des Tschaikowsky-Konzerts mit Schwiegervater Toscanini traf weniger meinen Geschmack. Sicher, er spielt seine Virtuosität voll aus, doch das gerät gelegentlich zum Selbstzweck (vor allem im 2. Satz). Daß Kaiser in seinem Begleittext bereits den achtjährigen Solomon das Tschaikowsky-Konzert spielen läßt, grenzt an ein anatomisches Wunder. Kein Achtjähriger hat - Wunderkind hin oder her - die Handspanne für die erforderliche Akkordtechnik, ganz abgesehen davon, daß seine kurzen Beine die Pedale nicht bedienen können. Doch das ist eher ein spaßiger Lapsus, der mit dem Wert dieser Anthologie nichts zu tun hat. Wer sich für die Klavier-Zeit von Schnabel bis Pollini interessiert, bekommt eine gute Übersicht mit hervorragenden Aufnahmen, deren technische Aufbereitung (früheste Aufnahme 1930) mich beeindruckt. Eine gelungene historische Revue, auch wenn mir nicht einleuchten will, warum Richter und Gilels unberücksichtigt bleiben.


    Florian

  • Hallo Alfred,


    bei der Werbung, die die SZ macht, wird es wohl stimmen. Es ist eine Klaviersammlung für die große Mehrheit und alles ist damit in Ordnung. Aber das ist dann auch der Vorbehalt, der zu machen ist. Genau das ist es. Man sollte nicht davon ausgehen, dass bei Kaiser die besten Klavieraufnahmen des Jahrhunderts versammelt sind, was nichts daran ändert, dass es sich um große Pianisten ( eine Pianistin) handelt.
    Es gibt sehr schöne Aufnahmen in dieser Kassette. Für mich lohnt sich ihr Besitz allein deswegen, weil ich endlich Lipattis Jesu bleibet meine Freude in der Fassung von 1950 habe. Nicht, weil man den tragischen Hintergrund kennt, ist dies großartig, sondern weil dies perfekt proportioniertes Klavierspiel ist und dazu in einer technischen Überarbeitung, die man nur als grandios bezeichnen kann( ich hatte von diesem Konzert in Besancon eine Platte, leider ohne diese Bachbearbeitung und die Technik war miserabel). Dann aber gibt es Aufnahmen, von denen man sich fragt, warum ? Kempff mit den Händelvariationen wäre niemals meine Wahl. Schon beim Thema werden die Triller nicht richtig ausgespielt und ich habe immer den Eindruck, dass die technische Herausforderung nicht adäquat bewältigt wird, da sollte man einmal Julius Katchen hören. Dies ist nur ein Beispiel, das ich vermehre könnte. Also nach meiner Auffassung finden sich in der Kassette einige, wenn nicht viele Aufnahmen, von denen ich meine, sie sind keine Referenzaufnahmen. Überdies habe ich das technische Problem, dass die CD sehr vollgepackt sind, teilweise über 80 min. und mein Player aussteigt.
    Schöne Grüße aus dem grauen Bremen


    Sagitt

  • Vorsicht, wenn man bei Kaiser einen angeblichen Lapsus vermutet, sollte man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen


    Für Solomon wurde damals meines Wissens eine spezielle Vorrichtung zum Bedienen der Pedale benutzt. So etwas gibt es heute auch, vor allem für Behinderte gedacht.


    Als Achtjähriger hat Solomon allerdings "nur" den zweiten Satz des Tschaikowsky-Konzertes aufgeführt. Andere Quellen habe ich mit 10 Jahren für Beethoven KK Nr.3, komplett, und 12 Jahre für Tschaikowsky komplett in Erinnerung, was immer noch bedeuten kann, daß die eine oder andere Dezime, dann eben "anders" gespielt wurde.


    Aber als Fakt ist es nicht komplett falsch, und das Debüt als Solist 1910 richtig.


    Zur Box sonst: Was alles nicht drin ist, kann ja auch eine Frage der Rechte sein. Da sind die Plattenfirmen nichtfreigiebig,die wollen ja selbst verkaufen. Sony etwa, vergibt keine Lizenzen für Goulds Bach, weil sie genau wissen, daß in den nächsten Jahren die Rechte auslaufen.
    Und wenn für anderen Labels bereits Lizenzen erteilt wurden, schließt das meist eine Lizenz für diese Box aus.

  • Ich vermute auch, dass das Fehlen von Gilels und Richter ausschließlich lizensrechtliche Gründe hat. Kaiser bringt diesen beiden Künstlern ansonsten nämlich überaus große Wertschätzung entgegen. Aber so ist ja auch die Literartur-Reihe der SZ von Rechteproblemen gerägt. Thomas Mann z.B. fehlt vollkommen, weil sein Verleger tunlichst vermeiden wird, die noch ca. 20 Jahre währenden Rechte vorzeitig in irgendeiner Form abzutreten. ;)


    Gruß
    Anti

  • Rechtzeitig zu Weihnachten will man dieses oder jenes verkaufen.
    Sicherlich will der Kaiser auch Geld sehen.


    Andere eifern ihm nach. Nun gibt es schon auch eine BC Box oder eine Opern Box (FAZ). Wohin soll das noch führen?
    Die kostet übrigens (Vorzugspreis) 339 Euro. Mit DVD Player 398 Euro.
    Dann gibt es von DG "Musik...Sprache der Welt".
    Oder BMG "Best of Classics" 30 CD - Box für 99,95 Euro (limitiert).


    Mich würde mal interessieren, was IN der Box ist.
    Es sind ja nicht nur CDs, sondern auch Büchlein mit Kommentaren (und das nicht zu kurz) vom Kaiser.
    Steht da was interessantes drin? Oder wiederholt er nur das,was er schon in seinem Buch erwähnt hat?


    In der aktuellen Crescendo Zeitschrift "trauert" er, dass er einige Pianisten nicht mit in die Box packen konnte und sprach von einer 2. oder gar von einer 3. Box.


    Puuh...da will aber einer die Leute ausnehmen?


    Wie stecken die CDs in der Box? Gibt es Hüllen (von aussen nicht erkennbar)?


    Die Box ist imho sehr teuer. 50 Euro wären schon zuviel.


    Das Interview hab ich grad durchgelesen und ich möchte es euch auf keinen Fall vorenthalten. Bloss ist der Text relativ lang zum abtippen.
    Kann es jemand online stellen, oder besitzt jemand ein Text-OCR-Erkennungsprogramm?

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  • Vorsicht...Texte haben auch Urheber-Rechte, und nach der aktuellen Version ist die Aufnahme eines Textes in eine Internetdatei honorarpflichtig. Also kannst du nicht einfach ein Interview abtippen und online stellen, selbst wenn "crescendo" umsonst ist. Die Rechte hat der Autor und das kann sehr teuer werden, weil das Internet einen größeren Verbreitungsraum hat.

    Zu den Aktionen:
    So lange dadurch mehr Leute Klassik-CDs kaufen, habe ich gegen solche Aktionen eigentlich nichts. Es sind ohnehin Käuferschichten, die woanders auch nicht die günstigsten Preise erwischen. Jetzt haben sie wenigstens gute Klaviermusik, die sie sonst auch nicht finden würden.

  • Habe soeben das Wesentlichste mal durchgehört und muss sagen, dass mich einiges schon beeindruckt hat. Z. B. die Klangqualität angesichts des Alters der Aufnahmen ist schon erstaunlich. Die Auswahl, hier wird man es nie allen rechtmachen können ist durchaus gelungen. Einen Richter auszulassen kann für mich auch nur mit den Rechten zusammenhängen.
    Wie oben schon erwähnt ist alles auch eine Preisfrage. Bei Amazon liegt das billigste Angebot (gebraucht) bei 63 Euro. Normalpreis bei ca. 87 Euro. Ich hatte das Glück, das Paket für 18,65 Euro einschließlich Versandkosten bei Ebay zu ersteigern. Auch hier liegen die Preise manchmal bei über 40 €. Ich empfehle aber allen, die ein bisschen auf die Preise schauen müssen, sich mal dort umzuschauen, manchmal gibts ein Schnäppchen. Die Box taucht ständig dort auf. Ich bin mit dem Preisleistungsverhältnis das ich hier hatte jedenfalls sehr zufrieden
    Gruß

    Günter

  • Lieber Sagitt ,
    Joachim Kaises CD-Edition ist schelcht und für Unerfahrenene voller grosser Irrtümer .
    Sein Pianisten -Buch ist durch den Co-Autor Klaus bennert ein wenig besser geworden , aber auch der beginnt dann wieder treu seinem gütigen Mentor folgend mit den grossen Toten .
    Kaisers Zeit war in den 1960er Jahren bis höchstens zum Erscheinen seines Buches über die Beethoven-Sonaten .
    Seine Sprache ist voller leerem Pathos , hohl , schwülstig . Sein Schreibstil ist der zu Grillparzers Zeiten , über den er wohl auch promoviert wurde . Das Buch ist etwas für dahinwelkende Nostalgiker .
    Für Egomannen und Spitzenvertreter der Abteilung Intoleranz .
    Bezeichnend ist für Herrn Kaiser , aus Ostpreussen stammend , dass er einen perfiden Selektionsmechanismus betreibt , den Du angesprochen hast. Und mit seiner intellektuellen Regsamkeit ist er vor 30 Jahren stehengeblieben . Alles schrecklich . Wie seine Beiträge in den letzten Jahren in der SZ . Unf über sein e Aufsätze in rechten politischen Blättren hat Reich-Ranicki öffentlich das Zutreffende gesagt !
    Um die Persönlichkeit Kaisers , der nie und nimmer ein "Klavier Kaiser" war oder ist , zu beleuchten eine Begebenheit : Im Rahmen eines internationalen Kulturtreffens erschien der damals international anerkannt Grösste des Faches : Harold C. Schonbegr . Daraufhin blieb Herr Kaiser weg .- Er wurde auch nicht vermisst .
    Dass die Deutsche Seele immer solch einen Führer braucht erstaunt mich nicht . Von Kaiser habe ich anders al etwa vom derzeitgen Chefkritiker der New York Times - wahrlich ein anderes Blatt als die SU aus Münchens Sändlinger Strasse !!! - Anthony Tomassini in 35 Jahren noch n i e eine Korrektur seiner Rezensionen gelesen oder gehört . Ein "Kaiser" tut so was ja auch nicht - in Bayern jedenfalls .
    Der von Dir angesprochene n Casus Alexis Weissenberg ist pathognomonisch für JK . Verblüfft habe ich dann in Michel Glotz' Buch "la note bleue. Une vie pour la musique "(Lattès ; Paris; 2002 ) gelesen , dass ausgerechnet dieser langjährige Freund, Produzent und Manager von Alexis Weissenberg Joachim Kaiser überhaupt ( und dann noch positiv ! ) erwähnt .
    ich werde Monsieur Glotz demnächst diesbezüglich schreiben !
    Beste Grüsse
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Hallo Sagittarius


    Zitat

    ... weil ich endlich Lipattis "Jesu bleibet meine Freude" in der Fassung von 1950 habe. Nicht, weil man den tragischen Hintergrund kennt, ist dies großartig, sondern weil dies perfekt proportioniertes Klavierspiel ist und dazu in einer technischen Überarbeitung, die man nur als grandios bezeichnen kann( ich hatte von diesem Konzert in Besancon eine Platte, leider ohne diese Bachbearbeitung und die Technik war miserabel)


    Ich habe das EMI Doppelalbum mit dem Besançon-Konzert (Dacapo 34 466 3), wo das letzte Bach-Stück auch fehlt. Die Klangqualität ist einem Live-Mitschnitt von 1950 angemessen und keineswegs miserabel.
    Interessant ist, was über das Ende des (letzten) Konzerts im Plattentext zu lesen ist:


    "... Nur einmal wurde wurde das Zeichen seiner Erschöpfung sichtbar: er (Lipatti) hatte nicht mehr die Kraft, den letzten Chopin-Walzer (Nr. 2 As-dur) zu spielen. Er brach ab, erschien nach einer längeren Pause wieder, in der die Zuhörer in ehrfürchtigem Entsetzen verharrten, und begann wiederum zu spielen - Bachs "Jesu bleibet meine Freude". Dieses letzte Aufbäumen des großartigen Menschen, ... , ist wohl nicht mehr mitgeschnitten worden; das Eindringen in die Intimsphäre während eines "Gebetes" verbietet sich hier."


    Irgendjemand scheint aber doch ein Band mitlaufen gelassen zu haben....

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Ist das Bach BWV 147 hier wirklich von dem Besancon-Recital? Denn Lipatti hatte eben jenes Stück auch schon am 10. Juli 1950 in der Schweiz für die EMI eingespielt, was dann auf dieser Platte erschienen ist:



    Ich vermute mal, daß auf Klavier Kaiser auch diese Studioeinspielung enthalten ist und nicht die Basancon-Einspielung. Wobei es schon interessant wäre, das Recital mal komplett zu hören.


    Gruß,


    Cherubino

  • Ich grabe diesen Thread aus, weil hier im Forum der Name joachim Kaiser gefallen ist, und weil ich mit großem Vergnügen seine Monologe zu Klassikfragen im Internenet höre und sehe.


    Ich möchte mich hier von dieser Klavier.-Edition lösen und eher auf den ganzen Kaiser und auf sein Buch konzentrieren.


    Kaiser wurde ja oft auch vorgeworfen, dogmatisch und einseitig zu sein und gewisse Pianisten totzuschweigen, während er andee forciert.
    Ich finde, das ist sein gutes Recht als Kritiker, denn jegliche Kritik ist subjektiv. Und das soll sie auch sein - ansonst würde man nicht hunderte Kritiker benötigen sondern lediglich einen.
    Beim Lesen einer Kritik interessiert mich eigentlich recht wenig OB der Kritiker einen Künstler, ein Konzert etc. positiv oder negativ beurteilt, sondern WARUM er es tut.


    Kaiser hat in seinem Buch, wenn ich mich richtig erinnere war es im Vorwort, darauf hingewiesen, daß auch seine Kritiken nicht immer absolut gerecht waren, dies läge in der Natur der Sache,


    Interessant auch, daß er offen eingesteht, mit den Pianisten der letzten Generation wenig anfangen zukönnen, und deshalb die Weiterführung seines Buches in andere Hände legt.


    Hier wurde in diesem Zusammenhand erneut die Rückwärtsgewandtheit des Buches kritisiert, aber wenn das Buch als seriöser Ratgebe durchgehen will, dann ist das auch die einizige Möglichkeit, jüngere Künstler entwicken sich - allerdings nicht immer in die gewünschte oder vermutete Richtung.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wieder sind 2 Jahre vergangen seit das Thema "Joachim Kaiser" ergänzt wurde - bezeichnenderweise war dieser letzte Beitrag von mir.
    Die letzten Tage habe ich mich ein wenig der kompetenten Hilfe von Herrn Kaiser bedient, weil alles kann man ja über die Pianisten, denen man Threads widmet nicht wissen. Und selbst wenn man es zu wissen glaubt, so ist es doch beruhigend, wenn man seine Meinung bestätigt oder aber widerlegt haben kann - was noch nicht heissen soll, daß ich immer einer Meinung mit dem geschätzten Autor sein muß.
    Ich finde "den Kaiser" als äusserst kompetentes Nachschlagewerk - und vor allem merkt man dem Autor seine Begeisterung an. Allerdings merkt man dem Buch auch sein Alter an - trotz zahlreicher erweiterer Neuauflagen.
    In der Auflage von 1996 schreibt Kaiser im Vorwort: "Doch meine Leidenschaft, jungen Pianisten auf die Finger zu sehen, Interpreten zu wägen und zu vergleichen, das Klavier für den Mittelpunkt der Welt oder zumindest der Musikwelt zu halten ist nicht mehr so feurig und ausschliesslich wie früher....."
    Er erklärt anschliessend, warum er die Fortführung des Buches in die Hände des geschätzen Kollegen klaus Bennert gelegt hat. Diese Entscheidung ist ihm gewiss nicht ganz leicht gefallen - und zeugt von Grösse.
    Dennoch - das Buch wird allmählich zu etwas anderem als es einmal war. Denn die meisten der beschriebenen Größen sind keine Pianisten unserer Zeit mehr - sie sind (mehrheitlich) Geschichte. Daher wäre es vermutlich günstiger gewesen einen 2. Teil herauszugeben. Der erste könnte umbenannt werden in: Große Pianisten des 20. Jahrhunderts. Der zweite Teil: Große Pianisten des 21. Jahrhunderts. Damit hätte man einen gewissen Zeitraum festgelegt und zwi Fliegen mit einer Klappe geschlagen. 1) Der erste Band würde zum "zeitlosen Klassiker", der zweite zum "aktuellen Pianistenführer der Gegenwart"


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !