Grieg, Edvard: Werke für Klavier solo

  • Liebe Forianer,


    Ich möchte meinen ersten Thread ins Leben rufen: die Klaviermusik von Edvard Grieg!


    Vielleicht ein wenig aussichtsreiches Unterfangen, zumal es ja bereits
    einen Thread zu den "Lyrischen Stücken" gibt - doch stellen diese nur einen Ausschnitt aus dem nicht kleinen Spektrum der Klaviermusik Griegs dar (wenn auch den bekanntesten).
    Ich persönlich darf die Naxos Box mit der (angeblich) kompletten Klaviermusik auf 14 CDs mit Steen-Nokleberg mein Eigen nennen und möchte vieles außerhalb der Lyrischen Stücke nicht mehr wissen.
    Viele Einspielungen Griegscher Klaviermusik außerhalb der Lyrischen Stücke gibt es ja nicht - so eben diese Naxos-Box, oder Leiv-Ove Andnes hat noch eine Cd eingespielt : wenn also jemand von euch auch in Besitz dieser Box oder anderer Aufnahmen sein sollte, würde ich mich sehr freuen, Eindrücke auzutauschen über andere faszinierende Werke -angefangen mit der Sonate in e-moll, der Ballade, seinen Humorekesken op. 19, 19 Norwegische Volkstänze op 66,
    Slatter op 72, Moods op 73 etc.


    Für mich stellen die Slatter op 72 (Norwegische Bauerntänze) DAS bedeutende Klavierwerk Griegs dar. In diesen verarbeitet er norwegische Bauerntänze, Hallings und (zwei) Märsche auf derart kunstvolle Art und Weise, daß man dieses Werk als Vorläufer von Bartoks Balkan-Folklore sehen kann (welcher angeblich durch die Slatter inspiriert wurde) - original thematisches Klangmaterial neu rhytmisiert, harmonisiert und dynamisiert. Dabei entstehen völlig neu dissonanzbestimmte Schroffheiten im Klangbild, die in vorhergehenden Werken allemal im Ansatz vorhanden waren und nun experimentell als Gestaltungsmittel eingesetztwerden, um einer imaginativ bestimmten Illustration bestimmter Inhalte Ausdruck zu verleihen.
    Die Slatter sind ein großartiges Werk, daß ich jedem - vor allem den Klavierliebhabern - dringend ans Herz legen möchte.


    So, ich hoffe ich bekomme etwas Feedback :hello:


    LG
    Wulf

  • Hallo Wulf,


    Einfach schön, auch zum selber Spielen, sind Grieg's "Poetischen Tonbilder" Op. 3.


    Die Originalversion der Holberg-Suite für Klavier ist auch sehr lohnenswert.


    Viele Grüße,
    Daniel :hello:

  • hallo,


    griegs klaviersonate e-moll op.7 gefällt mir außerordentlich gut. ein sehr frisches werk. dann möchte ich auf 7 fugen für klavier hinweisen, welche grieg während seines studiums in leipzig schrieb. sehr nett und gut strukturiert. all das und einige der schönsten lyrischen stücke sowie das abschließende stück (aus dem karnaval) aus dem zyklus 'aus dem volksleben' op.19 sind zu hören auf einer der gelungendsten cds m. pletnevs (DG).



    gruß, siamak :angel:

    Siamak

  • Hallo,


    na dann will ich mal meinen eigenen thread etwas wiederbeleben - sei es auch nur mit einer sehr sehr speziellen Frage.


    Aus meiner Grieg-Biographie geht hervor, daß die Norwegischen Bauertänze (Slatter) op.72 noch zu Lebzeiten von dem australischen Komponisten und Pianisten Percy Grainger interpretiert wurden - er war zu der Zeit noch recht jung, aber laut Autor soll diese Interpretation eine der besten sein, die je gespielt wurden.


    Weiß jemand, ob Grainger später noch einmal dieses Werk oder andere Soloklavierwerke Griegs für die Platte eingespielt hat?? Und wenn ja, wo kriege ich so eine Rarität??


    :hello:
    Wulf.

  • Ich besitze eine Aufnahme vom Klavierkonzert op. 16 mit Grainger. Soloaufnahmen kenne ich keine, aber wenn Du das Konzert haben willst, kann ich es Dir gerne kopieren.
    Ansonsten sind die Grieg-Aufnahmen von Arthur de Greef sehr zu empfehlen! Friedrich Wührer hat außerdem eine umwerfende Einspielung des Konzertes hingelegt (unter Hollreiser glaube ich). Die gibt es m.E. leider aber auch nur auf LP... :(


    Wünsche einen schönen Tag im sonnigen Berlin
    :hello:
    M.

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  • Hallo Mengelberg!


    Das wäre echt prima. Kannst Du denn die Einspielung unter Grainger empfehlen??


    LG aus Dahlem


    :hello:
    Wulf.

  • Hallo Wulf,


    ich habe die Aufnahme gerade noch einmal gehört. Grainger nimmt sich viele Freiheiten (und falsche Töne), dafür ist es eine Live-Aufnahme mit Atmosphäre. Meine Lieblingsaufnahme ist es nicht, und da ich Deinen Geschmack nicht kenne, fällt es mir mit dem Empfehlen ein bißchen schwer. Falls Du Interesse hast, kannst Du Dich gerne bei mir melden.


    Beste Grüße -


    M. :hello:

  • Liebe Griegspezialisten,


    ich kenne selbst nur die Sonate und viele der lyrischen Stücke. Selbstverständlich auch das Klavierkonzert.
    Gibt es andere Solowerke, die dem Klavierkonzert sehr ähnlich klingen?


    Viele Grüße

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • Lieber Alex!


    Was schätzt Du denn an dem Klavierkonzert? Die lyrische Seite?? die ersten Gehversuche in Richtung Einbetten von Nationalstil??


    Vielleicht kommt die Ballade op. 24 dem KK noch am nähesten - ein Variationszyklus, ein echt großes Werk - unbekannter als die Lyrischen Stücke, aber wesentlich stärker als manche von den Lyrischen (natürlich nicht alle....) - Ballade ist ein etwas irreführender Titel......


    Ähnlich wie das KK sind auch die Fragmente zu einem geplanten 2. KK.... :D


    Ansonsten, schwierig. Am ehesten in den Frühwerken Griegs.


    Die ganzen Berabeitungen norwegischer Lieder oder Tänze sind zwar unverkennbar Grieg, aber haben mit dem KK nur noch wenig gemein.


    LG
    Wulf.

  • Lieber Wulf,


    naja, es gehört zweifellos zu den erfolgreichsten Klavierkonzerten unserer Zeit. Natürlich habe ich so meine Favoriten.
    Doch was ich mit Grieg verbinde, ist Peer Gynt, das KlavKonz, wenige lyr. Stücke usw.


    Ich selber spiele gerne auch unbekannte Sachen, um diese als "hörenswert" und "nicht schlecht, sondern sogar ganz gut" zu verkaufen. Und das Klavierkonzert ist doch ein Verkaufssschlager. :hello:

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

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  • Mittlerweile gibt es eine noch nicht genannte Aufnahme des Werks für Klavier solo - über den Grad der Vollständigkeit fehlen mir die Detailkenntnisse -, die sehr preisgünstig zu beziehen ist. Der Pianist ist ein Norweger, Hakon Austbö - man wird ihm also so etwas wie Gespür für das Authentische bescheinigen dürfen. Mich haben die bisherigen Hörerfahrungen überzeugt.


    Mit großem Vergnügen habe ich heute genau die folkloristisch betonten Nummern angehört, von denen mir die Noten als Könemann-Ausgabe vorliegen - wobei man ja mittlerweile fast alles an Partituren, was alt genug ist, auch im Internet mitlesen kann. Wulf hat die Slatter, op. 72, 17 norwegische Bauerntänze, oben erwähnt.


    :!: Was für ein Unterschied zwischen dem allbekannten Romantikrenner, dem Konzert, op. 16, und der Modernität dieser originellen und bisweilen keineswegs einfach zu spielenden Charakterstücke: Vorhalte, Pralltriller, stete Wechsel der oft punktierten Zweier- und Dreierrhythmen, eine raffinierte Harmonik und Melodik, die wohl den Volkston und Griegs eigene Erfindung geistreich vermengt. Überdies sind diese Stücke auch durchwegs weit entfernt von der Sentimentalität, die man Griegs Musik bisweilen nicht ganz zu Unrecht etwa in den Lyrischen Stücken unterstellen darf.


    Ähnlich geartet, zum Teil einfacher gehalten sind die 25 norwegischen Volksweisen und Tänze, op. 17, die beiden Improvisationen, op. 29, oder die norwegischen Volksweisen, op. 66 und die sechs norwegischen Gebirgsmelodien, op. posthum. Die meist kurzen, aber prägnanten und erstaunlich abwechslungsreichen Kompositionen beziehen sich etwa auf heimische Springtänze oder Hochzeitsmärsche neben charakteristischen Dorfszenen. Mehrmals finden sich sogenannte Kulokks, das sind Viehrufe. Vielleicht würden sie aktuell im Falle der einschlägigen Ausreißerkuh schneller wirken? :stumm:


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo


    Auf dieser CD sind neben der Cello-Sonate "25 Norske Folkeviser og Danser" op. 17 für Klavier zu hören. Ich zitiere aus dem Booklet: "Im Zentrum von Griegs Klaviermusik steht seine Arbeit, norwegische Volksweisen in hochwertiger und kunstvoller Weise zu arragieren. Op. 17 als 1. Sammlung entstand 1869 und er führte die Arbeiten von L.M. Lindemann und Halfdan Kjerulf weiter, Volksmusikgut mittels einfacher Klavierbearbeitung der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Grieg übernimmt das Material, dabei setzt Grieg, als genialer Harmoniker, neue Maßtäbe...auch nimmt er an manchen Liedern/Tänzen geringe Korrekturen von Melodie und Rhythmus vor."
    Es ist also sicher, dass es sich um zwar bearbeitete, aber im Kern überlieferte norwegische Volksmusik handelt; dabei sind manche Melodien oder kurze Phrasen in Griegs Orchestermusik zu finden.
    Wenngleich ich nicht vergleichen kann, empfinde ich die Interpreation sehr gut. Es ist möglich die Musik nebenbei anzuhören, mehr Freude bereitet es allerdings der Musik zuzuhören.

    Hier geht es um die "Symfoniske Danser" op. 64 (1896-1898), die allgemein bekannter sein dürften. Es ist nun zwar keine Klaviermusik, aber den Vergleich finde ich reizvoll. Ich zitiere wieder aus dem Booklet: "Alle 4 Stücke sind Bearbeitungen norwegischer Volksweisen und ursprünglich für Klavier zu 4 Händen komponiert...Es fasziniert der Grieg eigene Reichtum der Harmonik und - noch mehr - die phantasievolle Art der Instrumentation...vor allem die Blechbläser werden genial eingesetzt...Im 4. (und letzten) Satz - Andante, Allegro risolute - werden die Nr. 23 + 24 aus vorstehendem op. 17 verwendet.


    Das Oslo PO und Mariss Jansons sind gewiss Garanten für eine authentische Interpretation.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,
    die hier in Beitrag Nr. 11 vorgestellte CD (Austbo) stammt aus einer Box mit 7 CDs mit sämtlichen Solo-Klavierwerken von Grieg; auf der CD 5 gibt es zu hören:


    4 Albumblätter op. 28 – besonders gut gelungen finde ich auf Track 1 der CD das
    1. Albumblatt - Allegro con moto – die eingestreuten Vorbehalte in Verbindung mit kleinen Trillern, geben dem kleinen „Blatt“ eine ganz besondere Note.
    Aber auch die „Blätter“ 2 – 4 haben ihren Reiz, aber eben weniger als das „Blatt“ 1.



    Impressionen auf 2 norwegische „Im Volkston“, op. 29, Track 5+6
    Andante, Presto leggiero, Tempo 1 – in einer „Kleinigkeit“ von 3:38 Dauer ein sehr schnelles Zwischenstück einzuschieben und dann den Teil 1 zu wiederholen...
    Allegretto con moto, Molto vivace, Tempo 1 – 2:42 – wie vor...
    ...Grieg ist der Meister „im Kleinen“.



    4 Pianostücke, op. 1, Track 7 – 10
    Allegro con leggerezza – das rauscht mit den Läufen vorbei wie ein kleiner Wasserfall, einer von bestimmt über 100 großen Wasserfällen in Norwegen. (Wenn das Nordseeöl „alle“ ist, wird der Wasserreichtum Norwegens der 2. Exportschlager - bei fortschreitendem Klimawandel.)
    Non allegro e molto espressivo – wie ein Gnom huscht das „espressivo“ vorbei um sich beim “non“ wieder zu beruhigen,
    Mazurka con grazia – mit einer Chopin‘schen Mazurka verglichen, tanzt diese Mazurka im gebremsten (Tempo)-schaum vorbei.



    Humoresken, op. 6, Track 17 – 20
    Tempo di valse – das Anfangstempo – da kommt das Tanzpaar in Rotation – durch die Akzentuierung und kleinen Triller kommt der Walzer dann etwas aus dem Schritt.
    Tempo di menuetto et energico – die Form ja, aber ein energisches Menuett gibt’s in der kleinen Ausgabe wie hier wohl selten.
    ...


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler