Leo Slezak - "Wann geht der nächste Schwan?"

  • Hallo!!


    Möchte euch nun aufgrund meiner Kenntnisse, die ich durch Great Voices of the Opera erlangt habe LEO SLEZAK (1873-1946), einen meiner "alten" Lieblingstenöre vorstellen.


    1873 in Böhmen geboren.
    Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Leo Slezak, der zu Beginn als Schmied arbeitete, fiel dem Bariton Adolf Robinson auf, der dem jungen Slezak im Gesangesfach unterrichtete.


    1896 debütierte er in Brünn als Lohengrin.
    1898 Hofoper Berlin


    Kurz daruf wechselte Slezak nach Breslau, um sein Repertoire zu erweitern. Er war schon bald der gefeirte Star des Hauses.


    Am meisten wurde er in Wien gefeiert. Gustav Mahler entdeckte ihn für die Hofoper, deren Star er bis 1934 war.
    1909 kam er an die Met.
    1934 verabschiedete er sich als Canio von der Bühne.


    Hier sein bekanntestes Foto als Tannhäuser


    Bekannt wurde er durch zahlreich Anekdoten (siehe Lohengrin-Thread) , wie zum Beispiel:
    Er war ein Sänger von rundlicher Statur und musste den abgemagerten Florestan aus Fidelio singen. Er ließ sich blass und ausgemergelt schminken und fragte einen Bühnenarbeiter, wie er denn aussähe. Als antwort kam:" Ausgfressn, Herr Kammersänger"


    Der immer mit Akzent singende Slezak (Dies Bildnis ist bezaubernd scheen) hatte eine unheimliche Durchschlagskraft und tat sich auch als Liedsänger hervor.


    Hier eine Aufnahmenliste von Great Voices of the Opera:


    La donna e mobile- Rigoletto 1906
    Niun mi tema- Otello 1923
    E lucevan le stelle- Tosca 1923
    Roi du ciel et des anges- Le Prophete 1913
    Dies Bildnis ist bezaubernd schön- Zauberflöte 1923
    Im fernen Land- Lohengrin 1913


    Lieder:
    Im Kahne 1923
    Cäcilie 1923
    Ständchen 1913
    Heimliche Aufforderung alle von Richard Strauss
    Ungeduld von Franz Schubert 1916


    Kurzum eine tolle Stimme.


    LG Joschi

  • als er an der MET sang, wohnte er in am BROADWAY. Seine Mutter, lebte zeit ihres Lebens in Böhmen, schrieb ihm einen Brief, sie habe von einem Feuer, das in New York wütete, gelesen: .... in deiner Gasse hats gebrannt :)
    Ich habe nur eine Aufnahme, aber mit ihm täte ich gern mal einen Abend verbringen, das muss eine Gaudi sein

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Ich habe meine Schellacksammlung in den letzen Tagen um einige Stücke erweitert (überspielungen auf CD sind in diesem Zusammenhang gemeint), darunter auch die weiter unten abgebildete Aufnahme mit Arien von Leo Slezak.


    Unter anderem hat mich Barockbaßflo um eine Stellungnahme gebeten.



    Das ist ein wenig schwierig, weil die Ansprüche ja sehr verschieden sind - und der Klang wahrscheinlich sehr unterschiedlich beurteilt werden wird. In meiner Jugend hätte ich ihn vermutlich nicht toleriert - nun finde ich ihn eigentlich ganz passabel - wobei einschränkend gesagt werden muß, daß es sich hiier bei sämtlichen Nuimmern um AKUSTISCHE (also noch mit Trichter - ohne Mikrophion - aufgenomme) Aufnahmen handelt. Dementsprechend eingeschränkt ist der Frequenzumfang. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1905, bzw 1907, Slezak war als zur Zeit der Aufnahme etwas über 30 Jahre alt - am Höhepunkt seines Könnens - wenngleich er später viel berühmter wurde (durch Darsteller in diversen Unterhaltungsfilmen)


    Trotz der mäßigen Tonqualität ist das Timbre der Stimme gut erkennbar, das Pathetische, das Strahlende, kräftige, sowie der unverkennbare Akzent ("Hör mein Flääähn")
    werden den echten Slezak-Freund nicht abschrecken - im Gegenteil.


    Man kann einigermaßen gut nachvollziehen, weshalb es Caruso schwer hatte, in Wien auf Anhieb erfolgreich zu sein - die Wiener zogen Slezak - den sie gewohnt waren - zumindest anfangs - vor (Diese Information erhielt ich von Frau von Schmedes, der Tochter des Sängers Erik von Schmedes - ich hatte das Glück vor etwa 30 (?) Jahren mit ihr einige Gespräche zu führen, dabei weiß ich heute nicht mal Ihren Vornahmen - lediglich den ihres Dackels Mette hab ich noch im Kopf))


    Alle Opernarien werden mit Orchester begleitet - nicht mit Klavier, jedoch ist der typische "Strohgeigen"-Sound unüberhörbar.......


    Die CD enthält nur 2 Arien von Wagner - einer Domäne des Sängers (LOHENGRIN - "Nun sei bedankt mein lieber Schwan" - - "Höchstes Vertraun")
    Aber auch Verdi ist ein Erlebnis, wenn man die Deutsche Sprache bei italienischer und französischer Oper akzeptiert und sich bewusst ist, daß heute andere Interpretationsansätze modern sind.


    Die CD enthält Opernarien von Verdi, Wagner,Weber, Halevy, Meyerbeer, Gounod und Goldmark.


    Ich höre diese Cd während ich hier schreibe (mit Kopfhörer) und desto länger ich hineinhöre, desto mehr nimmt mich Slezaks Stimme gefangen....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    mir ging es ganz genauso. Am Anfang ist es ein Singen aus einer versunkenen Welt, pathetisch und mit sehr eigenartigen Vokalfärbungen. Aber mit der Zeit hört man sich in seine sängerische Sprache ein und entdeckt eine sehr charakteristische Tenorstimme.


    Über seine drei Beiträge zur Raucheisen Lied-Edition hatte ich geschrieben:
    "Leo Slezak (...) ist in der Raucheisen-Liededition mit drei Liedern vertreten: einer 1934 aufgenommenen Feldeinsamkeit von Brahms sowie (undatiert) dem Nussbaum und der Mondnacht von Schumann.


    In allen Liedern setzt Slezak seine berühmte, mirakulös intakte, perfekt integrierte, enorm farbenreiche, leuchtende und frei auf dem Atem schwebende Kopfstimme weit mehr ein als seine nicht weniger berühmte, von 30 schweren Heldenjahren gezeichnete Bruststimme, die nun aber in der Tiefe wohlige baritonale Wärme und Fülle verströmt.


    Im Nussbaum ist das Ergebnis eine wunderschöne, herbstlich-bittersüße Aufnahme eines elegischen Liebeslieds, die allerdings nicht an die Ausdruckskraft der Mondnacht heranreicht. Hier reizt Slezak die Palette seiner Kopfstimme hinsichtlich von Farbe und Volumen voll, nein: radikal aus, von hellen, beinahe knabenhaften Tönen bis hin zu einem lange ausgehaltenem, in einem magischen Diminuendo gleichzeitig immer dunkler und wärmer gefärbten „Haus“ das sich mit einem fast unhörbaren Schluss-S in nichts auflöst. Dazwischen gibt es Töne in der strapazierten und vokalverfärbten Bruststimme, die allerdings den wehmütigen Charakter des Liedes nur unterstützen – es ist schon ergreifend, wie die Flügel eben einen Erdenrest zu tragen haben, aber die Seele dann doch magisch-konjunktivisch ihren Flug sich träumt. Zusammen mit der hochsensiblen, das Tempo meisterhaft fluktuierenden Klavierbegleitung kommt das Lied zu wahrlich romantischem Leben.


    Zu Momenten existenzieller Ausdrucksintensität verdichten sich all’ diese Elemente in der Brahms’schen Feldeinsamkeit: hier finden Sänger und Pianist für jedes Wort die rechte Farbe und einen großen, großen weiten Atem für das ganze Lied. Slezaks Himmelsbläue ist eine wirklich blaue voix mixte, die schönen stillen Träume weisen – mit einem beinahe, aber eben nur beinahe brechenden Vokal E – ins Unendliche, beim „gestorben bin“ kommt die Welt zum Stillstand, während der nachfolgende selige Aufschwung in die ewigen Räume mit diesem so passend beschlagenen Glanz der Heldenstimme sich wieder in ein körperloses, doch voluminöses Falsett auflöst, man weiß nicht, wie.


    Eine radikale, tief berührende Lesart, die den Hörer ein gutes Stück mitnimmt in die ewigen Räume."


    Das ist für mich der Kern der Slezak-Faszination: ein distinktes Timbre, dass er zu Ausdruckszwecken sehr reich schattieren kann. Überdies standen ihm sowohl die hauchzartesten Falsettgespinste wie stählern strahlende Heldentenorausbrüche zu Gebote.


    Sein Otello ist zu Recht berühmt, aber auch sein Meyerbeer ist eine Fundgrube von tenoralen Gustostückerln. "Herr dich in den Sternenkreisen" z.B. ist ein tenorales Glanzfest mit gelagehaften Zügen, während "O Mathilde, du Engel meiner Triebe" gleichzeitig ein Rausch der sängerischen Virtuosität und emotional berührend ist.


    Besonders charakteristisch ist für ihn - da stimme ich Herrn Kesting zu - das durch den ganzen Stimmumfang reichende tenorale Timbre, das auch tiefen Tönen tenoralen Glanz leiht. Wie man dem obigen Zitat entnehmen kann, gilt dies jedoch nur für seine "Glanzzeit". Im Alter dunkelte die Tiefe etwas nach.


    Und diese Strahlkraft, die doch nicht eindimensional auf Squillo gebürstet ist, sondern eine Vielzahl von Schattierungen zulässt, macht seine Stimme für mich so ausdrucksstark. Deswegen kann ich auch der von Kesting und Fischer geäußerten Kritik der Eintönigkeit nicht zustimmen - sicher ist Slezaks Farbpalette hauptsächlich auf Schattierungen von Silber begrenzt, aber dafür so reich, dass ich mich nicht dran satthören kann.


    Außerdem meine ich, bei ihm ähnlich wie bei Joseph Schmidt eine tiefe Melancholie durchzuhören - der Brahms'schen Feldeinsamkeit kommt das natürlich ganz besonders zugute.


    M.E. ist bei Slezak einfach alles da: charakteristisches Timbre, sexy Spitzentöne aber auch ein hauchfeines pianissimo, eine reiche dynamische und farbliche Palette und die "Träne in der Stimme".


    Jedenfalls nimmt er mich jedesmal wieder gefangen und schenkt mir intensive Musikerlebnisse.


    Von seinen Büchern ganz zu schweigen...


    Verzückte Grüße,
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Nachdem zwischen Herber Henn und mir die Meinungen über Slezaks Feldeinsamkeit von 1934 ziemlich stark auseinandergingen habe ich mir erlaubt, die Aufnahme klanglich aufzuhübschen (soweit möglich...) und wie folgt bereitzustellen (der Link sollte mindestens ein Jahr funktionieren):


    "http://rapidshare.com/files/15784983/Brahms_Feldeinsamkeit_Slezak.zip


    Ich finde diese Aufnahme jedenfalls immer noch einen magischen Moment...


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Als Bettlektüre habe ich jetzt mit diesem Buch angefangen:



    Sehr interesant, was die Einblicke in das musikalische Leben auf, hinter und nach der Bühne in Slezaks Zeit angeht und vor allem sehr :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha::yes:


    Das ist nur eine kurze und nicht sehr qualifizierte Unterbrechung des Gesprächsganges. Aber ich wollte es nicht woanders posten, da vielleicht jemand Interesse bekommt, Slezaks Erinnerungen zu lesen.


    Freundliche Andrew :hello:

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Heute vor 65 Jahren ist er am Tegernsee gestorben:


    Slezak, Leo, Tenor, * 18.8.1873 Mährisch-Schönberg (Krásná Hora), † 1.6.1946 Rottach-Egern am Tegernsee; er arbeitete zunächst als Gärtner und Schlosser, seine Stimme wurde dann durch Adolf Robinson in Brünn ausgebildet. Debüt 1896 am Stadttheater von Brünn (Brno) als Lohengrin.



    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich kann von Leo Slezak seine drei Bücher empfehlen (antiquarisch preiswert bei amazon zu haben):


    "Meine sämtlichen Werke", worin er versprach, dass er nur dieses Buch schreiben wolle; "Der Wortbruch", logischerweise sein zweites Buch und "Rückfall" sein drittes. Auch heute noch alle sehr lesenswert, sehr witzig, mit vielen Anekdoten, die sich als wahr herausstellen; bekannt ja auch sein Opernführer ("Der Troubadour": bei dieser Oper habe selbst ich keine Ahnung, was vor sich geht"). Sehr interessant auch seine Berichte über die Reisen nach Amerika und die Schilderung des aufkommenden musikalischen Showbusiness und seine Mitwirkung in Filmen. Er war ein hochberühmter Sänger, der aber seine Herkunft nie vergaß und immer über sich selber lachen konnte.

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

    Schönheit reitzet an zum küssen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Hallo zusammen,


    von Leo Slezak habe ich sehr viele Schallplatten. Zwei der wichtigsten Editionen erschienen seinerzeit bei "Rubini" und "Court Opera Classics":




    Seine "Altersaufnahmen" (ca. nach 1930) gefallen mir nicht mehr so gut. Dennoch gibt es von ihm fast keine uninteressante Einspielung.


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

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  • Heute vor 140 Jahren geboren:


    [timg]http://upload.wikimedia.org/wi…_1927.jpg;l;220;330;*;Leo Slezak[/timg]
    Leo Slezak (* 18. August 1873 in Mährisch-Schönberg, Österreich-Ungarn; † 1. Juni 1946 in Rottach-Egern, Bayern) war ein populärer Sänger (Tenor), Schauspieler (Komiker) und Buchautor.


    Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Rottach-Egern, wo er auch auf dem dortigen Friedhof neben seiner Frau Elisabeth begraben liegt.



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich möchte heute mit dieser CD:



    an Leo Slezaks Todestag erinnern. Er starb am 1. Juni 1946.


    Heute ist Leo Slezaks 69. Todestag.



    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Heute ist Leo Slezaks Geburtstag. Dazu habe ich diese CD gefunden:



    Heute ist die 142. Wiederkehr von Leo Slezaks Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Slezak sang natürlich nicht nur Wagner-Partien und (später) leichte Muse in Unterhaltungsfilmen.
    Hier singt Slezak gleich in 2 Versionen "Komm o holde Dame" aus "Die Weisse Dame Von Boieldieu", beide Male in Deutsch, beide Aufnahmen stammen aus der "akustischen" Ära der Schallplatte, es wurde also in kein Mikrophon sondern in einen Trichter gesungen.


    Der erste Track stammt von 1903 - mit Klavierbegleitung
    man beachte die Ansage vor Beginn der Arie. "Grammophon" war die Marke, die Ansage war sozusagen eine Art "Markenschutzmaßnahme"



    Der zweite Track datiert angeblich von 1905. - mit Orchesterbegleitung



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Leo Slezak war auch ein ausgezeichneter Othello.
    Aber nicht nur stimmlich: Er war bis heute als einziger auch imstande, die tote Desdemona auf ausgestreckten Händen zum Bett zu tragen.

  • Leo Slezak war auch ein ausgezeichneter Othello.
    Aber nicht nur stimmlich: Er war bis heute als einziger auch imstande, die tote Desdemona auf ausgestreckten Händen zum Bett zu tragen.


    ...und er war auch, nach seinen eigenen Angaben, so korpulent, dass er auf der Bühne stürzte und nicht mehr hochkam, weshalb er seinen Part (ich glaube, es war Wagner) bis zum nächsten Vorhang im Liegen singen musste.

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

    Schönheit machet viel zu blinden...

    Schönheit alle Freyer grüssen...

    Schönheit reitzet an zum küssen...

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)


  • Leo Slezak war in Wien so beliebt, daß man ihm sogar vor Caruso den Vorzug gab. Die Wiener waren seine Stimme eben gewöhnt.
    Diese Information habe ich von einer Zeitzeugin, Frau von Schmedes (den Vornamen weiss ich leider nicht), die um 1977/83 Kunde bei mir im ersten Bezirk war und mit der ich gelegentlich plauderte. Sie war die Tochter von Erik von Schmedes, befreundet mit Maria Ivogün (1891-1987) und Elisabeth Furtwängler (1910-2013) und als ihr persönliches Markenzeichen kam sie immer mit ihrem (oft unfolgsamen) Dackel "Mette" ins Geschäft. Der Satz "Die Wiener waren gar nicht so begeistert vom Caruso, die wollten den Slezak hören" ist mir unauslöschlich ins Gedächtnis geprägt....
    Da die meisten Slezak Platten bei jpc gestrichen sind, weise ich auf die - angeblich noch lieferbare - CD von "Prima Voce" hin.

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Diese herausragende Aufnahme höre ich gerade mehrfach hintereinander - und trotz des Rauschens, an das man sich schnell gewöhnt, ist es faszinierend, wie detail- und facettenreich hier 1905 (!) seine Stimme erklingt. Neben der heroischen, unangestrengten Strahlkraft zeigt er auch eine stupende lyrische Weichheit, eine mezza di voce, die vom Feinsten ist. Auch die Diktion, die Phrasierung, alles absolut hinreißend (auch wenn er manchmal an kuriosen Stellen absetzt bzw. atmet, wie mir scheint). Übrigens könnte er doch auch für Stimmenliebhabers Thread mit den drei Opernhäusern passen? Komische Oper und Hofoper (=Staatsoper unter den Linden?) habe ich entdeckt, DOB bisher nicht.

    Jedenfalls ein enormes Tondokument.


  • Lieber Don, noch eindrucksvoller kommt die Stimme von Slezak - wie ich finde - in Schumanns "Mondnacht" zum tragen. Was mezza voce ist, wie sich dieses gesangliche Mittel in Kunst verwandeln lässt und nicht in seiner technischen Möglichkeit verharrt, dieser Tenor führt es vor. Und übertreibt es gleichzeitig auch. Einen ganzen Liederabend möchte ich so nicht hören und ich frage mich auch, wie es wohl im Saal oder im Opernhaus geklungen hat. Der Mann hat ja schließlich an der Met gesungen. Übrigens habe ich den Eindruck, als sei an den "Magischen Tönen" technisch etwas nachgebessert worden. Manche Vokale klingen plötzlich etwas hart und ungenau. Ich habe es anders in Erinnerung und muss mal meine Aufnahme, die von Preiser stammt, heraussuchen.


    Danke, dass Du wieder auf Slezak gekommen bist und die "Magischen "Töne" gleichzeitig mit dem jungen Tenor Ben Bliss bei bei den "Neuen Stimmen" von Caruso einbringst. Das nenne ich mir die schönste Sichtweise. :) Da liegen zwar Welten dazwischen - allein beim Beginn - , aber es ist interessanter Vergleich für mich. Slezak hat es mit seiner Interpretation den Nachfolgern nicht eben leicht gemacht. Und Bliss ist mir zu hörbar mit der technischen Umsetzung beschäftigt, wenngleich er wirklich magische Töne produziert.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Ja, so ist es nicht verwunderlich, dass sich Caruso in seiner Anfangszeit an der MET neben Slezak sich schwer tat.

    Slezak hat auch trotz des Nachlassens seiner stimmlichen Kräfte immer noch eine Strahlkraft gehabt (bis gegen Ende der 1920er).


    Erich

  • Am 1. Juni 1946 verstarb Leo Slezak. Auf dem Friedhof von Rottach-Egern liegt er neben seiner geliebten Frau Elsa begraben. Ein großer, unvergessener Sänger. Nicht nur seine Tondokumente, auch seine Schriften zeugen von seiner unvergleichlichen Persönlichkeit.


    Am 14. Oktober 1926 sang er, wenige Monate nach der Mailänder Uraufführung, neben der Turandot von Lotte Lehmann den Calaf in der Wiener Premiere von Puccinis nachgelassener Oper Turandot. Wie vom Calaf der Uraufführung Miguel Fleta gibt es auch von Slezak anscheinend keine Tonaufnahme dieser Rolle.


    VG


    Otello 50