Händel: Dixit Dominus

  • Sagitt meint:


    Als Händel sich in Italien aufhielt, hat er einige Musik geschrieben, die ihn nicht sofort als " Händel" erkennen lassen,darunter die Psalmvertonung Dixit Dominus, 1707. Als ich das Werk Ende der achtziger Jahre kennenlernte, gab es so gut wie keine Aufnahme davon. Live konnte man es auch nicht hören, es ist nichts für Laienchöre,zu hoch, zu lang, zu schwer. Die Sopranistinnen würde im abschließenden Gloria Patri -über 6 Minuten- dauernd zum hohen B genötigt.
    Ich lernte dieses Werk mit seinen wunderbaren Kühnheiten-juravit Dominus- damals von Parrott, der Karmelitischen Vespern rekonstruiert hatte, darin auch Dixit Dominus. Die Solisten gefielen mir nicht so gut, aber der Chor war großartig-herrlich die Höhe und Klarheit der Soprane.Parrott musiziert zügig und unterstreicht so die in diesem Werk auch vorhandene Dramatik.
    Inzwischen gibt es weitere sehr gute Aufnahme dieses Werk, Monteverdi choir,Stockholmer Bach-Chor und besonders Balthasar Neumann unter Hengelbrock.


    Wer kennt das Werk und hörenswerte Aufnahmen ?

  • Das Dixit Dominus, ist eigentlich meine Lieblings Komposition im sakralen Bereich von Händel.
    Allerdings finde ich, dass diese Werk absolut typisch für Händel ist ?(



    Jedenfalls war lange Zeit die Aufnahme mit Gardiner mein Favorit, aber dann kam Hengelbrock. :D

  • Ich finde Hengelbrock auch fantastisch. Allerdings wählt er z.T. Tempi (beispielsweise im Eingangschor) die an die Grenzen des Singbaren gehen. Da schrammt selbst der absurd perfekte Balthasar-Neumann-Chor haarscharf am Huddeln vorbei. Ein bisschen hätte Hengelbrock die Handbremse schon anziehen dürfen - es wäre auch so noch schwungvoll genug!Aber gut: Manche stören sich an der bisweilen gratigenTextur und den scharfen Tempi von Hengelbrock. Ich finde sie (sofern sie sich noch im Rahmen des einwandfrei Realisierbaren bewegen) fast immer atemberaubend.


    LG :hello:
    Daniel

  • Ein großartiges Werk; unglaublich kraftvoll, aber auch lyrisch (das transzendente Duett "De torrente"). Ich habe Parrott, Minkowski, Fasolis und kenne noch die frühe Gardiner-Aufnahme (ca. 1975 Erato, moderne Instrumente, einige sehr gute Solisten). Wie Sagitt sagte, sind die Solisten bei Parrott leider durchwachsen. Die preiswerte Doppel-CD lohnt sich indes auf jeden Fall wegen der anderen Werke (u.a. ein sehr schönes Laudate Pueri mit der noch jungen Kirkby). Minkowski (DG Archiv) ist hervorragend und hat gute Solisten und attraktive Füller, Fasolis (Arts) habe ich wegen des Dettingen Te Deum, ist aber auch nicht schlecht.
    Ich wollte seit langer Zeit (schon in einem andern Forum) mal was zu dieser Musik des jungen Händel in Italien schreiben, sogar einige Notizen gemacht, bin aber nie dazu gekommen. Vielleicht demnächst in diesem oder einem anderen thread.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ja, Fasolis´ Aufnahme gefällt mir auch sehr gut. Wenn ich es richtig im Hinterkopf habe, ist das ein live-Mitschnitt, allerdings wurden beide Werke nicht zusammen aufgenommen, sondern von unterschiedlichen Konzerten. Ich finde das Dixit dominus daraus wirklich sehr gelungen. Die Tempi sind auch rasant, aber nicht so extrem wir bei Hengelbrock. Das Te Deum hat mich dagegen nicht ganz so überzeugt, aber schecht ist es beileibe auch nicht.





    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Ja, Fasolis´ Aufnahme gefällt mir auch sehr gut. Wenn ich es richtig im Hinterkopf habe, ist das ein live-Mitschnitt, allerdings wurden beide Werke nicht zusammen aufgenommen, sondern von unterschiedlichen Konzerten. Ich finde das Dixit dominus daraus wirklich sehr gelungen. Die Tempi sind auch rasant, aber nicht so extrem wir bei Hengelbrock. Das Te Deum hat mich dagegen nicht ganz so überzeugt, aber schecht ist es beileibe auch nicht.




    Beim Te Deum (eigentlich müßte es ja "WePraiseThee" heißen..) hält sich die Auswahl eben in sehr engen Grenzen, ich weiß gar nicht, was es überhaupt noch an Alternativen gibt.
    Ein Geheimtipp ist übrigens Bachs h-moll-Messe mit Fasolis (und noch besseren Solisten, u.a. Pregardien und Mertens), läßt den trockenen Gardiner mit sienen Solisten aus dem Chor weit hinter sich...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Gardiner (Philips) war bisher meine Lieblingseinspielung und bleibt es auch, jedenfalls was den ersten Satz betrifft (überzeugendere, beseeltere Soli).


    Dann kam die unglaublich preiswerte Hengelbrock-SACD und hat meine Eindrücke gehörig durcheinandergewirbelt. In dem unglaublich fetzigen "Dominus a dextris tuis" hat Hengelbrock aber die Nase vorne. Unbedingt mal laut und mit Kopfhörern hören! Der Satz "De torrente in via bibet" ist bei Hengelbrock auch ein unüberbietbares Ereignis an betörendem Wohlklang.


    Fazit: Gardiner und Hengelbrock ergänzen sich prima und es wird keine weitere Alternativaufnahme benötigt. :D




    Beide CDs bieten interessante und besitzenswerte Kopplungen: die Messe von Caldara ist beeindruckend bei Hengelbrock und das neu entdeckte Händel-Gloria (für Solo-Sopran) bei Gardiner ist auch hinreissend.

  • Sagitt meint:


    Gut,typisch müsste man definieren. Typisch für seine Zeit der Oratorien oder seine Zeit der Opern oder seine Zeit in Italien.
    Ich finde, in der Italien-Zeit bringt Händel Kühnheiten in die Kompositionen, die er später so nicht mehr komponiert ( da war er ja auch Unternehmer).
    So wie ich das Dettinger Te Deum sofort Händel zuordnen würde, ist dies bei Dixit Dominus nicht für mich. Wie die meisten habe ich Händel über den Messias kennengelernt.
    Vielleicht gibt es kundige Erklärungen über die verschiedenen kompositorischen Phasen in Händels Leben ?
    Mich würde das interessieren.

  • Guten Abend


    eine Neuaufnahme des "Dixit Dominus"



    mit dem Ensemble Le Concert d'Astree unter der Leitung von Emmanuelle Haim ist auf dem Markt.
    Das Orchester spielt ganz manierlich, der große Chor überzeugt mich nicht ganz. Die Solisten gut bis hervorragend, auch Ph. Jaroussky weis seine Arie gestalterisch zu singen.
    Alles in Allem ziehe ich aber die Einspielung von Hengelbrock vor.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Bernhard
    Alles in Allem ziehe ich aber die Einspielung von Hengelbrock vor.


    Keine Frage - Hengelbrock ist mit "Dixit Dominus" irre. Wie der Eingangssatz hart und schroff daher kommt, aufgeladen, gespannt, das ist eine Klasse für sich - gefällt mir auch ausnehmend gut.

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  • Es freut mich sehr, auf diesen Thread gestoßen zu sein...irgendwann gegen Ende des letzten Jahres geriet mir dieses Werk in die Hände - ein freundlicher Dussmannberater gab mir eine CD, auf welcher Händels Coronation Anthem Nr.1 'Zadok the Priest' zu hören war - ein Stück, welches ich suchte. Hauptwerk allerdings war eben der 110.Psalm...



    Palmer, Marshall, Brett, Hicks u.a.
    Monteverdi Choir & Orchestra
    Sir John Eliot Gardiner


    Ist dies die schon angesprochene Gardiner Einspielung?



    Egal...mit etwas Skepsis höre ich bei Dussmann Probe - Zadok the Priest, denn darum ging es mir ja vornehmlich. Etwas langsam...nicht unbedingt schleppend, aber kennen gelernt hab ich das Stück in einem atemberaubendem Tempo...da musste ich mich erst mal dran gewöhnen, es etwas gemächlicher zu hören (was mir übrigens erfolgreich geglückt ist).
    Doch anfangs eben nicht so recht - na gut, vor dem Kauf hörst du aber wenigstens mal noch in das andere Werk rein...und irgendwie löste der packende und irgendwie prickelnde Beginn ein Interesse aus, dass bis jetzt noch nicht abgeklungen ist. Es war etwas ganz anderes, was dort an die Ohren drang, als man mit rechnete - ich kenne nun Händel nicht wirklich (Kompositionsstil), aber mit so etwas habe ich definitiv nicht gerechnet...


    Nun kann ich hier keine Aufnahme vergleichen oder groß etwas über das Werk erzählen - lerne ich es ja derzeit noch selbst kennen - aber wem es in die Hände fällt oder wer einfach Interesse verspürt: es lohnt sich :yes: Ich jedenfalls kann mich immer wieder neu dafür begeistern, bei diesem schwungvollen und geladenen Beginn (und weitere Stellen selbstverfreilich, wie es bei meinen Vorrednern schon anklang...).


    Gruß, Maik

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Zitat

    Original von Maik
    Ist dies die schon angesprochene Gardiner Einspielung?



    Hallo Maik,


    Deine Gardiner-Aufnahme ist identisch mit der von JR angesprochenen Erato-Aufnahme von 1975. Die von mir angesprochene Aufnahme ist vor wenigen Jahren bei Philips erschienen. Sicher sind beide seht gut.

  • Zitat

    Original von der Lullist
    l.
    Allerdings finde ich, dass diese Werk absolut typisch für Händel ist ?(



    das finde ich kaum. sagitt beschrieb das schon richtig. ich denke, man hört hier sehr deutlich die alten italiener vivaldi etc. heraus. ein interessantes werk mit spannenden kühnheiten, temperamentvoll und abwechslungsreich. ich habe die einspielug mit haim. hengelbrock würde mch natürlich auch noch interessieren.

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    Original von sagitt
    Wie die meisten habe ich Händel über den Messias kennengelernt.


    Bist Du dessen sicher?
    Ich jedenfalls lernte ihn über die Orgelkonzerte kennen.


    LG, Paul