Vivaldi - der Kirchenmusiker

  • Antonio Vivaldi ist ja hauptsächlich aufgrund seiner Instrumentalmusik berühmt und beliebt.
    Seit einigen Jahren werden auch vermehrt seine Opern gespielt, was den üblen Ruf, den Stravinsky ihm mit seiner ( dummen und vollkommen haltlosen ) Äußerung "Vivaldi habe 450 mal das gleiche Konzert komponiert" beschert hat, revidiert.


    Vivaldi war ein Musikdramatiker, doch oft wird vergessen, dass er auch Priester gewesen ist. Zwar verpflichtet das noch lange nicht zur Komposition von sakraler Musik ( er war nie ein Maestro di Capella ) aber der geistliche Stand legt das doch in seinem Fall recht nahe.
    "Il Prete rosso" der rote Priester wurde er genannt, doch anstatt die Messe zu lesen ( er litt an Asthma und war deshalb unfähig dazu )übertrug man ihm die musikalische Ausbildung an der Pietà, einem von 4 Waisenhäusern in Vendig. Der Alte Meister Gasparini machte Urlaub und kehrte niemals wieder, und so war diese Stelle unbesetzt....
    Dort unterrichtete er junge Mädchen.
    Das die Waisenkinder in der Musik unterrichtet wurden hatte nicht nur pädagogische Überlegungen zur Grundlage, man wollte durch außergewöhnliche musikalische Darbietungen Besuchern der Stadt Venedig ( und den Geldadel ) zu einer größeren Spendenfreudigkeit bewegen.
    Dazu war es nötig, nicht nur ständig neue Werke aufzuführen, sondern auch qualitativ hochwertige ( was die Äußerung von Stravinsky entgültig bedeutungslos werden läßt ).



    Die "Pietà" an der Vivaldi unterrichtete


    Das gleiche galt auch für die Kirchen, Vivaldis Musik wurde recht oft im geistlichen Rahmen aufgeführt, sowohl seine Konzerte als auch seine sakrale Musik.
    Letztere hat jedoch die grenzen Venedigs so gut wie nicht verlassen. In Dresden waren diese Werke wiederrum sehr beliebt und bekannt, bei den Vivaldi Sammlern waren diese Werke selbstverständlich auch zu finden.
    Aber sie erreichten nie diese Verbreitung wie sein "L'Estro armonico"
    Umso erstaunlicher ist es wieviel geistliche Musik Vivaldi hinterließ.



    Antonio Vivaldi


    Die wohl bekanntesten Kompositionen dürften das Gloria und das Stabat Mater sein, doch lohnen alle Werke - Vivaldi verwendete zwar das ein oder andere Stück aus einem Konzert oder einer Oper wieder, was aber im Zeitalter des Barock kaum etwas ungewöhnliches darstellt.
    Dennoch erstaunt die Qualität seiner geistlichen Musik, wärend er bei vielen Opern sehr gerne recyclet ( was wohl an der großen Nachfrage von neuen Opern zu liegen scheint ) und kaum etwas neu komponiert - sind hier ware Perlen der Barockmusik zu finden.


    Für mich waren diese Werke ein neues Kennenlernen der Musik Vivaldis.


    Einige Aufnahmen:



    Stabat Mater
    Andreas Scholl
    Ensemble 415 / Banchieri



    Vivaldi Complete Sacred Music
    The King's Consort / King


    Diese Box wird wohl für die nächste Zeit die Referenz sein, sämtliche Werke in hervorragender Interpretation !

  • Hallo,


    Ich finde Kevin Mallons Naxos CD mit dem dixit dominus RV 595, der Kantate "Nulla in mundo pax" RV 630 und dem unbekannteren Gloria RV 588 ganz nett.



    Vom "Repertoirewert" her ist Vivaldis Dixit Dominus nicht mit Händels Dixit Dominus vergleichbar, aber es hat doch ein paar interessante Sätze zu bieten.
    Besondere Ohrwurmqualität - mein Lieblingsstück auf dieser CD - ist die viersätzige Kantate für Solosopran "Nulla in mundo pax sincera" RV 630!
    Dem Gloria RV 588 wird als Einleitung das "Jubilate, o amoeni chori" RV 639 vorangestellt. Für jeden, der das bekannte Gloria RV 598 in D-Dur mag, dürfte diese weitere Gloriavertonung Vivaldis eine lohnenwerte Bereicherung sein.

  • :D



    das denke ich mir, Vivaldis Motetten sind wirklich überweltigend, ich war total hin und weg als ich die ersten hörte.


    Du müßtest mal die Kantate "In Furore iustissimae" hören, das ist mein persönlicher Liebling.


    Da es ja die CD's des King's Consort auch einzeln zu kaufen gibt wäre folgende interessant:




    The King's Consort / King
    Deborah York / James Bowman / Catherine Denley


    neben "In furore" sind noch folgende Werke enthalten:
    "Longe mala, umbrae, terrores"
    "Clarae stellae"
    "Canta in Prato"
    "Filiae maestae Jerusalem"
    und
    "Nulla in mundo pax sincera"



    Besonders angetan hat es mir auch das Oratorium "Juditha triumphans"

  • Lieber Lullist,


    ich ringe sehr mit mir, in die King-Box zu investieren, da ich eigentlich alles, was ich von ihm habe, richtig toll finde. Derzeit ist sie relativ preiswert, also: warum eigentlich nicht...


    Ich liebe natürlich das bekannte Gloria RV589. Kennengelernt habe ich es in der hochanständigen Harnoncourt-Aufnahme. Dann kamen Alessandrini und sein fabelhaftes Concerto Italiano - die fegen wie der Teufel durch die Partitur. Das hat mich natürlich aus den Latschen gehaun: Wahnsinn! Seitdem erscheinen mir alle anderen Einspielungen als zu "langsam". Das ist eigentlich ziemlich schlimm, denn was Alessandrini da macht, ist schon ganz schön pervers! Der arme Chor! Aber einen Heidenspaß macht's trotzdem...


    LG :hello:
    Daniel

  • Sagitt meint:


    Nulla mundo sincera pax ist eine der Musiken des Films Shine ( zwar in einer ziemlich entsetzlichen Interpretation), aber eben in einem großartigen Film und wirkt dann auch entsprechend.
    Das zerbrochene Leben des David Helfgott wird aufgezeigt- er zu einem großen Kind regrediert, hopst bei dieser Vivaldi-Musik ver-rückt durch die Gegend.

  • Die King-Box ist bei mir eingetroffen - nach kurzen Sichproben kann ich nur sagen: spitze! Die richtigen Tempi, der richtige Klang, stilistisch extrem stimmig, eine (wie immer bei King) fabelhafte Sängerauswahl. Irgendwie scheint so gut wie alles zu gelingen, was King anpackt - gut angelegtes Geld!


    LG! :hello:
    Daniel

  • Daniel


    Wenn Dich das Gloria anspricht, solltest Du auch mal in die Einspielung von Hickox hineinhören (Chandos 1991). Ich habe auch die Alessandrini und die Einspielung von Harnoncourt. In der Tat ist Alessandrini rasend schnell, vor allem am Anfang - da geht auch Einiges verloren.


    Unter den dreien ist mir Hickox nach wie vor am liebsten.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Hallo Matthias,


    Danke für den Tipp! Werd' mich mal nach Hickox umsehen (Habe einiges von Britten mit ihm - ist auch sehr orgdentlich) Es gibt übrigens auch noch eine passable Gloria-Aufnahme mit Gardiner (kombiniert mit Händels Dixit Dominus) - auch die ist nicht übel, aber solistisch hat sie mich nicht wirklich befriedigt.


    LG :hello:
    Daniel

  • Guten Tag


    ich möchte noch auf drei CDs mit geistlicher Musik von Vivaldi hinweisen die ich sehr geren höre




    Nisi Dominus-Psalm 126 RV 608
    +Salve Regina RV 616;Konzerte für Streicher
    RV 109 & 141;Clarae stellae, scintillate
    RV 625;Vestro Principi divino RV 633


    ausgezeichnet zelebriert von Andreas Scholl und dem Australian Brandenburg Orchestra, unter Paul Dyer.




    Stabat Mater RV 621
    +Nisi Dominus RV 608;Longe mala, umbrae,
    terrores


    interpretiert vom Ensemble Europa Galante und gesungen von David Daniels.



    und noch eine "Vespri per l'Assunzione di Maria Vergine"



    Domine ad adiuvandum me festina RV 593;
    Dixit Dominus RV 594;Nisi Dominus RV 608;
    Laetatus sum RV 607
    +Concerto in due cori RV 584 für 2 Violinen
    & 2 Orgeln


    eingespielt vom Concerto Italiano unter R. Alessandrini.



    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Abend


    mit einer neuen Einspielung einer Rekonstruktion "Vespro per la Vergine" von Vivaldi
    machen die Ensembles La Capella Ducale und Musica Fiata auf sich aufmerksam:



    Diese CD enthält die Teile:


    Nisi Dominus RV 803
    Dixit Dominus RV 807
    Magnificat RV 610;
    Lauda Jerusalem RV 803
    Laetatus sum RV 607
    Domine ad adjuvandum RV 593


    Die bislang unbekannten Werke Nisi Dominus RV 803 und Dixit Dominus RV 807
    wurden erst kürzlich in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden entdeckt.
    Die Vokalisten und Instrumentalisten, allesam mit der "alten Musik" vertraut,
    hinterlassen einen ordentlichen Höreindruck.
    Es kommen auch Instrumente wie Viola d`amore, Chalumeau und Violino in tromba marina ( "Nissi Dominus" RV 803 ),
    eine Geige mit einem speziellen Steg, der sie wie eine "Tromba marina" klingen lässt, zum Einsatz.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Hallo!


    Mein liebstes geistliches Werk von Vivaldi ist das Nisi Dominus RV 608 - und hieraus ganz besonders der Abschnitt "Cum dederit dilectis suis somnum" - wunderbar! :jubel::jubel::jubel:


    Ich kenne es von dieser Aufnahme:



    Viele Grüße,
    Pius.

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von der Lullist
    "Il Prete rosso" der rote Priester wurde er genannt, doch anstatt die Messe zu lesen ( er litt an Asthma und war deshalb unfähig dazu )übertrug man ihm die musikalische Ausbildung an der Pietà, einem von 4 Waisenhäusern in Vendig. Der Alte Meister Gasparini machte Urlaub und kehrte niemals wieder, und so war diese Stelle unbesetzt....
    Dort unterrichtete er junge Mädchen.
    Das die Waisenkinder in der Musik unterrichtet wurden hatte nicht nur pädagogische Überlegungen zur Grundlage, man wollte durch außergewöhnliche musikalische Darbietungen Besuchern der Stadt Venedig ( und den Geldadel ) zu einer größeren Spendenfreudigkeit bewegen.


    Über diese "Ospedali" in Vendig gibt es eine interessante zeitgenössische Schilderung von Joachim Christoph Nemeitz, die dieser 1726 in der "Nachlese besonderer Nachrichten aus Italien" veröffentlichte:


    „Die Music in den Kirchen bey den 4. Hospitälern , als alla Pieta, all´Mendicanti, all´ Ospidaletto, und all´Incurabili, versäumt man nicht gerne zu hören. Sie wird alle Samstag, Sonn- und Fest-Tage gemacht; fängt an etwa um 4. Uhr Nachmittag, und während biß ein wenig nach 6. Uhren. In diesen 4. Hospitälern werden auf der Republic Kosten arme gebrechliche Leute, wie auch arme Kinder und Findlingen unterhalten, und letztere in der Gottesfurcht, Lesen, Schreiben, und sonderlich in der Music durch gewisse dazu verordnete Cantore oder Sängerinnen unterrichtet, auch zum Spinnen und Nehen angewiesen. Unter denen ist nun das Hospital la Pietà wohl das considerabelste, als worinnen bey die 900. Mägden, lauter Findlinge, ausgenommen die, welche von geringen Leuten als pensionaires hineingethan sind, versorget und unterhalten werden. Diese Kinder, welche iedoch nicht allemahl Findlinge, sondern je zuweilen aus rechter Ehe, aber von nothdürftigen Eltern gezeugte Kinder sind, als die die Mittel nicht haben, selbige zu ernehren, und sie daher in den beyd dem Hospital an der Wand ausgehauenen Stein zur Nacht-Zeit heimlich hinein schieben, werden nun auf vorbesagte Art unterrichtet und ist zu verwundern daß viele nicht nur in der Vocal- sondern auch in der Instrumental-Music excelliren, und auf der Violin, Violoncello, Orgel, Tirobe, ja so gar auf der Hautbois und Flöte en maitre spielen. Sonderlich sind dermahlen wegen des Singens daselbst berühmt die Polonia und Gertrut, auf der Orgel la Tonia, auf der Tiorba la Prudenza, auf der Hautbois la Susanna, und auf der Violin die Anna Maria, als welche auf diesem so schweren und delicaten Instrumenten auch von Virtuosen unseres Geschlechts wenig ihres gleichen hat. Al´Mendicanti, allwo nebst einigen armen Leuten lauter Wäysen-Kinder , welche weder Vater noch Mutter mehr haben, unterhalten werden, ist die Theresia wegen ihrer Stimme, und die Barbara wegen der Orgel und Hautbois.
    Die übrigen beyde Hospitäler, als Al´Incurabili, und L´Ospidaletto, haben zwar auch noch ein und andere ordinairen Moteten machen sie verschiedene Cantaten ohne und mit Instrumenten, und weil alla Pietà ein dermassen auserlesenes Orchestre , dergleichen an wenig grossen Höfen zu finden, so werden auch daselbst die treflichsten Concerten gespielet. Ein jedes von diesen Hospilälern hat seinen eigenen Capell-Meister, welcher von der Republic besoldet wird; und hat sich der berühmte Vivaldi nicht geschäment, noch vor Jahren einen Capell-Meister alla Pietà abzugeben. Sonsten findet man hin und wieder in den Clöstern bey den Nonnen annoch verschiedene schöne Stimmen, und höret man sonderlich bey Einkleidung einer Nonnen und anderer Solennnitäten, die eine Kirche ins besondere celebrieret, zuweilen daselbst die treflichsten und vollkommensten Musiquen.“


    Zu dieser Zeit hätte man gerne auch mal eine Venedigreise unternommen :yes:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Bernhard
    Über diese "Ospedali" in Vendig gibt es eine interessante zeitgenössische Schilderung von Joachim Christoph Nemeitz


    Eine weitere Schilderung bietet der französische Musikreisenende Chasrles de Brosses, der 1732 Venedig bereiste
    und mit begeisterten Worten vom Besuch des Ospedale della Pietà berichtete:


    "Daher singen sie wie Engel und spielen Violinen, Flöte, Orgel, Oboe, Violoncello, Fagott,
    kurz, es ist kein Instrument so groß, um ihnen Angst einzuflößen.
    Sie werden klösterlich wie Nonnen gehalten. Sie allein führen Konzerte aus,
    jedesmal in einer Besetzung von etwas vierzig Mädchen.
    Ich schwöre Ihnen, es gibt nichts so angenehmes als eine junge hübsche Nonne zu sehen;
    weiß gekleidet, mit einem Granatsträußchen über den Ohren,
    wie sie das Orchester leitet und mit aller Anmut
    und mit einer unvorstellbaren Gennauigkeit den Takt schlägt"


    Die Musikaufführungen des Ospitali wurden nach übereinstimmenden Berichten nur von weiblichen Ausführenden dargeboten.
    De neuere Vivaldiforschung gibt als Erklärung hierfür an, dass es im Ospidale Mädchen und Frauen gab, die so tiefe Stimmen hatten,
    dass sie mühelos die Tenor- und höheren Basspartien übernehmen konnten;
    tiefer liegende Bass-Abschnitte wurden einfach eine Oktave höher gesungen.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Sehr empfehlenswert ist Simone Kermes. Man höre sich nur den Anfang von "In furore iustissimae irae" RV 626 an: Das ist tatsächlich heiliger Zorn. Wunderbare Darbietung. Auch das Venice Baroque Orchestra unter Andrea Marcon sorgt für eine absolut angemessene, sehr profilierte Begleitung.



    Viele Grüße


    Garaguly

  • Ich möchte heute meine letzte Erinnerung, die an Antonio Vivaldi, hier in diesem Thread psoten, da ich auch eine kirchenmusialiscvhe CD mittgebracht habe:


    Antonio Vivaldi wurde am 4. März 1678 geboren.


    Heute ist die 337. Wiederkehr seines Geburtstages.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vivaldi hat durchaus beachtenswerte Sakralmusik geschrieben. Neben einigen Kantaten und Motetten (z.B. sehr bekannt: "Nulla in terra pax sincera RV 630) sind vor allem einige liturgische Kompositionen bedeutend, die sich im RV zwischen 587 und 622 finden lassen. Einige dieser Werke tauchen auch immer mal im Konzertleben auf. Ich würde sagen wichtige liturgische Werke sind (mindestens):

    Kyrie RV 587

    Gloria RV 589

    Credo RV 591

    Dixit Dominus RV 595

    Laudate pueri (Psalm 112) RV 601

    Nisi Dominus RV 608

    Psalm 147 RV 609

    Magnificat RV 610

    Stabat mater RV 621

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Neben dem Stabat mater RV 621, das ich zu den besten unter zahlreichen Vertonungen zähle, gefällt mir besonders die herrliche Psalmvertonung Laudate pueri RV 601. Die halte ich für eines der Meisterwerke Vivaldis.

    Wie einige andere Psalmvertonungen Vivaldis ist die mehrsätzige Anlage einer Kantate vergleichbar. Dieser Komposition wohnt ein ergreifender Grundton inne. Die Eingangsarie "Laudate pueri" ist ein typisches Siciliano Vivaldis. Das Thema wird vom Streichertutti ausgesungen. Der Sopran stellt auf dieser Grundlage eine gesangliche Melodie vor, die in der Folge mit Koloraturen versehen wird. Die folgende Arie "Sit nomen" klingt wie einer der vielen Largo-Sätze aus Vivaldis Solokonzerten. Ein recht zügiges Thema, welches aus alternierenden Akkorden und Trillern besteht, bestimmt den Satz. Der Sopran exponiert eine getragene Melodie und übernimmt sogar die Triller des Ritornells. Glockenhell hebt sich der Sopran bei seiner Wiederkehr vom Orchester ab und verziert die Melodie, durchaus technisch anspruchsvoll. Weniger eindrucksvoll gibt sich "A solis ortu" zu einem recht unspektakulären Ritornell, welches jedoch überraschend auf dem Septakkord endet. Der Sopran entwickelt aus den Motiven des Ritornells eine zögernde Melodie, die sich jedoch hübsch steigert. Es folgt mit "Excelsus" die wohl schönste Arie dieses Werkes. Zweifellos gehört sie zu den größten Eingebungen Vivaldis. Erneut liegt ein Siciliano vor, die ergreifende Melodie weist in ihrer Abgründigkeit, Weite und Sehnsucht einmal mehr auf Händel. Sie besteht aus einigen Vorhalten, die jeweils in Sext-Intervalle münden. Mit einem munteren Unisono-Thema beginnt die folgende Arie "Suscitans". Völlig überraschend geht das Thema in ein kurzes Menuett über und wirkt somit eindeutig zweigeteilt. Auch der Sopran übernimmt dieses Ritornell wortgetreu, bevor es noch ein wenig weiter entwickelt wird. Ähnlichen Charakter hat das folgende "Ut collocet". Das freudige Ritornell hat den Duktus eines Concerto-Themas. Der Sopranpart ist in diesem Satz besonders virtuos gestaltet. Das "Gloria" ist als langsame und eindringliche Flötenarie konzipiert, Musik von größter Intensität. Sopran und Flöte wetteifern in ihren Kantilenen miteinander. Ergreifend sind die pastoralen Zwischenspiele der Flöte. Wie üblich zitiert das "Sicut erat" die Eingangsarie, findet jedoch einen anderen, weniger virtuosen, Fortgang. Das "Amen" ist klassisch im Stile einer Fuge angelegt, stellt jedoch höchstens gelegentlich ein Fugato dar, wenn virtuoser Sopran und Streicher kanonisch geführt werden.



    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Wer sagt Vivaldi hätte keine eindringliche und tiefempfundene Sakralmusik geschrieben, der höre ferner das recht bekannte Gloria RV 589. In diesem Pars missae findet man sowohl einige der schönsten und intensivsten langsamen bzw. lyrischen Sätze Vivaldis, als auch freudige und mitreißende Musik. Zu erstem gehören das beeindruckende "Et in terra pax" welches die Sehnsucht nach Frieden verklanglicht (ohne an Bachs Äquivalent heranzureichen, aber das dürfte nahezu unmöglich sein). Auch eine der bekanntesten und berührendsten Arien Vivaldis findet sich hier: "Domine Jesu". Die Solovioline exponiert zur Begleitung des Generalbass' ein ergreifendes, gesangliches Thema. In einem weiten Melodiebogen spinnt sich die friedliche Kantilene fort, die mit seinem wiegenden Siciliano-Rhythmus auch einen pastoralen Charakter (Jesus als Hirte) hat. Der Sopran übernimmt diese Melodie und führt sie im Verlaufe der Arie zu einigen Steigerungen.

    Zur zweiteren Kategorie gehört das freudige "Laudamus te"; traditionell dem Sopran überlassen, hier als Duett gesetzt. Und auch der Chorsatz "Domine fili".

    Insgesamt ist Vivaldi hier auch kontrapunktischer unterwegs als üblich. Sei es der Chorsatz "Propter magnum gloriam" oder der Schlusssatz, in welchem zwei traditionell als Fuge vertonte Texte zusammengeführt werden: "Cum sancto spiritus" trifft auf "Amen"-Fuge.


    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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