Englands größter Komponist - William Byrd

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    Ich, William Byrd, zu Stondon Place, in der Pfarrei Stondon der Grafschaft Essex, Gentleman, verfüge im 80. Jahr meines Lebens, doch dank Gottes Güte bei bester Gesundheit und im Vollbesitz meines Geistes, dies als meinen letzten Willen und mein Testament. Ich vertraue meine Seele Gott dem Allmächtigen an, meinem Schöpfer, Retter und Erhalter, und erbitte demütig seine Gnade und Vergebung all meiner Sünden und Verstöße, egal ob vergangen, jetzt oder kommend, dass ich lebe und sterben möge als würdiges Mitglied der heiligen katholischen Kirche, ohne die es, wie ich glaube, keine Erlösung für mich gibt.“


    Dieser Tage sah ich bei einem Besuch in Exeters ehrwürdiger Kathedrale ein Epitaph, das ich vorher noch nie bewusst wahrgenommen hatte. Ein Beter im Stil des ausgehenden 16.Jahrhunderts gewandet,
    kniete vor einer Orgel. Diese Darstellung ist umso ungewöhnlicher, weil bekannt ist, dass Henry VIII.
    im Rahmen seiner halbherzigen Loslösung von der katholischen Kirche die meisten Orgeln des Landes
    „schleifen“ lies. Und das genau brachte mich auf die Idee, einen Thread über Englands bedeutendsten Komponisten zu erstellen, dessen hier im Forum bislang kaum Aufmerksamkeit geschenkt wurde
    Über William Byrd zu schreiben, gestaltet sich komplizierter als ich anfangs vermutete, weil die zwar umfänglichen Datensammlungen viel Widersprüchliches und auch sich Widersprechendes enthalten.


    Hilfreich ist dabei die Gesamtausgabe der Geistlichen Werke Byrds auf Tonträgern, die seit Mitte der 90ger Jahre in unregelmäßigen Intervallen erscheint. Dem "Mentor" des ganzen, der "treibenden Kraft", Dr. David Skinner, sei an dieser Stelle hier (und überhaupt) sehr herzlich gedankt, denn ohne seine profunde Kenntnis auch der entlegensten Details in Byrds Biografie und Werk hätte ich mich in dem "Wust aus Widersprüchen" heillos verheddert. Ich beschränke mich deshalb auf die zum Verständnis von Leben und Werk des Meisters IN SEINER ZEIT unverzichtbaren Daten:


    Über Byrd´s Herkunft und seine Kindheit ist so gut wie nichts bekannt. Er war eines von sieben Kindern von Thomas Byrd und seiner Frau Margery. Das ungefähre Datum seiner Geburt läßt sich nur aus einem Dokument vom 2. Oktober 1598 erschließen, in dem Byrd selbst sein Alter als "58 or there about" angibt, was bedeutet, dass er um 1540, vielleicht auch wenige Jahre früher oder später geboren sein könnte.
    Die in den meisten Lexika angegebene Geburtsjahr 1543 dürfte definitiv zu spät festgelegt sein. . Byrd wird immer noch als "Schüler" von Thomas Tallis apostrophiert, obwohl die Bezeichnung Protege eher zutrifft, denn eine Schülerschaft bei dem älteren Meister lässt sich nicht belegen.


    Am 25. März 1563 erhielt er seine erste eigenständige Stelle, nämlich die eines Organisten und Chorleiters an der Kathedrale von Lincoln. Byrd blieb beinahe zehn Jahre in Lincoln. Dort heiratet er 1568 seine Frau Juliana. In Lincoln werden auch zwei seiner Kinder geboren: Christopher (1569) und Elizabeth (1572). Während seiner Zeit in Lincoln hielt er jedoch engen Kontakt zu Personen in London und zum dortigen Musikgeschehen. 1572 zog er, nun selbst ein Gentleman of the Chapel Royal nach London, wo er zusammen mit Tallis an der königlichen Kapelle das Amt des Organisten versah. - 1575 gewährte Elisabeth I Tallis und Byrd ein gemeinsames Monopol für die Einfuhr, den Druck und die Veröffentlichung von Musik und Noten. Das erste gemeinsame Werk der beiden erschien noch im selben Jahr - eine Sammlung von Cantiones Sacrae, welche der Königin gewidmet waren. Von den 34 Motetten werden 16 Tallis, 18 Byrd zugeschrieben. - Nachdem Byrd Lincoln verlassen hatte, lebte er wohl für einige Zeit in Clerkenwell in Middlesex, das er zumindest in einem Schreiben vom Juni 1573 als Adresse angibt. Spätestens 1577 zog er dann mit seiner Familie nach Harlington in derselben Grafschaft, wo er und seine Familie nun 15 Jahre lebten. 1577 wird dort auch seine Frau als Rekusant aktenkundig, da sie nicht an den offiziellen Gottesdiensten der anglikanischen Kirche teilnahm. Es war die erste von vielen Gelegenheiten bis zum Ende seines Lebens, bei denen man Byrd selbst oder Mitglieder seines Haushaltes wegen dieses Vergehens vorlud. Als frommer Katholik bevorzugte er wohl das privatere Leben außerhalb Londons, wo die Ausübung der katholischen Religion nicht so im Blickfeld der Autoritäten stand. Überhaupt hatte Byrd in dieser Sache Glück. Sein Ruhm als Komponist und seine unzweifelhafte Treue zur Krone führten dazu, dass ihm zumeist die aufgrund der antikatholischen Strafgesetze auferlegten Rekusantengelder erlassen wurden. Trotz seiner engen sozialen Kontakte zu einflussreichen Katholiken, von denen auch einige in verschwörerische Aktivitäten verwickelt waren, wurde Byrds Loyalität gegenüber der Krone in der Tat nie angezweifelt.


    Byrd glaubte an das ewige Bestehen der Heiligen Katholischen Kirche. Aber die Herrschaft seiner Schutzherrin Elisabeth neigte sich dem Ende zu. Die Königliche Kapelle nahm 1603 an den Trauerfeierlichkeiten für die Königin teil, und Byrds Name taucht in den Aufzeichnungen über die Kosten der Trauergewänder der Gentlemen auf. Das Verhältnis zur Königin war entscheidend für Byrds Wohlstand und Überleben. Der 63-jährige musste seine Zukunft nun unter einem neuen Monarchen sichern. Er musste die Übereinkunft mit Elisabeth über sein Rekusanten-Dasein erneuern. Er schrieb dem Grafen zu Salisbury, dem ersten Minister von James I.: „Ergebenste Bittschrift des William Byrd, eines der Gentlemen der Königlichen Kapelle, mit derer er einen Brief des Rates an den Herrn Kronanwalt begehret, ihm Wohlwollen als Rekusanten zu gewähren, so wie die verstorbene Königin und ihr Rat es ihm gewähret haben.“


    Seine letzten Lebensjahre verbrachte der Meister zurückgezogen, aber bei guter Gesundheit in Stondon Massey, wo er am 6. Juni 1623 verstarb. Seine Beisetzung auf dem dortigen Friedhof musste bei Miternacht erfolgen. Die Gedenktafel in der dortigen Kirche ist die einzige in ganz England in einer protestantischen Kirche für einen Katholiken !


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    FAZIT:


    William Byrds geistliche Musik ist einer der Höhepunkte der ausgehenden Renaissancekultur und enthält bereits deutliche Hinweise auf das Frühbarock, das z.b. bei Orlando Gibbons, dessen Weg und Werdegang Byrd sicher mit Interesse verfolgte, voll ausgeprägt ist. Seine Beherrschung aller gängigen Formen und seine Kunst der individuellen Ausdeutung der vertonten Texte grenzen an das Unfassbare. Im Gegensatz zu den Arbeiten seiner kontinentalen Kollegen Lasso und Palestrina ist die Klangsprache Byrds viel direkter und geprägt von den Leiden, den Kämpfen aber auch vom Sieg über alle Unbilden der Zeit. Byrd ist einer der ersten Komponisten, deren Werk für Instrumente nicht nur mehr einen Nebenschauplatz darstellt sondern ein Kernstück seines Schaffens ausmacht. genau diese waren es, die ihn einem größeren Publikum bekannt machten. Sätze für Tasteninstrumente wie „Walshingham“ oder „Greensleves“machten den Meister populär, wohin gegen seine katholisch intendierte Vokalmusik nur in Insiderkreisen bekannt war. Byrd gehört auch zu den wenigen Komponisten Englands, die über ihr Vaterland hinaus bekannt und wirksam wurden. Es kann kaum Zweifel daran bestehen, dass der junge Heinrich Schütz während seiner Studienzeit in Venedig die Konvoluten der „Gradualia“ (1605 bzw. 1607) erschienen studiert hat. Sowohl im Titel seines „katholischsten“ Werkes „Cantiones sacrae“ bis zu Arbeiten wie dem wundervollen „Christe, fac ut sapiam“ (1657) ist der Einfluss des englischen Meisters unverkennbar.


    Von der Vielzahl guter erhältlicher Aufnahmen möchte ich stellvertretend 4 an dieser Stelle vorstellen:


    Drei Stunden satt Musik auf höchstem Niveau und einer wunderbaren, hervorragend ausgearbeiteten Dokumentation über Leben und Schaffen des Meisters. Eine wundervolle Scheibe zum "Einstieg" in die Welt des William Bryd, die wirklich jeden Cent wert ist, den sie kostet:


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    Eine der Aufnahmen aus der Geamtaufnahme der geistlichen Werke Byrds, die wohl als erste das Gesamtwerk eines Renaissancekomponisten
    vorlegen wird, eine Ehre, die selbst Palestrina und Orlando noch nicht zuteil wurde. Editorisch UND von der Interpretation auf höchstem Niveau:



    Für Freunde des von Consortenseble begleiteten Sologeaangs empfehle ich die unverwechselbare Emma Kirkby mit ihrem schönen Byrd-Recital:



    Gustav Leonhardt, der dieser Tage 75 jahre alt wurde, hat mit seiner Byrd-Einspielung gezeigt, WER auf diesem Terrain das Sagen hat, eine weitere Perle im Kranz der Veröffentlichungen des audiophilen Labels "Alpha":


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB,


    vielen Dank für den großartigen Thread!


    Die Empfehlung der DVD "Playing Elizabeth´s Tune" kann ich nur ausdrücklich unterstützen, die ist großartig. Nicht nur die Musikaufnahmen mit den Tallis Scholars sind wundervoll, sondern auch die BBC-Dokumentation ist sehr sehenswert und interessant.


    Passend zum Thema gibt es momentan die Gesamtaufnahme der Werke für Tasteninstrumente, die Davitt Moroney in den 90ern bei hyperion vorgelegt hat, bei zweitausendeins zum Sonderpreis. Diese Produktion erhielt im Jahr 2000 den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Ich bin schwer am überlegen, ob ich dafür nicht doch das monatliche CD-Budget überziehen soll. BigBerlinBear, bitte sag mir, dass die Aufnahmen schlecht sind.... :rolleyes: :D





    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -


  • Ja bitte! Oder wenigstens, dass es eine viel bessere einzelne CD mit einer Auswahl der Werke gibt (ich zögere zunehmend bei solchen Klötzen, weil ich die dann eh nicht höre)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Wieso Klotz? Sind doch nur 7 CDs drin. :D

    Da freute sich der Hase:
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    und auch mein blaues Ohr!
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    - H. Heine -

  • Zitat von salisburgensis

    BigBerlinBear, bitte sag mir, dass die Aufnahmen schlecht sind.


    Lieber Thomas, ich muss dich enttäuschen, denn diese Aufnahmen sind großartig, aber mit 70 € immer noch beachtlich für ein Angebot, denn viel teurer sind sie auch bei JPC und MDT nicht !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Zitat von Johannes Roehl

    Oder wenigstens, dass es eine viel bessere einzelne CD mit einer Auswahl der Werke gibt


    Klar doch, ich hab ja schon für die Auswahl-CD mit Gustav Leonhardt im thread gevotet, die ist derzeit unschlagbar.
    Nicht mehr direkt lieferbar dagegen ist ist die ebenfalls schöne Einzel-CD mit Andreas Staier, aber da könnte man bei Amazon unter "gebraucht" Glück haben:



    (aha, und unter "neu" gibts die da auch noch!)

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  • BBB hat schon erwähnt, in welch feindlicher Umgebung sich der Katholik Byrd zu behaupten wußte. Ja, er konnte sich eine ganze Menge erlauben ohne dafür ernsthaft belangt zu werden, u.a. das Ordinarium Missae zu vertonen und sogar unter seinem Namen zu veröffentlichen. Allerdings mußten diese Messen wegen der antikatholische Haltung der anglikanischen Kirche - das Feiern der Messe war strengstens verboten - in aller Heimlichkeit aufgeführt wurden. Bei weniger protegierten Personen als Byrd soll allein der Besitz dieser Messen ausgereicht haben, um hingerichtet zu werden. So ist es kaum verwunderlich, dass es aus dem England dieser Zeit nur wenige weitere Vertonungen des Messtextes gibt. Diese harten Lebensbedingungen werden in der Dokumentation auf der oben genannten DVD sehr deutlich herausgearbeitet.


    Die drei Messen zu 3, zu 4 und zu 5 Stimmen sind inzwischen in etlichen Einspielungen vertreten. Mir gefällt die 4-stimmige am besten. Sehr schön ist dazu die Einspielung der Tallis-Scholars, entweder auf der DVD oder als CD:



    :hello:
    Thomas

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    und auch mein blaues Ohr!
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    - H. Heine -

  • Von Byrd war ich auch schon recht früh angetan, allerdings mehr von seiner weltlichen Musik.
    Mit der Polyphonie der Renaissance tue ich mich noch etwas schwer.


    Neben diversen einzelnen Werken auf etlichen CD's habe ich bisher leider nur eine Aufnahme die nur ihm gewidmet ist.



    Consort and Keyboard Music
    Rose Consort of Viols / Red Byrd



    Ich habe ja eine spezielle Vorliebe für die sogenannte "Consort Music" und spare für die oben genannte Aufnahme mit Emma Kirkby :D
    Gibt es eigentlich auch eine Aufnahme mit seinen Madrigalen ? Da bin ich bisher nicht fündig geworden.



    jedenfalls bin ich für den Thread und die CD Tipps sehr dankbar!


    :jubel::jubel::jubel::jubel:

  • Lulliste, nein , eine CD explizit NUR mit Byrd-Madrigalen ist derzeit nicht im Handel und das liegt daran, das Byrd dem Madrigal weniger Aufmerksamkeit schenkte als seine Zeitgenossen Weelkes und Morley, nur um 2 bedeutende zu nennen. Die "Kings Singers" jedoch haben reichlich Byrd im Programm und die hier aufgelisteten Scheiben kann ich guten Gewissens uneingeschränkt empfehlen:



    Rooley ist hier vom Preis/Leistungsverhältnis unschlagbar ! (JPC)



    Die Scheibe mit Emma Kirkby ist sehr schön, aber mit deinem "Umgehen" der Geistlichen Werke des Meisters legst du dir selber Verzicht auf. Byrds geistliche Werke sidn keinesfalls das herkömmliche Renaissance-Polyphonie-Gewirr sondern ers steht mit seinen Werken an der Schwelle zum Barock. Es gibt da geniale HellDunkel-Konstellationen und kühne Harmonik, die an Gesualdo und Schütz denken lässt.


    Die Naxos-Scheibe in deinem Besitz ist (leider) nur guter Durchschnitt.

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  • ersteinmal vielen Dank für die beiden Tipps.


    :jubel::jubel::jubel::jubel:



    Ich habe zwar noch etwas Schwierigkeiten mich längere Zeit auf die geistliche Musik dieser Zeit einzulassen, was aber nicht heißt, dass ich sie vollkommen für mich ausklammere.
    Die Großartigkeit dieser Musik würde ich nie in Frage stellen ich entdecke das für mich nur in kleineren Dosen :D



    Ich finde die Aufnahmen des Rose Consort of Viols eigentlich ganz gut, aber vergleicht man z.B. die Aufnahmen von Marais mit denen von Savall dann weiß ich was Du meinst.

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  • Die oben schon besprochenen drei Messen von Byrd hat auch Alfred Deller, einer der Pioniere im Counterfach, mit seinem Consort aufgenommen und zwar um 1970 herum. Trotz des Alters kann die Aufnahme durchaus noch den mit Tallis Scholars, Huelgas Ensemble oder The Sixteen sozialisierten Ohren gefallen. Was um so erstaunlicher ist, wenn man hört, was zeitgleich so mit alter Musik gemacht wurde.





    :hello:
    Thomas

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    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -


  • Der Sweelinck gefällt mir zwar besser, aber der Byrd ist auch großartig :jubel:.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Mal wieder eine Byrd-Empfehlung:



    The Byrd Edition Vol. 2
    The Cardinall's Musick unter Andrew Carwood


    BBB hat in seiner Einleitung schon auf diese, als Gesamteinspielung der geistlichen Werke angelegte Edition hingewiesen. Ich kenne nur den zweiten Teil daraus, aber die CD hat den Wunsch geweckt, die anderen acht bisher erschienen Teile nach und nach auch zu erwerben.


    Das Ensemble ist große Klasse! Es singt wunderbar ausgewogen und hat einen tollen satten Klang. Ich bin begeistert!


    Drei Stücke auf der Aufnahme möchte ich besonders erwähnen. Zum einen das 6-stimmige O salutaris hostia, ein harmonisches Abenteuer ohne Gleichen. Derartige "Verstimmung" hätte ich bei Byrd nicht erwartet. Man lernt eben nie aus... Das booklet erklärt, wie´s zustande kommt: Das Stück basiert auf einem 3-stimmigen Kanon, der von drei weiteren Stimmen imitiert und umspielt wird. Durch die strikte Durchführung des Kanons kommt es zu Querständen und anderen harmonischen Unfällen. Sehr spannend!


    Die zwei Schlußstücke der CD, das 6-stimmige Deus in adjutorium und das 8-stimmige Ad Dominum cum tribularer, erzählen von Byrds persönlicher Lage als Katholik unter den Repressionen der anglikanischen Kirche (Einzelheiten dazu gibt es weiter oben zu lesen). Der Text vom Deus adjutorium meum soll das verdeutlichen. Die autobiographischen Bezüge, die Byrd darin fand, sind offensichtlich:


    Zitat

    Eile, Gott, mich zu erretten, Herr, mir zu helfen!
    Es müssen sich schämen und zuschanden werden, die nach meiner Seele stehen; sie müssen zurückkehren und gehöhnet werden, die mir übels wünschen,
    daß sie müssen wiederum zu Schanden werden, die da über mich schreien.
    Freuen und fröhlich müssen sein an dir, die nach dir fragen; und die dein Heil lieben, immer sagen: Hochgelobt sei Gott!
    Ich aber bin elend und arm. Gott, eile zu mir, denn du bist mein Helfer und Erretter; mein Gott, säume nicht!


    :hello:
    Thomas

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  • Für welche Ladye Nevell Byrd etliche seiner Kompositionen für Tasteninstrumente zu einem Sammelband zusammenfasste, ist heute nicht mehr mit Gewissheit zu sagen. Man muß es jedenfalls fast als Wunder bezeichnen, dass dieses Unikat sich bis heute erhalten hat. Zwar sind etliche der darin enthaltenen Stücke auch in andere Veröffentichungen eingegangen, so hat Byrd sie doch in My Ladye Nevells Booke in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht und teilweise miteinander verknüpft, sodass man durchaus von einer zyklischen Anlage sprechen kann. So gehören z.B. die Stücke 3-5 eng zusammen: The march before the battell - The battell - The galliarde for the victorie; es gibt zehn Pavanen und zehn zugehörige Galliarden usw., insgesamt sind´s 42 Stücke.


    Christopher Hogwood hat 1974/75 eine sehr schöne Einspielung des My Ladye Nevells Booke vorgelegt, die 3 CDs umfasst. Besonderes akkustisches Schmankerl sind dabei die verwendeten Instrumente, die IMO vom Tonmeister vorbildlich eingefangen wurden. Es sind allesamt Nachbauten historischer Vorbilder: ein Virginal und ein Cembalo nach flämischen Vorbildern (Ruckers), ein Cembalo nach italienischer Bauart und ein Orgelpositiv nach einem englischen Vorbild.


    Herausheben möchte ich das Virginal mit seinem eigentümlichen und äußerst interessanten Klang. Das Besondere daran ist, dass es sich um ein sog. Muselaar handelt, die Klaviatur also rechts statt links oder eher mittig (wie beim Standard-Virginal) angeordnet ist. Weil dadurch der Anreißpunkt weiter zur Mitte der Saiten verschoben ist, klingt es grundtöniger.* Außerdem hat dieses Virginal noch eine kleine Spielerei zu bieten, nämlich ein sog. arpichordum. Das ist eine Vorrichtung, die im Baßregister kleine Metallstifte an die Saiten bringt. In Schwingung versetzt, berühren die Saiten diese Metallstifte, was ein metallisches Schnarren erzeugt. Hogwood weiß den Effekt in The Battell gekonnt einzusetzen. :D


    Im Gegensatz zum Virginal haben die beiden Cembali einen sehr obertonreich, manchmal geradezu schrillen Klang, wobei letzteres vor allem beim flämischen Instrument ausgeprägt ist.


    Hogwood setzt die vier Instrumente abwechslungsreich ein, wobei er das Virginal bevorzugt - völlig zu Recht, wie ich finde.


    Insgesamt ist das eine sehr empfehlenswerte Einspielung, bei der so ziemlich alles stimmt. :jubel:



    William Byrd: My Lady Nevells Booke 1591
    Werke für Cembalo, Orgel und Virginal


    Christopher Hogwood



    herzliche Grüße,
    Thomas



    *Diese Passage wurde editiert. Danke an Hildebrandt für die Berichtigung und Ergänzung! :jubel:

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  • Nachdem sich an der "Byrd-Front" lange nichts gerührt hat, kann ich hier mit einer Einspielung von "My Ladye Nevells Booke" aufwarten, welche die verdienstvolle, nun aber schon etwas in die Jahre gekommene Aufnahme Christopher Hogwoods als Referenzeinspielung ablösen kann. Über das Werk als solches will ich hier nichts weiter vermelden, denn alles Mitteilungswürdige hat mein geschätzter Vorredner bereits gesagt.


    Elizabeth Farr, die mich schon bei ihrer Aufnahme der Tastenwerke von Peter Philips die Ohrren fledermausartig ausfahren liess, hat hier eine Deutung einer der schönsten Sammlungen für Cembalomusik vorgelegt, die mir geeignet scheint, selbst notorische Cembalo-Hasser mit fliegenden Fahnen ins "andere" Lager überlaufen zu lassen ! :jubel:


    Beginnen wir mit dem Klang der Aufnahme: die Instrumente befinden sich im RAUM und nicht im KOPF, was ich bei mehr als einer ansonsten verdienstvollen Einspielung leidvoll zu konstatieren hatte.


    Der einzige fragwürdige Punkt bleibt für mich die Auswahl eines "Laurtenwerk-Nachbaues", bei dem es sich um ein Instrument handelt, von dem ein einziger Korpus in einem Museum "ohne Innenleben" überlebt hat, das sich der Instrumentenbauer so gut es eben ging, aus Praetorius herausgelesen hat. Für mich hat diese, zugegeben "wohlklingende" Kiste nichts, was nicht auch ein Lautenzug an einem anderen Instrument ezeugen könnte, aber seis drum !


    Das schönste Instrument, das Elizbabeth Farr hier verwendet, ist ein einmanualiges Cembalo von Jerome de Zentis aus dem Jahr 1658, das umso mehr bedauern lässt, daß nur so wenige, auch heute noch voll einsetzbare Instrumente aus jener Zeit auf uns gekommen sind.


    Die beiden anderen verwendeten Instrumente sind doppelmanualige Repliken nach Ruckers aus 1624 bzw.1640. Details befinden sich auf der Website des Instrumentenbauers


    http://www.keithhillharpsichords.com


    Über die Interpretaion der Werke durch Frau Farr lässt sich nur Erfreuliches vermelden, vermeidet sie doch Verzierungen jener Art, die die Grundstruktur
    eines Werkes bis zur Unkenntlichkeit verfremden, weil sie eigentlich nur noch aus "gebrochenen" Akkorden bestehen. Hier wird jedem Stück der Charakter zugemessen, der ihm gebührt.


    Wer auf die verdienstvolle, aber leider doch überteuerte Gesamteinspielung der Tastenwerke von Byrd unter Moroney verzichten will (oder muss ! :( )
    ist mit dieser, auch preislich unschlagbaren Aufnahme bestens bedient !


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Servus Obsi,


    neben der hier schon erwähnten Gesamteinspielung der Vogel-Lieder durch Moroney kann ich dir aus dem Stehgreif folgende Aufnahmen guten Gewissends empfehlen:


    Trevor Pinnock:


    Die sicher klaviertechnisch fuminanteste Aufnahme der "Bell-Variationen", allerdings als Ganzes KEIN "Nur-Byrd-Programm" !



    Patrick Ayrton:


    Ein sehr beachtliches Byrd-Recital auf einem schönen Instrument:



    und last not least natürlich der großartige Andreas Staier mit seinem Teldec-
    Byrd-Recital vom Feinsten:



    (im Moment vielleicht nicht ganz einfach zu beschaffen, aber auch als downlaod möglich !)


    Habe die Ehre !


    :hello:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • und habe er dank, großer!


    ich bin grad beim bestellen im cduniverse, und da stehe ich vor der entscheidung: moroney oder ayrton (bei gleichem preis von ca. 16 eiern brutto).
    nachdem ich kürzlich mit den bull- und tallis-cds von rachelle taylor bzw. kevin komisaruk bei atma nicht so zufrieden war, wollte ich mir den segen des himmels einholen...


    :beatnik:

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear


    Diese Einspielung habe ich heute im Laden nochmals ausführlich probegehört, konnte mich aber nicht damit anfreunden. Tolle Instrumente, erstklassig aufgenommen, aber sie spielt die Stücke alle im gleichen engen Rahmen eines bestimmten Grundtempos der kleinsten Notenwerte, was es mir auf die Dauer zu gleichförmig macht.


    Wenn ich im Vergleich Byrd von Skip Sempé höre (Moroney habe ich leider noch nicht gehört), da gibt es brisante Unterschiede zwischen den verschiedenen Tanzrhythmen, die den Stücken zugrunde liegen. Und da kommt dank temperamentvollen Spiels auch die leidenschaftliche Seite dieses Musikers voll zur Geltung:



    William Byrd, Virginals and Consorts, Capriccio Stravagante, Skip Sempé (Astrée, leider gestrichen)



    Pavana - the Virgin Harpsichord, Skip Sempé (mit Olivier Fortin und Pierre Hantai in einigen Stücken) (Astrée, noch lieferbar)

  • Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie ein- und dieselbe Aufnahme es vermag, die Geister zu scheiden. Ähnliches war mir schon bei den Einspielungen Gilberts aufgefallen, die für die einen den Inbegriff inspirierten Musizierens, für andere jedoch lediglich als endlose Steppe für gepflegte Langeweile gelten.


    Nun lassen es bedeutende Musikwerke, (um ein solches handelt es sich bei "My Ladye" ohne Zweifel, immer mehr als nur EINE Lesart zu und es bleibt dem individuellen Geschmack des Hörers überlassen, was bei ihm einen "Nerv trifft" oder was unbeeindruckend vorüberrauscht...


    Vielleicht macht es wirklich Sinn, die Werke noch einmal, und dann, wenn irgendmöglich, vielleicht NICHT wie ein sinfonisches, oder Suitenwerk hintereinander zu hören, sondern einzeln und nach Stimmungslage auf sich einwirken zu lassen.


    Farr gibt den Stücken durchaus eine individuelle Farbgebung: ich habe dafür noch einmal beispielhaft "The Flute and the Droome"
    und die berühmten "Walshingham-Variationes" gehört; Stücke, die auch vom Interpretationsansatz kaum unterschiedlicher sein können, aber seis drum:
    individuelle Erfahrung und das persönliche "Er-Leben" von Musik ist wohl kaum zu vermitteln und der leidige Beruf des Kritikers besteht nicht zuletzt auch darin, die Euphorie, die er beim Hören empfand, beim lesend-hörenden Gegenüber nicht wiederzufinden...


    Ich hab heute noch eine Rezension der Aufnahmen gefunden, die im großen Ganzen das bestätigt, was ich dazu zu sagen hatte:


    Guido Fischer im "Rondo-Magazin", Dezember 2007


    Zitat

    Satt und warm werden da die Akkorde zerlegt, zerrieben, werden sie gedankenvoll mit herrlichsten Verzierungen umspielt. Und zwischendurch taucht in diesem knapp siebenminütigen Kunstwerk eine verlockend-schöne Melodie-Initiale auf. Als Sahnehäubchen auf diese Metamorphose von Musik. Allein dafür hätte sich eigentlich Elizabeth Nevell vor William Byrd auf die Knie werfen müssen, um diesem Fürsten der altenglischen Virginalmusik zu danken. Doch Byrd hatte nach dem Cembalostück "My Ladye Nevells Grownde" noch Weiteres im Sinn. Genauer: Es sollten 41 Stücke für die scheinbar hochtalentierte Cembalistin folgen. Galliarden und Pavanen, kleine Märsche und lautmalerische Charakterstücke. 1591 erschien diese Sammlung unter dem Titel "My Ladye Nevells Booke" in einer ledergebundenen und reich dekorierten Luxusausgabe. Und seitdem gilt dieses Konvolut als eines der wertvollsten Dokumente der Elisabethanischen Musik. An Einspielungen, die sich auf Ausschnitte kapriziert haben, mangelt es einerseits nicht, hatte sich ja gar ein Glenn Gould als Fan dieses Goldenen Zeitalters geoutet. Wer aber die Gesamtaufnahme der in den USA lehrenden Cembalistin Elizabeth Farr nur ein einziges Mal genossen hat, der muss ab sofort jedes Byrd-Potpourri als Sakrileg empfinden. Die erst unlängst für ihre Rehabilitierung des Cembaloschaffens von Elisabeth-Claude Jacquet de La Guerre ausgezeichnete Farr gehört zu der raren Spezies jener Interpreten, die bei aller historischen Ausrichtung über einen sprechenden Vortragsstil verfügt. Zwischen scheinbarer Unbekümmertheit und deklamatorisch-madrigalesker Tiefe ist sie mit einem ausgeprägten Stilbewusstsein bei der Sache, um den harmonischen, melodischen und rhythmischen Modellen hochkonzentriert bis in die kontrapunktischen Figurationen hinein den wahren Puls zu fühlen. Und weil jedes der 42 Stücke ein ganz eigenes Innenleben besitzt, hat Elizabeth Farr sich den entsprechend passenden Instrumentenpark zusammengestellt: von einem rekonstruierten Lautenwerk über ein einmaliges Cembalo von Jerome de Zentis bis zu zwei Ruckers-Repliken. Dass dieser Aufwand sich gelohnt hat, belegt aber schon das Glücksgefühl, das einen beim Hören erfüllt.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Zitat

    Original von BigBerlinBear


    Ich hab heute noch eine Rezension der Aufnahmen gefunden, die im großen Ganzen das bestätigt, was ich dazu zu sagen hatte:


    Und die hättest Du lieber im kleinsten Raum Deiner Wohnung verbraucht. :D
    Für mich steht da ein unerträglicher Mischmasch aus Rezensentengeschwurbel und solidem Halbwissen. Neu ist für mich lediglich die Schreibweise des italienischen Cembalobauers. Alle bisher bekannten Varianten glaubte ich schon gelesen zu haben, da gelingt es dem Rondo-Magazin, noch eine neue zu erfinden bzw. nachzuplappern.


    Ne, lieber BBB, damit hast Du weder Frau Farr noch Willy Vogel einen Gefallen getan. Deine Worte sind mir da auf alle Fälle lieber und hätten so eine Appendicitis nicht nötig gehabt.


    Nix für ungut. :angel:

  • Der Punkt, der mich an Frau Farrs Aufnahme gestört hat, ist der Mangel an Unterschied in Tempo und Charakter zwischen Stücken verschiedenen Grundcharakters. Wenn eine Pavane und Gaillarde im gleichen Tempo und der gleichen Oberflächenbewegung erscheinen, dann stimmt da etwas nicht. Wenn der Rondo-Rezensent das nicht merkt, hat er keine Ahnung, oder die 3 CDs nicht oder nicht ganz oder nur beim Essen gehört. (Das macht diese Zunft öfter als man denkt, wobei ich ihre zahlreichen seriösen Vertreter hier ausdrücklich ausnehme.)
    Wie gesagt, sehr schöne Instrumente und sehr schön aufgenommen, aber was nützt das, wenn sie Tempo und Charakter der Stücke nicht differenziert - genau dieser Punkt hat mich früher vom Kauf vieler CDs mit sehr früher Cembalomusik abgehalten. (Sogar Glenn Gould hat in seiner Aufnahme auf dem modernen Klavier diese Unterschiede hinbekommen!) Das passiert auch renommierten Spielern - z.B. Sergio Vartolo auf seiner Froberger-Einspielung auf Naxos. Wenn man das mit anderen Einspielungen vergleicht .....


    Byrd, Gibbons, Tomkins, Bull, Farnaby - das waren Virtuosen, und in deren Musik gibt es die ganze Palette von rasend schnellen bis zu meditativen Passagen. Das kann man nicht alles nur in einer mittleren Tempoebene abhandeln. Ich empfehle ausdrücklich Sempés CD "Pavana", oder Pierre Hantai's CDs mit John Bull oder Giles Farnaby, da sitzt man vor Spannung auf der Stuhlkante im einen Stück, und träumt vor sich hin im nächsten.

  • Zitat

    Ne, lieber BBB, damit hast Du weder Frau Farr noch Willy Vogel einen Gefallen getan. Deine Worte sind mir da auf alle Fälle lieber und hätten so eine Appendicitis nicht nötig gehabt.


    Moin Hildebränd,


    also ich glaub, da irrst Du, denn potentielle, vor allem im Hören von alter
    Musik noch ungeübte Musikfans greifen wohl eher zu sonem gesalbten Palaver, der MIR in dieser Form ganz sicher nie aus der Feder geflossen wäre, eher hätte ich mir die Hand abhacken lassen...



    Die einzigen Gemeinsamkeiten zwischen Herrn Fischer und mir sind:


    ihm gefällt die Interpretation und seine Beschreibung des Spieles von Frau Farr ist nachvollziehbar.


    Zum Thema "Halbwissen". Immerhin bezeichnet sich der Herr als "gelernter" Muskwissenschaftler, aber das bedeutet heutzutage offensichtlich wirklich nicht (mehr) viel.


    Viel interessanter für mich wär DEINE Einschätzung der 3 Scheiben gewesen, aber vielleicht kommt die ja noch. Ich warte.... :boese2:


    Miguel:


    Als Antwort auf meine Einlassung zitierst Du Dich selbst aus deinem 1.Posting ohne auf meine Argumentation einzugehen, was ich so hinnehmen muss, auch wenn ichs nicht sonderlich originell finde....

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    greifen wohl eher zu sonem gesalbten Palaver, der MIR in dieser Form ganz sicher nie aus der Feder geflossen wäre, eher hätte ich mir die Hand abhacken lassen...


    :D


    Zitat

    Zum Thema "Halbwissen". Immerhin bezeichnet sich der Herr als "gelernter" Muskwissenschaftler, aber das bedeutet heutzutage offensichtlich wirklich nicht (mehr) viel.


    :yes:


    Zitat

    Viel interessanter für mich wär DEINE Einschätzung der 3 Scheiben gewesen, aber vielleicht kommt die ja noch. Ich warte....


    Erst sagst Du mir, ob ich die wirklich neben den kompletten Moroney und das Ladye-Nevells-Book von Hogwood in mein Regal stellen muss. Die finde ich nämlich gar nicht so in die Jahre gekommen und fühle mich eigentlich völlig zufriedenstellend ausgestattet damit.

  • Also der Moroney lohnt sich wirklich, wenn er bloß nicht soo arg teuer wär !
    Von den Byrd-Einzelscheiben sind mir die Recitals von Leonhardt bei Alpha und natürlich Staier die Liebsten.


    Von Christine Schornsheim hab ich gehört, daß sie auch eine Byrd-Auswahl einspielen will, ist aber noch nicht ganz spruchreif. In "The Bells" ist definitiv Staier unübertroffen, obwohl ich den Wert der Variationes nicht soo hoch einschätze wie andere, ist mir da doch manches einfach zu plakativ.


    Mir fällt da immer nur jenes Froberger-Stück ein, wo jemand über einen Sturz auf der Treppe zu Tode kommt und was durch seine absteigenden Läufe derart dargestellt wird, daß ich mir, trotz des ernsten Gegenstandes, das Grinsen nicht verkneifen kann. (Am schönsten nachzuhören in der Froberger-Gesamteinspielung von Egarr !) :D

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Mir fällt da immer nur jenes Froberger-Stück ein, wo jemand über einen Sturz auf der Treppe zu Tode kommt und was durch seine absteigenden Läufe derart dargestellt wird, daß ich mir, trotz des ernsten Gegenstandes, das Grinsen nicht verkneifen kann. (Am schönsten nachzuhören in der Froberger-Gesamteinspielung von Egarr !) :D


    ist das ähnlich wie der tombeau de m. de blancrocher von couperin-oncle?

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Also der Moroney lohnt sich wirklich, wenn er bloß nicht soo arg teuer wär


    Auf dem Marktplatz wirds erträglich.


    Um eine Antwort hast Du Dich aber herumgedrückt. :D


    Anlässlich der Jacquet-Aufnahme Farrs hatte ich schon anderswo geschrieben:

    Zitat

    Mit dieser Doppel-CD hat es Farr in die Bestenliste der deutschen Schallplattenkritik geschafft
    – nicht ganz zu Unrecht, denn sie spielt blitzsauber und sehr souverän auf einem wunderbar klingenden Instrument, das vielleicht ein bisschen zu hallig aufgenommen ist.
    Aber sie spielt manche Sätze einfach zu langsam. Alles klingt so, als wäre Jacquet nie über ein etwas geschwinderes Andante hinausgekommen, als wäre Allegro ein Fremdwort – von Presto ganz zu schweigen.


    [SIZE=5]Notabene: Dass Herr Fischer andere Berufe mit vielleicht mehr Erfolg ergriffen hätte, beweist der einfache Umstand, dass seine Behauptung, Frau Farr sei "erst unlängst für ihre Rehabilitierung des Cembaloschaffens von Elisabeth-Claude Jacquet de La Guerre" ausgezeichnet worden, völlig außer Acht lässt, dass eine ganze Reihe älterer Gesamteinspielungen der Jacquetschen Suiten mindestens ebenso gut ist. Mir sind zum Beispiel Cerasi und Meyerson wesentlich lieber.[/SIZE]


    Miguels Einwände kommen mir also nachvollziehbar vor, wenn sie Byrd genauso spielen sollte wie Jacquet.

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Miguel:


    Als Antwort auf meine Einlassung zitierst Du Dich selbst aus deinem 1.Posting ohne auf meine Argumentation einzugehen, was ich so hinnehmen muss, auch wenn ichs nicht sonderlich originell finde....


    Ich weiss nicht, wie ich es anders sagen sollte ..... Hildebrandt hat das ganz gut angedeutet. In den langsam zu spielenden Stücken finde ich sie sehr ansprechend, da kann ich Dein Urteil auch sehr gut nachvollziehen, aber es fehlt eben ein Allegro oder Presto in der Tempopalette. Bei Sempé oder Staier - dessen Byrd-CD ich auch sehr schätze - gibt es das eben. Mit welcher Begründung spielt Frau Farr die Gaillarden so langsam?


    Ich habe manchmal den Eindruck, da gibt es eine bestimmte Interpretationsschule, die alle Tempi auf diese Art fast einebnet. Ich hatte mal eine Froberger-CD einer Cembalistin beim Label Opus, der Name ist mir entfallen, die machte es ähnlich - die Giguen waren nicht wesentlich schneller als die Sarabanden. Das kann ich nicht nachvollziehen. Eine CD mit nur Allemanden und Sarabanden von Frau Farr würde ich mir wahrscheinlich kaufen ...

  • Ich habs getan.



    Und ich muss sagen, dass die Aufnahme bei mir sehr zwiespältige Eindrücke hinterlässt.


    Da sind die Instrumente. Das Lautenwerk ist eine seltsame Angelegenheit, darüber steht oben schon etwas von BBB.
    Aber auch der eine Ruckers-"Nachbau" ist schon seltsam, denn wenn es irgendetwas bei Ruckers nicht gegeben hat, dann ist das ein 16'.
    Für meinen Geschmack ist der Italiener, das einzige Original in der Auswahl, zu grob intoniert, "überzupft" nennt man so was. Wenn die Anreißgeräusche so stark wie hier sind, wird es leicht schepprig.
    Bis auf den Italiener klingen aber alle Instrumente sehr schön, auch wenn ich für Byrd andere genommen hätte.


    Und dann ist da Frau Farr. Wie bei Jacquet de la Guerre spielt sie sehr sauber, aber wirklich die Hälfte der Sätze zu langsam, was nicht an ihren technischen Fähigkeiten liegt, aber den Eindruck vermittelt, Byrd hätte nur für minderbegabte Laien komponiert und Virtuosität käme bei ihm nicht vor.
    Damit verschenkt sie viel von den möglichen Wirkungen, z. B. gerade "The Battell" kommt als eigentlich eher gemütliche Feierabendbeschäftigung rüber.


    Über allen Zweifel erhaben ist die Aufnahmetechnik, die den Klang wirklich hervorragend eingefangen hat. Insofern hört man hier eine zu etwa 50 % wunderbar geratene Byrd-Aufnahme, für die anderen 50 % wünscht man Frau Farr a bissl mehr Temperament.


    Verglichen habe ich auch. Seit Weihnachten :D kann ich das hier hören:



    Zum eisernen Bestand gehört das:


    4109950GMAL.jpg


    Und seitdem Miguel mein Geld ausgibt auch das:



    Zwar frage ich mich hin und wieder, was Sempé und seine Assistenten vorher wohl geraucht haben, aber wer Spaß an exorbitant virtuosem Zusammenspiel gleich dreier Cembali hat, hier wird er bestens bedient. Aber auch die Melancholia kommt nicht zu kurz.


    Die Byrd-Referenz, wenn man das so sagen will, hat fürs erste wohl Moroney aufgestellt, obwohl Hogwood wahrlich nicht schlechter ist. Moroney macht es noch ein bisschen ausgefuchster, artikuliert wie ein Weltmeister und kann auch noch mit der Orgel in Toulouse punkten.


    Wer Byrds Tastenwerk ganz möchte, sollte sich aufraffen und die derzeit knapp 60 Taler für Moroneys Einspielung ausgeben.


    Wer nur mal einen wunderbar gespielten Überblick über die englischen Virginalisten bekommen will, dem empfehle ich diese zwar mittlerweile betagte (das ist bestimmt das 4. oder 5. Cover nach der ersten Veröffentlichung als LP), aber unglaublich springlebendig wirkende Aufnahme von Trevor Pinnock:



    Neben Byrd gibt es Tallis, Gibbons, Bull, Randal, Farnaby und zum Schluss das Prunkstück von Thomas Tomkins: Barafostus' Dreame (mit e hinten). Einen so genialen Pinnock hört man auf keiner anderen Aufnahme, jawoll. :D

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    ..... Und seitdem Miguel mein Geld ausgibt auch das:



    Zwar frage ich mich hin und wieder, was Sempé und seine Assistenten vorher wohl geraucht haben, aber wer Spaß an exorbitant virtuosem Zusammenspiel gleich dreier Cembali hat, hier wird er bestens bedient. Aber auch die Melancholia kommt nicht zu kurz.


    :D :hahahaha: :hello: :yes:



    Aber ehrlich: Hast Du schon mal ein so schön klingendes Virginal gehört wie das von Skowronek, das Sempé hier spielt?



    Ich habe übrigens vor ein paar Tagen bei berkshire record outlet in den USA ein Exemplar von Moroneys Gesamtaufnahme für $ 40 plus Porto ergattert .....

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