Leon Fleisher

  • ich bin mir relativ sicher vor einiger Zeit eine Aufnahme im Radio gehört zu haben von Leon Fleisher, der das Stück "Widmung" von Schumann spielte. Weiß jemand , auf welcher Platte das ist, bzw was für Platten es überhaupt mit Schumann-Musik von diesem Pianisten gibt?

    Eure Juliane

  • Fleisher hat u.a. Schumanns Liederzyklen als Begleiter (!) eingespielt und Schumanns Klavierkonzert unter Szell.
    Ob es jemals eine Platte oder CD mit Solomusik von Schumann mit Fleisher gab, entzieht sich leider meiner Kenntnis.

    ...

  • Hm, dann war es vielleicht ersteres oder es war ne Rundfunkaufnahme, die es nicht als Platte gibt. Wie würde denn die erste Platte genau heißen?

    Eure Juliane

  • Am besten, Du begibst Dich virtuell in die USA zu "www.tower.com" und gibst bei "advanced search" Fleisher und Schumann ein. Eines der Werke heißt "Dichterliebe". Sollte unschwer zu finden sein.

    ...

  • Widmung ist ein so weit ich weiß einzelstehendes Lied. Ich glaube nicht, dass eine Auswahl danach, ob Fleisher als Begleiter agiert, besonders sinnvoll ist, wenn es um das Lied selbst geht (es könnte aber eines der Liszt-Arrangements gewesen sein). Fleisher (*1928 ) war jahrzehntelang aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage zu konzertieren (Nervenlähmung o.ä.), hat dann aber wieder, zuerst wohl nur mit der linken Hand, gespielt.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Ich habe es überprüft, die "Widmung" ist bei den Liederzyklen leider definitiv nicht dabei (hätte ein Füller sein können).
    Tatsächlich konnte Fleisher rund 30 Jahre seine rechte Hand nicht benützen, ehe es 1995 zu einer Heilung kam.

    ...

  • Morgen,


    der dicke Bielefelder Katalog 2005 weist Leon Fleisher als Liedbegleiter wie folgt aus:
    Schumann, Liederzyklen Dichterliebe, Frauenliebe und -Leben, Lieder op. 24; Phyllis Bryn-Julson (Sopran), John Shirley-Quirk (Bassbariton), MW/Ara6700 (MusikWelt Tonträger Münster/Arabesque). Ferner gab es mit Fleisher, Szell, Cleveland Orchester, das Klavierkonzert op. 54 (CBS).


    Mit freundlicher Empfehlung
    Albus

  • Hallo!


    Diesen Pianisten hatte ich just durch diese CDs kennengelernt:



    Und diese Interpretation der Brahms-Konzerte finde ich so toll, da habe ich mich mal über Fleisher etwas schlau gemacht (bei Wikipedia). Anstatt den Text dort umformuliert zu rezitieren, zitiere ich lieber:


    Zitat

    Leon Fleisher (* 23. Juli 1928 in San Francisco) ist ein amerikanischer Pianist. Er spielte mit George Szell heute noch berühmte Aufnahmen der Klavierkonzerte von Beethoven, Brahms, Schumann und Grieg ein, ehe er in den 1960er Jahren aufgrund einer Erkrankung den Gebrauch der rechten Hand weitgehend verlor. Seither lehrte er vor allem. Außerdem nahm er noch verschiedene Werke aus dem Repertoire für die linke Hand auf. Er trat trotz seiner Einschränkung über dreißig Jahre ausschließlich als linkshändiger Konzertpianist auf. Seit 1998 ermöglicht es ihm die regelmäßige Injektion von Botulinumtoxin (Botox), mit der rechten Hand wieder nahezu ohne Einschränkungen zu spielen. 2007 wurde Fleisher mit dem Kennedy-Preis ausgezeichnet.


    Es sind bei unserem Werbepartner JPC tatsächlich einige neuere Aufnahmen (nach 1998 ) von Fleisher zu erwerben, u.a. die bereits erwähnten Schumann-Lieder und das Brahms-Klavierquintett mit dem Emerson-Quartett. Letzteres klingt für mich hoch interessant. Laut Alexander Kinsky ist die Aufnahme im Vergleich zu den Konzerten damals mit Szell aber eher von der ruhigen Sorte.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Widmung ist ein so weit ich weiß einzelstehendes Lied. Ich glaube nicht, dass eine Auswahl danach, ob Fleisher als Begleiter agiert, besonders sinnvoll ist, wenn es um das Lied selbst geht (es könnte aber eines der Liszt-Arrangements gewesen sein). Fleisher (*1928 ) war jahrzehntelang aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht in der Lage zu konzertieren (Nervenlähmung o.ä.), hat dann aber wieder, zuerst wohl nur mit der linken Hand, gespielt.


    viele Grüße


    JR


    Das Lied "Widmung" ist Nr. 1 des Liederzyklus Myrthen op.26- und bei Klavierenthusiasten berühmt in der Version Schumann/Liszt.


    Ich dachte immer Fleischer hätte nie aufgehört zu konzertieren- und die Nervenlähmung bezog sich nur auf die rechte Hand. (edit: siehe oben)


    Aber das sind alles Ergänzungen zu Bemerkungen die schon lange zurückliegen und vielleicht auch nicht mehr von Interesse sind.

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

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  • Ich habe diesen Thread zum Anlass genommen, die Fleischer gewidmete Doppel-CD aus der Reihe "Great Pianists" wieder zu hören:



    CD1
    W.A. MOZART: Sonate C KV330, (rec. 1958 )
    F. LISZT: Sonate h-moll, (rec. 1959 )
    N. ROREM: 3 Barcarolles, (rec. 1962 )
    A. COPLAND: Sonate, (rec. 1962 )


    CD2
    C.M.v. WEBER: Sonate Nr.4 e-moll, op.70, (rec. 1959 )
    M. RAVEL: Sonatine, (rec. 1958 )
    M. RAVEL: Alborada del gracioso, (rec. 1958 )
    M. RAVEL: Konzert D („für die linke Hand“)Baltimore Symph Orch/ Comissiona (rec. 1982 )
    S. RACHMANINOV: Paganini-Phapsodie op.45, Clevland Orch/Stell (rec. 1957 )


    Das ist alles feinstes Klavierspiel! Man freut sich über selten gespieltes Repertiore (Weber, Copland, Rorem)
    Besonders beeindruckt haben mich die Aufnahmen mit den Werken von Copland und Ravel (alle drei Stücke!), ich würde sagen:
    Alles Referenz-Aufnahmen


    Gruß pt_concours

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  • hallo in die runde,


    kennt jemand von Euch die neuerschienene fleisher-aufnahme mit schuberts b-dur klaviersonate, die hier und da wie das nonplusultra gefeiert wurde?



    herzlicher gruß, john

  • Zitat

    hallo in die runde,
    kennt jemand von Euch die neuerschienene fleisher-aufnahme mit schuberts b-dur klaviersonate, die hier und da wie das nonplusultra gefeiert wurde?


    Hi John!


    Ich kenne nur die neuaufgenommene, die ich Dir guten Gewissens ans Herz legen kann (allerdings: Gibt es irgendetwas von Fleisher, das man nicht empfehlen könnte?). Ich kenne kaum einen stilsichereren Pianisten als Fleisher, die Repertoireauswahl und die Aufnahmequalität sind exzellent. Für mich eine Scheibe für die Insel!


  • Sagitt meint:


    Nicht nur Schubert, obwohl Fleisher für mich eine der schönsten Aufnahmen spielt.


    Nein, die erste Transkription von Myra Hess, Jesus bleibet meine Freude, errreicht fast die überirdische Interpretation von Dinu Lipatti.


    Da hat einer tiefe Ruhe und Verwirklichung gefunden.


    Wunderbar.

  • Da es bei diesem liebevoll zusammengestellten Beitrag fast ausschließlich um Leon Fleisher geht, habe ich ihn und seine Kommentare aus dem Thread Mein liebster lebender Pianist - Die großen Fünf hierher verschoben und mir erlaubt, zur besseren Lesbarkeit ein paar Absätze einzufügen. J.R. II


    Das Wichtigste vorweg: ich habe keinen Lieblings-Pianisten. Und ich könnte mich auch wohl nicht auf fünf beschränken, wenn ich erst mal anfinge, darüber nachzudenken. Mir fällt aber schmerzlich auf, dass einer bisher nur am Rande erwähnt wurde, der noch immer (wieder) aktiv ist, einer, der ungerechterweise vor allem dafür berühmt ist, dass er es allzu lange nicht war, aktiv:


    Leon Fleisher, geboren 1928 in San Francisco, jüngster jemals von Artur Schnabel akzeptierter Schüler (der ihm für zehn Jahre dann auch treu gefolgt ist). Wenn ich eine Eigenschaft nennen müsste, die Fleisher einmalig macht, so wäre es vielleicht seine schon traumwandlerische Geschmacksicherheit. Seine klassisch strengen Interpretationen, vor allem aus der Zeit vor seiner Dystonie-Erkrankung, die ihn 1964 zum frühzeitigen Abbruch seiner überaus vielversprechenden Karriere als Konzertpianist zwang, scheinen mir von geradezu zeitloser "Richtigkeit" zu sein. Sicher: man könnte argumentieren, dass er zwischenzeitlich zum berühmtesten Interpreten des linkshändigen Wittgenstein-Repertoires avancierte, bevor er in den mittleren Neunzigern nach Rolfing (und überhaupt einer Odyssee mehr oder minder erfolgreicher Therapien) wieder erste "Gehversuche" unternahm, und nach der Jahrtausendwende dank Botox-Injektionen die eigentliche Rückkehr aufs Konzertpodium (und die erste Einspielung seit vierzig Jahren) als zweihändiger Pianist feierte.


    Man braucht kein "Was-wäre-wenn"-Tagträumer zu sein, um sich zu wünschen, es gäbe von Artur Schnabels vielleicht talentiertestem Schüler eine Gesamteinspielung der Beethoven-Sonaten - aber nein, keine einzige davon findet sich in seiner erschütternd übersichtlichen Diskographie. Man ist auch versucht, sich zu fragen, ob es ein Glück oder Unglück war, dass er bei Columbia bzw. Epic unter Vertrag war; soweit es die Klangqualität seiner frühen Aufnahmen betrifft, bleibt unklar, inwiefern die erhältlichen/käuflichen CDs repräsentativ sind, was die Vielschichtigkeit, die Subtilität, den Nuancenreichtum seines Anschlags anbelangt. Sogar die originalen LPs klingen teils verdächtig dünn und stahlig, z.B. abhängig davon, ob bei 33 Umdrehungen pro Minute bis zu eine halbe Stunde pro Seite geschnitten und damit der Frequenzgang "nach unten" allzu drastisch beschnitten werden musste (vergleiche z.B. die damalige Standard-Koppelung der Klavierkonzerte von Grieg und Schumann, eine volle Stunde Musik auf nur einer LP!). Das klingt auf den vom Mastertape (oh ja, das gab es alles mal zu kaufen in der guten alten Analog-Ära!) auf 9.5 mm Spulentonband gezogenen Kopien doch ganz anders!


    Wieso vor allem für die frühen CD-Ausgaben dieselben frequenzgang-beschnittenen Produktionsmaster wie für LPs herbeigezogen wurde, ist eine Frage, die man entweder mit einem zynischen Verweis auf die bei Sony Classical übliche Lieblosigkeit abhaken kann, oder bei deren Beantwortung man vielleicht (und dabei handelt es sich um eine Annahme bzw. Befürchtung meinerseits) eine in der Branche ungeliebte Entschuldigung wird anführen müssen, nämlich dass die originalen Session-Tapes altersbedingte Schäden aufweisen (man vergleiche dazu das natürlich dennoch viel "richtiger" klingende DSD-Remastering der Beethoven-Klavierkonzerte 3 und 4 in der sogenannten "Great Performances"-Serie), was unter anderem sehr von der verwendeten Marke besagter Magnettonbänder abhängt.


    Manche werden es auch für bedauerlich halten, dass Epic gegenüber RCA Living Stereo, Decca London etc. erst mit reichlicher Verspätung angefangen hat in Stereo aufzuzeichnen. Immerhin klingen die allerneuesten Remasterings auf CD nun aber so gut oder besser wie die besten Pressungen der originalen LPs (bei den manchmal auf eBay versteigerten Spulentonbändern hängt alles vom Zustand/der sorgfältigen Lagerung und Handhabung ab - altersbedingte Oxidschichtablösungen wie bei den originalen Masterbändern einiger Hersteller müssen da nicht sein). Anderseits darf man es wohl als historischen Glücksfall bezeichnen, dass George Szell und dessen Cleveland Orchestra ebenfalls bei Epic unter Vertrag waren, und so mit deren "Hauspianist" Fleisher, zumindest was die Konzerteinspielungen anbelangt, die Voraussetzung für eine legendäre Zusammenarbeit gegeben war (ob und wieviel Druck der legendäre Orchestertyrann Szell ausübte, kann man nur erahnen, mit Fleisher soll er ja ein Herz und eine Seele gewesen sein; es mag sich also um einen reinen Zufall handeln, dass Fleisher nicht der einzige unter ihm "dienende" Pianist war, dessen Karriere frühzeitig ein abruptes Ende nahm - Gary Graffman z.B. ereilte ein beängstigend ähnliches Schicksal).


    Einem augenscheinlichen Projekt, Leon Fleisher zum Achtzigsten eine eigene "Original Jacket Collection" Box (vgl. Glenn Gould, George Szell, Bruno Walter, Leonard Bernstein, Itzhak Perlman) zu widmen, scheint Sony Classical verworfen oder auf die lange Bank geschoben zu haben - ein Indiz dafür ist, dass einige eigens zu diesem Zweck aufbereitete Titel als CD-R-Kopien mit originalem Begleittext, Cover und Bildmaterial bei Arkivmusic.com in Lizenz aufgelegt worden sind.


    Was meine Lieblings-Einspielungen anbelangt, so möchte ich betonen, dass mir keine weniger als sehr gelungene Einspielung von Leon Fleisher bekannt ist, besonders nicht aus der Phase bis 1964. Für unverzichtbar halte ich (geordnet nach Aufnahme-/Erscheinungsjahr, man entschuldige die ursprünglich von mir in englischer Sprache angelegte Liste):


    • Schubert/Fleisher: Piano Sonata No. 21 D.960 (1954) – Columbia/Sony & United Archives
    (ein Klassiker: wenn es etwas gäbe, was mich davon abhielte, die Einspielung in einem Atemzug mit anderen Lieblingen wie jenen von Sviatoslav Richter, im Studio und live in Prag, und von Vladimir Sofronitsky, 1960 live in Moskau, zu nennen, dann dass Fleisher hier wie sein Lehrer Schnabel die Wiederholung im Kopfsatz auslässt, was er heute nicht mehr tut - allerdings gelingt ihm das so überzeugend wie sonst kaum jemandem)


    • Brahms/Fleisher: Handel Variations (1956) – Epic/Sony Masterworks Heritage
    (vielleicht doch erst nach Solomons [Cutner] Klassiker meine Lieblings-Einspielung, trotzdem ist es diese, die ich mir öfter anhöre...)


    • Brahms/Fleisher: Waltzes Op. 39 (1956) – Epic/Sony Masterworks Heritage
    (klassisch streng, zeitlos)


    • Rachmaninoff/Fleisher; Szell, CO: Paganini Rhapsody (1957) – Epic/Sony & Philips GPOC
    (egal ob auf einer Stufe mit oder hinter William Kapell anzusiedeln, und egal, ob das nun zu wenig schmalzig ist für zart beseitete Rachmaninov-VerehrerInnen, hier geht richtig die Post ab!)


    • Franck/Fleisher; Szell, CO: Symphonic Variations (1957) – Epic/Sony
    (wie immer mit bei den besten, wie Artur Rubinstein, Clifford Curzon, Earl Wild und Ivan Moravec, von dem mir die modernere seiner beiden Einspielungen zur Zeit besonders imponiert)


    • Brahms/Fleisher; Szell, CO: Piano Cto. 1 (1958 ) – Epic/Sony Masterworks Heritage
    (ich besitze vermutlich von keinem anderen Klavierkonzert mehr Alternativ-Einspielungen, und doch, auf die sprichwörtliche "einsame Insel" würde ich, ohne mit der Wimper zu zucken, diese mitnehmen - der Cellist Yo Yo Ma bezeichnet dies als die gelungeste Klavierkonzerteinspielung überhaupt. Siehe weiter unten...)


    • Ravel/Fleisher: "Alborada del Gracioso" No. 4 from Miroirs (1958 ) – Epic/Sony & Philips GPOC
    (gefällt mir kein bisschen weniger gut als Dinu Lipattis zehn Jahre älterer Klassiker)


    • Mozart/Fleisher: Piano Sonata K.282 (1958 ) – Epic/Sony
    (da reicht Fleishers Remake von 2005 schon nicht heran - generell aber bei Mozarteinspielungen von "Konkurrenzlosigkeit" zu sprechen, würde mir nie auch nur im Traum einfallen)


    • Mozart/Fleisher: Piano Sonata K.330 (1958 ) – Epic/Sony & Philips GPOC
    (auch darüber könnte man vielleicht streiten, allein, mich kümmert's nicht...)


    • Mozart/Fleisher; Szell, CO: Piano Cto. No. 25 (1959, cadenza by Istomin) – Epic/Sony
    (zusammen mit, eigentlich sogar noch vor Moravec/Marriner meine klassisch-strenge Lieblings-Einspielung - es gibt auch eine Live-Aufnahme aus Salzburg)


    • Weber/Fleisher: Piano Sonata No. 4 (1959) – Epic/Sony & Philips GPOC
    (konkurrenzlos, glaube ich zumindest)


    • Beethoven/Fleisher; Szell, CO: Piano Ctos. Nos. 1-5 (1959-61) – Epic/Sony
    (andere Gesamteinspielungen wie die Schnabels und Kempffs in Ehren, aber: natürlich, und daraus mache ich kein Geheimnis, besitze ich - und höre mit ebenso grosser Regelmässigkeit - Dutzende für mich genauso unverzichtbarer Konkurrenzeinspielungen jedes einzelnen der fünf Konzerte, aber nur ein Name findet sich auf meiner "Ewigenliste" bei allen fünf im jeweiligen Spitzentrio bzw. -quartet. Ebenfalls hörenswert: die Live-Aufnahmen vor allem des 4. Klavierkonzerts mit Klemperer, aber auch des 2. mit Rosbaud)


    • Schumann/Fleisher; Szell, CO: Piano Cto. (1960) – Epic/Sony & LITV
    (so grossartig wie Lipatti, in der Kombination mit Szells Orchesterbegleitung eigentlich unschlagbar, und obschon ich eine Anzahl weiterer berühmter Konkurrenz-Einspielungen besitze, höre ich keine davon mit grösserer Begeisterung - Schumann für die Insel)


    • Grieg/Fleisher; Szell, CO: Piano Cto. (1960) – Epic/Sony & LITV
    (eine der besten Aufnahmen, für mich zwar hinter dem schier übermenschlichen Michelangeli unter Frühbeck de Burgos anzusiedeln, aber für mich auf einem Level mit anderen Lieblingen wie Lipatti/Galliera, Curzon/Fjeldstad etc.)


    • Brahms/Fleisher; Szell, CO: Piano Cto. 2 (1962) – Epic/Sony Masterworks Heritage
    ("Lieben Sie Brahms?" Und wie, nur hier musste ich über die Jahre feststellen, dass selbst die höchstgelobten Konkurrenzeinspielungen bei mir im Vergleich Staub ansetzen, bloss diese nie - hat nicht der Komponist Hugo Wolf dies als die gelungenste Klavierkonzerteinspielung überhaupt bezeichnet? Siehe weiter oben...)


    • Brahms/Fleisher, Juilliard String Quartet: Piano Quintet Op. 34 (1962) – Epic/Sony
    (eine meiner Lieblingseinspielungen, zwar wohl hinter derjenigen mit Artur Rubinstein und dem Guarnieri Quartet, aber vielleicht doch vor Rudolf Serkin mit dem Budapest Quartet, Pollini und anderen - Fleishers Remake von 2006 mit dem Emerson String Quartet inklusive)


    • Copland/Fleisher: Piano Sonata (1962) – Epic/Sony & Philips GPOC
    (da reicht allenfalls noch William Kapell heran)


    • Kirchner/Fleisher: Piano Sonata No. 1 (1962) – Epic/Sony, Music&Arts & Albany
    (na gut, "Lieblingsaufnahme" wird ein relativer Begriff, wenn einem die Musik selbst gerade noch ausreichend gefällt, um sie sich hie und da wieder anzuhören - aber als Referenzeinspielung des Stücks wohl doch konkurrenzlos)


    • Rorem/Fleisher: 3 Barcarolles (1962) – Epic/Sony & Philips GPOC
    (hübsche Musik, nicht erinnerungswürdig genug, um nach einer noch besseren Einspielung zu suchen - von der ich sowieso bezweifle, dass es sie gibt)


    • Schubert/Fleisher: Piano Sonata No. 13 D.664 (1963) – Columbia/Sony
    (gefällt mir so gut oder besser wie Sviatoslav Richters Studioaufnahme, oder die gelungenste seiner diversen Live-Aufnahmen, nämlich 1979 in Tokyo, oder auch die Klassiker von Solomon [Cutner] und Myra Hess - der sichere Instinkt, mit dem Fleisher nur schon die Tempi wählt...)


    • Schubert/Fleisher: Wanderer Fantasy D.760 (1963) – Columbia/Sony
    (anders natürlich, aber genauso "gültig" wie Sviatoslav Richter und Artur Rubinstein)


    • Ravel/Fleisher; Comissiona: Piano Cto. in D "for the Left Hand" (1982) – Vanguard/Philips GPOC
    • Ravel/Fleisher; Ozawa, BSO: Piano Cto. in D "for the Left Hand" (1990) – Sony
    (Robert Casadesus, Samson François, Julius Katchen und Monique Haas in Ehren - das Non-Plus-Ultra wäre dennoch die hypothetische Synthese aus dem nuancierten Anschlag und daraus resultierenden unglaublichen Klangfarbenreichtum von Fleishers langsamerer späterer, und der Rhythmik und Prägnanz der früheren Einspielung, der ich unterm Strich schon aufgrund der Orchesterbegleitung den Vorzug geben würde, wenn ich das denn müsste...)


    • Britten/Fleisher; Ozawa, BSO: Diversions for Piano Left Hand & Orchestra (1990) – Sony
    (da reicht bestenfalls Julius Katchen unter der Leitung des Komponisten selbst heran - nicht einmal der sechzehn Jahre jüngere Fleisher selbst unter Comissiona)


    • Prokofiev/Fleisher; Ozawa, BSO: Piano Cto. No. 4 (1991) – Sony
    (ziehe ich insgeheim sogar den absoluten Klassikern wie Rudolf Serkin unter Ormandy vor, aber man muss sich schon eine Auszeit nehmen und sich der Überzeugung von Zeitzeugen wie Mstislaw Rostropovich anschliessen, dass Prokofieff im Herzen kein bisschen weniger sentimental war als gewisse andere russische Komponisten - hier wird der Flügel nicht zum Perkussionsinstrument)


    • Bach~Brahms/Fleisher: "Chaconne" for Piano Left Hand (1991) – Sony
    (eine bessere Einspielung kenne ich nicht - ich gebe aber gerne zu, dass ich mir die Chaconne noch lieber im Original, also mit Violine, anhöre)


    • Schumann/Shirley-Quirk, Fleisher: Dichterliebe Op. 48 "Nach Gedichten von Heinrich Heine" (1996) – Arabesque
    (Shirley-Quirk fehlt es hier zwar schon an jugendlicher Frische, aber er singt volltönend und ausdrucksvoll, und die Klavierbegleitung ist die wohl schönste seit Alfred Cortot - der Epilog zu "Die alten, bösen Lieder" wird zur Schumann-Sternstunde!)


    • Schubert/Fleisher: Piano Sonata No. 21 D.960 (2004) – Vanguard/Artemis
    (in den zwei letzten Sätzen wird zwar klar, dass Fleisher manuell, also rein technisch, mit seinem fünfzig Jahre jüngeren Selbst nicht mithalten kann; das ändert wenig daran, dass dies eine der "einleuchtendsten" Interpretationen ist, die es gibt: völlig stimmig und dabei nicht weniger persönlich. Der Sieg des Geistes über die Materie insofern, als dass das, was Fleisher will, über das hinauszuweisen scheint, was er schafft.)


    • Bach~Hess/Fleisher: "Jesu bleibet meine Freude" from Cantata BWV 147 "Herz und Mund und Tat und Leben" (2004) – Vanguard/Artemis
    (vielleicht hinter Dinu Lipattis späterer, aber sogar noch vor Myra Hess' verschiedenen eigenen Einspielungen, meine Lieblingsaufnahme des Stücks)


    • Bach~Petri/Fleisher: "Sheep May Safely Graze" (2004) – Vanguard/Artemis
    (Konkurrenzlos? Kann ich nicht beurteilen, würde mich aber nicht wundern.)


    • Chopin/Fleisher: Nocturne Op. 27 No. 2 (2004) – Vanguard/Artemis
    (ja, ich weiss, dass glaubt nun kein Mensch, und vielleicht kommt mir das Stück auch zu abgenudelt vor, als dass ich im Ernst ein Wochenende opfern würde, um mir im Vergleich nennenswerte Kokurrenzeinspielungen reinzuziehen, aber jetzt ohne Scherz, ich kenne Leute, die Fleisher für einen so instinktsicheren Chopin-Interpreten halten - tatsächlich hat er so gut wie keinen gespielt, geschweige denn eingespielt -, dass sie etwa seine Interpretation der Berceuse für unschlagbar halten. So weit würde ich wiederum nicht gehen.)


    • Bach/Fleisher: Chromatic Fantasy and Fugue BWV 903 (2005) – Vanguard/Artemis
    (zusammen mit Edwin Fischers und einer auf BBC Legends erhältlichen Live-Aufnahme von Wilhelm Kempff meine Lieblings-Einspielung)


    Liebe Grüsse aus der Schweiz, David.

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  • Cher David :


    besten Dank für diese grossartige und sehr korrekte Zusammenstellung der wohl erhältlichen Aufnahmen von LEON F L E I S H E R !


    Wegen seiner Erkrankung der rechten Hand schien Fleishers Karriere beendet, als er sich dann auf das Repertoire Klaviermusiki für die linke Hand spezialisierte und damit u. a. auch beim "Klavierfestival Ruhr" konzertiert hat .


    In der Tat verdanken wir ihm grossartige, bleibende Interpretationen, die Du ja auch zusammengestellt hast .


    Ein Höhepunkt dürften die beiden Brahms - Klavierkonzerte wie die "Händel-Variationen" von Johannes Brahms sein .


    Ich hatte früher eine Reihe seiner LPs; inzwischen sind die Aufnahmen grossenteils auch auf CD erhältlich .


    Wenig überzeugend finde ich die Schubertaufnahme Fleishers (B-Dur-Sonate D 960) aus 2004; aber gemssen an seiner Lebensleistung ist dies wenig bedeutend.


    A bientot,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat von Frank Georg Bechyna

    Cher David:


    besten Dank für diese grossartige und sehr korrekte Zusammenstellung der wohl erhältlichen Aufnahmen
    von LEON F L E I S H E R !


    Dem möchte ich mich unbedingt anschliessen!
    :jubel:
    Gleichzeitig möchte ich auch darauf hinweisen dass es zu Fleischer bereits einen eigenen Thread gibt
    Leon Fleischer


    Dort wäre der Beitrag eigentlich besser aufgehoben, man könnte ihn dorthin verschieben, oder den Beitrag dort nochmal (als Kopie) posten.


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Um Missverständnisse zu vermeiden: das war bloss eine Auflistung meiner Lieblingsaufnahmen von ihm, nicht etwa mit Anspruch auf Vollständigkeit oder so - ganz so wenig hat er dann doch nicht aufgenommen, zum Glück!


    Ob es sinnvoll wäre, meinen Beitrag im Leon-Fleisher-Thread als Kopie zu posten, kann ich nicht beurteilen. Und wenn: wer tut sowas, ich oder ein Moderator?


    (Sorry, wenn das ne doofe oder überflüssige Frage war, bin neu hier, noch ein waschechter Frischling.)


    :hello:


    Liebe Grüsse aus der Schweiz, David.

  • Zitat

    Original von acousticsguru


    Ob es sinnvoll wäre, meinen Beitrag im Leon-Fleisher-Thread als Kopie zu posten, kann ich nicht beurteilen. Und wenn: wer tut sowas, ich oder ein Moderator?


    (Sorry, wenn das ne doofe oder überflüssige Frage war ... )


    Weder noch lieber David. Einfach eine kurze PN an einen Moderator schreiben und der erledigt das dann.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Einfach eine kurze PN an einen Moderator schreiben und der erledigt das dann.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian


    Was hiermit geschehen ist. :hello: J.R. II

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  • Liebe Taminoeaner/innen
    Ich bin zwar 16 Jahre jünger als Leon Fleisher, aber trotzdem hat es viel zu lange, sehr viel zu lange gedauert, bis bei mir der Knoten geplatzt ist.


    Als ich in den Sechzigern die beiden Brahms Klavierkonzerte entdeckte und oft hörte, kannte ich zwar seine Aufnahmen mit Szell....
    aber sie war mir zu sachlich, ich kann es nicht genau sagen....
    jedenfalls haben mich Serkin mit Ormandy, Curzon, Katchen und auch der junge Barenboim mit Barbirolli mehr fasziniert, das war vollblutiger, expressiver.


    Vor ca 1 Jahr erreichte er mich endlich mit einer frühen (!) Aufnahme (ich glaube 1963) fast zufällig,
    denn ich sammle Schuberts B-Dur Sonate, da sie meine Lieblingssonate ist.
    Damit hatte ich nicht gerechnet, eine solche schlichte und dermaßen intensive Interpretation und gleichzeitig völlig unangestrengt. Mit meinen Lieblingsaufnahmen von Schnabel, Anda, Haskil und Sofronitzky, kann die Fleisher Aufnahme locker konkurrieren.


    Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, mehr kannte ich von ihm kaum, zumindest nicht gut..................und 30 Jahre Pause haben wohl auch Schuld dran. Dank Botox ist die Nervenlähmung weg, seit 1998 spielt er wieder beidhändig
    UND HEUTE (gestern, Sonntag, 14.3.2010) gabs im Hess.Rdfk den Mitschnitt seines RECITALS vom 19.11.2008 aus Brüssel


    Mir sind nicht nur fast die Zähne vor Staunen rausgefallen, die Wangen waren oft feucht, ich war einfach nur glücklich, dieser 80 jährige Pianist veredelte die Tasten des Flügels auf dem er spielte.
    Da es 1.15 in der Früh ist, werde ich morgen detailierter auf sein Programm eingehen.
    4 Werke von Bach vor der Pause, dann Debussy, Albeniz und Chopin.


    Gruß................"Titan"

  • das Du den Thread über Fleisher wieder hervorgeholt hast.
    Ich habe in den frühen 80igern quasi als Lohn ne LP-Box der Beethovenschen Klavierkonzerte erhalten und beim Rondo des 3. endgültig beschlossen, dass Kempff/Leitner nun zurück zu treten haben.
    Dann kamen div. andere Aufnahmen und dann die Frage. Wo ist der Kerl, was macht er?
    Dann die vage Antwort. Ein Leiden...später dann,.... die Lähmung der rechten Hand
    Aber als ich die CD "Two Hands" in die Finger bekam, habe ich sie sofort gekauft.
    Was ich verblüffend finde, ist sein völlig unsentimentaler und für mich(!!) absolut schlüssiger Zugang zu D960 von Schubert.
    Vorher habe ich nur bzw. fast nur Richter oder Richter "alike" gehört. Der wird auch nicht weg gestellt werden.
    Aber quasi als Nadir mag ich diese Aufnahme, - die aus den 50igern soll noch besser sein, ich kenne sie nicht.
    Aber so kann Schubert auch in Erinnerung bleiben.


    Gruß S.

  • Liebe Taminoeaner/innen
    Zurück zu meinem begonnenen "Glückserlebnis" von gestern abend.
    Bach, wie gesagt, zu Beginn. "Schafe können sicher weiden", die Aria aus der Kantate BWV 208.
    Vom ersten Ton an höre ich eine völlig uneitle Darbietung, fast wie aus einer anderen Sphäre gelangt die sanfte Melodik an mein Ohr. Ein singender Duktus kontrapunktistisch durchzogen, erklingt schlicht und erhaben, unglaublich eindringlich, linke und rechte Hand scheinen zu einer Einheit verschmolzen.
    Mittlerweile höre ich dieses Stück bereits etliche Male hintereinander, und ich erlebe es immer mehr wie ein warmherziges Gespräch, eine Dialektik quasi als Quintessenz über unser Dasein, aus den Händen eines weisen, reflektierten großen Pianisten. Das Besondere an dieser Komposition ist ihre Anrührung, die keine Sentimentalität kennt. Ein Juwel.


    Fünf Minuten später dann eine ganz andere Welt:
    Der jüngere Bruder Johann Sebastian drückt seinen Verlust über die Abreise des älteren Bruders Johann Jakob, nach Schweden, fast profan, in einer liebevollen, recht direkten Melodie aus, der atmosphärisch was brüderliches besorgtes anhaftet.
    Ich muß bekennen, daß ich zwar mit 9 Jahren anfing J.S. Bach im Chor zu singen, er immer zu meinem verehrtesten Komponisten gehörte, egal auf welchem anderen Musik-Trip ich mich in den vergangenen 50 Jahren befand. Natürlich gab es etliche Kantaten aber auch andere Werke von ihm , die ich nicht kannte, kaum oder auch nie gehört habe, auch wenn ich sie als Bach'sche Komposition erkannt habe/hätte. Dann erzählte mir Ende der neunziger Jahre ein Musikfreund im State NY von seinem favorisierten Bach'schen Klavierstück. Ich erwartete eine Partita, Goldberg oder eines der vielen bekannten Werke. Er fuhr fort, dieses Stück in meheren Konzerten von Rosalynn Turek gehört zu haben. >> Capriccio on the departure of a beloved brother << (BWV 992) "Was für ein Stück, fragte ich doch sehr irritiert (?), denn ich hatte von diesem kurzen Variations-Opus noch nie zuvor gehört. Peinlich.


    Mein Bekannter ging ans Klavier und spielte die "Hauptmelodie".
    Sie schlug bei mir wie ein wunderbarer "Ohrwurm" ein......
    und so ist es bis heute..........................
    die nachfogenden Variationen über das Hauptthema sprechen mich bis jetzt nicht so an.


    Fleisher spielt es wiederum zugewendet, fast staunend: "Du bist weg, mein Bruder, stimmt das wirklich?"........erneut ist es eine Art Erzählweise auf dem Klavier, in ruhigem, unaufgeregtem Ton, trotz des fragenden Charakters.
    Für mich ist es ein "untypischer" Bach, der trotz der barocken Verzierung fast eine Schumann'sche Atmosphäre verbreitet ("Albumblatt für die Jugend")


    Ich kann nicht einschätzen WIE bekannt dieses Werk in Deutschland ist....(???)eigentlich kann es nicht einen so großen Stellenwert wie in den USA haben....oder ich habe es schlichtweg nicht mitbekommen.


    Das 3. Stück von J.S. Bach ist dann die Chromatische Fantasie und Fuge in d-moll. (BWV 903) Dieses berühmte Werk spielte er überlegt zupackend und wunderbar strukturiert, wie gleichzeitig aufblühend und empathisch einschwingend, in großer und trotzdem bescheidener Geste, im Sinne eines wahren Dieners am Werk. Die zarten Passagen haben wiederum den Touch von humanistischer Attitüde. Dieser Pianist scheint in seinem Brüsseler Recital nie einen pianistischen Selbstzweck zu verfolgen.
    Stets scheint er die anwesenden Menschen in seiner pianistischen Auseinandersetzung mit dem Auf und Ab des Lebens einbeziehen zu wollen


    Dann folgte die berühmte Chaconne aus der Violinpartita, BWV 1004. Ich kenne diesen "Satz" (Werk) seit Ewigkeiten in Klavierfassungen, seitdem die Benedetti-Michelangeli-Aufnahme (von 1948) mich mit 17 Jahre gepackt hatte. Erst als ich den späten Nathan Milstein 1968 in Kiel mit der 2. Partita für Violine hörte, wurde mir der ursprüngliche Ansatz des Komponisten klar.


    Bis jetzt kannte ich nur die Bach-Busoni-Fassung........
    Fleisher spielte jedoch die Transkription von Brahms.
    Die war nicht besser oder schlechter, sondern ließ eine andere Empfindungswelt sich diskret und nicht vordergründig "romantisch"entwickeln.
    Das klare Strukturelement, das manchmal so "mathematisch" daher zukommen scheint, hat bei Fleisher ein freundschaftlich begleitendes und deswegen mitfühlendes Moment.
    Der Klavierton ist verhalten, im klassizistischen Sinne romantisch angelegt.
    Der Pianist führt seinem Publikum vor, daß es eine Philosophie der Brüderlichkeit gibt, wenn Menschen sich begegnen wollen........
    und unaufdringlich spielt er diese Botschaft mit dem Können seiner pianistischen Meisterschaft unter sein Publikum im Saal und an den Lautsprechern.
    Wiederholt lausche ich inzwischen auch diesem Opus, immer mehr bemächtigt sich meiner eine melancholische Stimmung. Zunehmend werden die Töne poetischer, klagender, die Stimmungsfarben scheinen eine Abstufung von nicht meßbarem freundschaftlichem Ausmaß zu haben. Ich sitze auf meinem alten Stuhl vor dem PC, schreibe, während sich dieses Klavierspiel in meiner Scheune ausbreitet, als ob sein Klang wie eine Politur die Eichebalken mit Musik überziehen wolle.....Es gibt ein Ausmaß an Veränderung in mir, um mich herum, ...................................................da spielt doch nur jemand Klavier, das kann doch gar nicht sein............
    Traum und Wirklichkeit zerfließen durch das Spiel eines außergewöhnlichen Mittlers, der für seine Botschaft, die eigentlich mit dem Wort >Liebe< zu den Menschen geadelt werden müßte.


    Morgen mehr über Teil 2 des Brüsselerer FLEISHER-Recitals vom 19.11.2008



    Gruß............................."Titan"

  • Sagitt meint.


    Danke für diesen berührenden Konzertbericht. Er deckt sich mit meinem Gefühl von two hands.


    Fleisher hat die Stufe eines Zen-Meisters erreicht. reine Spiel, ohne einen Ego-Beitrag.


    Das macht seine Interpretationen so überzeugend.


    Das ist keine Interpretation, das ist Spiel.

  • Liebe Taminoeaner/innen
    Ich möchte noch etwas fortfahren und zu meinem begonnenen "Glückserlebnis" von vorgestern abend zurückkehren.
    Teil 1, der BACH war für mich zwar der Höhepunkt, doch hat Fleishers "Konzept" es vermocht, mich Teil 2 mit Debussy, de Falla und Chopin nicht weniger intensiv erleben zu lassen.
    Mit "Konzept" meine ich weniger einen interpretatorischen Ansatz im Sinne seiner Lesart der Partitur, sondern den bereits erwähnten, singenden, eindringlichen Ductus, der in den Preludes durchaus auch eine subtile Aufrauhung erfährt.
    "Die versunkene Kathedrale" taucht geradezu in eine mystische Aura ein, anfänglich scheint sie darin zu versinken, bevor Fleishers perlende Töne an Durchsichtigkeit gewinnen, die den Blick auf die Kathedrale in den Konturen schärfen, als ob man Zeuge vor Ort wäre.
    Das 3. Prelude, "das Tor des Weins" bleibt mir - trotz eines guten Tropfens den ich dabei genieße, ein wenig verschlossen, auch wenn ich die rhytmische Verklärtheit des Klavierspiels bewundere.
    Dann folgten Ausschnitte aus der Suite Iberia, die alles andere als vordergründig folkloristisch daherkommen, trotz des berühmten spanischen Melodien-Kolorits. Wiederum ist es seine feinnervige und teils durchaus schwungvolle, wie auch melancholische Spielweise, die einfach zwingend ist.


    Dann die Polanaise cis-moll, op. 50,3. Vergleichend habe ich zuvor Pollini, Rubinstein und Cappell gehört. Deren Interpretationen sind direkter, lebendiger, virtuoser und auch "polnischer". Ich erlebe die Interpretation des Jubilars wie eine Reflexion auf den wichtigsten polnischen Tanz-Rhytmus. Das ist recht langsam gespielt, wirkt fast etwas gebrochen im Sinne einer leichten Verfremdung, das Kunstgebilde einer Tanz-Beschwingtheit.


    Meine "Deutsche Musiknatur" tat den ersten Schrei an der polnischen Grenze, denn ich bin in Schwedt an der Oder geboren. Die Zartheit, ja Gebrechlichkeit
    des Des-Dur Nocturnes op. 27,2 gehören vielleicht auch ein wenig zu mir, zumindest liebe ich dieses Stück, seidem ich es 1975 bei einer Fahrradtour durch Polen in Kösslin an der Ostsee, als Zugabe vom damaligen frisch gebackenen Chopin-Preisträger Krystian Zimerman, nach seinem 1. Chopin-Klavierkonzert, kennengelernt habe. Es ist vielleicht das sinnlichste aller Chopin Nocturnes. Es zeichnet sich durch eine üppige Harmonik und filigranreiche Passagen aus, die einzigartig sind. Fleisher greift einige Male daneben ....und es stört mich überhaupt nicht. Zur Zartheit und Gebrechlichkeit dieses kleinen Meisterwerks passen des 80zig jährigen Klaviermeisters geringradige körperliche Einschränkungen. Wiederum höre ich staunend und gerührt einem von mir jetzt endlich entdeckten ganz Großen voller Dankbarkeit zu.
    Gerne teile ich dieses festgehaltene Ereignis mit Gleichgesinnten.


    Gruß.................."Titan" (Wolf Janson)

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  • Liebe Taminoeaner/innen!
    Hat jemand von Euch auch das Fleisher - Recital zu seinem 80zigsten vor 3 Tagen in HR 2 gehört. Ich würde mich über Meinungen oder auch Rückmeldungen sehr freuen. (siehe meine 3 Berichte)
    VON BESONDEREM INTERESSE: wer kennt das Bach-Stück über die Abreise des geliebten Bruders, das Fleisher auch gespielt hat UND DAS IN DEN USA VIEL BEKANNTER ZU SEIN SCHEINT ALS BEI UNS. ????


    Gruß................"Titan"

  • Zitat

    Original von john_lackland
    hallo in die runde,
    kennt jemand von Euch die neuerschienene fleisher-aufnahme mit schuberts b-dur klaviersonate, die hier und da wie das nonplusultra gefeiert wurde?



    herzlicher gruß, john


    Hallo John und Taminoeaner/innen,
    Die Abbildung zeigt die Aufnahme des 28jährigen, nicht die von 2004, fast 50 Jahre später aufgenommen, nach dem Gang durch über 30 Jahre "Krampfhölle".
    Die späte Aufnahme kenne ich nicht.
    Ich höre im Moment den 1. Satz,(13.33) der schon unverwechselbar Lehrmeister Schnabel assoziieren läßt. Wunderbar fließt die Musik .....aber erst im zweiten Teil gewinnt sie genug Ruhe, bei unverändertem Tempo. Hier hat für meinen Geschmack Geza Anda die Nase einen Hauch vorn, der das ruhige Fließen sogar ohne die "Hektik" der Wimpernschläge konsequent durchhält.
    Fleishers Andante sostenuto (2. Satz) pulsiert rhytmisch dermaßen stringent und gleichzeitig unaufgesetzt, als auch noch in einem klaren und doch warmen Ton. Ich kenne keinen Pianisten, der mich in gleichem Maße in Satz 2 überzeugt (9.53). Mit 3.42 ist er im 3. Satz recht schnell, ohne daß Hektik aufkommt. Das gleiche gilt für den 4. Satz, "Allegro ma non troppo" (6.34).
    Der große Unterschied zu den Aufnahmen von Richter und Sorfronitzky, die ich ebenfalls sehr schätze, ist Fleishers große Kunst einen Farbenreichtum in Leichtigkeit, ohne jegliches romantisches Pathos erblühen zu lassen.
    Man vergleiche vorallem den letzten Satz der B-Dur Sonate mit seiner durchgängigen Art an Schwingungsqualität, der Unangestrengtheit von schwebenden Federn ähnelnd, mit Martin Stadtfelds Interpretation, bei dem es klingt als ob er diese "Leichtigkeit" inszenieren muß..


    Gruß.................."Titan"

  • Zitat

    Original von Titan
    VON BESONDEREM INTERESSE: wer kennt das Bach-Stück über die Abreise des geliebten Bruders, das Fleisher auch gespielt hat UND DAS IN DEN USA VIEL BEKANNTER ZU SEIN SCHEINT ALS BEI UNS. ????


    Das Capriccio über die Abreise des geliebten Bruders B-Dur BWV 992 ist in dem Leon Fleisher-Album "The Journey" aus dem Jahr 2005 enthalten

    aber wie mit eigentlich allen beidhändigen Aufnahmen Fleishers der letzten Jahre kann ich mit seiner Version nichts anfangen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Fleisher war einer der wirklich ganz großen Pianisten des 20. Jahrhunderts und seine Aufnahme für Klavier - linke Hand allein - sind durchweg grandios: man denke z.B. an die Korngold/Franz Schmidt-Kammermusik-CD oder an seine kürzlich erschienene Aufnahme von Hindemiths op. 29 mit Christoph Eschenbach

    Nur erreicht er diese Klasse mit seiner wiedergenesenen rechten Hand einfach (noch?) nicht.


    Beim Bach-Capriccio empfehle ich Rudolf Serkins Aufnahmen


    sofern man das Werk auf dem modernen Konzertflügel hören möchte. Ohne dass ich die Aufnahme selbst kenne, möchte ich auch Wanda Landowskas Cembalo-Einspielung erwähnen, die sehr hörenswert sein soll.

  • Das oben erwähnte Brüsseler Konzert Fleishers vom 19. November 2008 habe ich leider nicht im Radio verfolgt. Ich erinnere mich aber noch gut an eine andere Rundfunkübertragung: diejenige des Konzerts vom 20. Juni 1988, in welchem Fleisher vor der Pause die Brahms-Bearbeitung der Bach-Chaconne und die Uraufführung eines hierauf bezogenen Werks namens "Chacony", das der Londoner Komponist Robert Saxton (Jahrgang 1953) im Auftrag Fleishers geschrieben hat, spielte. Weitere Solowerke für die linke Hand folgten in diesem Konzert, u.a. die beiden Klavierstücke op. 9 von Scriabin. Nach der Pause kam das mir bis dahin völlig unbekannte Quintett für Klavier - linke Hand -, zwei Violinen, Viola und Cello G-Dur des Mahler-Zeitgenossen Franz Schmidt, welches im Jahr 1926 im Auftrag Paul Wittgensteins entstanden war. Dieses Werk faszinierte mich damals ungemein. Und auch heute noch genieße ich die etwas später entstandene Aufnahme Fleishers u.a. mit Yo-Yo Ma.

    3 Mal editiert, zuletzt von Swjatoslaw ()

  • Bei allem Respekt, der thread hat den Titel "Leon Fleisher", daher bitte nicht dutzendweise CD-Cover posten, die damit überhaupt nichts zu tun haben!!! Auch nicht, wenn danach gefragt wird...


    JR


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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