ROPARTZ, Joseph-Guy (1864-1955)

  • Bin gerade auf diesen franz. Komponisten gestoßen. Und zwar auf SOIR SUR LES CHAUMES, auf einer Kompilations-CD mit dem Lux. RSO (Werbebeilage).


    Eine Suche bei den einschlägigen Onlineläden hat etliche CDs erbracht. Womit jetzt anfangen? Wo ist der Mann einzuordnen? Bin für jeden Tip, besonders Kammer- und Klaviermusik, kleinere Orchesterwerke, dankbar.

  • Ich sehe Ropartz als einen Fortsetzer der Franck-Schule, wobei bei Ropartz noch der Versuch dazukommt, Elemente der bretonischen Volksmusik zu integrieren. Für mich ein bedeutender Nachromantiker mit einem durchaus eigenen Tonfall.
    Sehr schön ist die symphonische Dichtung "La cloche des morts", und die Oper "Le Pays" zeigt, dass Ropartz wirklich dramatische Musik zu schreiben verstand: Mit ihren weiten Gesangsmelodien und den lodernden Orchesterfarben ist das Werk fast etwas unfranzösisch handfest, wäre da nicht eine subtile Instrumentierungskunst, die viele Zwischentöne zulässt.

    ...

  • Edwin, danke für die Antwort!


    Wie das so ist, wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Ich habe nur beim deutschsprachigen Google gesucht, beim englischsprachigen bin ich auf diese hervorragende Seite gestoßen:


    wewewe.ropartz.org


    Umfassende Infos, Bio-, Disko- und Bibliographie in Franz. und Englisch.
    Er scheint auch an Lothringen gehangen zu haben...


    Könnte sein, daß ich mit Le Pays mal wieder einen Versuch in Sachen Oper wage...

  • Hallo Robert!
    Im Fall von "Le Pays" nicht gleich aufgeben. Ich habe die Aufnahme ohne sie ganz durchzuhören ein halbes Jahr herumstehen gehabt ("halt noch eine französische Oper") - dann kam's sozusagen über mich; und jetzt halte ich "Le pays" für ein echtes Meisterwerk der nachromantischen Oper. Ein nicht abreißender Strom an Melodien.
    Sehr schön sind auch die Symphonien, vor allem die sehr erstaunliche Dritte, die es im Moment leider nicht gibt. Ich kann auch die Chorwerke wärmstens empfehlen. Aber über allem thront für mich "Le Pays".
    LG

    ...

  • hallo, ich kann edwin in allem, was er hier sagte, nur beipflichten ...
    ropartz ist grandios ...ich hätte gerne mehr davon ... schau mal bei timpani, da gibt es einiges auf cd ..auch lieder ... :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Die Timpani-Serie ist inzwischen auf 10 Ausgaben angewachsen!


    Unter anderem ist damit eine erste GA des Streichquartettwerks entstanden, gespielt vom Quatuor Stanislas. Zwar ist es um die klangliche Ausgeglichenheit nicht besonders weit bestellt, aber sie spielen frei von Romantizismen sehr durchsichtig.


    Sehr interessante Musik!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Ich habe diesen alten Thread hervorgeholt, um an die Premiere dieser Oper vor genau 100 Jahren - am 3. Februar 1912 - zu erinnern.



    Le Pays (Die Heimat)
    Oper von Guy Ropartz,
    Uraufführung am 3.2.1912 Opernhaus Nancy

    mit Rose Heilbronner • Arthur Lheureux • Léon Ernst,
    Dirig. Guy Ropartz.

    Zitat

    Der Bretone Ropartz, Sohn eines bekannten Rechtsanwalts, komponierte seine keineswegs epigonale, sondern musikalisch ganz eigenständige Oper Le Pays im Jahre 1908 ganz im Geiste einer Strömung, die die Rückbesinnung auf die jeweilige Region der eigenen Herkunft proklamierte; die Heimatsehnsucht eines bretonischen Seemanns, der als Einziger eine Schiffskatastrophe vor Island überlebt, ist daher der Hauptkonflikt der Handlung: Der Seemann muss die Bindung, die er mit einem isländischen Mädchen eingeht, auf Drängen ihres Vaters mit dem Schwur belegen, dass er im Falle seiner Untreue eben jenem gefährlichen Strudel zum Opfer fallen möge, aus dem das Mädchen ihn nach der Schiffbruch gerettet hatte. Als später sein Heimweh übergroß wird und er fliehen will, kommt er tatsächlich in jenem Wasserwirbel ums Leben.


    Der Komponist:

    Joseph Guy Ropartz (* 15. Juni 1864 in Guingamp (Côtes-d’Armor, Bretagne); † 22. November 1955 in Lanloup (Côtes-d’Armor) französischer Komponist und Dirigent. Daneben schrieb Ropartz Gedichte, die von seiner bretonischen Herkunft geprägt sind. Mit 30 Jahren wurde er zum Direktor des Musikkonservatoriums und zum Chefdirigenten in Nancy ernannt. Durch Ropartz erlangte Nancy in der Musikkultur eine hohe künstlerische Anerkennung. Ab 1919 wurde er dann Direktor des Straßburger Konservatoriums und importierte hier französische Tradition in eine bislang unter deutschem Einfluss stehende Schule.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Heute feiert seine Fangemeinde in der Bretagne den 150. Geburtstag ihres heimischen Künstlers:


    Joseph Guy Marie Ropartz (* 15. Juni 1864 in Guingamp (Côtes-d’Armor, Bretagne); † 22. November 1955 in Lanloup (Côtes-d’Armor)) war ein französischer Komponist und Dirigent



    Ropartz schrieb unter anderem eine Oper (Le Pays), 5 Sinfonien, Kammermusik in unterschiedlicher Besetzung sowie Vokalwerke, etwa einen Psalm 136 sowie ein Requiem, das vielfach als sein Meisterwerk gilt.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Auf Joseph-Guy Ropartz bin ich eher durch Zufall gestoßen. Neben seiner dem Wagnerismus verpflichteten Oper Le Pays trat er vor allem als Symphoniker in Erscheinung und hinterließ fünf Symphonien, die glücklicherweise alle in mustergültigen Einspielungen vorliegen. Sebastian Lang-Lessing spielte die Symphonien Nr. 1, 2, 4 und 5 ein, Michel Plasson und Jean-Yves Ossonce die Symphonie Nr. 3. Zudem gibt es einige CDs mit weiteren Orchesterwerken, eingespielt von Pascal Verrot, Emmanuel Krivine und Kirill Karabits. Besonders das Label Timpani hat sich hier verdient gemacht.



    Die Symphonien entstanden zwischen 1895 und 1944, wobei einzig die Fünfte ein später Nachzügler war (die Vierte ist bereits von 1910). Ropartz erfindet die Musikgeschichte nicht neu, ist aber ein absolut hörenswerter Symphoniker, der voll der Spätromantik verpflichtet war. Ein gewisser Einfluss von César Franck und auch Richard Wagner ist nicht abzustreiten, doch hat Ropartz gerade auch einen spezifisch bretonischen Tonfall, was durch die häufig auftretende Verbindung zum Meer zum Ausdruck kommt.


    Die dreisätzige 1. Symphonie a-Moll (1895) ist wohl seine düsterste Symphonie und kommt bedeutungsschwer herüber. Die viersätzige 2. Symphonie f-Moll (1900) ist trotz der Moll-Tonart insgesamt deutlich heiterer und lockerer. Die wiederum dreisätzige 3. Symphonie E-Dur (1906) ist ein groß angelegtes Werk für vier Solisten und Chor und sticht dadurch heraus. Die rein instrumentale dreisätzige 4. Symphonie C-Dur (1910) hat offenbar einen starken Meeresbezug und zeigt den Komponisten wohl auf der Höhe seines Schaffens. Die 5. Symphonie G-Dur (1944), seine letzte, kehrt zur Viersätzigkeit zurück und bleibt trotz ihres insgesamt moderneren Erscheinungsbildes der Tonalität verhaftet.

    Von den sonstigen Orchesterwerken sind besonders die Tondichtungen La Chasse du Prince Arthur (1912) und La Cloche des morts (1887) hervorzuheben. In ersterer greift Ropartz das bereits von Franck in Le Chasseur maudit behandelte Thema des Wilden Jägers von Gottfried August Bürger auf, allerdings weniger expressiv und mehr verinnerlicht mit impressionistischen Anklängen. Das frühe Werk La Cloche des morts, das einen Leichenzug abbildet, hat die bretonische Behandlung des Todes mit ihren keltisch-paganen Wurzeln zum Thema.


    Fazit: Wer sich für französische Symphonik um 1900 interessiert, kommt an Ropartz kaum vorbei.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

    Einmal editiert, zuletzt von Joseph II. ()

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  • Thomas Pape

    Hat den Titel des Themas von „Tips für Ropartz, Joseph-Guy“ zu „ROPARTZ, Joseph-Guy (1864-1955)“ geändert.