Herbert von Karajan im Kreuzfeuer der Nachwelt

  • Liebe Forianer,


    Vor knapp 2 Jahren startete ich den Karajan Thread:


    Was ist dran an Karajan ? - Versuch einer Analyse



    Dieser befasste sich mit dem "Phänomen Karajan" - beispielsweise war um seine CDs sich immer noch überproportional verkaufen etc...


    Dier vorliegende Thread besfasst sich mgenau mit dem Gegenteil:


    Immer wieder hört man (nicht nur) hier im Forum. "Schwachpunkt" Karajan - "leider von Karajan" etc etc.


    Dann wollen die Rufe nicht verstummen, die Karajan als herssch- und medensüchtig bezeichnen, oder aber auch jene die ihm "Glätte" vorwerfen.


    All das wäre verständlich - Aber es stellt sich die Frage wie Karajan es schaffte - trotz dieser Glätte - oder aber vielleicht gerade derentwegen (?) - so berühmt zu werden - wie er nun eben mal war - oder vielleicht sogar ist. Saßen die Musikfreunde und die Kritiker zu seinen Lebzeiten auf den Ohren ?
    HvK wird seit eingen Jahren immer wieder als Negativbeispiel herangezogen. Das steht in krassem Gegensatz zu seinem Ruf bei Lebzeiten, wo er zeitweise als Synonym für einen Dirigenten schlechthin stand, ja für manche sogar als Synonym für Klassische Musik schlechthin - hierin allenfalls noch mit Caruso vergleichbar.


    Genau das ist es worum es in DIESEM Thread gehen soll.


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein Beispiel nur:


    Heute höre ich von der Kammerphilharmonie Valse triste von Sibelius und bin begeistert, wie differenziert dieses Stück gestaltet wird, die große Traurigkeit, ganz zurückgenommen, der Walzer, wehmütig, aber leicht, ein herrliches ppp zum Schluss.
    Komme nach Hause und frage mich, habe ich das Stück ? Ja, mit Karajan. Höre rein und gleich wieder raus. So unsensibel, pathetisch dick, zum Weglaufen.

  • Auch heute ist Karajan der Dirigent der von der breiten Masse am ehesten beim Namen gekannt wird.
    Ich bin kein Fan von ihm, war es nie und werde es auch nie werden, jedoch gebe ich zu, dass ich ihm genau das vorwerfe was zu seiner Zeit einfach der gängige Stil war --> Musik abzuglätten und damit bei niemandem anzuecken.
    Für mich sind 90% der, mir bekannten, Aufnahmen einfach Todlangweilig, was weniger mit seinen Tempi zu tun hat als viel mehr mit den fehlenden Phrasen und der ewig gleichen Klangfarbe die sich durch sein gesamtes Repertoire zieht ( und hier gibts nicht die Ausrede schlechter Aufnahmequalität, da er ja gerade in diesem Bereich das meiste bewegt hat ).
    Das er mediensüchtig gewesen wäre würde ich mir nicht zumuten zu behaupten, er wusste aber sehr genau wie man die Maschinerie in Bewegung hält und das kann ihm wohl niemand zum Vorwurf machen.

  • Sagitt meint:


    Nicht wenige sind sehr auf ihre Wirkung bedacht. Wenn man aber DVDs sieht, wie sich Karajan insceniert,stellt man sich doch die Frage; hätte Weniger nicht auch gereicht ? Eine solche Dauer-Selbst-Beweihräucherung verdirbt einem den Genuss der Kunst.
    Immerhin: Furtwängler hätte sich wahrscheinlich nicht leisten können, mit geschlossenen Augen zu dirigieren, Karajan schon, wenngleich das Bild so verräterisch ist. Der Monomane, ganz in sich versunken, alle sollen auf ihn schauen, er schaut keinen an. Schon diese Marotte zeigt, um welchen Zeitgenossen es sich handelte.

  • Das er mit geschlossenen Augen dirigierte ist jetzt nicht wirklich schlimm, machen ja viele hin- und wieder ( er hats halt durchexerziert, da gibts viel schlimmere Marotten bei Dirigenten ). Was mich eher stört sind Konzert Videos in denen 80% der Spieldauer ein ( scheinbares ) Standbild von HvK gezeigt wird.


    Im Allgemeinen finde ich es äusserst fragwürdig ob wir hier wirklich Schlüsse auf die Persönlichkeit eines Dirigenten ziehen sollten, vielleicht sollten wir uns auf seine musikalischen "Leistungen" konzentrieren, da gibts ja schon genug zu bekriteln, leider.

  • Zitat

    Original von Michael_Flaschberger
    Ich bin kein Fan von ihm, war es nie und werde es auch nie werden


    Das bejahe ich von ganzem Herzen... soweit es Mozart betrifft.
    Selbstverständlich ist das subjektiv. Ich habe meine Meinung wie Mozart ausgeführt werden soll, und er hatte die seine. Und die beide sind grundverschieden.
    Nach meiner Meinung liegt Beethoven ihm eher.
    Und von Tschaikovsky habe ich auf LP die Symphonien. Darin fand ich ihm sogar gut.


    Weiter vermeide ich ihm so viel wie möglich, weil ich mich am liebsten Richtung "Wiener Klassik" bewege. Und dort kann er m.E. besser wegbleiben.


    LG, Paul

  • Ich kaufe auch heute noch hin- und wieder Aufnahmen von HvK, aber größtenteils Repertoire der Hochromantik, da komm ich noch am ehesten mit ihm klar. Der Hauptgrund für solche Käufe sind dann aber trotzdem meist Preis sowie (oftmals ) Mangel an Auswahl im Geschäft in dem ich mich gerade aufhalte und ich trotzdem relativ rasch eine Aufnahme dieses Stücks brauche.

  • Zitat

    Für mich sind 90% der, mir bekannten, Aufnahmen einfach Todlangweilig,...


    Du musst die falschen Aufnahmen kennen... ;)



    Zitat

    ...was weniger mit seinen Tempi zu tun hat als viel mehr mit den fehlenden Phrasen und der ewig gleichen Klangfarbe die sich durch sein gesamtes Repertoire zieht


    Und hier sind wir am springenden Punkt angelangt! Was du hier Karajan vorwirfst, war damals erklärtes höchstes Ziel, nämlich einen unverwechselbaren, klar erkennbaren Orchesterklang zu besitzen (und natürlich einen möglichst guten dazu! ;) ). Wenn du vor 35 Jahren einem Plattenliebhaber eine Aufnahme vorgespielt hast, hat er dir innerhalb einer Minute gesagt, ob da die Berliner, die Wiener, das Concertgebouw, die Bostoner oder die Chicagoer gespielt haben. Wirkliche Experten konnten das noch weiter fortführen.
    Die heutige Uniformierung der Orchester lässt das fast nicht mehr zu (zumindest kenne ich niemanden mehr, der sich darüber wagte), man hat seine Identität weitgehend aufgegeben und als kleinen Ersatz spielt man halt werkgetreuer. Noch schlimmer: gibt es den einen oder anderen Klangkörper, der noch versucht, seine historisch errungene Klangkultur zu wahren (wie z.B. die Wiener), dann wird ihm das sogar schon verschiedentlich vorgeworfen. In meinen Augen ist dies nicht wirklich ein Fortschritt. Ich höre mir Heifetz mit dem Tschaikowsky-Konzert ja auch nicht deshalb an, weil er so Tschaikowsky-gerecht spielt, sondern weil er wie Heifetz spielt...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von musicophil


    Das bejahe ich von ganzem Herzen... soweit es Mozart betrifft.


    Seine Aufnahmen vom "Figaro" und der "Zauberflöte" sind doch sehr gelungen, v.a. die 50er-Aufnahmen, aber auch die neuere aus den 70ern.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • ich gestehe: ich bin ein karajan-fan ...


    er hat großartige aufnahmen vollbracht, gerade im romantischen bereich, auch sein(e) beethovens sind hervorragend durch die zeiten hindurch, bei mozart gibts großes, auch bei haydn ...nichtsdestotrotz sehe ich ihn und seine interpretationen auch kritisch: der bach ist katastrophal (mit ausnahme der matthäus-passion: die ist mein liebling), als mensch war er mir recht unsympathisch, sofern ich das beurteilen kann...


    für mich jedoch insgesamt einer der ganz großen :jubel:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Bis vor wenigen Tagen besaß ich nur eine einzige CD mit HVK, und die gefiel mir nicht besonders: "Bilder einer Ausstellung". Nun habe ich auf Empfehlung hin meinen Bestand an HVK-CDs um zweihundert Prozent gesteigert und seine Einspielung der 'Butterfly' mit dem Scalaorchester, Callas, Gedda, Danieli und Borrielo (!!!) gekauft.



    Es hat sich IMO wirklich gelohnt, und ich habe die Musik mit Bewunderung und Genuss gehört und kann sie nur weiterempfehlen. An dieser Aufnahme wird für mich jedoch deutlich, wo ich das Problem Karajans sehe. Im Vergleich zu seiner späteren Einspielung der 'Turandot' werden hier die Solisten nicht mit einer dicken Karajan-Sound-Creme übergossen, sondern die Orchesterführung gibt ihnen Raum zur Entfaltung, es entsteht eine wunderbare Atmosphäre.


    Ich bin musikalisch sehr interessiert, aber kein musikwissenschaftlicher Fachmann und beherrsche darum nicht das Instrumentarium angemessener und präziser Begrifflichkeit in diesem Bereich. Damit stelle ich aber sicherlich einen guten, durchschnittlichen Viel-Hörer und Gut-Käufer dar.


    Was mir bei Karajan missfällt, ist die vordergründige, auf Effekte abzielende Oberflächlichkeit in der Gestaltung. Ich höre z.B. die vielgerühmten Einspielungen der Beethoven-Sinfonien mit Karajan und bin begeistert von der wohlklingenden Musik. Wenn ich dann später die Sinfonien in Einspielungen z.B. mit Klemperer oder Gardiner (unterschiedlicher geht es ja nun wohl kaum) höre, kann ich nicht wieder zu Karajan zurück, weil die musikalische Gestaltung nicht die Lebendigkeit, die Tiefe und Ernsthaftigkeit der anderen Einspielungen hat. Das formuliere ich sehr laienhaft. Ich hoffe, es wird deutlich, was ich mitteilen möchte.


    Ich vermisse die Tiefe eines Klemperer, die Ernsthaftigkeit eines Harnoncourt, die Werktreue eines Böhm, die Transparenz und Lebendigkeit eines Gardiner ...


    Was mir bei Karajan fehlt, ist das, wodurch sich seine 'Butterfly'-Aufnahme auszeichnet: Die Kunst, so zu gestalten und sich zurückzunehmen, damit Raum für die Musik selbst entsteht.



    Vermutlich muss man das Phänomen Herbert von Karajan differenziert betrachten. Es reicht sehr weit von den Covern, über die man sich lustig machen kann, bis hin zu wirklich atemberaubend schönen Aufnahmen.


    Es wäre schön, wenn ein Thread gestartet würde, in dem nicht an HVK genörgelt werden darf, sondern in dem nur empfehlenswerte Aufnahmen vorgestellt und besprochen werden dürfen.


    Bestimmt gibt es noch andere Karajan-Einspielungen aus den 50er Jahren, die so hervorragend musiziert sind, wie die mir vorliegende 'Butterfly'. In diesem Forum gibt es Hinweise auf wunderbare Aufnahmen von Bruckner-Sinfonien und Opern-Aufnahmen.


    Das möchte ich vorschlagen. Mit freundlichen Grüßen, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • In einigem, was ich bereits von Krajan gehört habe, war die Tendenz erkennbar, dass er alles etwas breitschmierte oder eben glättete. In den Werken, die ich immer von ihm höre, stört mich aber das nicht. Da möchte ich vor allem die Zauberflöte nennen.


    Karajan wurde seinerzeit von den Medien sehr getragen. Vielleicht, weil er klassische Werke dem gelegentlichen KLassikhörer und Konzertbesucher sehr leicht aufbereitete und die Musik so nicht zu anstrengend war ...

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    In einigem, was ich bereits von Krajan gehört habe, war die Tendenz erkennbar, dass er alles etwas breitschmierte oder eben glättete.


    Nein tat er nicht. Rückblickend, vom heutigen Standpunkt aus betrachtet mag es gelegentlich so aussehen, zu Zeiten seiner Hochblüte musste sich Karajan kaum mit derartigen Vorwürfen auseinandersetzen, er repräsentierte mit vielen Aufnahmen das damalige klangliche Ideal (war aber zugegebenerweise auch sehr stark geschmacksbildend, was ihm heute offensichtlich auf den Kopf fällt).


    Wer hat Beethoven breiter gespielt, Karajan oder Klemperer? Selbst Walter Legge war ziemlich unglücklich über das Beethoven-Kuckucksei, das ihm der gute Otto gelegt hatte. Aber Klemperer, der mit wuchtigen Schritten an Beethoven vorbeimarschiert und ihn zu einem Titanen macht, der der gute Wickerl so wohl nie sein wollte, wird heute als tiefgründig empfunden, während die straffere, ausgewogenere, vom Orchester besser gespielte und musikdramatisch feiner gelungene Karajan-Einspielung (1963) als vordergründig und oberflächlich erachtet wird. So ändern sich die Zeiten. Und nicht zu vergessen, dass die für heutige Begriffe besten Aufnahmen aus dieser Zeit damals überhaupt nur von Insidern gekannt wurden...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Sicherlich hast Du damit Recht, wenn Du sagst, dass dies ein sehr subjektiver Eindruck ist oder auch eine Tendenz der Zeit, wie klassische Musik gespielt wird. Aber trotzdem glättet er meines Erachtens im Vergleich zu René Jacobs z. B. sehr. Auch das finde ich mitunter schön.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Aber trotzdem glättet er meines Erachtens im Vergleich zu René Jacobs z. B. sehr. Auch das finde ich mitunter schön.


    Ja klar doch. Daran gibt es auch gar nichts auszusetzten.


    Ich stoße mich lediglich ein wenig (nur ein ganz klein wenig! ;) ) an der Formulierung. Man kann Künstler, deren Wirken Jahrzehnte auseinander liegt, nicht in einen Topf werfen, als würden sie gleichzeitig wirken: "Vor 14 Tagen hat Karajan aber einen breiten Figaro dirigiert, während letzte Woche Jacobs einen ungleich spannenderen abgeliefert hat". Das heißt, man kann schon, aber dann wird meines Erachtens die Diskussion witzlos, weil unfair. Wenn ich einen Künstler isoliert und nicht in seinem Umfeld betrachte, werde ich ihm zwangsläufig nicht gerecht.


    Dass wir uns heute an Jacobs erfreuen können, hängt auch damit zusammen, dass die Zeit für Jacobs reif wurde. Er ist der richtige Mann zum rechten Zeitpunkt, der wieder eine neue Facette bei Mozart unter die Leute bringen kann. 1960 hätte er vermutlich die erste Aufnahmesitzung nicht überstanden, wenn er überhaupt je ein Studio von Innen gesehen hätte.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Lieber Masetto,


    Wenn Du schreibst, daß Karajan angeblich Musik "breitgeschmiert" oder "geglättet" habe, stellt sich für mich die Frage, welchen Karajan Du meinst.


    Den Karajan der 50er und 60er Jahre (EMI und frühe DG-Zeit), den Karajan der 70er oder den Karajan der 80er Jahre. Oder gibt es da gar keine Unterscheidung?


    Liebe Grüße

  • Wie gesagt, ich kann nur von den Aufnahmen sprechen, die ich kenne. Die Wortwahl war vielleicht wirklich falsch, da ich es nicht negativ färben wollte, sondern einfach subjektiv darstellen wollte. Mir gefallen die Butterfly und die Zauberflöte von Karajan in seiner Art ausgesprochen gut.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Lange habe ich gezögert: Der Thread "Karajan - lauter Lobreden" fordert natürlich heraus, einen Thread "Karajan - lauter Verrisse" zu eröffnen und in ihm, ebenso wie im Lobreden-Thread, jede andere Meinung zu verbieten. (Daß ich derartige Threads für gelinde gesagt undemokratisch halte, ist ein anderes Kapitel - aber Demokratie und Karajan vertragen sich eben nicht, wovon etwa die Berliner Philharmoniker ein langes Lied singen können.)


    Ich habe mich zur Problematik Karajan zwar hin und wieder geäußert, und die meisten Taministen wissen längst, daß ich ein Karajan-Gegner bin. Ich will die Gelegenheit ergreifen, meine Gründe darzulegen.


    Mir ist es gleich, ob Karajan mit geschlossenen Augen dirigiert hat und ob seine Gestik nun ästhetisch, albern oder affektiert war.


    Für mich ist Karajan nicht der, aber ein Totengräber der Klassischen Musik.


    Bis zu Karajan dominierte im Bewußtsein der Zuhörer das Werk, nicht der Dirigent. Die Ausnahmen waren an zwei Fingern einer Hand abzuzählen: Furtwängler und Toscanini.
    Natürlich hörte man die Werke gerne in mehreren Interpretationen und war neugierig, wie denn nun der Knappertsbusch das macht, was eben der Furtwängler dirigiert hat. Aber dieses Denken bezüglich unterschiedlicher Facetten eines Werkes ist noch immer werkbezogen.


    Mit Karajan ändert sich das.

    Mit Karajan beginn ein rein dirigentenspezifisches Hör- und Kaufverhalten. Man hört Werke und kauft die Schallplatten bzw. CDs, weil Karajan dirigiert, nicht, weil einem beispielsweise Honeggers "Liturgique" so wahnsinnig viel gibt. Ich weiß sogar den Fall eines Orff-Hassers, der freilich "De temporum fine comedia" im Regal hat - denn da dirigiert HvB...
    Zu diesem Bild gehört, daß Karajan, statt seinen Ruf zu nützen und die Musik nach vorne zu bringen, endlos Neuaufnahmen des längst auch von ihm erschlossenen Repertoires gemacht hat.
    Wobei ich feststellen will, daß Karajan durchaus auch hin und wieder Neues ausprobiert hat - allerdings ohne sich dafür auch nur ansatzweise einzusetzen. Es sei denn, er konnte es als auf Hochglanz polierten Reißer verkaufen - wie etwa eben jenen Honegger oder Holsts "Planeten".


    Damit bin ich bei Karajans wirklichem Können: Er war ein erstklassiger Dirigent zweitklassiger Musik. Keiner konnte wie er die Reißer so dirigieren, daß man sie für bedeutende Musik halten konnte: Respighi, Tschaikowskijs entsetzliche 1812-Ouvertüre, Strauss' "Zarathustra", Hartys Entstellung von Händels "Wassermusik", Adams "Giselle" etc. etc.


    Karajans Defizite traten hingegen offen zutage, wenn er ein Werk vor sich hatte, bei dem es mit dem reinen Auf-Hochglanz-Bringen der Partitur nicht getan war: Seine Mahler-Aufnahmen sind IMO uninteressant (9.) bis schlecht (6.), seine Bruckner-Einspielungen sind glatte Produkte und der Tiefenschau eines Jochum, eines Wand, eines Eichhorn nicht ansatzweise vergleichbar. Mozart und ältere Musik wird unter Karajans Händen auch dann zum Debakel, wenn man einräumt, daß er eben nicht der Originalen Aufführungspraxis verbunden war. Aber man vergleiche Karajans "Matthäus-Passion" mit der fast schon expressionistischen Lesart Klemperers, um zu wissen, daß es nicht an der "alten Aufführungsart" liegt, sondern am Dirigenten, wenn Bach in einem Fall glatt und im anderen fast schon expressionistisch in seiner Ausdrucksgewalt anmutet.


    Daß es einige gelungene Aufnahmen gibt (die wirklich schöne "Boheme" etwa oder die erste "Meistersinger"-Einspielung), hilft mir nicht darüber hinweg, daß hier ein Dirigent zum Superstar wurde, der diesen Ruhm nicht primär seinem zweifellos vorhandenem musikalischem Talent sondern seinem vermarktungstechnischen Genie verdankt. Und das bis über seinen Tod hinaus - denn wie bei einem Heiligen in spe, sind auch die Bilddokumente gezielt erstellt worden. Heute ist das aufgrund der fortgeschrittenen Technik sozusagen ein Nebeneffekt - aber zu Lebzeiten Karajans war eine solche Vorgangsweise die Ausnahme; zumal die Bilddokumente fast ausschließlich Karajan bei seinen Weihehandlungen zeigen und das Einfangen der Gesamtatmosphäre eines Konzertes absolut nebensächlich ist. Und daß Karajan sozuagen auch einen Exklusiv-Fotografen hatte, spricht ebenfalls für die gezielte Bewahrung der Selbstinszenierung.


    Somit glaube ich, daß wir kein Bild von Karajan haben, sondern nur eines von Karajans Karajan-Inszenierung.
    Und dieses Bild mißfällt mir ganz und gar.

    ...

  • Viele Dirigenten ereilte nach ihrem Tod ein Verriss ihrer Leistungen, mit dem sie vorher in anbetungsformer Weise in den Himmel gelobt worden sind:


    Arturo Toscanini - der Tempo-Einpeitscher, der beispielsweise dafür sorgte, dass man der Meinung war, nur in dieser Art über Jahrzehnte u.a. die Beethoven-Sinfonien zu spielen habe.


    Otto Klemperer - seine stoische Strenge in den Interpretationen verleidet es einem viele seiner Aufnahmen auch nur ansatzweise zu hören.


    Karl Böhm - der hochumjubelte Mozart-Dirigent, nach seinem Tod erfolgte die Demontage.


    Herbert von Karajan - der vom Klangrausch besessene Star, der mit seinen auf Hochglanz polierte Aufnahmen sämtliche Sänger zudeckte.


    Also:


    Wie bei allen Dirigenten, so auch bei Karajan, gibt es Aufnahmen, die ihm gut gelungen sind, manche weniger, andere gar nicht.


    So ist das bei jedem Dirigent >> und so wird es immer sein <<<


    Das muss jeder für sich entscheiden, was ihm gefällt oder nicht.
    Einen Star-Dirigenten überhaupt abzulehnen halte ich für sehr bedenklich.


    Neue Dirigenten erscheinen, die ebenfalls Aufnahmen machen. Die Werbung muss werben, warum man die neue Aufnahme kaufen soll. Da ist man doch mit einer Karajan-Aufnahme nicht mehr zeitgemäß, was völliger Unsinn ist:


    Auch heute greife ich eher zur Karajan-Einspielung (1963) der Beethoven-Sinfonien als zu der neueren von Abbado, Rattle, Barenboim


    Der Karajan-Tristan ist um vieles besser als der von Thielemann. Auch wenn der Parsifal Karajans etwas problematisch ist, greif ich dann doch lieber zu diesem als zu Thielemann.


    ________________________________________________________


    Was haben wir Karajan zu verdanken?


    - die originalsprachliche Aufführung
    - die Entstaubung des Ensembletheaters, was möglich machte, Aufführungen mit internationalen Stars zu erleben
    - weitesgehend die CD, die wir nicht mehr missen möchten
    - sein großer Einsatz, dass Oper und Konzert ins Wohnzimmer flimmern konnten


    All das sind schon einmal hervorragende Leistungen Karajans, ohne dass er den Taktstock gehoben hat....


    Wenn schon viele Dirigenten in der Versenkung verschwunden sind, wird es immer noch Menschen geben, die die eine oder andere Aufnahme von Karajan immer und immer wieder gerne hören werden. Und das ist auch gut so!!!


    Für mich sind das folgende Afnahmen:


    Adam: Giselle
    Beethoven: Sinfonien (1963)
    Beethoven: Ouvertüren
    Beethoven: Triple-Konzert (ADD)
    Berg: Stücke für Orchester
    Brahms: Sinfonien
    Bizet: Carmen (Mit Leontyne Price; für Freunde der Giraud-Fassung)
    Bizet: Carmen (Verfilmung mit Grace Bumbry)
    Bruckner: 7. Sinfonie (1989)
    Bruckner: 9. Sinfonie (1988)
    Chopin / Douglas: Les Sylphides
    Debussy: Pelléas et Mélisande
    Delibes: Coppélia-Suite
    Donizetti: Lucia di Lammermoor (mit Callas)
    Dvorak: Cello-Konzert
    Holst: The Planets
    Honegger: 2. Sinfonie
    Honegger: 3. Sinfonie
    Humperdinck: Hänsel und Gretel
    Leoncavallo: I Pagliacci
    Mahler: 9. Sinfonie
    Mascagni: Cavelleria rusticana
    Mendelssohn Bartholdy: Sinfonien
    Mozart: Le Nozze di Figaro (Mono)
    Mozart: Le Nozze di Figaro (Stereo)
    Mozart: Cosi fan tutte (Mono)
    Mussorgski: Boris Giodunow
    Offenbach: Gaité Parisienne
    Puccini: La Bohème
    Puccini: Madama Butterfly (mit Callas)
    Puccini: Madama Butterfly (mit Freni)
    Puccini: Madam Butterfly (Verfilmung mit Freni)
    Schönberg: Pelléas et Melisande op. 5
    Schönberg: Variationen für Orchester op. 31
    Schönberg: Verklärte Nacht op. 4
    Schostakowitsch: 10. Sinfonie (DDD-Aufnahme)
    Schumann: Sinfonien
    Schumann: Klavierkonzert (Lipatti)
    Sibeluis: Finlandia (1984)
    Strauss: Sinfonische Dichtungen
    Strauss: Ariadne auf Naxos
    Strauss: Elektra (Salzburg 1964 live)
    Strauss: Salome
    Strauss: Der Rosenkavalier (1957)
    Strauss: Der Rosenkavalier (1960) - DVD
    Strauß: Die Fledermaus (Mono)
    Strauß: Die Fledermaus (Stereo)
    Tschaikowsky: Sinfonien (ADD-Aufnahmen)
    Tschaikowsky: Rokoko-Variationen
    Verdi: Il Trovatore (mit Corelli, Price)
    Verdi: Don Carlo (1978)
    Verdi: Don Carlos (Video, Salzburg 1986)
    Verdi: Aida (mit Tebaldi)
    Verdi: Aida (mit Freni)
    Verdi: Otello
    Verdi: Falstaff (mit Gobbi)
    Verdi: Falstaff (mit Taddei)
    Verdi: Falstaff (Verfilmung mit Taddei)
    Verdi: Ouvertüren und Vorspiele
    Wagner: Tristan und Isolde (Bayreuth)
    Wagner: Tristan und Isolde (Vickers)
    Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg (Bayreuth)
    Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg (Staatskapelle Dresden)
    Wagner: Der Ring des Nibelungen
    Webern: Passacaglia für Orchester op. 1
    Webern: Fünf Sätze op. 5
    Webern: Sinfonie op. 21
    Webern: Sechs Stücke für Orchester op. 6




    Herzliche Grüße
    LT :hello:

    4 Mal editiert, zuletzt von Liebestraum ()

  • Hallo Liebestraum,


    Ich beharre meine Meinung, daß Karajan und Mozart sich slecht vertragen.
    Sonst hatte ich eigentlich keine Meinung (ja, sein Beethoven war nicht schlecht und in Tschaikovsky finde ich ihm sogar gut), denn habe wissentlich wenig von ihm gehört.


    Ich möchte meine Hochachtung ausdrücken für die Mühe, die Du nahmst, uns diese Liste zu vermitteln.
    Wenn ich je etwas Richtung spätere Romantik kaufen würde, soll diese Liste dabei einen Führer sein.


    LG, Paul

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo Liebestraum,


    eine schöne Liste, die du da zusammengestellt hast. Ich habe eigentlich gar nichts daran auszusetzen, möchte sie aber noch um folgende Punkte ergänzen:


    Bizet: Carmen (Mit Leontyne Price; für Freunde der Giraud-Fassung)
    Bizet: Carmen (Verfilmung mit Grace Bumbry)
    Debussy: Pelléas et Mélisande
    Humperdinck: Hänsel und Gretel (!!!)
    Puccini: Madama Butterfly (mit Mirella Freni, am besten gleich die Verfilmung)
    Strauss: Ariadne auf Naxos
    Strauss: Elektra (Salzburg 1964 live)
    Verdi: Falstaff (mit Taddei, wieder gleich das schöne Video)
    Verdi: Don Carlos (Video, Salzburg 1986)



    Das wären zusammgefasst in etwa die herausragenden Aufnahmen. Daneben gibt es noch viele sehr gute, die an sich bedenkenlos gekauft werden können, wo es aber für Sucher nach dem Besten mehr als nur ernsthafte Alternativen gibt (ich finde z.B. Lohengrin und Parsifal sensationell gut dirigiert und gespielt, aber die Besetzungen können nicht mit alten Glanzlichtern der Diskographie konkurrieren, ein Problem mehrerer später Karajan-Operneinspielungen, für das er jedoch nichts konnte).



    Jeder, der sich die Mühe gemacht hat, die beiden Listen durchzulesen, möge sich fragen, wieviele Dirigenten er kennt, die eine nur annähernd vergleichbare Menge an Topeinspielungen vorweisen können. Die nächste Frage wäre, ob jemand, der viele Musikliebhaber mit einer derartigen Fülle schönster Musik beglückt hat, mit einigermaßen Berechtigung Totengräber an der Musik tituliert werden kann, und ob nicht generell zwischen seinen tatsächlichen Leistungen und der hier überwiegend vorgenommenen Knüppelei eine klitzekleine Diskrepanz existiert....



    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Wenn der thread noch ein bißchen weiterläuft, verdanken wir Karajan vermutlich irgendwann auch das elektrische Licht, die Allgemeine Relativitätstheorie und das Frauenwahlrecht... :D


    Im Ernst, die Digitaltechnik hat Karajan natürlich nicht erfunden, auch nicht TV-Übertragungen von Konzerten (nur paßte letzteres natürlich prima zu seinem selbstinszenatorischen Stil). Es ist absurd, anzunehmen, dass das eine oder andere sich ohne ihn nicht eh verbreitet hätte.
    Aufführungen in der Originalsprache gab es natürlich ebenfalls vor HvK.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich geh jetzt einmal nachschauen, was ich von Karajan habe:


    Bizet: Carmen
    Humperdinck: Hänsel und Gretel
    Leoncavallo: Pagliacci
    Mendelssohn Bartholdy, Sinfonien 3&4 + "Die Hebriden"
    Mozart: Zauberflöte
    Strauss: Rosenkavalier


    Wobei ich den Rosenkavalier und die Mendelssohn-Sinfonien exzellent finde, Hänsel und Gretel sehr gut, die Zauberflöte und Pagliacci unauffällig bis mittelmäßig und die Carmen effektiv schlecht.

  • Hallo Johannes,


    natürlich hätte sich alles auch entwickelt, wenn es Karajan nicht gegeben hätte. Auch die Relativitätstheorie hätte es jetzt auch ohne Einstein gegeben.


    Aber bei vielen Vorurteilen gehörte Karajan zu den herausragenden Vorreitern.


    Und selbstverständlich gab es schon vorher Oper und Konzert im Fernsehen. Aber eine umfangreiche Repertoirebreite haben wir dem Wirken Karajans zu verdanken. Und er setzte sich dafür ein, dass diese Aufnahmen auch ins Fernsehen gelangten und somit jedermann zugänglich wurden. Es war also nicht irgendeiner Elite vorbehalten, die Videos und später DVDs zu kaufen.


    Karajan war eben hier und nicht nur hier der Mann der Stunde!


    Herzliche Grüße
    LT :hello:

  • Ich verstehe nach wie vor nicht diese vehemte Kritik - die mir eher wie purer Hass vorkommt - an Herbert von Karajan.
    Wie man weiter oben nachlesen kann, hat er sehr viele Top-Aufnahmen gemacht, was man von seinen Nachfolgern Abbado und Rattle ja kaum sagen kann.
    Aufnahmen wie "Die Zauberflöte" (1950), die Beethoven-Symphonien (sowohl die 60er-, 70er- als auch 80er-Aufnahmen), "Le nozze di Figaro" (1950 und 1978), "Don Carlo" (1978 und 1986), etliche Bruckner-Aufnahmen (Ende 80er), "Turandot" (1981) etc. etc. etc. fallen mir da auf Anhieb ein.
    Kritik an der Person Karajan: meinetwegen ja, aber das ändert nichts an diesen hervorragenden Einspielungen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Felipe,


    Ich betrachte mich nicht als ein Karajanfeind. Bin aber jedenfalls kein Karajanfreund.
    Denn im Gegensatz zu Dir finde ich seine Zauberflöte nicht gut.


    Aber auch hier gilt wieder "de gustibus (et coloribus) non (est) disputandum".


    LG, Paul

  • Und wieder eine Ergänzung für die ewigen Zweifler:


    Anfang der 50er wurde an europäischen Opernhäusern mehrheitlich in Landessprache gesungen. Karajan entwarf das Konzept der "permanenten Festspiele" an den von ihm betreuten Opernhäusern. Modellinszenierungen wurden entworfen und dann im Block in Mailand, Wien und Berlin gespielt. Das ging erstens nur in Originalsprache, da ja immer die gleichen Sänger involviert waren, und zweitens wurde damit erstmals im großen Stil das Stagione-Prinzip länderübergreifend realisiert. Ein Prinzip, nach dem heute die Mehrheit der europäischen Opernhäuser arbeitet (zumindest außerhalb des deutschen Sprachraums)! Parallel zu den transferierten Inszenierungen weitete ich das Gastieren der Spitzensänger in ganz Europa stark aus (oft reisten sie auch mit Karajan mit), und die lernten ihre Rollen nur einmal. Innerhalb eines Jahrzehnts haben alle wichtigen Opernhäuser in Europa auf fast ausschließliche Wiedergabe in Originalsprache umgestellt. Dieser Wechsel ist untrennbar mit dem Namen Karajan verbunden!


    Musik in Film und Fernsehen gab es natürlich auch vor Karajan. Aber es dümpelte. Die herausragendsten Beispiele waren wohl Toscanini, Bernstein und Gould. Aber das war amerikanisches Fernsehen und konnte die großen europäischen Plattenfirmen nicht beeindrucken. Die hätten wahrscheinlich noch lange zugewartet, bis sie irgendwelche Gelder in finanziell riskante Unternehmungen dieser Art gesteckt hätten. Nachdem Karajan den Schallplattenmarkt erobert hatte, wandte er sich visionär der visuellen Umsetzung von Musik zu. Ihm war klar, dass das bisherige statische Ablichten eines Orchesters die Leute nicht zum Geldausgeben verleiten würde. Es galt also auch eine neue Bildästhetik zu erfinden, um die Wiedergabe eines Orchesterstücks visuell attraktiv zu machen, so dass die Leute sich das anschauen wollen. Karajan hatte die Vision und war der einzige, der in der Lage war, die finanziellen Mittel aufzutreiben, die für so ein Langzeitprojekt nötig waren. Das Ergebnis ist einzigartig für diese Zeit und ohne Konkurrenz. Es zeigte sich aber auch, dass es zum einen ein nicht immer leichter Lernprozess war, und zum anderen, dass der Orchesterfilm vom breiten Publikum nur bei wenigen Superstars angenommen wurde (Karajan, Bernstein, Solti, Kleiber...). Es gibt ihn heute in der Form eigentlich nicht mehr, man macht nur mehr (viel billigere) Mitschnitte von Konzerten.
    Karajan war also der erste, der ein recht umfangreiches Repertoire auch filmisch aufgenommen hat, und er war der erste Dirigent, der dabei nicht nur sich ins rechte Licht gerückt hat (no na!), sondern auch sein Orchester in einer medial zuvor noch nie dagewesenen Weise präsentiert hat.
    Also wieder keine geringe Leistung. Aber worauf weisen die Meckerer hin? Dass er auf den Videos zu oft und zu lange zu sehen sei. Ob es gut gespielt war, ist Wurscht...


    Karajan hat die Digitaltechnik nicht erfunden. Richtig. Aber er hatte großen Anteil an der erfolgreichen Einführung dieses Mediums. Er war der erste wichtige Interpret, der sich ohne Vorbehalt für die neue Technik ausgesprochen und sie auch eingesetzt hat. Und da er im Klassikbereich auch der mit Abstand größte Umsatzträger war, zwang er indirekt alle Klassikfirmen zu einer mehrjährigen Vorbereitung auf die tatsächliche Einführung. So gab es 1984 beim Einführungstermin nicht nur schöne Geräte sondern auch eine erstaunliche Vielfalt an käuflichen Aufnahmen, was den riesigen und unerwartet raschen kommerziellen Erfolg überhaupt erst ermöglichte. Und dass er als persönlicher Freund des Sony-Chefs mit seinen ausgezeichneten Kontakten zur europäischen Plattenindustrie sein Scherflein dazu beigetragen hat, dass die Erzrivalen Philips und Sony bei der Einführung der CD ihre üblichen Grabenkämpfe unterlassen haben und bemerkenswert einheitlich am selben Strang zogen, ist ein zusätzliches Mosaiksteinchen in diesem Bild (man denke nur an das Theater bei den zwei nächsten Versuchen, ein neues Audio-Format einzuführen: DCC/MD und SACD/DVD-A).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Felipe II.
    Ich verstehe nach wie vor nicht diese vehemte Kritik - die mir eher wie purer Hass vorkommt - an Herbert von Karajan.
    Wie man weiter oben nachlesen kann, hat er sehr viele Top-Aufnahmen gemacht, was man von seinen Nachfolgern Abbado und Rattle ja kaum sagen kann.


    Also Rattle hat in der Zeit als er das BSO leitete, ziemlich viele TOP-Aufnahmen hingelegt.
    Abbado nicht minder.


    Zitat

    Original von Liebestraum
    Viele Dirigenten ereilte nach ihrem Tod ein Verriss ihrer Leistungen, mit dem sie vorher in anbetungsformer Weise in den Himmel gelobt worden sind:


    Echt? Soviele waren das doch gar nicht. Wer hat denn bisher jemeils ernsthaft
    Ansermet, Barbirolli, Beecham, Boult, Cluytens,Dorati, Fricsay, Jochum, Kempe, Kertész(!),Kondrashin, Kubelik(!), Leinsdorf, Markevitch, Martinon, Mitropoulos, Monteux Mrawinski, Munch, Neumann, Ormandy, Roshdestwenski, Schuricht, Sinopoli, Swarowsky, Szell(!)Talich, Walter, Wand und Wood demontiert, nur um mal einige Namen zu nennen.
    Vielleicht hatte das ja seine berechtigte Kritik, warum gerade die von Dir genannten im Licht der Nachwelt etwas von ihrem möglicherweise zweifelhaften Ruhm lassen mussten!?

  • Zitat

    Viele Dirigenten ereilte nach ihrem Tod ein Verriss ihrer Leistungen, mit dem sie vorher in anbetungsformer Weise in den Himmel gelobt worden sind:


    Hallo Wulf


    Du hast die Aussage von Liebestraum falsch verstanden. Es ist ein Effekt, der bei vielen Berühmtheiten zu beobachten ist. Zu Lebzeiten höchst gerühmt, haben wir nach dem Tod anfangs eine Phase des Vergessens und dann oft ein Ausschlagen des Pendels in die Gegenrichtung. Es wird dann aufgearbeitet, was vielleicht nicht so positiv war. Erst nach einiger Zeit stellt sich ein gewisses Gleichgewicht der Beurteilung ein.


    Die von dir genannten sind entweder schon viel zu lange nicht mehr unter uns, oder geben einfach nicht ausreichend Stoff für heutige Diskussionen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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