Atemberaubende Opern-Szenen

  • Eben diskutierten wir über "magische Momente". Was ebenfalls genial sein kann: "Atemberaubende Szenen". Also ein längerer Handlungsablauf, der so spannend geschildert wird (musikalisch *und* szenisch), dass man die ganze Zeit wie gebannt zuhört, egal in welcher Stimmung man ist. Im Film wären das irgendwelche Verfolgungsjagden, Showdowns, etc. Also Szenen, die den Hörer fesseln, selbst wenn er eigentlich gar nicht konzentriert ist. Mir geht es jetzt nicht um besonders schöne oder ergreifende Szenen (die fesseln auch), sondern um Schnelligkeit, Spannung, "Atemlosigkeit", und das möglichst lange. Szenen, die auch den Laien mitreißen.


    Im Moment fällt mir der Anfang von Don Giovanni ein. Im engeren Sinne bis zum Ende der dritten Szene (Duett Anna/Ottavio), im weiteren Sinne bis zum Ende der neunten ("Là ci darem la mano"). Ich hab da mal nebenbei zu Abend gegessen, da wurde das Essen kalt.


    Wer kennt weitere?



    Thomas Deck

  • Salut,


    na, da finde ich die "Friedhofsszene" um einiges spannender.


    Im Figaro zum Beispiel: Akt II, Scena IV Aprite presto... - ist zwar kurz, aber der Atem darf einige Sekunden angehalten werden.


    Und die Entführungsszene der Proserpina bei Kraus - eigentlich ist sie musikalisch sehr bewegend. Die Entführung selbst aber ist ja auch atemberaubend, besonders die Schönheit, die das Opfer ist...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo


    Fidelio: Kerkerszene bis zum versuchten Mord mit Verhinderung in letzter Sekunde...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Eine lustige, aber dennoch atemberaubende Szene ist für mich der Schluss des zweiten Akten aus Figaros Hochzeit.


    Es beginnt mit Graf und Gräfin vor der verschlossenen Tür, Cherubinos Fenstersprung, Susannas Auftritt, Figaros Auftritt, dem hereinstürmenden Gärtner und zum Schluss dann mit dem Auftritt von Marcellina, Bartolo und Basilio.


    Wie dort immer neue Personen eintreten und die Handlung wenden, das ist ein wirklich temporeich und spannend inszenierter Showdown und könnte in keinem Krimi atemberaubender umgesetzt werden.


    Freundliche Grüße aus dem trüben Nordwesten von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo,


    um bei Mozart zu bleiben :Beide Szenen der Sternflammenden Königin der Nacht gehören zu den atemberaubenden.Der Spannungsaufbau würde schon ausreichen,aber die Koloraturen setzen allem die Krone auf,sofern die Sängerin nicht patzt.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo,


    der 2.Tannhäuser-Akt ab dem Einzug der Gäste über den Sängerwettstreit bis zum "Erbarm dich mein" und dem "Nach Rom!" des Titelhelden sind Wagner "at its best" und von ungeheurer Dramatik.


    Fortgesetzt wird das Ganze im 3.Akt,als Wolfram den erfolglos von Rom Heimgekehrten erkennt und Tannhäusers folgende Romerzählung selbst.Der dramatischste in Noten gesetzte "Reisebericht" den ich kenne.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo,


    nochmal Wagner: Götterdämmerung 3.Akt,2.Szene.
    Die Mannen um Gunther und Hagen am Rhein,dazu Siegfrieds Erzählung "Mime hieß ein mürrischer Zwerg..." mit anschließendem Meuchelmord Hagens.
    Atemberaubend bis zum nachfolgenden Trauermarsch,der Orchester und Zuschauer/hörer gleichermaßen viel abverlangt.
    Von allen Opernszenen ergreift mich diese am meisten. ;( ;( ;(
    Muß wohl an meinem Namen liegen.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ich hab' noch eins:


    Georges Bizet: Carmen


    Finale 4. Akt. Die Szene Carmen - Don José gehört zum dramatischsten, was jemals die Operbühne erklommen hat. Wenn da zwei theatralische Sängerdarsteller am Werk sind, stieben die Funken auf der Bühne...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Opernliebhaber,


    Die Sterbszene von Violetta in Traviata. Wenn man das sieht, da kann ja doch kein Auge trocken bleiben. Vorausgesetzt, es wird gesungen von einer schlanken Sopran. Gefesselt sitzt man da im Stuhle.


    LG, Paul

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  • Zitat

    Original von musicophil
    Hallo Opernliebhaber,


    Die Sterbszene von Violetta in Traviata. Wenn man das sieht, da kann ja doch kein Auge trocken bleiben. Vorausgesetzt, es wird gesungen von einer schlanken Sopran. Gefesselt sitzt man da im Stuhle.


    LG, Paul



    Da bin ich auch voll bei Dir. In den Armen des geliebten Menschen zu sterben, was gibt es Schöneres auf der Welt.

    Es ist zu spät!
    Ich warte, ich warte, doch sie kommen nie!


    Oh, wie hab' ich mich verändert!
    Doch der Arzt ermahnt zum Hoffen mich!
    Ach, bei dieser Krankheit
    ist alle Hoffnung vergebens!
    Lebt wohl, glückliche Träume vergangener Tage,
    Der Wangen Rosen sind schon verblüht;
    Alfreds Liebe ist's, die mir fehlt,
    Trost und Hilfe der müden Seele...
    Der Verirrten... lächle... ihrem Sehnen,
    Verzeih ihr, oh Gott, nimm sie zu Dir, oh Gott!
    Oh! Alles ist dahin,
    Ja, alles ist dahin.

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Für mich ist die ganze "Elektra" eine einzige atemberaubende Szene. Schon mit dem ersten Akkord wird man von einer gewaltigen und lichtlosen Welle aus Verzweiflung, Rache, Blut, Angst, Leid, Liebe, Hoffnungslosigkeit und Tod überrollt und in die Tiefe gezogen. Ich muss vorher immer tief einatmen, denn es gibt gibt für mich keinen einzigen Augenblick, wo ich während der Elektra auftauchen und Luft schnappen könnte...

  • Noch so eine atemberaubende Szene ist das beten von Leonora "Pace, pace, mio dio" in Verdis "La Forza del destino".
    Dreimal habe ich diese Arie gesehen/gehört und dreimal wurde ich ergriffen von dieser unglaublich schöne Szene. Dies könnte Callas grandios gespielt haben. Gesungen ist etwas anders.


    LG, Paul

  • Wozzek - das für Marie tödliche Treffen.


    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Lohengrin


    Die Brautgemachszene, die so idyllisch beginnt ("Das süße Lied verhallt, wir sind allein, das erste Mal allein, seit wir uns sahn!" - reinster Schubert!) baut sich langsam und dramaturgisch großartig gemacht zu einer spannenden Auseinandersetzung auf, die schließlich in der verhängnisvollen Frage gipfelt. Wenn da zwei Sängerschauspieler von Format am Werk sind, wird es echt atemberaubend.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Wozzek - das für Marie tödliche Treffen.


    Für mich eine Spur später: Wenn Wozzeck ertrinkt und Hauptmann und Doktor quasselnd vorbeigehen, während im Orchester gespenstische Nebelschleier aufsteigen.


    Und dann natürlich diese einzigartige Szene in Benjamin Brittens "The Turn of the Screw", wenn die Gouvernante Miles nötigt, den Namen Peter Quint auszusprechen und dann mit dem toten Buben im Arm kniet (eine Art Pietá) und dessen seltsames Lied "Malo, malo" als Totengesang anstimmt, während im Orchester die Strukturen zerbröckeln und eine furchtbare Leere übrigbleibt. Das schnürt mir persönlich die Kehle zu.

    ...

  • Finale von Tosca: Die Erschießung Marios; Tosca entdeckt, dass er tatsächlich tot ist; die Häscher Scarpias, die auf die Szene stürmen und Tosca, die ihnen mit ihrem Sprung in den Abgrund entgeht - SEHR dramatisch!


    Aida 4. Akt: Unterirdische Gerichtsszene über Radames. Man sieht nur Amneris, die das von fern Gehörte mit zunehmender Verzweiflung kommentiert und nach der Urteilsverkündung die wieder abziehenden Richter (Priester) verflucht.


    Peter Grimes, Ende 2. Akt: Die zunehmend agressiveren Dorfbewohner ziehen zu Grimes' Haus, um ihn zur Rede zu stellen; Grimes will mit dem Jungen flüchten, dieser stürzt unglücklich die Klippen hinab. Allein der Chor in dieser Szene mit den drohenden "Peter Grimes!"-Rufen löst bei mir immer Gänsehaut aus!


    und last but not least:


    Finale von Pagliaccci: Wie die "Theatervorstellung" plötzlich bittere Realität wird und dies das Publikum zunächst gar nicht mitbekommt, bis schließlich auf offener Bühne 2 Morde geschehen - die Spannung, die sich hier kontinuierlich aufbaut ist besser als jeder Krimi!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo,
    für mich die Schlußfuge von Verdis Falstaff:


    Alles in der Welt ist Posse.
    Als Possenreißer ist der Mensch geboren.
    In punkto Treue und Vernunft
    sitzt er nicht gerade fest zu Rosse.
    Es lacht am besten,
    wer als letzter lacht !


    Gruß Herbert. ;)

    Tutto nel mondo è burla.

  • Duett Carlos - Posa : Gott,der entflammte der Liebe heiße Glut tief hier drinnen im Herzen... Freundschaft auf Leben und Tod! :angel: :angel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Andrea Chenier


    3. Akt: Die Gerichtsszene ist ein echter Reißer und sollte seine atemberaubende Wirkung nie verfehlen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat

    Die Sterbszene von Violetta in Traviata. Wenn man das sieht, da kann ja doch kein Auge trocken bleiben. Vorausgesetzt, es wird gesungen von einer schlanken Sopran. Gefesselt sitzt man da im Stuhle.


    Da kann ich nur zustimmen.


    Weiters raubt es mir den Atem bei der Höllenfahrt des Don Giovanni!
    Beim Finale der Norma, beim Finale der Turandot, bei den Massenszenen von Donizetti und Rossini!! Finale erster Akt, Troubadour!


    Also bei mir gibts da schon einiges!


    LG joschi


  • Hhmmm...


    Kleiner Einspruch. Finale der Norma? Nee, das Finale des ersten Akts, wenn die drei Protagonisten aufeinander losgehen (sozusagen), ist einer der Höhepunkte an Operndramatik überhaupt! Und auch bei Turandot ist das Finale nur mehr Ausklang, das eigentliche Drama sollte sich in der Rätselszene abspielen (so die Herrschaften das zustande bringen).


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hier gäbe es viel zu viel zu sagen. Ausnahmsweise bin ich mal mit Siegfried einer Meinung, die Szenen aus Götterdämmerung und Tannhäuser sind atemberaubend. Außerdem stimme ich auch bei Turandot zu - zumindest, was das Alfano-Finale angeht. Was ich noch hinzufügen möchte:


    Krieg und Frieden: Der Tod des Andrej Bolkonski - eine unglaublich gespenstisch-schöne Szene


    Otello: "Datemi ancor l'eburnea mano, vo' fare ammenda... Dio, mi potevi"


    Cavalleria Rusticana: "Bada, Sanuzza, schiavo non sono" bis zum Osterfluch "A te la mala Pasqua" - grandios, wenn gut gesungen/geschrien.


    Cecilia (Refice): Tod der Cecilia.


    :hello:
    M.

  • Hinzuzufügen wären unbedingt der Tod der Butterfly (allerdings nicht von der Callas gesungen; so etwas zu Herzen Gehendes konnte sie einfach nicht)
    und die Fieberszenen des Tristan im 3.Akt, zwei Stücke, die musikalisch gar nicht so weit auseinanderliegen, denn Puccini war Wagnerianer.
    Dann vielleicht noch der 4. Akt von Puccinis "Manon Lescaut" mit einem überwältigenden Jussi Björling und seiner leider eher greinenden als singenden Partnerin Licia Albanese in der Studio-Aufnahme.

  • Die Sterbszene von Violetta in Traviata. Wenn man das sieht, da kann ja doch kein Auge trocken bleiben. Vorausgesetzt, es wird gesungen von einer schlanken Sopran. Gefesselt sitzt man da im Stuhle.


    Hallo zusammen


    Dem kann ich nur zustimmen.



    genial finde ich ---ti parli d'amore aus Otello von Rossini
    -- Aus I Puritani das Duett von Arturo und Elvira fast am Schluss.
    -- absolut genial auch die Schlussszene aus Willhelm Tell. Ich kann den Sonnenaufgang auch mit mp3 sehen.
    :angel:
    Grüsse aus Zürich

  • Aus aktuellem Anlass - ich komme eben aus dem "Simon Boccanegra" - die beiden großen Szenen zwischen Simone und Fiesco (Prolog und letzter Akt), Gabriele Adornos "un assassin son io" und Simones "il mar" im letzten Akt, wenn ein so guter Singschauspieler wie Thomas Hampson auf einer völlig leeren Bühne steht (Ihr wisst schon, das liebe ich :] ) und im Hintergrund allmählich ein unendliches Meer sichtbar wird. Da wird mir immer ganz anders.....
    Ansonsten:
    Maria Stuarda, die große Konfrontation zwischen Maria und Elisabetta. Ich kenne eigentlich keine Oper, wo zwei derartige Furien aufeinander losgehen. Natürlich muss das auch dementsprechend gespielt werden.
    Lucia die Lammermoor, die leider oft gestrichene Turmszene, die ich aber ungemein spannungsgeladen empfinde.
    Das meiste ist schon genannt worden (Finali von Carmen und Pagliacci)
    In der "Traviata" ist für mich eigentlich der dramatischste Moment die Szene Violeta-Alfredo auf Floras Fest, beginnend mit "mi chiamste..." bis dann Vater Germont seinem Sohn die Leviten liest.
    lg Severina :hello:

  • Eben wieder gehört - und mit einer derartigen inneren Bewegung, daß mir die Tränen kommen: Der Schluß von Janáceks "Schlauem Füchslein". Da erklärt Janácek im Text mit ein paar Zeilen seine Vorstellung vom ewigen Kreislauf der Natur, zu dem Geburt und Tod gehören, und dann folgt dieser unglaubliche Orchesterhymnus, als wollte Janácek sagen: Alles ist eins, jeder ist ein wichtiger, aber vergänglicher Teil eines unbegreiflichen Kosmos.
    Wie kann man solch eine Musik nur schreiben? :jubel: :jubel: :jubel:
    :hello:

    ...

  • Vieles ist schon genannt, hinzufügen möchte ich zunächst die Szene Philipp II/Goßinquisitor aus Don Carlos und das "Credo" des Jago aus Othello.

    Viele Grüße aus dem Bergischen Land
    Basso

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