Plaisir d'Amour, oder der letzter Oberhofmeister der Musik in Versailles: Martini

  • Martini, Martini il Tedesco, eigentl. Martin, Deckname Schwarzendorf,
    Johann Paul Aegidius, Jean-Paul-Gilles
    * 31. Aug. 1741 in Freystadt (Oberpfalz)
    † 10. Febr. 1816 in Paris




    Der letzte Sur Intendant de la Musique du Roi am Hof von Versailles.


    Martini wurde 1741 in Freystadt geboren. Er ist das 6. Kind des Schullehrers und Organisten Andreas Martin und seiner Frau Barbara, geborene Aich,
    Sein Geburtshaus in der Kirchengasse dient als Schullaus und Lehrerwohnung.1747 stirbt Johanns Mutter. Im selben Jahr heiratet der Vater wieder. Die wirtschaftliche Situation der großen Familie ist schlecht. Zehn Kinder aus erster und vier Kinder aus zweiter Ehe muss Andreas Martin ernähren.


    Nicht zuletzt deswegen wird Johann mit 10 Jahren zum Schuljahr 1752/53 ins Jesuiten-Seminar nach Neuburg an der Donau geschickt. Dort erhält seine erste musikalische Ausbildung und bereits im Alter von elf Jahren tritt er als „organoedus“, Orgelspieler, auf. Seinen Aufenthalt in Neuburg beendet Johann Paul Martin als Lehrer für das Orgelspiel, „instructor in organo“. Anschließend zieht er nach Frei- burg/Breisgau, um Philosophie zu studieren. Nach 4 Semestern bricht er aber seine Studien ab. Er soll gesagt haben: „Ma vocation c’est la musique“ (Meine Berufung ist die Musik.). Im Jahre 1760 zieht er nach Nancy und heiratet am 4. Mai 1764 Marguerite Camelot, die Enkelin des ersten Organisten der Kathedrale von Nancy, dort gibt er sich den Namen "Martini il Tedesco"



    Ein Jahr später zieht das Paar nach Paris um, wo Martini den Titel eines „Officier à la suite du régiment de Hussards de Chamborant“ erhält. Er komponiert Marschmusik im Stil „goût allemand“, die sehr gut ankommt.



    In den folgenden Jahren komponiert Martini in Paris sehr erfolgreich Opern zu den verschiedensten Anlässen. Sein Werk „Le Droit du Seigneur“ (Das Recht des Lehensherren) beispielsweise bleibt 25 Jahre auf dem Spielplan des Theaters von Fontainebleau.



    Dann 1788 der Durchbruch: Martini wird „Surintendant de la musique du Roi“ und wird damit oberster Hofmusik am Hofe von Versailles.
    Er folgt damit Antoine Dauvergne der sein Amt durch eine Intrige einbüßte nach.Er wird ebenfalls Maitre de la Chapelle du Roi. Um diese Anstellung zu erreichen muss er 16 000 Livres bezahlen! Damit avancierte er zum Generaldirektor aller wichtigen Bühnen von Paris und hat wohl engsten Kontakt zu Gossec und Saint Georges.
    In dieser Zeit komponiert Martini sein wohl bekanntestes Werk - das Chanson “Plaisir d’amour”
    zu dem Jean-Pierre Claris de Florian (1755-1794) den Text schreibt.





    Als ein Jahr später die Französische Revolution ausbricht und die königliche Familie gefangen genommen wird, verliert Martini alle seine Anstellungen und Ämter. Um nicht selbst in den Wirren der Revolution unterzugehen, flieht er für kurze Zeit zu Freunden nach Lyon. Der Verlust aller Posten bringt ihn in große finanzielle Schwierigkeiten. Seine Ehe wird am 6. Juni 1793 geschieden. Es ist ein Wunder, dass die Revolutionäre ihn leben ließen, viele seiner Kollegen endeten auf der Guillotine, auch andere Künstler die für Marie Antoinette tätig waren wie z.B. der Architekt Gabriel ( Planer des Hameau in Versailles) endete unter dem Fallbeil.
    In den folgenden Jahren wendet sich Martini immer wieder an das „Directoir Exécutif“ mit der Bitte um „Arbeit, Anerkennung und Gerechtigkeit“. Im Jahre 1796 erhält er die Stelle eines „Inspecteur“ im neu gegründeten „Conservatoire de Musique“. Auch hier dürfte er des öfteren mit Gossec zusammengearbeitet haben.
    Da seine Opern in den folgenden Jahren aber größere Misserfolge sind, wird er 1802 entlassen. Martini beschließt sich wieder mehr der geistlichen Musik zu widmen und verfasst die Orgelschule „Ecole pour orgue divisee en trois partie“.


    Zur Vermählung Napoleons mit Erzherzogin Marie-Luise 1810 komponiert Martini seine „Messe solemnelle“. Jedoch wird das Werk nicht aufgeführt!


    1814 setzt ihn König Ludwig XVIII. wieder als „Surintendant de la musique du Roi“ ein. Inzwischen 73 Jahre alt, komponiert Martini in seinen letzten Lebensjahren unter anderem ein Requiem, das am 21. Januar 1816 zum Jahrestag der Hinrichtung Ludwigs XVI. in der Kirche von St. Denis, der Grablege der französischen Könige, uraufgeführt wird.. Der König verleiht ihm dafür den Orden des Hl. Michael.


    Louis XVIII


    Am 14. Februar 1816 stirbt Jean Paul Egide Martini in 2, Rue de la Paix in Paris. Er erhält prunkvolles Begräbnis, den Sarg schmückt ein Lorbeerkranz des Königs. Sein Grab befindet sich auf dem großen Pariser Friedhof Père-Lachaise
    Eine Straße zwischen dem Gare du nord und Gare de l’est (Nord- und Ostbahnhof) wird nach ihm benannt.



    seine Bühnenwerke:


    La Convalescence de Thémire (Gaultier), diveritssement 1 Akt (20. Febr. 1765 Fléville)


    L'amoureux de quinze ans ou La double fête (P. Laudon), comédie mêlée d'ariettes 3 Akte (18. April 1771 Paris, Comédie-Italienne, Bourgogne); EA Brüssel 1774; Haarlem 1774; Kassel 1780; Wien, Burgtheater 1778 (deutsch von G. Stephanie, evtl. auch von L. A. Hoffmann); Mainz 1790 (deutsch von C. A. Vulpius)


    Le Nouveau-né (Laujon), dass. (1772 Chantilly)


    Le Fermier cru sourd ou Les Méfiances (Laujon), dass. (7. Dez. 1772 Paris, Comédie-Italienne, Bourgogne)
    Le Rendez-vous bien employé (L. Anseaume), comédie-parade 1 Akt (10. Febr. 1774 ebd.)


    Henri IV. ou La Bataille d'Ivry (B.F. de Rosoi), drame lyrique 3 Akte (14. Nov. 1774 ebd.)


    Le Droit du seigneur (F.G. Desfontaines/Laval), comédie mêlée d'ariettes 3 Akte (17. Okt. 1783 Fontainebleau)


    L'Amant Sylphe ou La Féerie de l'amour (A.-F. Quétant), comédie mêlée d'ariettes 3 Akte (24. Okt. 1783 Fontainebleau)


    Annette et Lubin (M.-J.-B. Favart, J.F. Marmontel, J.B. Lourdet de Santerre C.-S. Favart), opéra comique 1 Akt (1785 Gennevilliers)


    Sapho (C.M. Pipelet de Leury [später Prinzessin von Salm-Reifferscheid-Dyck]), tragédie lyrique 3 Akte (12. Dez. 1794 Paris, Amis de la Patrie, Louvois); rev. ca. 1805 (nicht aufgeführt)


    Sophie de Pierrefeu ou Le Sésastre de Messine (J.-A. de Révéroni Saint-Cyr), drame lyrique/fait historique 3 Akte (1797/98, nicht aufgeführt)


    Ziméo (Lourdet de Santerre), Oper 3 Akte (16. Okt. 1800 Paris, Feydeau)


    La Maison louée ou La Maison à deux maîtres (Desfontaines), comédie mêlée d'ariettes 3 Akte (30. Aug. 1806 Paris, Opéra-comique, Feydea)



    mit Aufnahmen seiner Opern sieht es schlecht aus, ich habe keine einzige gefunden, dafür aber einige Aufnahmen seines berühmten Chansons:




    Plaisir d'Amour & andere frz. Chansons vor 1800
    Le Poeme Harmonique / Dumestre


    ansonsten scheinen nur wenige andere Stücke von ihm bisher aufgenommen zu sein.
    Doch bedenkt man die Wertschätzung die ihm die Bourbonen entgegenbrachten und den Erfolg den er vor der Revolution hatte, kann man davon ausgehen das hier ein richter Schatz im dunkeln ruht. Ich hoffe dass man diesen Komponisten bald wiederentdeckt. Man kann ihn wohl ohne weiteres mit Grétry, Mehul und Gossec auf eine Stufe stellen.