Heinrich Schütz

  • Sagitt meint:


    Es ist Zeit für einen neuen thread, obwohl ich befürchte, da wird sich kaum eine Diskussion entspannen. Heinrich Schütz ist ja sehr in den Strudel des Vergessens geraten und wird nur innerhalb einzelner Festivitäten zelebriert und von wenig labels überhaupt noch prodzuziert. Die letzte etwas umfangreichere Edition war 1985, vierhundert Jahre nach seiner Geburt.


    Schütz war ein Komponist geistlicher Musik ( und dies,obwohl er über Jahrzehnte die Hofmusik in Dresden zu bedienen hatte), aber von weltlichen Werken ist kaum etwas erhalten.,


    Er hat in der Zeit des dreißig-jährigen Kriegs gelebt ( 1585 bis 1672), wurde( für seine Zeit erst recht) steinalt,überlebte seine nähere Verwandschaft und war über Jahrzehnte eine erste Autorität in Fragen der Musik in Deutschland ( sehr schön beschrieben in G.Grass, das Treffen von Teltge).


    Schütz hört sich heute oft wie eine Musik aus sehr ferner Zeit an. Ich erinnere mich eines Konzerts anläßlich eines Schützfestes 2002, bei dem ein Kantor deutlich machte, er könne dem Publikum nicht den kompletten Zyklus " Schwangengesang"(sein letztes, lange verschollenes Werk,1971) zumuten und dan andere Stücke mit hineinbrachte.


    Ich hatte mit der Musik von Schütz nie Schwierigkeiten,schätze sie seit ungefährt dreißig Jahren.


    Schütz hat unglaubliche Chorwerke geschaffen. Nach seinem Meisterstück aus Italien (op. 1), die Psalmen Davids ( 1618 ), die Exequien ( 1636), das Chorbuch 1648 und den Schwanengesang ( 1671). Daneben eine Vielzahl kleiner Werke, teilweise für Kleinstbesetzung, weil in Zeiten des dreißigjährigen Kriegs die Künstler rar waren.


    Eine meiner ersten Schütz-Hörerlebnisse verschaffte mir Norrington mit seinem gleichnamigen Ensemble aus London.
    Ich hörte dann einige Produktionen aus der DDR, die durchaus eine gewisse Schütz-pflege kannten, wie etwa die Kruzianer aus Dresden. Aber die Interpetationen war steifleinen-langweilig. Das hätte mit diesen Komponisten vermiesen können.


    Es folgten später aber sehr gute Aufnahmen. Bernius ebenso wie Gardiner, cantus cölln ebenso wie Rademann.


    Ich momentan nur auf eine Aufnahme hinweisen: Die Exequien von Schütz, ein Grabgesang für den adligen Reuss, 1636, ausgeführt von Herreweghe. Das ist optimale Textdeklamation, fliessendes Musizieren.
    Harmonische Stimmen. Die Aufnahme wurde von der hamonia france herausgebracht- ist aber schon länger her.


    Heinrich Schütz- auch sagittarius genannt

  • Lieber Sagitt,


    herzlichen Dank für diesen Thread - wir teilen, wie wir auch voneinander wissen, die Liebe zu Heinrich Schütz. Für mich ist er der deutsche Monteverdi, er hat bei Gabrieli in Venedig Musik studiert. Ergebnis u.a. die Italienischen Madrigale, die in sehr guter Einspielung von Rene Jacobs und Concerto Vocale vorliegen (HM). Die umfangreiche geistliche Chormusik wurde sehr gut von Manfred Cordes mit der Weser-Renaissance CPO 1998 aufgenommen.
    Vielleicht am bewegendsten die Musikalischen Exequien, das wohl erste Requiem in deutscher Sprache. Typisch für Schütz, der äußerst konzentrierte auf den Kern der Existenz und auf geistliche Fragen gerichtete Text, der eindrucksvollst in Musik gefaßt wird. Die schönste Aufnahme der Exequien ist für mich die von John Elliot Gardiner und dem Monteverdi-Chor, 1988. Ich sehe das Gardiner-Wirken sehr differenziert, aber diese Aufnahme geht unter die Haut. Andere Aufnahmen kenne ich in größerer Zahl, für mich ist es diese. Die Exequien sind vielleicht überhaupt der beste Zugang.


    Ich bin gespannt, auf die anderen Hörerfahrungen der Forianer.


    Mit herzlichen Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Lieber Matthias


    in der Einschätzung Gardiners liegen wir nicht so weit auseinander, aber ich will doch versuchen, meine Hörerfahrung zu beschreiben.


    Gardiner hatte verschiedene Interpretationsphasen. Immer war sein Chor Weltspitzenklasse. In den siebziger Jahren bei Erato hat er wunderbare Choraufnahmen gemacht, Purcell- Trauderode- oder die Bach-Motetten, einschließlich diverser Bach-Kantaten. Sehr farbig im Klang, im Tempo moderat.
    Dann kam seine Eil-Phase, eigentlich schon beginnend mit der h-moll Messe 1985. dafür wurde er sehr gelobt und die hat er dann fortgesetzt, mit einem verhuschten Weihnachtsoratorium, einer durcheilten Johannes-und Matthäus-Passion.


    Ich habe wenig von Bach pilgramige gehört, aber die Tempi hat er wieder etwas zurückgenommen.


    Ich höre den Klang aber auch so, dass die eine recht kalte Pracht ist, überdeutlich beim Brahms-und Verdi-Requiem.


    Nun endlich zu Schütz: diese CD entstand in dieser Zeit. Der Chor singt- wie immer- gänzlich eindrucksvoll ( man höre: Saul,Saul, was verfolgst du mich..). Aber: ich will ein Bild gebrauchen, bei Gardiner sehe ich bei den Exequien ein Grabesmonument, darin eingegraben die Inschriften: Nacked bin ich kommen, nacked werde ich wieder gehen....
    Höre ich etwa Herreweghe sind das für mit Trost und Sinnsprüche für einen Sterbenden.


    Die Musik von Schütz ist so schwer zu exekutieren, weil sie von unseren Hörgewohnheiten sehr weit weg ist. Am ehesten besteht die Gefahr, dass die langweilig gesungen wird und damit am Schicksal von Gottesdiensten teilhat. Das hat mit einem nichts zu tun, was geht mich das an ? Schütz hat ja sehr viel altes Testament vertont, das inhaltlich auch für uns weniger zugänglich ist- man denke an die Vertonung des 119ten Psalms, der sich mit dem Gehorsam beschäftigt und diamentral zum Zeitgeist steckt.


    Deswegen plädiere ich dafür, in Schütz die Trostmusik zu erkennen. Er hat viel Schrecken konkret miterlebt, viel Leid,weil er alle Angehörigen sterben sehen musste und die Musik hat ihm sicher geholfen, alles dies zu tragen. Das möchte ich hören- und das höre ich bei Gardiner zu wenig.Ich habe den Eindruck, er kann mit der Gemütsdimension des Protestantismus wenig anfangen- und deswegen ist dies nicht meine Referenzaufnahme


    Herzliche Grüße


    Sagitt

  • Die Musik von Heinrich Schütz bezieht den Raum, für den sie konzipiert wurde, in das Klang-Geschehen ein: Bei den "Musikalischen Exequien" die in der Salvator-Kirche zu Gera im Jahr 1636 zum ersten mal erklangen, wurde der Hauptchor im Halbkreis im Kirchenraum verteilt; ein weiterer
    kleinerer Chor in der geöffneten Gruft aufgestellt.
    Die erste Aufnahme, die dem Rechung trägt, ist die Howard Armans mit der Schütz-Akademie und ihm gelang eine Einspielung von großartiger Intensität, die für mich alle anderen Aufzeichnungen dieses Schlüsselwerkes des Frühbarocks weit hinter sich lässt: Es ist zu bedauern, daß Arman seine Schütz-Interpretationen nicht fortgesetzt hat:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo sagitt,


    vergiss bei deinen Einschätzungen bloß nicht, dass sich wie auch bei Meister Bach über die Zeit hinweg die Interpretationen sehr stark ändern. Ein Schulkamerad hat sich einmal eine Schütz-CD mit alten Aufnahmen ( 50er Jahre) angehört und gemeint, dass es für ihn sehr gewöhnungsbedürftig war, weil heute niemand mehr so singen würde (schon rein vom technischen Gesichtspunkt). Dies ist auch nicht verwunderlich, schon garnicht bei Schütz, der ja fast ausschließlich nur durch die protestantische Kirchenmusikpflege am musikalischen Leben gehalten wurde. Und diese ist nun mal auch durch Tradition und einen Textschwerpunkt gekennzeichnet, so dass sich die musikalische Ausführung auch anpassen muss.


    Viele Grüße
    nubar

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  • Nubar schrieb:


    Zitat

    ... so dass sich die musikalische Ausführung auch anpassen muss.


    Ja, und genau das ist in den vergangenen 20 Jahren in erfreulicher Reichhaltigkeit geschehen, so daß es heute ohne weiteres möglich ist, sich ein Schütz-Bild zu verdeutlichen, das NICHT mehr von der protestantischen Kirchemusik-Pfege im Sinne eines Ehmann oder Maurersberger geprägt ist, obwohl Letztgenannter bedeuetende Schütz-Einspielungungen hinterlassen hat.


    Führend auf dem "neuen Weg" einer Annäherung an Schütz sind derzeit


    Cantus Cölln
    Weser-Renaissance
    Kammerchor Dresden


    Der Umgang mit dezidiert wortgebundeneer Musik ist dadurch gewiss nicht leichter geworden, aber die einseitge Prägung ist weg und das ist doch schon mal was...

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Tag,


    ich knüpfe bei BBB an und dem Hinweis auf Cantus Cölln und das Ensemble Weser-Renaissance. Über eine Sendung von Radio Bremen, ein Programm der Weser-Renaissance, kam es dazu, dass meine Frau nach den Psalmen Davids insbesondere verlangte. Als Kind hatte sie die Psalmen noch mitgesungen, heute kann sie die Verse noch sprechen.


    Mir kommt es mittlerwiele so vor, als machte ich, mit zuhörend, eine Tieferlegung der Fundamente mit. Meine Frau, sich erinnernd, ich überrascht.


    Man muß sich Zeit nehmen für Cantus Cölln, Weser-Renaissance und die Musik von Heinrich Schütz. Nichts für Hochgeschwindigkeitsresonatoren.


    MfG
    Albus

  • Sagitt meint:


    Ich will meine Beiträge zu Schütz fortsetzen mit dem Werk Schwanengesang, seinem letzten ( 1671). Bekannt daraus war viele Jahrzehnte nur das deutsche Magnificat. Ewig lange waren die Stimmbücher zu diesem gewaltigen Werk- der Vertonung des 119ten Psalms- verschollen und nicht alle sind wieder aufgetaucht. Zum Schützjahr 1985 hat der Forscher Wolfgang Steude Stimmbücher rekonstruiert und eine Fassung hergestellt, die aufgeführt werden kann ( über eine Stunde, mit dem 100 Psalm und dem deutschen Magnificat) . Es gab dann auch erste Aufnahme unter Knothe mit der Capella Sagittariana. Die ist lebendig, aber man muss Countertenöre mögen, sonst klingt sie ein wenig schräg. Als zweite Aufnahme kam dann die Kombination des Knabenchors Hannover mit den Hilliards unter Hennig. Sie passten einfach nicht zusammen. Es kam dann eine finnische Aufnahme mit dem Tapiola choir unter Paul Hillier( einem der Gründer der Hilliards), ein wenig weich, also kontrastarm in Klangbild, aber hervorragend gesungen ( das Deutsch ist phänomenal für einen finnischen Chor) und schließlich das Dresdener Vokalensemle unter Rademann ( wahrscheinlich die am besten anhörbare Version).
    Ich finde diesen Schwanengesang, der an die Psalmen Davids ( 1619) anknüpft großartige Musik, habe in phasenweise in meinem Leben täglich gehört,auch wenn die Inhalte des 119ten Psalms schon ganz schön sperrig sind.


    Wenn man sich an der Musik von Sagittarius erfreuen kann, wird man an diesem Zyklus nicht vorbeikommen.

  • sagitt schrieb:


    Zitat

    Wenn man sich an der Musik von Sagittarius erfreuen kann, wird man an diesem Zyklus nicht vorbeikommen.


    Nein, DA kommt man nicht vorbei, wobei ich erstaunlicherweise sagen muß, daß mich von allen verfügbaren Aufnahmen (ich habe sie ALLE)
    keine wirklich restlos überzeugen konnte.
    Das fängt an mit der sogenannten "Uraufführung" unter Dietrich Knothe aus dem Jahr 1982, dien den madrgalgezeugten Tonfall des Werkes (eine ganz späte Reminiszenz an seinen Lehrer Giovanni Gabrieli, 70 Jahre nach dessen Tod) wunderbar trifft, in den Chorsätzen jedoch klanglich nicht zu überzeugen vermag. Die EMI-Aufnahme mit dem Knabenchor Hannover unter Heinz Hennig, (hier fungiert quasi als "Prinzipal-Chor" das wunderbare Hilliard-Ensemble, lässt leider Aufnahmetechnisch zu wünschen übrig. Der Aufnahme des Dresdener Kammerchors unter Hans-Christoph-Rademann ist einerseits nebem einem geradezu perfekten Klangbild (das hier durchaus mit den Ensembles Harry Christoffers (The Sixteen) und Gardiners Monterverdi Choir konkurreren kann. Leider klingt alles ein wenig zu einförmig, die dramatischen Aspekte der Musik werden zu wenig herausgearbeitet. Bleibt last not least noch die im Opernhaus Sidney produzierte Aufnahme von The Song Company, die das Werk in Kleinstbesezung ohne das Deutsche Magnificat intepretiert und die mich vom geistig-darstellerischem Aspekt derzeit am meisten überzeugt.



    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo,


    sowohl gegen Schütz als auch gegen Distler habe ich eine "gesunde" Abneigung entwickelt.


    Das liegt in erster Linie daran, dass uns unser Chorleiter als 11jährige Jungs meinte, uns mit diesem "Zeug" traktieren zu müssen.


    Als Konserve oder live mögen Schütz´Kompositionen sehr gefallen, als Ausführende diese doch teilweise sehr komplexen Werke einzustudieren, empfand ich als Qual ( ich spreche hier im wesentlichen von seinen Motetten sowie Teilen der Weihnachtshistorie)

    Beste Grüße aus Bonn
    Matthias


    Ich tu', was meine Pflicht gebeut, doch hass' ich alle Grausamkeit (ROCCO)

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  • Rocco schrieb:


    Zitat

    sowohl gegen Schütz als auch gegen Distler habe ich eine "gesunde" Abneigung entwickelt.


    Ich denke, das teilst du mit vielen und es bedeutet nicht mehr als die mehr oder weniger "gesunden" Abneigungen anderer gegen Mozart, Monteverdi, Wagner, Pfitzner, Bruckner und und und...
    Ich zumindest für mein Teil nehme es dankbar, aber wenig erstaunt zur Kenntnis, wenn auch dein Beitrag in z.b. "Die unbelibetesten Objekte der klassischen Musik" besser aufgehoben wäre
    :D
    Alles in allem bin ich heutzutage für so eine Aussage schon dankbar, denn in einem "anderen" Forum artikulierte sich ein User wie folgt:


    "Ich finde die Musik von Schütz wenig sinnlich, was wohl vor allem daran liegt, daß sie nicht schön klingen tut"


    Na denn....

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Sagitt meint:


    wenn man ein frühkindliches Schütz-Trauma entwickelt hat, sollte man in der Tat andere Musik hören.Ich habe Schütz gar nicht so früh kennengelernt und weiss, es war das deutsche Magnificat ( nicht eines seiner schwersten Werke), dass mich sofort fascinierte.
    Liest man dann die Biografie von Gregor Dellien, wird einem das lange Leben, immer wieder in Konfrontation mit Elend und Armut ( nicht diejenige von Schütz selbst, sondern diejenige derer, die ihm anbefohlen waren) als in religiöser Bindung getragene Last klar.


    Ich habe seine Musik immer als strenge Kunst ( auch gar nicht modern, diese Strenge) und zugleich als Trost gehört.


    Für die Sagittarianer ist es Zeit, ein weiteres Großwerk von Schütz vorzustellen. Die Psalmen Davids aus dem Jahr 1619 sind Zeugnisse einer musikalischen Kreativität in Deutschland, die sehr stark von Italien inspiriert war, aber dann ihren eigenen Ton fand.


    Es gibt zwei durchaus anhörbare Aufnahmen. Bernius mit seinen Ensemble und etwas virtuoser, im Klang etwas kühler cantus cölln. Cantus cölln ist wohl im deutschen Bereich das interesssanteste ensemble. Die Singfähigkeit der Beteiligten ( sonst oft als Solisten tätig), die Neugierde auf Stücke, auf Ausgrabungen ( durch sie habe ich den fabelhaften Rosenmüller kennen-und schätzen gelernt).
    Diese Aufnahme der Psalmen Davids aus dem Jahre 1999 ist hochdekoriert und mir als Sagittarianer eine große Freude.
    Auf weitere Anregungen bin ich gespannt.

  • Saggit schrieb:


    Zitat

    Auf weitere Anregungen bin ich gespannt.


    Leider lassen, im Gegensatz zu anderen Sammelwerken des Sagittarius,
    die Gesamteinspielungen der "Psalmen Davids" auf sich warten und auch ich kann nur uneingeschränkt die erwähnten Aufzeichnungen unter
    Bernius und Junghänel empfehlen. Aus sicherer Quelle weiss ich, daß Hans-Christoph Rademann mit seinem "Dresdner Kammerchor" eine Gesamteinspielung plant und die Schütz-Reihe bei Briliant, (eben erschien Vol2) mit der Capella Augustana wird im Vol3, das im Laufe des Jahres 2005 erscheinen wird, ebenfalls eine Gesamteinspielung vorlegen.
    Bemerkenswert sind noch immer die Einspielungen Rudolf Mauersbergers
    mit dem "Dresdener Kreuzchor", die ein völlig anderes Klangideal, geprägt von der "Orgelbewegung" der 20ger Jahre des vergangenen
    Jahrhunderts, vermitteln und auch heute noch ummittelbar zu berühren vermögen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Heinrich Schütz schätze ich ebenfalls sehr, leider ist es so unglaublich bedauerlich, dass seine weltlichen Werke verschollen sind.
    Zugerne hätte ich die erste deutsche Oper aus seiner Feder erlebt oder seine Ballette die für den Hof in Dresden komponiert hat.
    Vielleicht taucht ja irgendwann mal was auf, das wäre einfach ein zu großer musikgeschichtlicher Verlust ;(

  • Salut,


    Heinrich Schütz fand bis vor kurzem nur in Form des bekannten Gemäldes in meinem Kopf als "alter störrischer gregorianischer Wegbereiter" statt. Dieses Bild muss ich seit den Weihnachtsfeiertagen 2004 korrigieren, und zwar ganz stark: In irgendeinem Sender verfolgte ich kurz vor oder nach Weihnachten eine Aufführung von Schütz' "Weihnachtshistorie" und war absolut begeistert von diesem monumentalen und teilweise fast kühnen Kirchenwerk!!


    Ich finde, es lohnt sich, solches öfter einmal "anzutun" und zu entdecken.


    Als ehemaliger Knabensopran glaube ich aber kaum, daß Schütz wesentlich schwieriger zu singen ist, als andere Komponisten dieser und folgender Zeiten...


    Viele Grüße

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • @BBB
    Dass die Einspielung der Psalmen Davids auf Brilliant lohnenswert wird, kann ich mir kaum vorstellen. Ich hab mir eine der bisher erschienen Boxen (mit Symphoniae Sacrae I & II sowie Weihnachtshistoria) gekauft und war sehr enttäuscht. Ich möchte hier meine Einschätzung, die ich anderswo schon gegeben habe, in leicht modifizierter Form wiederholen.


    Vor allem die Sänger enttäuschen mich sehr. Nicht nur dass die meistens Probleme haben mit der korrekten Aussprache (Latein (symph. Sacrae I bzw. Deutsch (der Rest) mit allzu deutlichem Einschlag der Muttersprache der Sänger), einige scheinen mir auch technisch nicht ganz auf der Höhe zu sein. So zum Beispiel im dritten Stück der Symphoniae Sacrae I (In te, domine, speravi). Da ist der Tenor nicht der Höhe gewachsen, die das Stück verlangt. Es kingt einfach jämmerlich. Selbst der von mir hoch geschätzte Harry van der Kamp zeigt ungewohnte Schwächen (Symph. Sacrae I, Nummer VI: Jubilate Deo omnis terra).


    Ein weiterer Kritikpunkt, was mir besonders bei der Weihnachtshistoria aufgefallen ist, ist die viel zu laute Orgel, die ja als Continuo-Instrument eigentlich nur harmonische Stütze sein sollte. Manchmal kam mir das aber vor, als wäre das ein Stück für Orgel und noch ein paar andere Musikschaffende. Mich hatte anfangs schon gewundert, weshalb im booklet so ausführlich auf die verwendete Orgel eingegangen wird; jetzt weiß ich´s...


    Was Einspielungen der Psalmen Davids bisher angeht, so kann man doch schon relativ zufrieden sein. Die beiden mit Bernius und Junghänel sind schon ziemlich gut. Ich sehe da nicht unbedingt eine Notwendigkeit, den Zyklus nochmal aufzunehmen. Da gibt es ganz andere Sachen aus der Zeit, die mal einer Auffrischung bedürfen. Als Beispiel seien nur mal genannt: Das Kantatenwerk von Weckmann und Buhns. Von beiden gibt es Gesamtaufnahmen, jeweils mit dem Ricercar Consort, beide heute nicht mehr erhältlich. Beide schon nicht schlecht, aber verbesserungswürdig.


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo


    leider komme ich recht spät in diese Runde.
    Schütz ist nicht gerade mein bevorzugtes Feld, aber auch ich kann bestätigen, daß diese CD von Gardiner mit den Musikalischen Exequien ein hervorragender Einstieg in Schütz´ Werk ist.


    Die musikalischen Exequien sind bei Herreweghe vielleicht tatsächlich noch ein bisschen besser, aber dafür erfreut Gardiner mit vier phantastisch gelungenen Aufnahmen von vier Motetten und Konzerten. "Saul, Saul, was verfolgst du mich?" ist der eigentliche Höhepunkt dieser CD. Gardiner wartet mit phantastischen Soundeffekten auf!!!


    Gruß, markus

  • Salisburgensis schrieb:


    Zitat

    Dass die Einspielung der Psalmen Davids auf Brilliant lohnenswert wird, kann ich mir kaum vorstellen


    Ich mir übrigens auch nicht, nachdem mich die zweite Box der Brilliant-Einspielung genauso enttäuschte, wie die erste.
    Die durchaus wohlwollende Kritik im "Fonoforum" kann ich nicht nachvollziehen, denn neben Intonationstrübungen, den Stimmen, die nicht zusammen passen und einer penetranten Continuo-Orgel und einer gelinde gesagt, "bescheidenen" Leitung des Ganzen warte ich wohl jetzt doch lieber auf die Aufnahme der "Psalmen Davids" unter H.Chr. Rademann. Die Brillianteinspielung werde ich trotzdem weiter kaufen, da sie angeblich als erste SÄMTLICHE Werke des Meisters vorstellen will.
    Wie da wohl die "Geistliche Chormusik" klingen mag ? :D

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Ob das tatsächlich stimmt mit den SÄMTLICHEN WERKEN? Ich bezweifle, ob die rund 150 Stücke des Beckerpsalters es wert sind, auf CD gebannt zu werden. Lassen wir uns überraschen.


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • salisburgensis schrieb :


    Zitat

    ob die rund 150 Stücke des Beckerpsalters es wert sind, auf CD gebannt zu werden.


    Bestimmt sind sie es wert und mir fallen auf Anhieb gleich 3 Personen ein,
    die man damit hingebungsvoll quälen könnte :D

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Hallo,


    ich möchte nochmal auf die Musicalischen Exequien zurück kommen und auf die schon von BigBerlinBear empfohlene Aufnahme mit der Schütz Akademie unter Howard Arman.


    Den dritten Teil, das Canticum Simeonis mit dem Text "Herr, nun lässest du deinen Diener in Friede fahren", läßt Schütz von zwei getrennten Chören singen. Der erste Chor, 5stimmig, bestehend aus Sopran, Alt, 2 Tenören und Baß, singt: "Denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, welchen du bereitet hast für allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volks Israel." und symbolisiert die, die der Verstorbene zurückgelassen hat.


    Der zweite Chor, 2 Soprane und ein hoher Baß dagegen steht für das Überirdische, den Ort, an dem der Verstorbene seine ewige Ruhe findet. Der Text: "Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben, sie ruhen von ihrer Arbeit und ihre Werke folgen ihnen nach. Sie sind in der Hand des Herren und keine Qual rühret sie. Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben."


    Der Gegensatz zwischen dem tiefen ersten und dem hohen zweiten Chor stellt die Distanz zwischen Himmel und Erde dar. In der Aufnahme mit der Schütz Akademie wird nun diese Distanz auch räumlich vollzogen, mit einem überwältigenden Effekt. Der Engelchor steht weit entfernt und ist anfangs nur zu erahnen. Erst etwas später, wenn das Erdenvolk schweigt, kann man ganz sicher sein, dass da noch mehr ist. Erst dann hört man die Engel deutlich heraus, die mit ihrer Botschaft die Hinterblieben trösten: "Sie sind in der Hand des Herren und keine Qual rühret sie".


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Salisburgensis schrieb:


    Zitat

    In der Aufnahme mit der Schütz Akademie wird nun diese Distanz auch räumlich vollzogen, mit einem überwältigenden Effekt


    Ohne die von mir beschriebene Öffnung der Reussischen Gruft, was erst die Simulation der Sitution zum Zeitpunkt der Beisetzung des Grafen Heinrich Posthumus ermöglichte, hätte diese exemplarische Aufnahme nicht entstehen können und der Gemeindekirchenrat zeigte sich anfangs wenig Willens, dem Ansinnen Armans zu entsprechen.
    In Anbetracht der Hochwertigkeit dieser Einspielung (das kann man auch auf die anderen Darstellungen der Schütz-Akademie überrtragen) ist es umso bedauerlicher, daß dieses Kapitel wirklich kompetenter Schütz-Interpretation unwiderruflich der Vergangenheit angehört.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Sagitt meint:


    Endlich mal wieder zwei Cds von cantus cölln, symphoniae sacrae Teil III. Das ist was zum Schwelgen, wenn man Schütz mag. Herrliche Stücke, nach dem dreißigjährigen Krieg zusammengestellt, den Schütz teilweise durchaus miterlebt hat. Seine Musik in Deutschland litt darunter, weil er einfach keine Musiker hatte,mit denen er musizieren konnte. Welch ein Aufatmen muss das gewesen sein, als dieses Metzeln vorbei war. Die musikalische Gestaltung von Feiern, etwa der Abzug der Schweden aus Sachsen, war die Angelegenheit von Schütz, der einfach nicht von seinem Fürst in einen Ruhestand entlassen wurde- er war damals 65.
    Über cantus cölln und concerto palatino muss man nichts schreiben. Sie sind einfach großartig.


    Kleiner Nachtrag zum Thema Schwanengesang. Es gibt noch eine Aufnahme aus Finnland unter Leitung von Paul Hillier. Auch da würde ich schreiben: großartig, wie gut die Finnen Deutsch singen, aber es ist ein wenig lau- und das macht Schütz schnell eintönig und langweilig.

  • Hallo ihr ganzen Schütz Experten und ebenfalls 'normale' Hörer!


    Nachdem ich dieses Jahr meinen Urlaub in Tübingen verbrachte, im Hause eines Schütz liebenden Mannes, fasste ich den Entschluss mich auch dieses Komponisten anzunehmen.


    Im CD-Handel wurde dann einmal geguckt, was ich finden konnte, kurz reingehört und gekauft.
    Es handelte sich um eine Einspielung einiger Psalmen Davids unter Jeremy Summerly und dem Oxford Camerata - erschienen bei Naxos. Ich möchte hier gleich sagen, dass ich es für einen sehr guten Einstieg halte, mit kleinen, aber feinen Werken anzufangen. Man kann erste Eindrücke gewinnen, ohne sich dabei zu überfordern.
    Auf musikalische Eindrücke gehe ich gleich etwas ein, zunächst möchte ich noch meine zweite Schütz-CD anfügen, da ich beide kurz gegenüberstellen möchte.
    Es handelt sich um die bei musique d'abord erschienene Kleine geistliche Konzerte CD mit René Jacobs (Countertenor) und William Christie an der Orgel.


    Es haben sich auf beiden CDs für mich einige wenige sehr markante und persönlich bedeutende Werke herauskristallisiert, welche da wären:


    SWV35 Singet dem Herrn ein neues Lied
    SWV37 An den Wassern zu Babel
    SWV311 Habe deine Lust am Herren
    SWV384 Herzlich lieb hab ich dich o Herr
    SWV357 Wie ein Rubin


    Wobei SWV35 und 311 irgendwie am prägensten für mich sind.
    Ich finde diese Werke ganz gut interpretiert - hab ja keinen Vergleich, aber an diesen Fünfen auch nicht wirklich etwas auszusetzen.


    Was mir erst gar nicht bewusst war und erst beim 'nebeneinander' hören aufgefallen ist, ist, dass SWV35 und 37 Chorgesang mit Orgeluntermahlung (und hier wirklich dezent und Fundament ähnlich im Hintergrund, nicht wie bei den von Thomas und BBB beschrieben Brilliant Aufnahme) ist, die anderen drei angeführten allerdings von Solisten und einer kleinen Instrumentalgruppe vorgetragen werden.
    Meine persönliche Präferenz liegt klar bei erst Genanntem. Für mich wirkt das irgendwie geschlossener, mag aber auch daran liegen, dass mir der Chorgesang, die Einheit, näher liegt.
    Zumal Chorgesang halt fülliger ist und durch die wirklich dezente Orgel, die einen Klangteppich im Hintergrund ausbreitet, einfach einen schöneren Eindruck bei mir hinterlassen haben.
    Nicht, dass Jacobs oder Sebastian Hennig (Sopran, der mir unglaublich gefällt - besonders bei SWV311: so klar und rein und deutlich) schlecht wären, aber es sind halt die eigenen Vorlieben, der Geschmack, der dieses Empfinden auslöst. Die erwähnte Instrumentalgruppe setzt sich aus zwei Violinen, einem Cello und einem archiluth (konnte leider nicht ausfindig machen, was das für ein Instrument ist - bitte hier um Nachtrag!) sowie der erwähnten Orgel.


    Und dann gleich einmal eine Frage an die Experten: Ihr habt Aufnahmen der Psalmen Davids mit Junghänel und Bernius erwähnt. Ist der Großteil Solisten- oder Chorgesang, wie sind sie musikalisch gestaltet/komponiert worden?
    Da ich die Aufnahme unter Bernius erst gar nicht gefunden habe, merke ich mir mal den Junghänel mit dem Cantus Cölln.



    Dann möchte ich noch kurz auf die musikalischen Exequien kommen. Sind das jetzt mehrere kleine Werke oder ein großes 'Trauerlied'?
    Da schon einmal vielen Dank für die drei (? - hab ich eine überlesen: Arman, Gardiner und Herreweghe) CD Empfehlungen.
    Wenn ich mich noch ausgiebiger mit den Psalmen Davids beschäftigt habe, werde ich mich auf alle Fälle danach noch diesem(n) Werk(en) widmen!


    Liebe Grüße vom interessierten Maik :hello:

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

  • Hallo Maik,


    du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich freue, dass Schützens Musik bei dir Wurzeln geschlagen hat. :jubel: :jubel:


    Zu deinen Fragen: archiluth wird im Deutschen als Erzlaute bezeichnet. Damit ist eine Laute mit zusätzlichen Saiten im tiefen Register gemeint.


    Die Psalmen Davids sind Werke, die ganz in der Tradition stehen, die Schütz in Italien und speziell in Venedig kennengelernt hat: prächtige mehrchörige Stücke mit reichhaltiger großer Besetzung. In der Bernius-Aufnahme wechseln Besetzungen mit Solisten und chorischer Besetzung ab. Oft ist das auch gemischt, dass der erste und zweite Chor solistisch besetzt sind und an passenden Stellen zusätzlich der große Chor dazukommt. Die Aufnahme mit dem Cantus Cölln fehlt mir noch, ich vermute mal, dass es hier keinen "großen" Chor gibt wie bei Bernius. Da aber, wie gesagt, die Stücke oft groß besetzt sind, dürfte auch hier nur selten der Eindruck einer Sologruppe entstehen. Außerdem werden die Sänger von einem reichhaltigen Instrumentalensemble von Zinken, Posaunen, Dulzianen (Vorläufer vom Fagott), selten auch Trompeten, dazu Streicher und Continuoinstrumente begleitet. Dagegen ist die Instrumentalgruppe, die du von deiner Aufnahme beschreibst, ein laues Lüftchen. :D


    Schütz komponierte diese Werke in den Jahren nach seiner Rückkehr aus Italien (1613) und veröffentlichte sie 1619, übrigens am Tage seiner Hochzeit mit Magdalena Wildeck, die Tochter des Churfürstlich Sächsischen Land- und Tranck-Steuer-Buchhalters Christian Wildeck.



    Nun noch zu den Muscalischen Exequien. Es handelt sich dabei um ein Requiem, allerdings nicht mit dem "handelsüblichen" lateinischen Text. Der Untertitel des Werkes lautet: Concert in Form einer teutschen Begräbnis-Missa. Heinrich posthumus Reuß (1572-1635) hat den Text verfaßt und Schütz zur Auskomponierung für seine eigene Beerdigung übergeben. Der Text hat er zusätzlich in seinen hölzernen Sarg einschnitzen lassen.


    Das Werk ist dreiteilig. Der erste davon ist mit Abstand der längste und enthält den Text von Heinrich. Danach folgen noch zwei Motetten, nämlich Herr, wenn ich nur dich habe und eine eine Kombination von Herr nun lässest Du Deinen Diener in Frieden fahren und Selig sind die Toten. Eine Beschreibung, wie Schütz beide Texte zu einem überwältigenden Effekt verbindet, habe ich weiter oben schon gegeben und möchte dir deswegen unbedingt die Aufnahme unter Howard Arman und seiner Schütz-Akademie an´s Herz legen (die es sehr günstig beim amazon marketplace gibt).


    ganz herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Vor einer Woche erst habe ich mir erstmals eine Platte mit Musik von Heinrich Schütz gekauft - die hier im Thread noch nicht erwähnte "Historia der Auferstehung Jesu Christi" (SWV 50). Der von mir hoch geschätzte Roger Norington hat sie 1970 mit dem Heinrich-Schütz-Choir eingespielt. Die auch auf der Platte befindlichen fünf Motetten SWV 56, 57, 58, 59 und 60 wurden 1978 aufgenommen.



    Das Werk (Historia...) besteht im Wesentlichen aus endlosen Rezitativen des Evangelisten - das ist sicher nicht jedermanns Sache und auch für mich gewöhnungsbedürftig, wird mir aber versüßt dadurch, dass Peter Pears diesen Part singt.


    Die fünf Motetten habe ich hingegen als sehr schönen Einstieg in die musikalische Welt Heinrich Schütz' aufgefasst und schätze den besinnlich-ernsten Klang.


    Alfons

  • Die "Auferstehungshistorie" unter Norrington ist keinesfalls den (wenigen)
    herausragdenen Einspielungen dieses diskografisch nicht eben üppig
    vertretenen Werkes zuzurechnen. Den Ausführenden, hier auch Peter Pears,
    dessen Stimme für diese Musik denkbar ungeeiget ist, kann guter Wille attestiert werden, das klingende Ergebnis jedoch bleibt blass und unausgewogen. Bei den Choraufzeichnungen stört mich der penetrante Hall-Anteil und auch für die hier dargebotenen Motetten gibt es Alternativ-Einspielungen, die Referenzcharakter beanspruchen dürfen.


    Für die "Historia" wären das Vorrangig:



    Weser-Renaissance gestaltet das Werk mit geradezu entrückten Stimmen
    von unglaublicher Transparenz. Bei den rezitativischen Teilen kommt nicht für einen Moment Langeweile auf und die "Zugaben" beleuchten das schöpferische und temporäre Umfeld des im Jahr 1624 fertiggestellten Werkes aufs trefflichste.


    Ebenfalls empfehlenswert ist die Einspielung der Elsässer Akademia unter Francoise Lasserre, die vor allem die dramatischen Aspekte der Komposition
    betonen.



    Leider ist die Einspielung des Concerto Vocale unter Rene Jacobs derzeit nicht lieferbar. Hier besticht besonders die expressiv gestaltende Solo-Gambe
    als "Mit-Träger" des Geschehens.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Bei der Auferstehungs- und Weihnachtshistorie möchte ich noch auf die Aufnahme mit Frieder Bernius hinweisen: sie bietet mit Christoph Prégardien einen sehr guten Evangelisten, der eine ausgezeichnete Stimmführung mit hoher, sprachlicher Kompetenz zu verbinden weiss. Gerade auch für "Schütz-Neulinge" eine bestimmt lohnende Anschaffung. Für mich war sie auch der Einstieg in die Schütz-Welt und begründete eine starke Zuneigung zur Musik von Schütz, der mittlerweile bei meinen Tonträgern reich vertreten ist.

  • Hallo, liebe Schützfreunde,


    der von Alviano genannten Empfehlung möchte ich mich unbedingt anschliessen.

    Wie ich feststellen musste, ist sie bei jpc nicht zu finden und bei amazon unter "führen wir nicht mehr" einsortiert - sehr bedauerlich.


    Sehr gerne höre ich besonders in der Advents- und Weihnachtszeit die Aufnahme der Weihnachtshistorie unter Andrew Parrotts Leitung,



    auch wegen der 4 Motetten von Praetorius "Polyhymnia Caduceatrix et Panegyrica" u.a. über "Wie schön leucht uns der Morgenstern" und "Wachet auf ruft uns die Stimme".
    Herausragend sind hier (bei Schütz) für mich auch die glockenreinen Beiträge Emma Kirkbys.
    Wer weiss, wie lange diese CD noch erhältlich sein wird.
    Ursprünglich ist sie bei EMI erschienen.


    Grundsätzlich zählt Schütz schon seit langem zu meinen grossen Lieblingskomponisten.
    Die Unmittelbarkeit der Wort-Tonverbindung erstaunt mich immer wieder, auch die plastische Verwendung bildhaft-rhetorischer Figuren.
    Seine Harmonik erzeugt einen wunderbaren Schwebezustand zwischen Dur und Moll, und sein Einfallsreichtum überwältigt mich.
    Wie oft hat er doch die kleine Doxologie vertont, und vor allem wie abwechslungsreich und ausdrucksstark ist ihm dies gelungen ( siehe z.B. im "Schwanengesang", aber nicht nur dort)


    Eingestiegen bin ich mit der Aufnahme des schon erwähnten "Schwanengesangs", gesungen vom Hilliard-Ensemble und dem Knabenchor Hannover.
    Gewisse Einschränkungen bei der Textverständlichkeit der im Tutti singenden Knaben sehe ich hier zwar, jedoch nicht bei den Knabensolisten.
    Ansonsten finde ich den Gesang des Hilliard-Ensembles grandios und das Dirigat Hennings, sowie sein farbenreiches "Vokal- und Instrumental-Arrangement" sehr überzeugend.
    Dass die Hilliards sich auch und vor allem klanglich vom Knabenchor Hannover absetzen, stimmt zwar, aber dieser Kontrast wäre wohl bei einer Kombination mit einem gemischten Chor noch stärker.
    Zudem stören mich diese Farbunterschiede zwischen Solisten und Chor hier eher nicht.


    SWV 391 "Selig sind die Toten" und SWV 386 "Die Himmel erzählen die Ehre Gottes" aus den "Musikalischen Exequien" zählen neben dem "Schwanengesang" und einigen der "Psalmen Davids" zu meinen persönlichen Lieblingswerken dieses Komponisten.
    Es ist eine direkte und ergreifende Musik, die in ihrer Kürze zu besonderer Eindringlichkeit findet.
    Die mit feinsten kammermusikalischen Details und flexibler Dynamik verwöhnende Aufnahme Herreweghes sagt mir auch wegen ihrer solistischen Besetzung besonders gut zu.



    Eine Entdeckungsreise in die Klangwelten des Sagittarius lohnt sich auf jeden Fall.


    LG :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zitat

    Original von Glockenton
    SWV 391 "Selig sind die Toten" und SWV 386 "Die Himmel erzählen die Ehre Gottes" aus den "Musikalischen Exequien"...



    Bevor damit eine Konfusion entsteht, möchte ich berichtigen, dass diese beiden Stücke Bestandteil der Geistlichen Chormusik 1648 sind.


    liebe Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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