Klaviertranskriptionen von Liedern ?!

  • Hallo,
    wollte mal Eure Meinung zu Liedtranskriptonen hören. Macht es generell überhaupt Sinn, ein Lied für Klavier solo zu transkripieren, weil man ja den Text nicht hört, der ja das Wesentliche, Zentrale in einem Lied ist?
    Zu den bekanntesten Transkriptionen gehören ohne Zweifel "Die Forelle" von Schubert und "Widmung" von Schumann, beides von Liszt bearbeitet.
    Finde beide sehr gelungen. Habe hier eine Aufnahme von Bolte und Kissin. Aber nicht nur Liszt hat transkripiert, auch Gulda, Godowsky u.a.
    Welche Transkriptionen kennt ihr so, welche findet ihr gut oder schlecht? Würdet ihr auf einen Klavierabend gehen, indem viele Liedtranskriptionen gespielt werden?


    Ich werde demnächst hier selbst auch posten, nun seid ihr aber erst mal dran!


    Grüße :hello:


    Alex

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • Zitat

    Original von AlexScria
    wollte mal Eure Meinung zu Liedtranskriptonen hören. Macht es generell überhaupt Sinn, ein Lied für Klavier solo zu transkripieren, weil man ja den Text nicht hört, der ja das Wesentliche, Zentrale in einem Lied ist?


    na selbstverständlich.


    Zitat

    Original von AlexScria
    Zu den bekanntesten Transkriptionen gehören ohne Zweifel "Die Forelle" von Schubert und "Widmung" von Schumann, beides von Liszt bearbeitet.


    na und so einige mehr... aber mesitens von liszt, da hast du recht. spannend sind nicht nur einzelne lieder sondern ganze zyklen als transkription zu hören -> am besten mal in die 2 3cd-boxen von leslie howard zu den transkriptionen reinhören. liszt hat da auch ein paar kleine änderungen vorgenommen (transponiert und manchmal die reihenfolge geändert)


    Zitat

    Original von AlexScria
    Aber nicht nur Liszt hat transkripiert, auch Gulda, Godowsky u.a.


    noch einige virtuose pianisten um die 19./20.jhdt.-wende mehr.
    rachmaninoff übrigens auch (sowie prokofieff wenn ich mich nicht gerade irre).
    aber das meiste stammt wohl von liszt.


    Zitat

    Original von AlexScria
    Welche Transkriptionen kennt ihr so, welche findet ihr gut oder schlecht? Würdet ihr auf einen Klavierabend gehen, indem viele Liedtranskriptionen gespielt werden?


    kennen tue ich nahezu alle von schubert und versuche mich auch gerne an der ein oder anderen von liszt (die 3 üblichen erstdruckversion-notenbände habe ich), aber nat. eher die leichteren, in denen er noch nicht so viel virtuoses dazukomponiert hat und eher langsamere stücke. forelle und erlkönig kann ich vorzeigbar nicht einmal im original.


    Max

  • Hallo, Alex!


    Zitat

    Original von AlexScria
    wollte mal Eure Meinung zu Liedtranskriptonen hören. Macht es generell überhaupt Sinn, ein Lied für Klavier solo zu transkripieren, weil man ja den Text nicht hört, der ja das Wesentliche, Zentrale in einem Lied ist?


    Ich habe nur eine CD mit Liedtranskriptionen, finde das aber sehr schön! :]



    Zitat

    Würdet ihr auf einen Klavierabend gehen, indem viele Liedtranskriptionen gespielt werden?


    Klar - aber nur, wenn es Schubert ist...


    Viele Grüße,
    Pius.

  • ein heißer Tipp:
    Liszt Paraphrases - Schubert, Chopin, et al / Jorge Bolet CD (Ensayo)


    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Hallo Alex,


    Zitat

    wollte mal Eure Meinung zu Liedtranskriptonen hören. Macht es generell überhaupt Sinn, ein Lied für Klavier solo zu transkripieren, weil man ja den Text nicht hört, der ja das Wesentliche, Zentrale in einem Lied ist?


    Da muß man zunächst einmal definieren, was "Transkription" bedeutet. Wir meinen damit reine Kopien für ein anderes Instrument unter Berücksichtigung instrumentenspezifischer Umsetzung; Liszt meinte damit "Bearbeitung", d. h. versehen mit eigenen Ausschmückungen und Zusätzen, sozusagen frei phantasierend.
    Transkriptionen benötigen wir heute nicht mehr. Sie gehören in eine frühere Zeit, in der das gang und gäbe und auch wichtig war. Damals ging es darum, einerseits Literatur für das Modeinstrument Klavier zu schaffen (und nicht nur Klavier: auch Gitarre, Zither, Harfe, welche auch eine Zeitlang Modeinstrumente waren), andererseits darum, den Menschen die Musik, die sie aus finanziellen Gründen nicht hören konnten (es gab ja nur Konzerte), ins Haus zu holen. Aus diesem Grund entstanden auch Opern- und Symphonietranskriptionen resp. Klavierauszüge (die ja auch nichts anderes sind).


    Bearbeitungen hielte ich in der heutigen Zeit nur dann für sinnvoll, wenn sie eine bestimmte musikalische Aussage beinhalten würden (mir fällt grad keine ein, gibt's aber bestimmt zuhauf) - aber nicht dann, wenn sie etwa, wie in der Gitarrenliteratur üblich, angefertigt werden, bloß um das Repertoire zu erweitern. Ich denke da etwa an endlose Scarlatti-Sonaten für Gitarre oder an Auswüchse wie die "Schilder einer Baustelle" für Gitarre solo, außer Virtuositätsdemonstration einfach schrecklich.


    Zitat

    Zu den bekanntesten Transkriptionen gehören ohne Zweifel "Die Forelle" von Schubert und "Widmung" von Schumann, beides von Liszt bearbeitet.
    Welche Transkriptionen kennt ihr so, welche findet ihr gut oder schlecht? Würdet ihr auf einen Klavierabend gehen, indem viele Liedtranskriptionen gespielt werden?


    Charles Alkan fällt mir auch noch spontan ein. - Übrigens hat auch Alban Berg viel bearbeitet (nicht transkribiert), und, ich glaube, auch Schönberg: da ging es um bloßes Geldverdienen. Manche Sachen, Strauß-Walzer, klingen aber gar nicht schlecht.
    Caspar Joseph Mertz, Gitarrenkomponist aus dem Wiener Biedermeier, hat Schubert-Lieder für Gitarre bearbeitet, wobei er sich an der Art Liszts orientiert hat: setzt einen guten Gitarristen voraus, dann sind sie recht schön.
    Liszt mag ich sowieso. :)
    Ein Konzert - egal ob Klavier oder Gitarre - würde ich eher nicht besuchen, wenn viele Bearbeitungen vorkämen.


    Herzlichst
    tuonela

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • eine hymnische Rezension findet sich hier:
    Piano Transkriptionen Jura Margulis spielt Werke von Bach, Schubert, Wagner (Oehms-Classics)

    Gruß ab


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    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Liebe Klavierfreunde,


    Seit das Kunstlied durch Schuberts umfangreiches Werk etabliert ist, haben zahlreiche Pianisten (Komponisten) sich immer wieder daran gemacht, "Lieder" für das Klavier (Solo) zu transkribieren.


    Einer der wohl bekanntesten Lied- Transkribierer ist sicherlich Franz Liszt. Wenn mann seine Schubert Transkriptionen näher anschaut, so erkennt man drei Varianten von Transkriptionen. Zum einen, die reine Übertragung der Liedstimme auf das Klavier. Meist wird der original Klaviersatz dabei beibehalten und die Singstimme geschickt plaziert (z.B. Fassung "Widmung"). Als zweites und sicher am beliebtesten, sind Liszt bravour -Transkriptionen, die in meine Augen (Ohren) eher Improvisationen über das Original sind. Liszt weiß geschickt die Melodie in ein spannende Gesamtzusammenhang zu bringen. Teilweise schafft er sogar den Höreffekt so zu gestalten, dass mann fast vergisst dass es ein "Original" gibt (z.B. Erlenkönig). Dann gibt es noch eine dritte Variante, die ich als eine Art Kompromiss zwischen Übertragung und Improvisation beschreiben würde. Liszt hat viele der Schubert Lieder (aus den Jahren um 1838) später (ab 1850) in weiteren Versionen veröffentlicht. Meist vereinfacht er die Textur und läßt all zu dramatische Effekte weg.


    Doch es hat viele andere Pianisten und Komponisten gegeben, die Lieder übertragen haben. Ich möchte drei Werke hervorheben:


    Zum einen Clara Schumann (Wieck): Sie hat in drei Bände eine unzahl an Liedern ihres Mannes übertragen. Sie hällt sich streng an das Original und weiß geschickt die Melodie unterzubringen. Viele meiner Lieblingslieder von Schumann kann ich so als Hobby-Pianist selber genießen (Mondnacht).


    Als zweiten möchte ich den stark vernachlässigten Stephen Heller nennen: Heller wird meist mit seinen Etüden-Werk in Verbindung gebracht. Doch ich finde, er verdient mehr Aufmerksamkeit. Neben seinem umfangreichen Kalvierschaffen, hat er in zwei Bänden fast 40 Schubert Lieder auf das Klavier übetragen. Elegant weiß er die Melodie unterzubringen und verwendet meist einen leicht veränderte Klavierbegleitung dazu. Im Gegensatz zu Liszt tragen seine Transkriptionen dem Original mehr Rechnung! Auch er verwendet meist eine Mittelstimme wie Liszt! Ein gutes Beispiel ist "Die Forelle":
    Heller legt die Melodie in die Linke Hand (auch Liszt tut das) und läßt die Rechte Hand die Begleitfigur übernehmen. Dann wechsen die Hände sich ab. Insgesamt eine wunderbare Übertragung und keine schwindelerregende Etude wie bei Liszt (natürlich gefällt mir diese Version Liszt auch...aber anderes)


    Als Letztes möchte ich noch Max Reger nenne. Der Großmeister hat etliche Lieder seines Kollgen Johannes Brahms Übertragen. Mit Respekt und Würde lassen sich die Lieder Brahms in der Version von Reger spielen!


    Gruß Niko

  • Liebe Klavierfreunde,


    m.M. nach verdienen Transkriptionen einen Platz im Regal.
    Ich höre sie gerne, wenn ich mich im Moment nicht für eine Stimme/Stimmlage entscheiden kann, aber auch manchmal nur als angenehmer Hintergrund.


    Mit lieben Grüßen


    Operngernhörer :hello: