Komponisten unter dem musikalischen Einfluss Bruckners

  • Man sagt zwar, Bruckner sei einzigartig, aber ich bin dennoch auf der Suche nach Komponisten, bei denen der musikalische Einfluss Bruckners hörbar ist. Könnt Ihr solche nennen?


    Ich würde ganz vorsichtig Gustav Mahler nennen. Zum einen war der Brucknerschüler und zum anderen gibt es in seinen Sinfonien mitunter Ellemente, wo ich sage, da hört man den Bruckner - ohne es bislang genau beschreiben zu können.


    Ich bin gespannt auf Eure Beiträge!

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Totaler Bruckner-Einfluß - ob man's glaubt oder nicht: Die Dritte Symphonie von Einojuhani Rautavaara. Glänzend gemacht, weit besser als alles, was er nachher geschrieben hat. Vielleicht hätte er bei diesem Vorbild vbleiben sollen...?


    Und, ja natürlich: Martin Scherbers "Dritte" - Bruckner pur im Grunde, nur geringfügig modernisiert. Aber in jedem Takt weiß man, woher's kommt.


    :hello:

    ...

  • Hallo


    Man sagt, Bruckners Einfluß sei in den Sinfonien von Wilhelm Furtwängler zu hören - das kann ich leider nicht nicht ganz nachvollziehen. (Jedoch kenne ich nur eine - die Erste)


    Es gibt sicher gewisse Parallelen, so beispielsweise die epische Breite und auch die Vorliebe für Bläserfanfaren.
    Aber alles in allem wirken seine Sinfonien weniger geschlossen und nervöser.


    Trotzdem: Von allem was ich kenne ist Furtwängler sicher noch am relativ nächsten bei Bruckner.
    Während ich das schreibe höre ich ein Stück in die Aufnahme hinein - und muß sagen, daß das Verbindende immer klarer zum Vorschein kommt, desto länger man die Aufnahme hört.
    Dennoch: Die erste Sinfonie von Furtwängler ist merklich spröder und unruhiger als Bruckner. Ich bin mir nicht sicher ob sie Brucknerianer zu begeistern vermag, es fehlt Bruckners Wärme


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Gerade unter dem Aspekt de Threadthemas finde ich die folgende CD sehr interessant:




    Ziemlich spannend für alle, die retrospektive Musik mögen - und preiswert zu haben.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zunächst vielen Dank an Bernd Schulz für den Tip mit Schmidt-Kowalsky - ich kannte ihn tatsächlich noch nicht...aber einer der für mich interessantesten Vertreter zeitgenössischer Musik ;)


    Aber auch ich will meines zu diesem Thema beitragen:


    In der Bruckner-Nachfolge könnte man eventuell auch die Sinfonien von Richard Wetz sehen - bitte nicht zu vergessen, daß Wetz fast fünfzig Jahre nach Bruckner geboren wurde. - Dennoch hier würde ich schon Bruckner als Vorbild erkennen.


    Zitat des Komponisten:


    Zitat

    Meiner Musik ergeht es merkwürdig: Wo sie erklingt ergreift sie aufs tiefste - aber es wird ihr selten Gelegenheit gegeben



    [jpc]3748758 [/jpc]


    mgf
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred, vielen Dank für deinen Hinweis auf Richard Wetz, dem ich eigentlich einen eigenen thread widmen wollte. Bei ihm ist der Einfluss Bruckners allenthalben spürbar und trotzdem tritt er uns als eigenständige, und wenn man eines seiner zentralen Werke einmal gehört hat, auch als unverwechselbare und (das will schon was heissen) auch wiedererkennbare
    Künstkerpersönlichkeit entgegen.


    Leider vermitteln ALLE hier vorsgestellten Aufnahmen davon nur einen schwachen Abglanz, denn sie werden sowohl interpretatorisch wie auch
    aufnhmetechnisch den räumlich weit ausgreifenden Klangwelten des Komponisten nur ungenügend gerecht. Die Aufnahme seines "Requiem", einem Werk, das schon deutliche Züge des Impressionimus trägt, ist derart missglückt, daß man schreiend davonlaufen möchte....


    Sowohl dem Komponisten selber wie auch seinen Nachkommen versicherten viele bedeutende Dirigenten (von Furtwängler bis Celibidache) die Werke des Erfurter Meisters aufzuführen. Gehalten hat sein Versprechen nicht einer.


    Bleibt also in DER Hinsicht noch einiges zu tun. LG :pfeif:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Ich meine das auch Otto Klamperer´s Sinfonien Nr.1 und 2 unter dem Einfluß Bruckner stehen.


    Leider hat sich Klemperer nur an den langsamen und ruhigen Passagen orientiert. Für mich war die gesamte CD enttäuschend - ich hätte Klemperer interessantere und spannendere Kompositionen zugetraut, als diesen Langweiler.

    Symphonien Nr. 1 & 2
    +Merry Waltz; Marcia funebre; Scherzo;
    Recollections
    Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz,
    Alun Francis

    CPO 2003


    Wer kennt diese CD ? Was haltet ihr von old Klemp als Komponist ?
    Liegt meine Enttäuschung vielleicht sogar an der Interpretation ?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    wie nicht anders zu erwarten, ist Klemperer ein Profi, was die Orchesterbehandlung zum einen und die Instrumentationskünste zum anderen angehen, jedoch ein wirklich iNSPIRIERTER Sinfoniker ist er ganz offensichtlich nicht ! Totzdem lohnt es sich, seine Werke kennen zu lernen. Sein auf dieser CD nicht eingespielter "Konzertwalzer" jedoch hätte die Qualität, ein echter
    "Ohrwurm" zu werden !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)


  • Hallo,


    Thomas Schmidt-Kowalski ist mir ein Begriff. Zum ersten Mal hörte ich von ihm in einer NDR 3-Sendung, das muss in den Jahren 1998 bis 2000 gewesen sein. Als dann die von Bernd erwähnte Naxos-CD herausgekommen ist, habe ich sie mir sofort gekauft, kürzlich ist auch noch eine zweite CD - mit der Vierten Sinfonie und dem Zweiten Violinkonzert - erschienen:



    Für alle, die diesen Komponisten noch nicht kennen: Schmidt-Kowalski ist Jahrgang 1949 und hat mittlerweile mehr als 100 Werke in einem absolut konservativen Stil komponiert, seine Werke könnte man auch (über) 100 Jahre älter einschätzen. Der Einfluss Bruckners ist schon deutlich zu vernehmen, weshalb er in diesem Thema zurecht genannt worden ist. Er lebt in Oldenburg und genießt dort offenbar eine gewisse Bekanntheit. Natürlich wird Schmidt-Kowalski sein retrospektiver Stil oft zum Vorwurf gemacht (man suche etwa bei klassik heute die Rezension zur neuen CD), es heißt, man "dürfe" heute nicht mehr so komponieren. Ich möchte hier gerne meine Meinung zu diesem Komponisten darstellen.


    Als ich die erste Naxos-CD mit der Dritten Sinfonie und dem Cellokonzert neu gekauft hatte, war ich zunächst hingerissen von dieser Musik. Mir gefiel der Gedanke, hier zeitgenössische Musik zu hören, die "anhörbar", melodisch und rein tonal war. Eine Zeit lang hörte ich diese Musik sehr oft. Danach legte ich die CD eine Zeit lang beiseite und begann mit einem gewissen Abstand, kritischer darüber zu denken. Trotzdem kaufte ich mir dieses Jahr die zweite CD, welche mein zunehmend negatives Urteil bestätigte. Ich habe mir nur das Violinkonzert ganz angehört, auf die Vierte habe ich bis jetzt verzichtet.


    Das Problem, was ich mit dieser Musik habe, ist gar nicht mal so sehr ihr Anachronismus. Wenn Schmidt-Kowalski seine Sache gut machen würde, wären seine Werke sicher beachtenswert. Leider hat er sich aber anscheinend darauf kapriziert, richtig "behäbige" Musik zu schreiben. Alles klingt breit und pathetisch, spritzige, vitale Momente sucht man vergebens. Hinzu kommt, dass stellenweise die Wendungen recht schlicht sind (z.T. fast wie Posaunenchor). Irgendwie klingt alles sehr bieder. So bin ich mittlerweile zu dem Urteil gekommen, dass sich diese Musik (zumindest für mich) nicht "lohnt", sollte eine weitere CD herauskommen, werde ich sie nicht kaufen. In der oben genannten klassik heute-Rezension (die ich übrigens nicht vollständig unterschreiben würde) findet sich eine Passage, die genau meine Sicht zu Schmidt-Kowalskis Musik darlegt, ich möchte sie hier zitieren:


    Zitat

    Dazu kommt, daß Schmidt-Kowalski im Kopfsatz der Sinfonie, und auch im Violinkonzert Nr. 2 h-moll op. 100 mehr oder weniger nur einen einzigen Gestus anzitiert, nämlich diejenige feierlich-resümierende Musik, die Bruckner für die Schlußentwicklungen seiner großen Sätze reserviert hatte. Selbst wenn Schmidt-Kowalski heute noch tonal komponieren könnte – wenn er etwa als eine Art moderner Kaspar Hauser tatsächlich sämtliche Entwicklungen versäumt hätte und nun, von diesem Wissen unbeleckt, naiv komponieren würde –, hätte er einen ungleich größeren Reichtum an Situationen erschaffen müssen, um seinen Vorbildern auch nur annähernd gleichzukommen. So jedoch wird nur die Musik reproduziert, die Schmidt-Kowalski offenkundig am besten gefällt, und das ist eben die feierlich-resignative.


    So ist es leider. Auch muss ich sagen, dass Schmidt-Kowalskis Weltsicht (hier der wohlklingende Schmidt-Kowalski, dort die atonale moderne Musik) auch nicht ganz den Tatsachen entspricht, es gibt ja auch im 20. Jahrhundert eine ganze Menge von Komponisten, die tonal komponiert haben oder auch komponieren, wenngleich vielleicht nicht so uneingeschränkt wie Schmidt-Kowalski. - Ein Beispiel, wie man in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Sinfonie komponieren kann, die (zumindest zu einem wesentlichen Teil) auf der Musik des 19. Jahrhunderts fußt und (nichtsdestotrotz) interessant klingt, ist die 2. Sinfonie von Leo Spies (1899-1965) aus dem Jahre 1961 (bei Hastedt, nur als Tipp).


    Viele Grüße
    Holger

  • Ohnehin ausreichend bekannt ist das symphonische Werk von Franz Schmidt, das an einigen Stellen ausreichend brucknert um hierher zu gehören.


    Schmidt gelingt es in seinem die Akkorde permanent umspielenden Stil noch mehr als Wetz, sich von seinem Vorbild zu lösen und einen unverkennbaren Personalstil zu etablieren. Auch wirken seine Symphonien weniger problematisch aneinandergestückelt als die von Wetz, obwohl manche Ausbrüche sehr gezwungen daherkommen (Scherzo 4. Symphonie gegen Ende).
    :hello:

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  • Die Sinfonien des m.e. bemerkenswerten Komponisten Wilhelm Petersen(1890-1957)sind sehr von Bruckner beeinflußt.
    Mir liegen die 3. und die 4.Sinfonie in historischen Privatmitschnitten vor, leider gibt es bisher keine moderne und greifbare Gesamteinspielung.
    Erfreulicherweise wird von Seiten der Wilhelm- Petersen-Gesellschaft in Darmstadt an einer Gesamtaufnahme garbeitet, welche angeblich durch einen Mäzen und die Bereitstellung des Notenmaterials nun langsam Gestalt annimt.


    Ich würde mir dies sehr wünschen, denn für mich handelt es sich hier um einen der spannendsten und interessantesten Komponisten des deutschsprachigen Raumes, der unglücklicherweise durch die zeitgeschichtlichen Umstände so gut wie vergessen ist.


    Das, was mir von Petersen vorliegt(darunter einiges an Kammermusik, ein Klavierkonzert, Sinfonien sowie seine "Große Messe") ist einfach tolle und inspirierte Musik, trotz deutlich Brucknerschen Einflusses in einer ganz eigenen Musiksprache komponiert.
    Bei Interesse:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Petersen
    http://www.thiasos.de/Komp/PetersenD.html


    Ich hoffe, daß die Links gestattet sind,


    LG,
    Michael

  • Zitat

    Furtwänglers Sinfonien finde ich tödlich langweilig.


    schrieb TELETON an anderer Stelle.


    Vor einiger Zeit hätte ich da noch zugestimmt, aber desto öfter ich die erste Sinfonie höre, desto mehr erschließt sie sich mir.


    Ich würde heute auch meine Aussage - weiter oben im Thread


    Zitat

    Man sagt, Bruckners Einfluß sei in den Sinfonien von Wilhelm Furtwängler zu hören - das kann ich leider nicht nicht ganz nachvollziehen.


    nicht mehr unterschreiben.


    Auch bei Franz Schmidt (Ich kenne bis jetzt lediglich die erste und die vierte Sinfonie) ist Bruckners Geist zu erahnen - bei aller Individualität


    Ich frage mich, warum - wenn man die derzeitige Popularität Bruckners ins Kalkül zieht, warum diese Komponisten heute nicht bekannter sind.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,
    was Schmidt und seine tolle 4.Sinfonie angeht, so rennst Du bei mir offene Türen ein.
    Und glücklicherweise gibt es von diesem Werk mittlerweile weitaus mehr Aufnahmen als noch vor 20 Jahren.


    Allerdings dürfte die Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern niemals übertroffen werden.
    :hello:
    Michael


  • Hallo, miteinander!


    Seit ich die 4. Sinfonie kennengelernt habe, habe ich ein Faible für Franz Schmidt entwickelt.


    Ich besitze die obige Aufnahme, bei mir ist noch der ins Grammophon blickende EMI-Hund drauf, neben einem gerahmten Jugendstil-Portrait. Das neue Cover finde ich attraktiver.


    Natürlich weiß ich um den Anlass, den Tod von Schmidts Tochter. Unabhängig davon, empfinde ich das Werk als einen wahrlich österreichischen, riesigen Trauermarsch, mit der ganzen Bandbreite zwischen Bitterkeit, mobidem Fin-de-siecle-Charme, Todessehnsucht, süßer Erinnerung und milder Melancholie. Insbesondere die Harmonik dieser Musik ist unverwechselbar.


    Um mögliche Bruckner-Parallelen ausfindig zu machen, werde ich die Sinfonie bald wieder mal anhören. Ich vermute, solche werden sich mir nicht knüppeldick aufdrängen, aber wenn man schon mal darauf gestoßen wird ... :)


    Um so auffälliger aber sind derartige Parallelen - neben solchen zu Mahler bekanntermaßen - in folgender Sinfonie, die auch hier im Forum seit ihrer Wiederentdeckung bereits diskutiert wurde. Wahrscheinlich liegen die Ähnlichkeiten auf der Hand: Der Komponist war Schüler Bruckners und tragisch Frühvollendeter. Es gibt nahezu nichts Relevantes von ihm außer dieser Sinfonie:



    PS: Jetzt habe ich noch ein anderes Cover entdeckt - mit dem Jugendstilgemälde, aber statt Hund Engel: :D




    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!


  • Auch wenn es nur teilweise Hierhergehört.


    Franz Welser-Möst nahm die 4. Sinfonie von Franz Schmidt für die EMI lediglich EINMAL auf. Alles andere sind Umverpackungen.
    Weiter oben im Thread sieht man die originale Hochpreisversion (die noch immer angeboten wird !!)


    Dann gibt es die Budget-Versionen, die im englischen Raum als "Angel" Series - hierzulande aber unter "Nipper"-Serie angeboten werden.
    Es gibt soweit ich weiß auch Eigneimporte, wobei in der Regel der Verkaufspreis identisch ist, zumindest im Verkauf.....


    Wie dem auch sei - Die Wiederveröffentlichung ist der art günstig, daß man auf diese Weise den weithin bekannten (aber ungehörten ?) Komponisten Franz Schmidt risikoarm kennenlernen kann.


    Die erstem drei Sinfonien wurden leider bis jetzt nicht ins Budgetangebot verschoben sondern gestrichen, scheinbar um den Aufnahmen unter Fabio Luisi Platz zu machen..


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Danke, Alfred, für diese Aufklärung. Ein wenig erstaunt war ich schon, dass es vermutlich von ein- und derselben Einspielung mindestens drei verschiedene Cover-Varianten gibt.


    Meine war damals immerhin preisgünstig!


    Schade wegen des Hochpreises der drei anderen Sinfonien! Die besitze ich noch nicht.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!