Heute mal als Erstes eine Orchestersuite
Das Schönste, was man tun kann, um diese Kantate kennen zu lernen, ist: erst einmal eine ganz andere Platte zu hören. Nämlich Bachs Orchestersuite Nr. 4 in D-Dur, BWV 1069, ein weithin bekanntes Werk mit einer prächtigen Ouvertüre. Wenn wir anschließend Bachs Kantate für den 1. Weihnachtstag 1725 auflegen, haben wir nicht nur dieses Vergnügen bereitende „Ha, das kenne ich doch“-Erlebnis, wir haben auch ein beeindruckendes Beispiel, wie geschickt und aufwändig Johann Sebastian Bach seine eigenen Kompositionen umgearbeitet hat.
Die festlich strahlende Ouvertüre aus der Orchestersuite ist natürlich eine wunderbare Vorlage für den Einleitungssatz einer Festtags-Kantate. Aber Bach hat nicht etwa, um sich die Arbeit einfach zu machen, bei sich selber abgeschrieben. Nein. Der Aufwand an Umgestaltung, den er hier treibt, ist enorm. Bach fügte die Singstimmen zum Teil in den flott konzertierenden fugierten Mittelteil der Ouvertüre ein, zum Teil gestaltete er dafür auch die Stimmen der Oboen und der Streicher um. Den Flötenpart komponierte er aufwändig neu hinzu, ebenso die Pauken und Trompeten, die „in der Originalfassung der Orchestersuite augenscheinlich nicht vorgesehen“ waren, wie Hans-Joachim Schulze in seinem Bachkantaten-Buch schreibt.
Noch ein weiterer Satz dieser Kantate darf einem bekannt vorkommen. Das Duett Nr. 5 „Ehre sei Gott in der Höhe“, das einen Bibeltext aus der Weihnachtsgeschichte in Musik setzt, entnahm Bach seinem zwei Jahre vorher komponierten Magnificat in Es-Dur. Dort ist es das Duett „Virga Jesse floruit“. Bach transponierte es nur von F-Dur nach A-Dur. Bachforscher bezeichnen die Übernahme als Glücksfall. Denn die lateinische Erstfassung des Duetts ist nur unvollständig erhalten, dank der Übernahme in die Kantate „Unser Mund sei voll Lachens“ konnte sie aber rekonstruiert werden.
Mehr zu Textgestalt und Aufbau der Kantate sowie einige Ansichten über den Verfasser des Librettos folgen in Kürze.
Text, Entstehungszeit, Besetzung
Besetzung
Soli: S A T B, Coro: S A T B, Tromba I-III, Timpani, Flauto traverso I/II, Oboe I-III, Oboe d'amore, Oboe da caccia, Fagotto, Violino I/II, Viola, Continuo
Entstehungszeit
Erste Aufführung 25. Dezember 1725 (1. Weihnachtstag) in der Leipziger Nicolaikirche.
Text
Georg Christian Lehms 1711; 1.Satz: Psalm 126,2-3; 3.Satz: Jeremias 10,6; 5.Satz: Lukas 2,14; 7.Satz: Kaspar Füger 1592
ZitatAlles anzeigenBWV 110 - Unser Mund sei voll Lachens
1. Coro
Tromba I-III, Timpani, Flauto traverso I/II col Oboe I-III, Violino I/II, Viola, Continuo
Unser Mund sei voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens. Denn der Herr hat Großes an uns getan.
2. Aria (Tenor)
Flauto traverso I/II, Fagotto, Continuo
Ihr Gedanken und ihr Sinnen,
Schwinget euch anitzt von hinnen,
Steiget schleunig himmelan
Und bedenkt, was Gott getan!
Er wird Mensch, und dies allein,
Dass wir Himmels Kinder sein.
3. Rezitativo (Bass)
Violino I/II, Viola, Continuo
Dir, Herr, ist niemand gleich. Du bist groß und dein Name ist groß und kannst's mit der Tat beweisen.
4. Aria (Alt)
Oboe d'amore solo, Continuo
Ach Herr, was ist ein Menschenkind,
Dass du sein Heil so schmerzlich suchest?
Ein Wurm, den du verfluchest,
Wenn Höll und Satan um ihn sind;
Doch auch dein Sohn, den Seel und Geist
Aus Liebe seinen Erben heißt.
5. Aria (Duett Sopran&Tenor)
Continuo
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!
6. Aria (Bass)
Tromba, Oboe I/II, Oboe da caccia, Violino I/II, Viola, Continuo
Wacht auf, ihr Adern und ihr Glieder,
Und singt dergleichen Freudenlieder,
Die unserm Gott gefällig sein.
Und ihr, ihr andachtsvollen Saiten,
Sollt ihm ein solches Lob bereiten,
Dabei sich Herz und Geist erfreun.
7. Choral
Tromba e Oboe I e Flauto traverso I/II col Soprano, Oboe II e Violino II coll'Alto, Oboe da caccia e Viola col Tenore, Continuo
Alleluja! Gelobt sei Gott,
Singen wir all aus unsers Herzens Grunde.
Denn Gott hat heut gemacht solch Freud,
Die wir vergessen solln zu keiner Stunde.
Alfons