Zu so einer schrecklichen Musik werde ich nie tanzen - Strawinskys "Feuervogel"

  • Hallo liebe Forianer,


    Das war die Aussage von Anna Pawlowa, die ursprünglich die Rolle des Feuervogels hätte tanzen sollen.


    Der russische Impresario Diaghilew, der die Idee zu diesem Märchenballett hatte, gab Strawinsky den Auftrag, nachdem Anatolji Liadow, der ursprünglich als Komponist vorgesehen war,sich als nicht zuverlässig genug herausgestellt hatte.



    Strawinsky nahm den Auftrag nur widerwillig und nach langem Zögern an, zum einen, weil ihn die Aufgabe einer illustrierenden Ballettmusik nicht interessierte, zum andern weil er sich der Aufgabe nicht gewachsen fühlte.....
    Trotz vieler Schwierigkeiten, war die Uraufführung in Paris 1910 ein sensationeller Erfolg und Strawinsky war quasi über Nacht berühmt.


    Es gibt aus der Hand des Komponisten zwei weitere Fassungen (1911 und 1919) welche alle für die Schallplatte eingespielt wurden.



    Und jetzt wären Empfehlungen nicht schlecht, weil meine Sammlung nur 2 Versionen aufweist.... ;)


    Gruß aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,
    der Schrecken dieser Musik wird erst richtig deutlich in der neueren Aufnahme von Valery Gergiev mit dem Kirov Orchestra 1998. Die Philips-Aufnahme enthält auch noch ein gute Einspielung des Prometheus von Scriabin. Technisch und musikalisch ein wunderbare Aufnahme.


    Mit freundlichen Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Lieber Alfred,


    Strawinsky hat nicht nur 2 Suiten zum "Oiseau de feu" verfasst (die von Dir genannten 1911 und 1919), sondern noch eine weitere, 1945. Diese enthält insgesamt die meiste Musik aus dem vollständigen Ballett und dauert etwa eine gute halbe Stunde - sie ist zweifellos zu Unrecht meist mit Nichtbeachtung gestraft. Das liegt vielleicht daran, dass sie für ein "mittelgroßes" (etwa 55 Musiker) umfassendes Orchester instrumentiert wurde, im Gegensatz zu den beiden früheren Suiten und dem Originalballett, die für gorßes Orchester gesetzt sind. Allerdings ist das - in meinen Augen - auch das besonders reizvolle an dieser Suite: Durch die luzidere Instrumentation des späteren Strawinskys wird klar, dass die Partitur schon im Ursprung keine rein spätromantische im Gefolge Rimsky-Korsakovs war.


    Kurzum: Die Suite ist einen Blick resp. ein Ohr =) wert; für die, die vor dem vollständigen Ballett zurückschrecken und doch einen möglichst umfassenden Blick auf die Musik haben wollen und auch für die, die das Ballett und/oder die früheren Suiten schon kennen.


    Sie ist hervorragend aufgenommen worden von einem Orchester, das beweisst, dass es nicht nur an bekannten Stellen exzellente Orchester gibt: Dem Orquestra Ciudad de Granada unter Leitung von Josep Pons (harmonia mundi france, gekoppelt mit dem höchst amüsanten Ballett "Jeu de cartes". Und, wie das Leben so spielt, auch noch recht preisgünstig, also: nicht dran vorbeigehen!



    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Strawinsky-Freunde und Alfred,


    vor vielen Jahren habe ich mir die wichtigen Balletten in einer SONY-4CD-Box mit Strawinsky selbst als Dirigent und (meistens) dem Columbia SO zugelegt. Die CBS-Aufnahmen sind klanglich alle auf hohem Niveau und äußerst interessant. Man hat Strawinsky ja nachgesagt, daß er kein toller Dirigent gewesen sein soll !?! Aber warum soll er seine eigenen Werke nicht dirigieren können ? Ich finde die Aufnahmen gut und habe mir nur die TOP-Ballette noch in anderen Aufnahmen zugelegt.


    ;) Klar das man sich dann auch noch TOP-Interpretationen vom Feuervogel, Petruschka (Solti und Abbado) und Le Sacre (Solti und Kitaenko) holen sollte.
    :) Meine CD vom Feuervogel ist klanglich besonders interessant und bietet einen SUPER-Sound, natürlich wiedermal von DECCA, mit Charles Dutoit/Montreal SO.


    Gruß aus Bonn
    Wolfgang

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • hallo,


    auch ich besitze die "feuervogel" - cd mit dutoit und bin damit sehr zufrieden. was den petruschka angeht habe ich mir vor jahren die aufnahme mit antal dorati zugelegt. mit darauf ist "le sacre" wovon ich aber eher entäuscht war. besser ist da michael tilson thomas. die beste interpretation des "sacre" die ich überhaupt jemals hörte war eine live-aufführung in der frankfurter alten oper mit dem frankfurter museumsorchester unter slyvain cambreling - unvergesslich !!!


    zur aussage dass stravinsky wohl schon seine eigenen werke dirigieren konnte kann ich nur sagen dass ich glaube dass die beste kenntnis des werkes nichts nutzt wenn man dies dem orchester nicht vermitteln kann. dirigieren ist sicher eine kunst für sich. manche komponisten, wie boulez beherschen sie und andere eben nicht. dass stravinsky nun seine eigenen werke nicht dirigieren konnte will ich damit nicht sagen, aber meines erachtens ist es eben auch nicht als selbstverständlich anzusehen.

    "Der moderne Komponist darf seine Werke einzig und allein auf der Grundlage der Wahrheit schreiben."
    Claudio Monteverdi


    "Der Komponist komponiert erstens für sich selbst und zweitens für das Publikum; aber für ein ideales Publikum und nicht für das...welches real existiert"
    Nikolai Rimski-Korsakow


    "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche."
    Gustav Mahler

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  • Zitat

    Aber warum soll er seine eigenen Werke nicht dirigieren können ?


    Prometeo hat's schon ausgeführt. Ich merke dazu nur an, dass ich Musiker kenne, die unter Strawinskij gespielt haben: Sie alle sagen, er sei ein grauenhafter Dirigent gewesen, unfähig einen Rhythmus zu halten, bei den Proben völlig aufgeschmissen in Fragen der Balance etc. Natürlich kannte er seine Werke. Aber ihm fehlte die Technik, das Komponierte umzusetzen.
    Die CBS-Aufnahmen sind nur sehr bedingt "von" Strawinskij. Einige hat er tatsächlich selbst dirigiert, sehr viele aber hat Robert Craft im Sinne Strawinskijs, also mit seinen Anweisungen bezüglich Temporelationen etc. gemacht. Diese Aufnahmen wurden von Strawinskij autorisiert und von der CBS verkaufsfördernd als "von Strawinskij dirigiert" vermarktet.
    Mit Nachsicht aller Taxen stimmt das ja auch, weil Craft lediglich technisch umsetzte, was Strawinskij an Ideen hatte. (Was Craft wiederum im Schönberg-Kreis den Spitznamen eintrug "Igor's Metronome".)

    ...

  • Frage von a.b.:

    Zitat

    Liebe Musifreundinnen und -freunde


    welche Aufnahme von Stravinskys Feuervogel könnt ihr mir wirklich ans Herz legen, und warum?
    Danke!


    __________________
    Gruß ab


    Hallo a.b. aus Insbruck,


    warum schaust Du nie ins Themenverzeichnis, hier ist schon dieser Feuervogel-Thread vorhanden.


    Als Aufnahme möchte ich Dir die Boulez-DG-Aufnahme von 1991 DDD unbedingt empfehlen, da diese an Detailgenauigkeit bei größter Spannung für diese "oft sehr lange Musik" nicht zu übertreffen ist.


    Es gibt die folgend abgebildete preiswerte DG-Version aus der Serie entree, die quasi zwei Hochpreis-DG-CD´s miteinander vereint.


    Hier ein Auszug meiner Beurteilung vom 31.01.2005 aus dem LeSacre-Thread:

    Zitat

    Dies ist für mich um so verwunderlicher, da auf der gleichen DG-CD mit Boulez die meiner Meinung beste Aufnahme des Feuervogel-Balletts (Gesamtaufnahme, keine Suite) mit drauf ist. Hier spielt das Chicago SO : Boulez läßt auch hier nichts unterbelichtet, bietet zudem aber einen Höllentanz des Königs Katschei, der an Härte und Bombastik alles bisher dagewesene übertrifft. So hätte ich mir den Boulez-Sacre gewünscht. Strawinsky nimmt hier quasi den Sacre vorweg.



    Diese CD ist ein ganz heißer Tipp für 10,-€, da sie die Aufnahmen enthält, die auch auf den beiden DG-Hochpreis-CD´s für 19,95€ zu haben ist.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo JohannesRoehl,


    ich möchte Dir der Ordnung halber in diesem Thread auf Dein Zitat im Le Sacre-Thread zum feuervogel-Ballett antworten.

    Zitat

    Original von JohannesRoehl
    Ich für meinen Teil bin heilfroh, dass er nichts mehr wie den Feuervogel komponiert hat. Ich muß allerdings zugeben, das Stück nicht gut zu kennen, weil ich es immer langweilig fand. Es zeigt natürlich ganz klar die "Wurzeln", nämlich Rimsky-Korsakoff mit einem Schuß Debussy und an einigen Stellen eben eine Vorahnung auf den "Primitivismus" von Le Sacre.


    Ich kann mir das nur so vorstellen, dass Du das Werk noch nicht richtig verinnerlicht hast und vielleicht auch in einer uninteressanten Aufnahme gehört hast. Vielleicht auch nur die Suite, die das Gesamtbild und seine Schwerpunkte verschiebt.
    :yes: Ich möchte Dir daher unbedingt die Boulez-DG-Feuervogel-GA ans Herz legen, die ich in meinem Vorbeitrag erwähnte --- die löst alles andere als langweilige Gefühle aus und ist "härter" als Boulez Sacre auf der gleichen CD.



    GalloNero fragte (auch im Le Sacre-Thread) ob man Strawinsky nur auf ein Werk reduzieren könnte, so wie es ein Dirigent zum Feuervogel ausdrückte, oder scheinbar das Tamino-Forum mit dem Sacre erscheinen läßt.
    Dazu kann ich nur sagen, das Strawinsky mehr als nur Sacre, Petruschka und Feuervogel geschrieben hat.
    Bislang unbekannt war mir auch das Werk Chant du Rossignol (Gesang der Nachtigall), das ich in der schönen Reiner-Aufnahme (RCA) mit der Sheherazade (von R.K), erstmals 2006 begeistert hörte.
    Ich finde alle Ballette (auch die Späten), seine Sinfonien (Sinfonie in 3Sätzen, Sinfonie in C und Psalmensinfonie), aber auch seine frühe Sinfonie (mit Antal Dorati auf Decca) sehr hörenswert.


    Ich tendiere rein geschmacklich allerdings mehr zu den Strawinsky-Werken vor 1950.
    =) Es ist sehr interessant Strawinsky´s Entwicklung vom frühen 20.Jhd. bis zu seinen Spätwerken zu verfolgen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich entdecke Strawinsky erst so langsam für mich. Der "Feuervogel" ist sicher ein guter Einstieg, wenn man von der Spätromantik her kommt.


    Ich habe jetzt in etliche Aufnahmen reingehört. Besonders gefielen mir Abbado/London SO, Leinsdorf/Boston SO, Böhm/Kölner RSO und Gergiev/WPO. Aber insgesamt am allerbesten fand ich Strawinsky selbst, und zwar 1965 mit dem New Philharmonia Orchestra!



    Woher die Legende kommt, daß er seine eigenen Werke nicht oder kaum dirigierten konnte, fragt man sich danach unweigerlich ...


    Gibt es die Aufnahme als DVD oder CD?


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Woher die Legende kommt, daß er seine eigenen Werke nicht oder kaum dirigierten konnte, fragt man sich danach unweigerlich ...

    Das ist keine Legende, sondern eine Tatsache!
    Nicht umsonst hat Ihm Robert Craft assistiert, dem das CBS-Orchester in seinen eigenen Aufnahmen mehr vertraute, als Stravinsky selber.

  • Hallo Alfred,


    nur zur Ergänzung: Ich besitze eine Aufnahme des "Feuervogel" (Teldec 9031-77598-2) Version 1910 mit dem Philharmonia-Orchester London unter Eliahu Inbal, die mir auch sehr gut gefällt, kombiniert mit den Scherzo fantastique. Musikalisch bin ich allerdings nicht kompetent genug und habe auch keine Vergleiche, um Stärken und Schwächen voll beurteilen zu können. Ich habe allerdings im Internet gesucht, sie ist dort zwar benannt, aber ich habe nicht herausgefunden, ob sie heute noch im Handel ist. Als DVD habe ich die Aufnahme mit dem Kirov-Ballett, dort hat Valery Gergiev die musikalische Leitung. Auch diese Aufnahme gefällt mir sehr gut.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Woher die Legende kommt, daß er seine eigenen Werke nicht oder kaum dirigierten konnte, fragt man sich danach unweigerlich ...


    Nun, was du da hörst, sind die Einstudierungen von Robert Craft. Das Orchester spielt das, was es mit Craft geprobt hat (natürlich von Stravinsky sanktioniert).


    Und ich glaube auch nicht, dass irgendjemand behauptet, dass er nicht gut dirigieren konnte. Aber es gilt ziemlich einheitlich die Meinung, dass er nicht der beste Dirigent für seine Werke war.


    Es wird ja auch gemunkelt, dass so manche Plattenaufnahme mit Stravinsky als Dirgent am Cover in Wirklichkeit vollständig von Robert Craft stammt. Das könnten aber nur Insider wirklich bestätigen. Es ist jedoch so, dass viele Werke von Strawinsky technisch äußerst anspruchsvoll sind. Da verwundert es eigentlich nicht, dass ein Gelegenheitsdirigent wie Strawinsky die Grundlagen der Einstudierungen einem gewieften Praktiker seines Vertrauens überließ. Und bei zumindest einer Fernsehübertragung einer Strawinsky-Uraufführung ist es gesichert, das Robert Craft dirigierte, während man Strawinsky am Fernseher bewundern konnte.


    Robert Craft - der eigentlich auch gut in den Thread über Spezialisten moderner Musik passt - hat einige Spätwerke von Strawinsky zur Uraufführung gebracht. Er hat auch unter eigenem Namen fast alles von Strawinsky aufgenommen, aber auch viele andere Komponisten des 20. Jahrhunderts dirigiert (so leitete er die amerikanischen Erstaufführungen von Wozzek und Lulu). Seine Strawinsky-Einspielungen waren natürlich schon lange vergriffen, werden aber in den letzten Jahren sukzessive in einer Edition von Naxos neu aufgelegt. Neugierige Musikliebhaber könnten so die Aufnahmen vergleichen, um herauszufinden, wieviel Craft in den von Strawinsky verantworteten Aufnahmen zu finden ist...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • New York Philharmonic / Bernstein (1957)

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    Kurios, a) dass dieser Thread zu einem der bekanntesten Werke von Strawinski kaum Resonanz erfährt und b) dass Bernstein bisher mit keinem Wort genannt wurde.

    Er hat den Feuervogel insgesamt zweimal eingespielt: 1957 für Columbia/CBS mit dem New York Philharmonic und 1984 für DG mit dem Israel Philharmonic Orchestra.


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    Bernstein und Strawinski (1960)

    Die erstere Aufnahme entstand am 28. Jänner 1957 im St. George Hotel, Brooklyn, New York City, und stellt insofern eine seiner frühesten Stereo-Einspielungen dar (noch vor der Übernahme des New York Philharmonic). Der Klang ist für das enorme Alter ausgezeichnet, zumindest im neuesten 2017er Remastering (abgebildet habe ich das von 2004, da die CD einfacher zu bekommen ist).

    Bernstein lässt die kompakte Fassung von 1919 spielen, die insgesamt auch meine bevorzugte ist, nicht mit abgespecktem Orchester wie in der Fassung von 1945 und auf den Punkt gebracht (Spielzeit: gut 21 Minuten).


    Kurzum: Bernsteins Interpretation, die ich selber erst kürzlich kennenlernte, kann ganz vorne mitspielen - war aber auch kaum anders zu erwarten. Sie scheint gegenüber der späteren Digitalaufnahme sogar vorzugswürdig (die Aufnahmen mit dem Israel PO fallen bekanntlich leider häufig etwas ab). Eine ganz großartige Lesart! Die Ekstase am Ende lässt einen sprachlos zurück. Die letzten zwei, drei Sätze sind bei mir generell das Meistgehörte von diesem Komponisten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es sind mehr als 12Jahre vergangen seitdem ich diesen Thread zuletzt gesehen und beantwortet habe.

    Auch beim Feuervogel - Ballett, oder gerade hier gilt für mich: Klanglich wirklich gute Aufnahmen machen erst richtig Spass.


    ;)Deshalb kenne ich auch Bernsteins 1957er-Aufnahme vom Feuervogel nicht (aber Petruschka ist mit Bernstein hammermässig) und die mit dem Israel PO würde ich eher als mehr "obsolet" bezeichnen ...



    :!:Man sollte auch zwischen Gesamtaufnahme Ballett (1910) = Dauer ~46Min und der Suitenfassung (1911 oder 1945) = Dauer ~21Min unterscheiden !

    Strawinsky fertigte von der Partitur später mehrere Fassungen für konzertante Aufführungen:

    • 1911 Suite Nr. 1 für Orchester
    • 1919 Suite Nr. 2 für Orchester
    • 1945 Ballettsuite für Orchester


    Ich habe die Strawinsky-Aufnahme in meiner Strawinsky-Werke-Box (SONY), die ist gar nicht übel, aber nennenswerter empfinde ich folgende Aufnahmen:

    Von dem gesamten Ballett (1910):

    1. Boulez / Chicago SO (DG, 1992, DDD) - siehe mein Statement in Beitrag 7; zupackender und härter als Le Sacre gelingt ihm der Feuervogel. :angel: Mein Favorit !!!

    2. Dorati / Detroit SO (Decca, 1983, DDD) - TOP-Aufnahme, die insgesamt keine Wünsche offen lässt

    3. Dutoit / Montreal SO (Decca, 1984, DDD) - klanglich Luxus und von der Int grandios



    Von der Feuervogel-Suite (1911):

    Boulez / BBC PO (CBS, SONY, 1967, ADD) - die Aufnahme ist auf der Stuhlkante musiziert; wahnsinns Atmosphäre :hail:; leider fehlt das herrliche Finale und die Suite endet mit dem Höllentanz Katscheis.


    Von der Feuervogel-Suite (1945):

    Chailly / Cleveland Orchestra (Decca, 1995, DDD) - ich finde die Suite 1945 sehr durchsichtig und höre bei Chailly keine Nachteile einer geringeren Besetzung. Sehr gute Aufnahme im gewohnten sehr guten Decca-Sound. Spieldauer: knapp 28Min


    *** Hier sind die CD´s, dieses TOP-Repertoires, die sich bei mir in den Jahren (seit dem letzten Therad vor Josef) angesammelt haben:


    DG, 1992, DDD



    DECCA, 1983, DDD



    Decca, 1984, DDD


    - bei mir als Doppel-CD mit Le Sacre und Petruschka 1911

    SONY, 1969-1991, ADD/DDD



    Decca, 1995, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Zwei "Feuervögel" habe ich in meiner Sammlung:

    1) Suite (1919) mit Pierre Monteux und dem Conservatoire-Orchestra Paris (Aufnahme: 10/1956, Salle Wagram, Paris, Stereo)

    2) dto., mit Lorin Maazel und dem Radio-Symphonie-Orchester Berlin (Aufnahme: 11/1957, Jesus-Christus-Kirche, Berlin, Stereo).


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Klanglich wirklich gute Aufnahmen machen erst richtig Spass.


    ;) Deshalb kenne ich auch Bernsteins 1957er-Aufnahme vom Feuervogel nicht

    Das verstehe ich nicht so ganz, lieber Wolfgang. Klanglich ist diese Aufnahme nicht schlechter als die nur wenig später entstandenen und von uns beiden hochgeschätzten Einspielungen seines Beethoven, Schumann und Sibelius. Von daher sollte Bernstein in diesem Zusammenhang auf jeden Fall genannt werden. Es kann ja sein, dass die CD-Erstausgabe der Royal Edition misslungen war - wäre kein Einzelfall. Die neuen Remasterings haben diese Probleme beseitigt. Ich bezweifle indes nicht, dass die von Dir angeführten Aufnahmen ebenfalls in derselben ersten Liga spielen. Wenn es richtig russisch mit dem charakteristischen Orchesterklang sein soll, müsste man Swetlanow auch noch unbedingt hinzufügen (ich meine die Aufnahmen aus den 90er Jahren, es gibt mehrere) sowie Kitajenko mit den Moskauern (Melodija). Danke auch für nemorinos Ergänzungen um weitere frühe Stereo-Einspielungen.


    Staatl. SO d. Russ. Föd. / Swetlanow (1992)

    Staatl. SO d. Russ. Föd. / Swetlanow (1995)

    Moskauer Philharmoniker / Kitajenko (1984)

    Klanglich finde ich Bernstein demgegenüber übrigens nicht mal unterlegen (sehr präsente Pauken!):


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Der Schrecken, der hier einmal erwähnt wird, mag vielleicht beim ersten Anhören dieser Musik eintreten, aber schon beim zweiten Anhören gewinnt man mehr Zugang zu diesem Ballett. Ich habe die Aufnahme, die ich in Nr.12 erwähnte, häufiger mit Genuss angehört. Die völlige Begeisterung für dieses Ballett trat bei mir allerdings ein, als ich das Ballett in der ebenfalls in Nr.12 genannten Aufführung des Kirov-Balletts unter der musikalischen Leitung von Valery Gergiev auch gesehen habe. Das Auge spielt auch hier - wie bei der Oper - für mich eine wesentliche Rolle.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Natürlich,lieber Siegfried, aber in die werkgerechten Übertragungen aus der MET oder dem Royal Opera House im Kino. Den "Feuervogel" von Strawinsky, von dem hier die Rede ist, kenne ich allerdings nur von der DVD., die ich inzwischen mehrmals angesehen habe.


    Liebe Grüße

    Gerhard

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  • Den Feuervogel habe ich mehrmals als Ballett erlebt und auch die Suite im Konzertsaal gehört.

    Auch mir ging es so, daß mir die Musik beim ersten Hören nicht zugesagt hat. Schräg, atonal, Dissonanzen im Überfluß. Damals, vor ca. 25 Jahren absolut nicht meine Musik, obwohl ich das Märchen vom Feuervogel und vom "unsterblichen" Kaschtschej kannte und die Handlung durchaus balletttauglich ist. Aber schon beim ersten Mal hat mich der musikalische Schluß fasziniert. Die Auflösung der Dissonanzen in strahlendes Dur ist genial, ist berauschend, und das hat sich bis heute noch vertieft. Ich stehe inzwischen voll auf dieser Musik, erwarte allerdings in der Umsetzung eine märchenhafte Inszenierung.

    Die Musik vermag ich inzwischen auch ohne Tanz zu genießen, und ich erwarte immer das herrliche, strahlende Finale.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Hallo und guten Tag,

    Hier fehlt mir Grundwissen. Vielleicht kann mir jemand helfen oder schreiben, wo ich darüber etwas nachlesen kann.

    Wir haben hier Ballett(Tanz), ein Märchen als Handlung und einen Komponisten. Womit arbeitet der Komponist bei komponieren?

    MfG Wilfried

  • Seltsam, Der Feuervogel ist neben Le Sacre wohl dasjenige Werk, das ich am wenigsten als Musik für ein Ballett auffasse. Strawinski selbst soll ja an einer illustrierenden Ballettmusik auch überhaupt nicht interessiert gewesen sein. Die Werke wirken auch ganz für sich genommen als Tondichtungen oder auch als absolute Musik. Es ist sicher kein Zufall, dass Disney sein Fantasia schon 1940 damit unterlegen ließ.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber LaRoche,


    einen Eindruck von der märchenhaften Inszenierung des Kirov Balletts nach der Choreographie von Mikhail Fokine aus dem Theâtre musical de Paris-Châtelet kannst du hier gewinnen. Ich habe dieselbe Inszenierung vom Kirov Ballett aus St. Petersburgunter dem Dirigat von Gergiev.


    Lieber Wilfried,


    nähere Informationen findest du im Ballettführer hier im Forum.


    Liebe Grüße

    Gerhard

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  • RE: Bernstein mit der Feuervogel-Suite (1919)

    Das verstehe ich nicht so ganz, lieber Wolfgang. Klanglich ist diese Aufnahme nicht schlechter als die nur wenig später entstandenen und von uns beiden hochgeschätzten Einspielungen seines Beethoven, Schumann und Sibelius.

    Das hätte ich genauer Erläutern sollen, lieber Josef.

    Ich habe keine Sekunde gezweifelt, dass Bernstein nicht der optimale Dirigent für Strawinsky ist ...


    Beim Feuervogel war ich von Anfang an mit DDD-Aufnahmen klanglich verwöhnt, sodass ich zunächst eine ältere Aufnahme nie als Zwingend erwogen hatte.

    =O Erst Jahre späterhatte ich mit Bernstein die Strawinsky-Ballette Le Sacre und Petruschka (SONY, 1958 und 1969), wegen der überragenden Kritik, angeschafft und war geplättet. Mehr Briketts als beim Sacre kann man kaum auflegen, die Aufnahme ist der Wahnsinn :hail:. Im Thread zu Le Sacre hast Du das ja auch heute aktuell, im Rahmen Deiner Bernstein-Hörsessionen erkannt und genannt.

    *** Ausserdem habe ich mit Bernstein die SONY-CD mit der Psalmensinfonie, und Pulcinella - Suite --- ausgezeichnet in jeder Beziehung.

    Bei mir sind es die Royal Edition-CD´s, mit der ich in jeder Hinsicht zufrieden bin. Die Royals-Serie ist nämlich mit 20Bit-Remastering schon verdammt gut aufgestellt.


    :!:Nicht nur wegen Deiner begeisterten Empfehlung für Bernstein, sondern auch weil ich die Feuervogel-Suite (in der Version 1919) gar nicht auf CD habe, habe ich mir bereits die CD für einen kleinen Europreis bestellt.

    8) Als Ergänzung zu meinen o.g. Strawinsky-CD´s mit Bernstein ist das für mich ein MUSS.


    Bei mir ist es die Royal Edition-CD, mit der ich in jeder Hinsicht zufrieden bin. Die Royals- Serie ist nämlich mit 20Bit-Remastering schon verdammt gut aufgestellt.


    SONY, 1957/58, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hier fehlt mir Grundwissen. Vielleicht kann mir jemand helfen oder schreiben, wo ich darüber etwas nachlesen kann.

    Wir haben hier Ballett(Tanz), ein Märchen als Handlung und einen Komponisten. Womit arbeitet der Komponist bei komponieren?

    Der Komponist arbeitet normalerweise schon eng mit dem Choreographen zusammen, vermute ich. Die Zusammenarbeit Stravinsky und anderer berühmter Komponisten (sowie anderer Künstler für Ausstattung und Bühnenbild) mit der Truppe Diaghilevs im frühen 20. Jhd. müsste relativ gut dokumentiert sein.

    Da Ballett nicht so mein Ding ist, kann ich Dir leider keine spezifischeren Quellen nennen.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Ballets_Russes

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • RE: Bernstein mit der Feuervogel-Suite (1919)

    Inzwischen habe ich die SONY-ROYAL-CD mit der Feuervogel-Suite (1919) erhalten und bin schwer überrascht, dass die CBS-Klangqualität von 1957 besser ist, als viele spätere CBS-Aufnahmen bis in die 60er-Jahre; da ist nicht einmal Grundrauschen vernehmbar, wie bei vielen anderen CBS-Aufnahmen aus der Zeit. Eine frapant detailreiche Durchhörbarkeit, die sogar so manche DDD-Aufnahme übertrifft !

    :?:Warum hat man bei CBS nicht an dieser Aufnahmetechnik festgehalten und diese bei dem CBS-Label verwendet ... Beispiel: die Szell-Aufnahme der Schumann 2 von CBS 1959 ist dagegen historisch anmutend; die Pauken hören sich dort an wie Donnerbüchsen ! Hier im Finalsatz des Feuervogel präsent, klar und lupenrein.


    :) Von der Int liegt Bernstein an der Spitze und kann sich zu den Spitzenaufnahmen mit Boulez / CSO (DG, 1992), bei der Feuervogel-Suite (1910) mit Boulez/BBC PO (SONY, 1969) und auch bei der Feuervogel_GA mit Dutoit/Montrael PO (Decca, 1984) einreihen.

    Wie unglaublich spannend Bernstein die Übergänge und Steigerungen gestaltet und gleichzeitig die Orchesterfarben spielen lässt, ist Weltklasse.


    Ich finde übrigens die Feuervogel-GA passender zu hören, als die Suitenfassungen. Der Höllentanz des Königs Katschei wird durch den Satz Tanz des Gefolges des Königs Katschei besser vorbereitet. Aber abgesehen davon bietet Bernstein diesen unglaublich spannend, wie es nur noch Boulez/BBC SO in ähnlicher "Stuhlkantenaufnahme" und ebenfalls Dutoit (Decca) erreicht hat. Mit der Feuervogel_GA kann man sich auch die eigene Suite zusammenstellen, wenn man nicht das Ganze Ballett über 46Minuten hören will ...

    Die Swetlanow-Aufnahmen kenne ich leider nicht ....


    :hello: Noch einmal meinen besten Dank an Josef für die Empfehlung der Bernstein-Aufnahme. Die SONY-Royal-CD, ist übrigens entgegen Deiner Annahme erste Sahne, wie schon oben erwähnt.

    SONY, 1957/59, ADD


    Auch die R.K.-Sheherazade mit Bernstein ist ganz grosse Spitzenklasse auf dieser SONY-CD.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • RE: Strawinskys eigene Aufnahme des Feuervogel-Balletts

    Ich entdecke Strawinsky erst so langsam für mich. Der "Feuervogel" ist sicher ein guter Einstieg, wenn man von der Spätromantik her kommt.


    Ich habe jetzt in etliche Aufnahmen reingehört. Besonders gefielen mir Abbado/London SO, Leinsdorf/Boston SO, Böhm/Kölner RSO und Gergiev/WPO. Aber insgesamt am allerbesten fand ich Strawinsky selbst, und zwar 1965 mit dem New Philharmonia Orchestra!

    Deine Eindrücke von 2011 wirst Du aus heutiger Sicht bestimmt revidieren, lieber Josef !?


    Den Feuervogel mit Strawinsky als Dirigent habe ich auch in meiner Strawinsky-SONY-Box (die ich nie ganz durchhören werde); sogar in der Suitenfassung und der Ballett_GA. Diese habe ich dieser Tage auch gehört und finde die Interpretationen zwar sauber und angemessen, aber in den Sätzen auf die es ankommt (zum Beispiel die hochgeschätzten letzten Drei), einfach zu edel ohne den letzten Nachdruck; allerdings mit gut disponiertem Schlagwerk !

    Welch eine emotionale Spannung baut da Bernstein auf, der auch sonst die Orchesterfarben gekonnter zum klingen bringt. Warscheinlich besser als es sich Strawinsky selber träumen lies ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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