Euere liebsten Opernregisseure

  • Guten morgen werte Taministen,


    so erstaunlich das auch sein mag: diesen Thread scheint es noch nicht zu geben. Alfreds Thread "100 bedeutende Interpreten unserer Zeit" brachte mich auf die Idee, nach wichtigen Opernregisseuren unserer und vergangener Zeiten zu voten.


    Leider, leider befürchte ich, daß in diesem thread sofort wieder der altbekannte Krieg zwischen den beiden Lagern ausbrechen wird...
    Wenn nun jemand beispielsweise Calixto Bieito als einen Lieblingsregisseur vorschlägt, sollte er auch ein paar Begründungen mitliefern. Und auf diese Begründungen darf selbstverständlich auch gekontert werden - aber alles, was uns wieder zu fundamentalistischen und unversöhnlichen Grabenkämpfen führt, würde mir die Freude an diesem Thread vollkommen zunichte machen.
    Ich bitte daher von Pauschalablehnungen ohne Begründung abzusehen.
    Pseudotheaterwissenschaftliche Diskussionen, Argumente und Dogmen, warum eine Mozartoper nicht modern sondern genau so wie vor 200 oder 60 Jahren zu inszenieren sei, haben hier keinen Platz! Die sind im Inszenierungsparallelthread zu diskutieren - falls überhaupt noch jemand Lust hat, dort immer wieder die selben Anschuldigungen und Forderungen zu lesen. Ich bitte also es hinzunehmen, wenn sich jemand für einen Regisseur der einen oder anderen Schule einsetzt und seinen Pauschalwiderspruch in sich hineinzufressen.


    So, dann mal versöhnlicher weiter... :D


    Es dürfen auch mehrere Lieblingsregisseure genannt werden, am besten aber pro Beitrag nur einen.


    Optimal wäre es natürlich, wenn eine DVD der Inszenierung vorhanden wäre, aber davon kann man in der Regel natürlich nicht ausgehen. Aber auch anhand eines CD-Mitschnitts kann man oft gewisse Nuancen einer Inszenierung mitbekommen.


    also, nutzt die Chance und bleibt friedlich.


    Gruß, Markus


    :hello:

  • Ich würde ergänzend vorschlagen, daß IN DIESEM Thread KEINE Negativurteile abgegeben werden dürfen !!!


    Das ist kein Maulkorb - weil in Spezialthreads, die sich aus diesem entwickeln könnten - kann man das ja ohne weiteres zulassen.


    Hier sollten die Vorstellungen und Beiträge jedoch nur von jenen gemacht werden, denen der genannte Regisseur etwas zu sagen hat.


    Durch diese Beschränkung bekommen wir einen überschaubaren Thread, ähnlich wie ein Lexikon geordnet.


    In weiterführenden Themen werden dann - je nach Themenstellung - die Grabenkämpfe dann wieder zugelassen - oder eben nicht.


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • martin kusej


    live gesehen habe ich seinen salzburger don giovanni (stichworte: palmers, netrebko ,-)
    auf DVD hab ich ihn mit: la clemenza di tito (salzburg)
    und seit einer woche: lady mcbeth von mtsensk (amsterdam)


    alle drei inszenierungen haben mich sehr beeindruckt - er hat irgendwie die gleiche
    wellenlänge wie ich. auch sein könig ottokar (da fehlt zwar die musik) hat mir
    ausserordentlich gut gefallen.


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Zwei Nominierungen:



    HERBERT WERNICKE


    Der 2002 verstorbene Wernicke war zugleich Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner. Wernicke war einer der Regisseure, die den Spagat zwischen intellektuellem Konzept und theatralischem Zauber am überzeugendsten gemeistert haben. Überragend sein "Ring des Nibelungen" (1991 in Brüssel, 1994 in Frankfurt wiederholt - jeweils nach Bayreuth-Manier innerhalb einer Woche auf die Bühne gebracht): alle vier Abende spielten in einem einzigen Bühnenbild (das am Schluss spektakulär zusammenkrachte), wenige Requisiten dienten als visuelle Leitmotive (Konzertflügel, rotes Seil). Nie plump, sondern immer vieldeutig historische Assoziationen weckend, mit einer exzellenten Personenregie - bei der auch berührend ein verkleideter Tänzer als Pferd Grane agierte. Eine phänomenal phantasievolle Ausnutzung des Raumes kam hinzu: Wotan wurde im dritten Walküren-Akt nach Barockopern-Manier aus der Decke auf einem Stuhl heruntergelassen, Wurm Fafner brach dagegen im Siegfried spektakulär aus dem Bühnenboden hervor.
    Weitere großartige Wernicke-Inszenierungen, die ich gesehen habe: Hoffmanns Erzählungen (Frankfurt), Herzog Blaubarts Burg (Amsterdam/Frankfurt), Boris Godunow (Salzburg). Legendär auch folgende Arbeiten: Der fliegende Holländer (München), Meistersinger (Hamburg), Don Giovanni (Basel), Orfeo (Salzburg). Wernicke hatte zudem ein Faible für die Barockoper - hier gibt es zum Glück ein Dokument auf DVD, nämlich die auch im Forum schon gelobte Inszenierung von Cavallis "La Calisto":



    Ansonsten existiert auf DVD noch eine leider nicht ganz so starke Inszenierung von Berlioz' "Les troyens" aus Salzburg. Aktuell läuft in Stuttgart eine Wiederauffrischung einer Baseler Produktion mit einigen inszenierten Bach-Kantaten - Alviano hat im Forum darüber bereits berichtet.





    CHRISTOPH MARTHALER


    Der Schweizer Christoph Marthaler arbeitet immer mit der Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock zusammen, die hier gleichberechtigt genannt werden muss. Marthaler, der ausgebildeter Musiker ist, wurde als Schauspielregisseur bzw. als Arrangeur von selbst zusammengestellten Collagen bekannt ("Murx den Europäer! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn! Murx ihn ab" an der Volksbühne Berlin). Marthaler und Viebrock sind für Gammel-Design und Darstellung von Schlaf und Schläfrigkeit legendär - aber das ist nicht das Wesentliche: 1994 inszenierte er in Frankfurt seine erste Oper - Debussys "Pelléas et Melisande", die musikalischste Inszenierung, die ich je gesehen habe. Die Subtilität der Personenführung in Kongruenz mit der Musik war überwältigend. Dazu kam eine schlafwandlerisch sichere Ausnutzung des beklemmenden Einheitsbühnenbilds, das immer mehr mit Bedeutung aufgeladen wurde. Ebenfalls großartig die folgenden Inszenierungen, alle zusammen mit Sylvain Cambreling als Dirigent: Verdis "Luisa Miller" (FFM 1996), Beethovens "Fidelio" (FFM 1997) und Janaceks "Katia Kabanova" (Salzburg 1998 ). Letztere Aufführung (mit Angela Denoke in der Titelrolle) war (neben allen anderen Vorzügen) von einer bewegenden emotionalen Eindringlichkeit. Sie liegt glücklicherweise auf DVD vor:



    Ebenfalls auf DVD gibt es den originellen, aber m.E. nicht ganz so gelungenen "Figaro" (ursprünglich Salzburg, aber in Paris aufgezeichnet). Der Bayreuther "Tristan" soll dem Vernehmen nach auch nicht unproblematisch sein (ich habe ihn nicht gesehen). Für dieses Jahr ist "La traviata" (Dirigat: Cambreling, Titelrolle: Christine Schäfer) in Paris angekündigt.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Kluge Idee, Alfred. :jubel: So finden die üblichen Schlammschlachten ( :motz: :kotz: ) auf Nebenkriegsschauplätzen statt und nicht hier im Haupt-Thread. Dieses sollte sachlichen Beiträgen vorbehalten bleiben.


    Und jeder kann sich dort tummeln, wo er sich am wohlsten fühlt . Wer solche Ergüsse nicht lesen mag, kann sie umgehen.


    Diese Regelung könnte ich mir auch für andere Themen vorstellen.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Forianer,


    meine liebsten Opernregisseure sind:


    Walter Felsenstein (Seine Opernfilme kann man nur im Fersehen mitschneiden)


    Jean-Pierre Ponnelle (Von ihm gibt es mehrere Opernproduktionen auf DVD)


    Herbert Wernicke (z.B.: "La Callisto")



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo,
    Oskar Fritz Schuh mit Caspar Neher als Bühnenbildner,den man
    ja immer dazuzählen muß habe ich in Köln bei allen Proben,
    und Aufführungen von vier Opern hautnah erlebt.(1959-60)
    Don Giovanni,Falstaff,Der feurige Engel (Prokofjew)
    und Der Tod des Grigori Rasputin,Uraufführung (Nabokov).
    Das waren meine positivsten Eindrücke von Opernregie.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Patrice Chéreau (*1944) ist so ein allrounder, der für Theater, Film und Oper arbeitet. Bekannte Filme sind die "Bartholomäusnacht" und "intimacy", der den Goldenen Bären 2001 holte und die Grenze zwischen Kunstfilm und Pornographie neu auslotete.
    Sonderlich viele Opern hat er nicht inszeniert, darunter waren aber so bedeutende Ereignisse wie die Uraufführungsinszenierung der Berg/Cerha´schen "Lulu" an der Opéra de Paris 1979 und natürlich die mittlerweile wohl berühmteste "Ring"-Inszenierung aller Zeiten:


    1976 geht in Bayreuth der "Jahrhundertring" (100 Jahre "Ring" in Bayreuth) über die Bühne und erntet sowohl begeisterten Beifall wie auch ätzende und erschreckend gehässig formulierte Ablehnung mancher "Wagnerianer". (was mich persönlich wundert: sollten die eher abstrakten Inszenierungen Wieland Wagners nicht eher den Widerspruch der konservativen Bayreuth-Gemeinde hervorrufen?)


    Vier Jahre nach der Premiere wurde die Inszenierung zum letzten mal gespielt und in dieser Form kann man sie auf DVD geniessen.


    Auch aus heutiger Sicht scheint mir nicht alles perfekt und revolutionär an dieser Inszenierung und es reicht sicherlich, daß sie auf Film aufgefangen wurde - man muß sie nicht endlos auf der Bühne konservieren. Dennoch bleibt sie für mich wohl die Ring-Inszenierung schlechthin.


    Und da seit langem ein Parallelthread zu dieser Inszenierung besteht, können wir dort weiterdiskutieren.


    Der RING in der Inszenierung von Patrice Chereau

  • Einer meiner Lieblingsregisseure, mit dem ich selbst in 2 Produktionen als Chorsänger arbeiten durfte, ist der Südafrikaner Leonard Prinsloo:


    Seine Inszenierungen von Verdis "Don Carlo" und Puccinis "Turandot" sind für mich prägende Erlebnisse.
    Beide wurden von ihm Zeitlos in Szene gesetzt, mit sehr viel Bewegungschoreographie ( ich hätte den "Auto da fé"-Akt aus dem Don Carlos so gerne einmal von vorne gesehen ) und enorm viel Spannungskraft besonders in den Massenszenen.
    Was mir ebenfalls enorm imponiert hat, war sein Verständnis und sein Einfühlungsvermögen für die Musik die er, nicht zuletzt durch die akustisch ausserordentlich guten Bühnenbilder, immer unterstützt. Als ehemaliger Ballet-Solist versteht er ausserdem sehr viel davon was er von Sängern verlangen kann, ohne ihre Sangesleistung dadurch einzuschränken.


    LG,
    Michael

  • Meinen Liebling Martin Kusej hat Faun bereits genannt, ich möchte nur ergänzend seine Berliner "Carmen" erwähnen. (Leider nur im TV gesehen, hat mich aber begeistert!)


    Meine Nummer 2 wäre Willy Decker, der ebenso wie Kusej (aber nicht so radikal) auf eine Art und Weise "entstaubt", die für mich nachvollziehbar ist und plausibel ist.
    Ich empfehle auf DVD seine Salzburger "Traviata" und den "Don Carlos" aus Amsterdam.
    Schöne Grüße, Severina

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  • Eine dringende Nominierung möchte ich für Laurent Pelly abgeben, dessen Arbeiten sich durch ein hohes Maß an Witz und Musikalität auszeichnen. Seine "Belle Héléne" mit Felicity Lott liebe ich heiß und innig, weil sie mit größter Sorgfalt auf die Sänger zugeschnitten ist und ihre Stärken und Schwächen ganz gezielt benutzt - ein würdiger Nachfolger Ponnelles!

  • Möchte mich nach langer Überlegung der Meinung


    WILLY DECKER


    anschließen. Seine "Traviata" war fand ich echt toll!!!



    Erinnert sei u.a. an:
    Walter Felsenstein
    Götz Friedrich
    Jean Pierre Ponelle
    Gustav Rudolf Sellner
    Günther Rennert
    Oscar Fritz Schuh

    mucaxel

  • Mein Lieblingsregisseur ist:


    Christof Loy


    Er hat es geschafft, dass ich begann Händel und auch Counter zu mögen. Sein Saul hat mich derart fasziniert, obwohl mit Einheitsbühne und sehr schlicht und einfach gehalten, dass ich kaum eine Vorstellung ausließ. Es kam (für mich) eine unglaubliche Spannung durch die Personenregie auf. Da merkte ich erstmals richtig, was das bedeutet. Bei Roberto Devereux war es ähnlich (Spannung pur) und er mußte dazu noch eine Diva (Edita Gruberova) davon überzeugen, unglaublichen Mut zur Hässlichkeit zu haben, was bestimmt nicht einfach war. Für Alcina bekam ich noch keine Karte, aber da wird ja auch nur gejubelt und auf Il Turco in Italia darf man sich bestimmt wieder freuen.

    LG Ingrid

  • Thomas Bernhard hat mir meinen absoluten Favoriten weggeschnappt, nämlich Patrice Chéreau.
    Also meine Nummer 2: Christine Mielitz.
    Ich halte sie für eine der klügsten Regisseur/inn/e/n der Gegenwart. Sie geht immer von der Partitur aus, und sie überprüft ihre Konzepte so lange auf Tauglichkeit, bis sie entweder vor ihrem eigenen Urteil bestehen können oder fallengelassen werden.
    Obendrein kann die Mielitz fabelhaft mit Personen umgehen (was sie in Wien beim "Parsifal" gemacht hat, war einfach atemberaubend) - und sie kann auch Bilder auf die Bühne zaubern, die eine geradezu magische Ausstrahlung besitzen, ohne kitschig zu werden. Zärtlichkeit und Dramatik verbinden sich in ihren Regiearbeiten zu mitunter sicherlich diskutablen, meist aber überzeugenden, auf jeden Fall aber immer spannenden Ergebnissen.


    :hello:

    ...

  • Nach dem Intro von Markus traue ich mich gar nicht mehr so richtig. Aber klar, an erster Stelle steht da bei mir der Katalane Calixto Bieito, dicht gefolgt von Peter Konwitschny und Martin Kusej. Aus der Ferne winkt für mich unvergessen Ruth Berghaus herüber, der ich so viele aussergewöhnliche Opernabende zu verdanken habe.


    Dem Wunsch des Themenstarters entsprechend will ich mich auf den ersten Namen in meiner Reihe beschränken.


    Calixto Bieito ist der spannenste und aufregendste Opernregisseur, den man zum gegenwärtigen Zeitpunkt erleben kann.


    Radikal im Ansatz, kompromisslos in der szenischen Realisation und verblüffend in der Sichtweise altbekannter Stoffe.


    Keiner geht weiter, wie er: weder bei der Interpretation, noch bei dem, was er den Sängerinnen und Sängern abverlangt.


    Die enorme Körperlichkeit seiner Inszenierungen fasziniert mich immer wieder. Ideal: wenn die Sängerinnen und Sänger sich auf die für sie ungewohnten Aufgaben einlassen - und damit zeigen, was tatsächlich auch darstellerisch auf der Opernbühne möglich ist.


    Es gab für mich bisher in fast jeder Inszenierung von Bieito den Punkt, wo mich die Menschen auf der Bühne tief berührt haben: die Azucena im "Trovatore", z. B., die Santuzza oder die Cho-Cho-San - da liegt eine gosse Qualität von Bieito - in der Personenführung, im Erzählen von Schicksalen.

  • Zitat

    Original von Alviano
    Es gab für mich bisher in fast jeder Inszenierung von Bieito den Punkt, wo mich die Menschen auf der Bühne tief berührt haben: die Azucena im "Trovatore", z. B., die Santuzza oder die Cho-Cho-San - da liegt eine gosse Qualität von Bieito - in der Personenführung, im Erzählen von Schicksalen.


    Na Du bist ja gut rumgekommen... Extra für den Trovatore nach Hannover gefahren? Und wo hat er Cavalleria und Butterfly inszeniert?
    Seine frankfurter Manon und Macbeth fand ich mittelprächtig.


    :hello:

  • Ruth Berghaus (1927 - 1996) inszenierte 1988 im Theater an der Wien den bis dahin als ziemlich unspielbar geltenden "Fierrabras" von Franz Schubert (Dirigent Claudio Abbado). Viele hielten es nicht für möglich, diese Liebesgeschichte aus der Ritterzeit Ende des 20. Jahrhunderts zu inszenieren. Mit viel Poesie und kluger Menschenführung gelang es ihr meiner Meinung nach zu beweisen, dass es Regietheater von allerhöchstem Niveau gibt, das sehr eigenständig mit einer Originalvorlage umgeht und trotzdem den Urhebern mehr als gerecht wird. Diese Inszenierung wurde dann in den Spielplan der Wiener Staatsoper übernommen.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Hallo Markus,


    an Inszenierungen gesehen habe ich in


    Hannover: Don Giovanni, Trovatore, Traviata, Cav/Pag und Wozzeck


    Berlin, Komische Oper: Entführung und Madama Butterfly


    Frankfurt: Manon und Macbetto


    und in Basel: Don Carlos


    Nach Hannover bin ich immer ganz gerne gefahren, weil das nicht so weit ist. Die Frankfurter "Manon" fand ich total schwach. Ich hatte den ganzen Abend den Eindruck, dass Bieito mit dem Stück nix anzufangen wusste. "Macbetto" hat mir wesentlich besser gefallen, besonders der zweite Teil, der wie ein böser Traum wirkte. Gut, vielleicht ergibt sich ja die Möglichkeit, in einem anderen Thread nochmal näher auf einzelne Inszenierungen einzugehen.


    Gruss nach FFM

  • Hallo,


    mir würde als erstes auch Herbert Wernicke einfallen, von dem ich den ganz fantastischen Ring in Frankfurt gesehen habe und ausserdem La Calisto in Berlin.


    Von Marthaler kenne ich die Frankfurter Arbeiten und vor etwa einem Jahr habe ich Katia Kabanova in Paris gesehen. Ich finde, dass sich sein Stil doch etwas abnutzt, und am besten hat mir Pelléas & Mélisande gefallen, seine erste Opernarbeit, die von Zwielicht zurecht gepriesen wurde.


    Sonst würde mir noch Peter Sellars einfallen, der sein Geschäft versteht. Ich habe vor langen Jahren St François d'Assise in Paris gesehen und irgendwann auch einmal Nixon in China in der ENO in London.


    Beste Grüsse,


    Jürgen

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  • Die eindrucksvollsten Inszenierungen, an die ich mich erinnern kann, stammen von Harry Kupfer (Eugen Onegin an der Wiener Volksoper, Chowanschtschina an der Hamburger Staatsoper). Er fand teilweise beklemmend eindrucksvolle szenische Lösungen, machte eine hervorragende Personenregie, traf die Stimmung der Werke oft sehr genau. Daneben Achim Freyer: extrem liebevoll, zauberfaft, originell, dabei immer dicht am Werk (Zauberflöte in Hamburg - allerdings schon ein wenig abgespielt, Ftreischütz aus Stuttgart: leider miserable Kameraarbeit).


    Gruß aus Lübeck
    Dieter

  • Morgen steigt in Stuttgart die Jenufa-Premiere unter der Regie von Calixto Bieito. Ich habe während der Probenarbeiten derart viel Blut gesehen, daß ich drauf meine Premierenkarte abgegeben habe.
    Obs ein Fehler war?- Mag sein, doch bei dem täglichen Gemetzel in der Welt muß ich in meiner Freizeit das nicht auch noch haben.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    F.A.Z vom 17.Januar.07
    Nicht ertränkt, sondern erwürgt: Dem Regisseur Calixto Bieito ist mit Janaceks Oper "Jenufa" in Stuttgart ein Psychothriller gelungen - diesmal ganz ohne Blutvergießen"


    Hab ich nur grad auf der Titelseite gelesen und fand das irgendwie vom Kontrast her lustig. :D
    Werd mal nachher nachlesen, was in der ausführlichen Rezension steht. ;)


    Gruß
    Sascha

  • Hallo Sascha,


    nix dergleichen - kaum Blut, und wenn: nur da wo es hingehört. Ich hab bei Siegfried auch schon nachgefragt...


    Gruss




  • Im Thread über die Planungen der Opernhäuser für die Saison 2008/09 hat sich zwischen Alviano und mir ein kleines Gespräch über Herbert Wernicke entsponnen, zunächst über seine Inszenierung von Cavallis "La Calisto" in Brüssel, dann auch generell über Wernickes Produktionen mit Barockmusik. Ich übertrage das mal in diesen Thread, der dafür auch nicht ideal geeignet ist, aber immerhin besser als einer über noch bevorstehende Produktionen. Zudem geht es ja auch darum, die Erinnerung an einen großen Regisseur wachzuhalten.









    Ich habe nochmal ein bisschen im Netz recherchiert und war wirklich überrascht von der Breite und Originalität des Barockrepertoires, das Wernicke seit 1978 auf die Bühne gebracht hat. Im einzelnen:


    1978 - Händel: Belsazar - Darmstadt (Gerhard Rohde charakterisiert die Regie in einem Nachruf in der Zeitschrift Oper & Tanz: Juden werden wie Freiwild über die Bühne gejagt, Angst und Schrecken verzerren Gesichter, Körper, Gebärden, und die Herrschenden fressen und saufen ungeniert, bis das fatale Menetekelzeichen auf der Wand erscheint.)


    1979/80 - Rameau: Hippolyte et Aricie - Deutsche Oper Berlin und Schwetzingen (aus einem Nachruf im britischen Telegraph: It was with Rameau's Hippolyte et Aricie, first at the Deutsche Oper, Berlin, and later at the 1980 Schwetzingen Festival, that he earned fame - or notoriety - by setting it as if performed by peasants at Fontainebleau and playing the tragic climaxes for laughs.)


    1980 - Händel: Judas Maccabaeus - München (Rohde: Eine Zeiten übergreifende Schreckensvision, voll dialektischer Umkehrungen und Demaskierungen der Mächtigen.)


    1980: Lully: Alceste - Darmstadt


    80er - Vivaldi: Juditha triumphans - Darmstadt


    80er - Händel: Jephta - Bremen


    80er - Lully: Phaéton - Kassel


    80er - Bach-Projekt: O Ewigkeit, du Donnerwort - Kassel (vier szenisch dargestellte Bachkantaten)


    80er - Florentiner Intermedien von 1589 - Kassel (das ist vielleicht eines der erstaunlichsten Projekte - die Auswahl und "Bearbeitung" der Intermedien nahm übrigens der heute renommierte Cembalist und HIP-Ensembleleiter Ludger Rémy vor)


    1993 - Monteverdi: Orfeo - Salzburger Festspiele


    1993 - Cavalli: La Calisto - Brüssel


    1994 - Händel: Theodora - Basel


    1996 - Händel: Alcina - Basel, später auch Düsseldorf/Duisburg


    1998 - Händel: Giulio Cesare - Basel, Hannover, Barcelona


    1999 - Projekt mit Musik von Heinrich Schütz und Matthias Weckmann: Wie liegt die Stadt so wüste, die voll Volkes war - Basel


    2000 - Bach-Projekt: Actus tragicus (drei szenisch dargestellte Bachkantaten) - Basel, später Stuttgart (vgl. diesen Bericht von Alviano)


    2002 - Händel: Israel in Egypt - Basel (unvollendet hinterlassen und aufgeführt)



    Insbesondere die Produktionen der 80er Jahre dürften wohl damals ihresgleichen gesucht haben (und blieben leider folgenlos, was auch an der möglicherweise inadäquaten musikalischen Realisierung gelegen haben mag). Später wandte sich Wernicke ja verstärkt anderen Epochen zu und agierte gerade an den großen Opernbühnen oftmals konventioneller - aber seine Verdienste schmälert das nicht.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Von einem der bedeutendsten Regisseure der 2.Hälfte des 20. Jahrhunderts habe ich zu seinen Lebzeiten nichts mehr erlebt - aber in Wien konnte ich noch die von Wieland Wagner stammenden Inszenierungen von Salome, Elektra und Loheengrin sehen. Dass ihn bis jetzt noch niemand unter seine Lieblingsregisseure gereiht hat, verwundert mich doch.


    Jean Pierre Ponnelle ist schon kurz angesprochen worden. Er war für mich einer der musikalischesten Regisseure überhaupt und erist vermutlich der Regisseur, von dem ich die meisten Inszenierungen gesehen habe (Barbiere, Cenerentola, Italiana in Algeri, Idomeneo, den legändären Monteverdi-Zyklus aus Zürich, und noch einige mehr). Allerdings - ich gebe es zu - war er auch sehr etwas detailverliebt und verspielt. Dennoch ist er einer meiner Favoriten.


    Und in der Gegenwart möchte ich Olivier Tambosi erwähnen, dessen Inszenierungen mir immer wieder neue Sichtweisen und Denkansätze zu längst bekannten Werken nahe bringen. Auf seine Interpretation des "Vetter aus Dingsda" (nächste Woche ist die Premiere an der Wiener Volksoper) bin ich schon gespannt.


    Wochenedgrüße aus Wien
    Michael 2



  • Da stimme ich vollkommen zu - und Otto Schenk, auch der machte es wie es sich die Komponisten gedacht haben, denke ich.


    Mit seinem Bühnenbildner Günter Schneider Siemsen.


    Liebe Grüße Peter aus Wien. :hello: :hello: :jubel:

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