BWV 181: Leichtgesinnte Flattergeister
Kantate zum Sonntag Sexagesimae (Leipzig, 13. Februar 1724)
Lesungen:
Epistel: 2. Kor. 11,19-12,9 (Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig)
Evangelium: Luk. 8,4-15 (Gleichnis vom Sämann)
Fünf Sätze, Aufführungsdauer: ca. 14 Minuten
Textdichter: unbekannt
Besetzung:
Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass; Coro: SATB; Flauto traverso, Trompete, Oboe, Violino I/II, Viola, Continuo
1. Aria Bass, Traversflöte, Oboe, Streicher, Continuo
Leichtgesinnte Flattergeister
Rauben sich des Wortes Kraft.
Belial mit seinen Kindern
Suchet ohnedem zu hindern,
Dass es keinen Nutzen schafft.
2. Recitativo Alt, Continuo
O unglücksel’ger Stand verkehrter Seelen,
So gleichsam an dem Wege sind;
Und wer will doch
Des Satans List erzählen,
Wenn er das Wort dem Herzen raubt,
Das, am Verstande blind,
Den Schaden nicht versteht noch glaubt.
Es werden Felsenherzen,
So boshaft widersteh’n,
Ihr eigen Heil verscherzen
Und einst zu Trümmern geh’n.
Es wirkt ja Christi letztes Wort,
Dass Felsen selbst zerspringen;
Des Engels Hand bewegt des Grabes Stein,
Ja Mosis Stab kann dort
Aus einem Berge Wasser bringen.
Willst du, o Herz, noch härter sein?
3. Aria Tenor, (Violino solo), Continuo
Der schädlichen Dornen unendliche Zahl,
Die Sorgen der Wollust, die Schätze zu mehren,
Die werden das Feuer der höllischen Qual
In Ewigkeit nähren.
4. Recitativo Sopran, Continuo
Von diesen wird die Kraft erstickt,
Der edle Same liegt vergebens,
Wer sich nicht recht im Geiste schickt,
Sein Herz beizeiten
Zum guten Lande zu bereiten,
Dass unser Herz die Süßigkeiten schmecket,
So uns dies Wort entdecket,
Die Kräfte dieses und des künft’gen Lebens.
5. Chor SATB, Traversflöte, Oboe, Trompete, Streicher, Continuo
Lass, Höchster, uns zu allen Zeiten
Des Herzens Trost, dein heilig’ Wort.
Du kannst nach deiner Allmachtshand
Allein ein fruchtbar gutes Land
In unser’n Herzen zubereiten.
Diese Kantate (deren Titel übrigens auch gut als Motto einer fröhlichen Halloween-Party taugen würde :] ) ist möglicherweise am selben Sonntag des Jahres 1724 zusammen mit der Kantate BWV 18 aufgeführt worden. Entweder die eine vor, die andere nach der Predigt, oder nacheinander in verschiedenen Kirchen.
Möglicherweise stammen die Flöten- und Oboenstimmen erst von einer späteren Wiederaufführung, was jedoch in Bezug auf die Theorie mit der Doppel-Aufführung der beiden Kantaten im selben Gottesdienst seltsam erscheint, denn in BWV 18 sind ja extra für die Leipziger Aufführung 2 Blockflötenstimmen hinzugefügt worden - die beiden Flötisten aus BWV 18 könnten doch für die hier besprochene Kantate gut zu Traversflöte und Oboe gegriffen haben, oder?
Der Textdichter hat sich wiederum stark am Gleichnis vom Sämann und den Gefahren, die dem Saatgut (also Gottes Wort) drohen, orientiert.
Die Kantate enhält keinen Choral, was für eine "richtige" Bachkantate ja irgendwie ungewöhnlich ist. Stattdessen ist der Schlusschor, in dem sogar plötzlich und unerwartet eine Trompete auftaucht, mit großer Sicherheit eine Bearbeitung eines weltlichen Stückes, eine sogenannte "Parodie" also - ein Verfahren, auf das Bach ja des öfteren zurückgriff.
In der Arie Nr. 1 schwirren die Flattergeister deutlich hörbar munter umher (schnell gespielte Staccati) und die Arie Nr. 3 enthielt wohl einmal eine Stimme für Solovioline, wie die Forschung nachgewiesen hat. Hier würde mich interessieren, ob es in den Einspielungen dieser Kantate Rekonstruktionsversuche für diese Stimme gegeben hat.