Opernouvertüren - immer passender Deckel zum Topf?

  • Hallo,


    mal eine Frage: Passen Euch eigentlich die Praeludien zu den von Euch so geliebten Opern stets in den Kram? Findet Ihr sie immer absolut passend, oder gäb's auch was zu mäkeln? Nicht immer hat man ja mehrere Ouvertüren [wie z.B. bei Beethovens Fidelio] zur Auswahl...


    Nebentopic: Gibt es weitere Beispiele für "austauschbare" Ouvertüren in dem Sinne, dass es vom Komponisten selbst ein paar Vorschläge [Versuche] gibt?


    :hello:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Bei Rossini wirkt es meist recht willkürlich :rolleyes:
    Nicht umsonst hieß es immer, dass Beethoven vier Ouvertüren für eine Oper geschrieben hat, während Rossini... :D


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Salut,


    ihr wollt mich doch nicht glauben lassen, dass ihr alle Opernouvertüren toll und passend findet?


    ?( ?( ?(


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Forianer,


    sehr gelungen halte ich die sogenannten Potpourri-Ouvertüren, die immer einen Bezug zum Werk haben.


    Beethovens "Fidelio"-Ouvertüre finde ich nicht so passend, wenn ich sie mit der "Leonore III" vergleiche.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Zitat

    ihr wollt mich doch nicht glauben lassen, dass ihr alle Opernouvertüren toll und passend findet?


    Hallo!!!


    Bei mir ist das auf keinen Fall so. Rossinis Barbier/Elisabetta/Aureliano-Ouvertüre passt meiner Meinung nach zu keiner der drei Opern. Die Wilhelm Tell Ouvertüre ist meiner Meinung nach nur fad, ich glaub ich würd im Opernhaus hier schon einschlafen.
    Donizettis Ouvertüren, wenn er denn eine schrieb, gefallen mir da schon besser, aber der King der Ouvertüren ist meiner Meinung nach SALIERI. Seine Ouvertüren (Naxos-CD) find ich so genial, dass die Opern gut sein MÜSSEN.
    Mozarts Ouvertüren sind auch sehr gut und passen meist auch. Die Idomeneo-Ouvertüre mag ich nicht so, aber man kann nicht alles mögen.
    Die "potpourri-Ouvertüren" sind meist die besten, da man in der Oper schon auf die Melodien der Ouvertüre wartet!!
    Verdis Vorspiele passen sehr gut zu den Opern, vor allem Rigoletto, Traviata und Nabucco.


    Die Barockouvertüren gefallen mir zwar, sind aber unpassend, da meist irgendeine Sinfonia vor die Oper gestellt wurde!


    LG Joschi

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Beethovens "Fidelio"-Ouvertüre finde ich nicht so passend, wenn ich sie mit der "Leonore III" vergleiche.


    Als Musikstück per se sind die Leonore II und III besser. Aber als Ouverture, die nicht den halben ersten Akt erschlägt und die ganze Handlung vorwegnimmt, sondenr knapp und dramatisch einleitet, ist die endgültige Fidelio-Ouverture hervorragend. Ich kenne leider die älteren Fassungen der Oper nicht, weiß daher nicht genau, was auf die Leonore hätte folgen sollen. Sie sind aber für fast alles zu gewichtig, daher war es eine gute Entscheidung sie zu ersetzen.


    Zitat

    (Don Basilio)
    Die Wilhelm Tell Ouvertüre ist meiner Meinung nach nur fad, ich glaub ich würd im Opernhaus hier schon einschlafen.


    Waaas? Fad?! Sie ist vielleicht nicht so spritzig wie Semiramide o.ä., aber doch fast die einzige (ich kenne mich hier nicht gut aus) Rossini-Ouverture die poetisch-musikalisch Bezug auf die Handlung der folgenden Oper nimmt und dabei ein schönes und mitreißendes Stück.


    Ich kenne einfach zu wenig Opern, daher fällt mir keine einzige total unpassende Ouverture ein. Bei den Barockopern ist das ja, wie Joschi sagte, einfach irgendeine kurze Sinfonia, die praktisch nie eine tiefere Beziehung zum Rest hat. Die Ouverturen der mir vertrauten Mozart-Opern sind alle gut und passend. Einige Wagner-Vorspiele, z.B. Tannhäuser sind m.E. etwas zu lang, aber nicht unpassend. Später gibt es ja meistens nur noch ganz kurze Vorspiele und es geht praktisch gleich zur Sache (hat Gluck allerdings auch schon ein oder zweimal so gemacht)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Bei den Barockopern ist das ja, wie Joschi sagte, einfach irgendeine kurze Sinfonia, die praktisch nie eine tiefere Beziehung zum Rest hat.


    Salut,


    das ist aber so ganz und gar nicht korrekt: Zunächst war es ein [keineswegs ungeschriebenes*] Gesetz, dass die Sinfonie zumindest der Opere Serie dreiteilig waren. Davon sollten "die ersten beiden Teile der Grundstimmung der ganzen Oper entsprechen", der dritte Teil dann die "Zuhörer in die erste Szene des Dramas einführen" [zitiert nach Jaroslav Holecek]. Und so ist es auch zumindest bei den Herren Vivaldi, Hasse und Händel stets zu hören - sehr oft gar wird als langsamer Mittelteil eine komplette [langsame] Arie aus dem Kerngeschehen der Oper verbraten. Im Verlauf der Oper an dieser Arie angelangt, erinnert man sich dann mehr oder weniger bewußt an diesen Teil der Sinfonia [auch Mozart praktizierte Ähnliches bei der Ouvertüre zur Entführung aus dem Serail, nur dass er systemwidrig gleich die erste Gesangsnummer als langsamen Einschub der Ouvertüre verwendete].


    *Johann David Heinichen formulierte dies schriftlich aus.


    Erst die Opere Serie von z.B. Joh. Chr. Bach, Myslivecek und Mozart bieten da eher "austauschbare" Sinfonie, deren Zweck es aber war, nicht nur als Vorspiel zur Oper, sondern auch als "freistehende" Sinfonie verwendet werden zu können.


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Sehr gut gefallen mir die Wagner'schen und Janácek'schen Ouvertüren und Vorspiele. Verdi ist eher langweilig, ganz besonders Aida! Aber eigentlich mag ich Ouvertüren eh nicht besonders, ich finde, Opern sollten (wie das in der Spätromantik eh üblich wurde) gleich mit der Musik der ersten Szene beginnen, im Sinne also des dritten Teils der Sinfonie zu Opere Serie.

  • Zitat

    Original von Ulli


    das ist aber so ganz und gar nicht korrekt: Zunächst war es ein [keineswegs ungeschriebenes*] Gesetz, dass die Sinfonie zumindest der Opere Serie dreiteilig waren. Davon sollten "die ersten beiden Teile der Grundstimmung der ganzen Oper entsprechen", der dritte Teil dann die "Zuhörer in die erste Szene des Dramas einführen" [zitiert nach Jaroslav Holecek]. Und so ist es auch zumindest bei den Herren Vivaldi, Hasse und Händel stets zu hören - sehr oft gar wird als langsamer Mittelteil eine komplette [langsame] Arie aus dem Kerngeschehen der Oper verbraten. Im Verlauf der Oper an dieser Arie angelangt, erinnert man sich dann mehr oder weniger bewußt an diesen Teil der Sinfonia [auch Mozart praktizierte Ähnliches bei der Ouvertüre zur Entführung aus dem Serail, nur dass er systemwidrig gleich die erste Gesangsnummer als langsamen Einschub der Ouvertüre verwendete].


    Dann habe ich bisher die falschen Stücke gehört; ich habe jetzt 3 Händel-Opern aus dem Regal gegriffen, die ich allerdings kaum kenne, und in Ouverture + erste Szene reingehört: Tamerlano, Admeto, Orlando. ALLE haben "französische" Ouverturen (langsam - schnell), die entprechend keine Melodie einer langsamen Arie enthalten können. Danach folgt bei Tamerlano eine Menuett, wobei ich keinen Zusammenhang zur folgenden Szene erkennen kann, bei Orlando folgt die erste Szene unmittelbar nach dem schneleln Teil der Ouverture
    Lediglich bei Admeto scheint mir eine Einheit des Affekts von Ouverture und dem was folgt, zu herrschen, nämlich eine ebenfalls eher düstere "Introduzione" (bzw. Ballo di larve: lt Booklet angeblich Geistererscheinungen mit blutigen Dolchen) und dann Admetos Rezitativ "Orride Larve"


    Beliebig ist gewiß etwas zu kurzsichtig. Aber besonders enge Zusammenhänge sind mir bisher nicht aufgefalle; in welcher Oper von Händel gäbe es die denn (von den anderen kenne ich nichts)?


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Salut,


    "französische" Ouverturen können keine Sinfonien von Opere Serie sein - das eine schleißt das andere aus!


    :D


    Bei Händels "Rodelinda" beispielsweise ist es gerade das Menuet ["Abschluß" der Sinfonia], welches im Mittelteil einer Arie "wiederholt" wird - leider finde ich das auf Anhieb nicht. Sobald ich es habe, werde ich mich melden.


    :hello:


    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Joschi, bist du sicher, dass du den "Giuglielmo Tell" nicht verwechselst? Wer bei dieser spritzigen Ouvertüre einschläft, hat aber einen wahrlich gesegneten Schlaf! 8o Für mich zählt gerade sie zu den Muntermachern bzw. zu den Musikstücken, die eine drohende Depri schon im Keim ersticken! :]
    lg Severina :hello:

  • Na vielleicht ist er immer schon beim lyrischen ersten Teil eingeschlafen und kennt den Gallopp gar nicht!


    :D

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Na vielleicht ist er immer schon beim lyrischen ersten Teil eingeschlafen und kennt den Gallopp gar nicht!


    So ist es, natürlich kenn ich den Galopp, aber es dauert mir einfach zu lange bis es bis dorthin kommt.
    Was mit bei Rossini aufgefallen ist, er gliedert die Ouvertüre meist in zwei Teile. Einen langsameren Anfangsteil und einen schnellen Schluss. Je älter Rossini wird, desto länger wird auch die Ouvertüre und damit auch der langsame Teil. Und ich bin nicht unbedingt ein Freund langsamer und langer Ouvertüren!!


    Wagnersche Vorspiele sind wunderbare Orchesterwerke, die auf die Oper toll vorbereiten, aber manchmal zu lang (Tannhäuser)!


    LG Joschi

  • Im Barock hatten Ouvertüren auch eine andere Aufgabe als in Werken spätere Epochen.
    Ich würde zwar nicht sage, dass ich auch nur eine Sinfonia bzw. Ouvertüre kenne die nicht passen sollte - aber es ging da einfach nicht darum schon auf die Oper einzustimmen, sondern einfach darauf aufmerksam zu machen, dass es jetzt los geht. Ausnahmen gibt es aber natürlich auch (Henrico Leone von Steffani)
    Die Toccata des Orfeo von Monteverdi, soll angeblich die Hausfafare des Herzogs von Matua gewesen sein...


    Bei Purcell, bzw. den englischen Barockkomponisten heißen die Ouvertüren ja auch meist "Curtain Tune" was das ja nur noch unterstreicht.
    Der erste Komponist der meines wissens da einen stärkeren Zusammenhang schaffen wollte war Christoph Willibald Gluck.
    Seine Ouvertüren sind ohnehin alle Meisterwerke und passen perfekt zu den nachfolgenden Opern und stimmen entsprechend ein - aber sie nehmen nur Stimmung vorweg.
    Am Besten ist ihm das wohl bei der Alceste gelungen.


    Bei frz. Opern gibt es ja zudem noch den Prolog - den ich eigentlich als die eigentliche Ouvertüre begreife.
    Oft wird da auf die folgende Tragödie angespielt und der entsprechende Tonfalls schon gesucht.
    z.B. Andre Campra's Idomenée (gleiches Libretto wie übrigens das was Mozart dann in ital. Bearbeitung verwendete) macht das äußerst geschickt, da wird der Sturm der Idomeneo zu seinem verhängnisvollen Schwur bringt, thematisiert.


    Allerdings würde ich mal kühn behaupten, auch den Barockkomponisten war es nicht egal, was für eine Ouvertüre sie der Oper vorranstellten.
    Unpassend sind sie nie. Ich finde es auch gut nichts vorweg zunehmen, so bleibt die Überraschung.


    Man erzählt doch auch nicht die Pointe vor dem Witz, oder ?

  • Wo es für mich nicht paßt, ist z.B. Wagners "Rienzi" - und das, obwohl die Ouvertüre die Themen der Oper verarbeitet.
    Die Ouvertüre ist ein Knaller sonder gleichen, ein brillantes Effektstück, glänzend gearbeitet und instrumentiert. Und dann kommen vier Stunden Oper, von denen vielleicht eine Stunde halbwegs so brillant ist wie die Ouvertüre. Erwartungshaltung geweckt - und nicht erfüllt.
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Und ich bin nicht unbedingt ein Freund langsamer und langer Ouvertüren!!


    Wird schon noch kommen. Wirst sehen, in zwanzig Jahren wird dir der erste Teil der Tell-Ouvertüre besser gefallen als der zweite.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von DonBasilio
    Wagnersche Vorspiele sind wunderbare Orchesterwerke, die auf die Oper toll vorbereiten, aber manchmal zu lang (Tannhäuser)!
    LG Joschi


    Ich geniesse gerade die Tannhäuser-Ouverture als ideale Einstimmung auf das Kommende. :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Siegfried!!


    Ich genieße die Tannhäuser-Ouvertüre auch, aber meist getrennt von der Oper, denn bei einer Oper, die ich bereits kenne, lasse ich manchmal die Ouvertüre weg, vor allem wenn sie so lang ist. Eine Viertelstunde Ouvertüre ist mir persönlich zu viel.
    Trotzdem ist die Tannhäuser ein sehr schönes Orchesterstück und als solches höre ich sie!


    LG Joschi