Erich Leinsdorf

  • Hallo Forianer,


    mit diesem Thread starte ich eine Reihe mit Portraits von wichtigen Dirigenten des 20. Jahrhunderts, die ein sehr vielseitiges Repertoire aufzuweisen hatten und international sehr geschätzt wurden.


    Ich beginnne heute mit:


    Erich Leinsdorf





    Erich Leinsdorf, der in Wien (4. Februar 1912) geborene amerikanische Dirigent begann 1934 seine Dirigentenlaufbahn als Assistent von Bruno Walter und Arturo Toscanini bei den Salzburger Festspielen. Bereits 1938 (er musste aufgrund seines Judentums Österreich verlassen), im Alter von nur 26 Jahren, konnte er an der New Yorker Met mit Wagners Walküre sein sensationelles Debüt feiern. Leinsdorf, der 1942 die USA-Staatsbürgerschaft erhielt, arbeitete mit zahreichen namhaften Orchestern zusammen - darunter etwa die New York City Opera Company und das Boston Symphony Orchestra - und machte sich vor allem mit seinen ausgefeilten Interpretationen des deutschsprachigen Musiktheater-Repertoires einen Namen. Zahlreiche Gastspiele führten ihn an die führenden Opernhäuser und zu den bekanntesten Orchestern der Welt. Erich Leinsdorf starb am 11. September 1993 in Zürich.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Forianer,


    zu seinen wichtigsten Einspielungen im Bereich Sinfonie / Konzert zählen:




    Brahms: 2. Klavierkonzert, S. Richter, Chicago Symphony Orchestra



    Mahler: 5. Sinfonie, Boston Symphony Orchestra




    Mahler: 6. Sinfonie, Symph.-Orch. des Bayr. Rundfunks




    Prokofjew: 2. u. 6. Sinfonie, Boston Symphony Orchestra




    Tschaikowsky / Sibelius: Violinkonzerte, Perlman, Boston Symphony Orchestra




    Wagner / Schönberg



    zu seinen wichtigste Einspielungen im Bereich Oper zählen:




    Korngold: Die tote Stadt




    Mozart: Don Giovanni




    Mozart: Cosi fan tutte




    Puccini: La Bohème




    Puccini: Tosca




    Puccini: Madama Butterfly




    Puccini: Madama Butterfly




    Puccini: Turandot




    Strauss: Salome




    Verdi: Macbeth




    Verdi: Ein Maskenball




    Verdi: Aida




    Wagner: Lohengrin




    Wagner: Die Walküre



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Ein großer Dirigent im Schatten von manch anderen...
    Erinnert sei an seine Abende an der Staatsoper Wien.
    Elektra 1981
    Krenek Karl V. 1984
    Nozze di Figaro 1984
    Tristan und Isolde 1984
    Palestrina 1978


    Dank an Liebestraum für die gezeigten
    Einspielungen.


    :hello::hello::hello:

    mucaxel

  • Zitat

    Original von Liebestraum

    Mozart: Don Giovanni


    Leider ist der DG aber nicht mehr erhältlich ;(
    Er reiht sich in die Riege großer Einspielungen der 50er-Jahre ein, deren Höhepunkt IMO Krips ist.
    Auch Leinsdorfs Dirigat ist exzellent und den Siepi hat er ja auch dabei :]


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Hallo Barezzi,


    ich habe mehrere Aufnahmen hier erwähnt, die es gegenwärtig nicht zu kaufen gibt.


    Mir ging es darum, Leinsdorfs bedeutendsten Aufnahmen hier aufzulisten!


    Ich bedaure es auch sehr, dass es gerade den "Don Giovanni" nicht zu kaufen gibt, aber er wird bestimmt bald mal wieder veröffentlicht.


    Sehr gefreut habe ich mich darüber, dass wenigstens seine "Cosi"-Einspielung im Mozart-Jahr herausgegben wurde.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Liebestraum,


    das kann ich such nur hoffen!
    Zwar ist die Aufnahme in weiten Teilen auf der Marionetten-Box enthalten,



    aber man hätte doch gern eine Gesamtaufnahme ohne technische Abstriche...


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Hallo Forianer,


    eine ganz wichtige Aufnahme habe ich bei meiner Auflistung vergessen:




    Strauss: Ariadne auf Naxos



    Herzliche Grpße
    von LT :hello:

  • Es gibt noch Aufnahmen, die noch genannt werden können.


    Unter meinen inzwischen fast 20 Aufnahmen der 1. Symphonie Mahlers gehört die Erich Leinsdorfs aus Oktober 1962 zu denen, die ich am meisten schätze. Ich habe sie früher im Forum schon mal hervorgehoben.




    Die hier genannte 5. Symphonie habe ich gerade erst vor wenigen Wochen gebraucht in England kaufen können, nachdem ich sie bereits Jahre intensiv gesucht habe. Sie hat bei mir im Verhältnis zu anderen bekannten Einspielungen weniger Eindruck gemacht. Sie ist nach meiner Kenntnis lange out of print.


    Bemerkenswert aber auch die Aufnahme der 6. Sie ist eine äußerst "undramatische" Interpretation dieser Symphonie, bei der im übrigen zumeist die Dramatik in den Vordergrund gerückt wird (klassisch in der Soltiaufnahme). Sie stellt andere Seiten in den Mittelpunkt und öffnet damit eine andere Sichtweise (und das bereits im Jahre 1983).
    Leinsdorf ist sehr interessant für die Mahlerinterpretation, wird aber dort nur wenig wahrgenommen.


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Hallo Forianer,


    Erich Leinsdorf war auch 2x in Bayreuth zu Gast:


    1959 Die Meistersinger von Nürnberg
    1972 Tannhäuser




    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Hallo Forianer,


    es ist schon erstaunlich, wie wenig sich für Dirigenten jenseits der Pultstars interessieren...


    Was mich an Leinsdorf faszieniert, ist die Tatsache, dass er über ein so reiches Repertoire verügte.


    Erstaunlich ist auch, mit wie vielen Einspielungen er wirklich punkten konnte, egal ob es Werke von Mozart, Verdi, Puccini, Brahms, Tschaikowsky, Sibelius, Wagner, Strauss, Mahler, Korngold, Schönberg, Prokofjew waren. Von welchem Dirigenten lässt sich so etwas sagen?


    Es macht doch gerade die Qualität einer Dirigentenpersönlichkeit aus, sich nicht nur auf einen oder zwei Komponisten zu beschränken, was die Interpretation betrifft, und dabei noch so großen Erfolg zu haben!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

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  • Ich habe diesen alten Thread über meinen Liebingsdirigenten ausgegraben, um auf eine interessante CD-Veröffentlichung hinzuweisen:



    Erich Leinsdorf - The Sheffield / Leinsdorf Session

    CD
    Erscheinungstermin: 21.8.2008

    Strawinsky: Der Feuervogel-Suite (1910)
    +Wagner: Tristan & Isolde-Vorspiel (1.Akt);Walkürenritt
    aus Walküre;Siegfrieds Trauermusik aus Götterdämmerung


    *** 24K-Gold-CD, 20+->16 Ultra Matrix-Processing


    Los Angeles PO,
    Dirigent: Erich Leinsdorf
    Label: Sheffield , ADD


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Liebe Taminos,


    schon im letzten Jahr brachte Urania diese seit langen nicht mehr erhältliche Aufnahme wieder heraus:



    Zum einen gibt es hier wieder den hervorragenden Cesare Siepi als Don Giovanni, zum anderen kann man hier Leontyne Price als Donna Elvira erleben. Erich Leinsdorf leitet als ausgezeichneter Mozart-Dirigent die Wiener Philharmoniker.



    :hello: LT

  • Als Geheimtipp gilt immer noch diese Aufnahme des Verdi-Requiems:



    Diese Aufnahme wird von Leinsdorf vorzüglich geleitet. Zum anderen kann man hier Carlo Bergonzi im Tenor-Part erleben.



    :hello: LT

  • Leinsdorf, Erich, amerikan. Dirigent österr. Herkunft, * 4.2.1912 Wien, † 11.9.1993 Zürich.


    Heute, am 4. Februar 2012, feiern wir den 100. Geburtstag des Dirigenten.
    Zur Feier des Tages gibt es einen neuen, separaten Thread zu diersem Ereignis:
    Erich Leinsdorf zum 100. - sein Lebenswerk
    LG


    :angel:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Es gibt noch eine mustergültige Einspielung von Leinsdorf:



    Es handelt sich um Peter Cornelius´ Oper "Der Barbier von Bagdad". Leider ist diese Aufnahme nur in Mono. Diese Einspielung ist besonders durch das Dirigat von Leinsdorf zu empfehlen, der das Philharmonia Orchestra zu Höchstleistungen führt. Aber auch die Gesangssolisolisten lösen ihre Aufgaben mit sehr beeindruckenden Leistungen. Jedenfalls kann die spätere Stereo-Aufnahme dieser nicht das Wasser reichen!


    :hello: LT

  • Erich Leinsdorf, geboren Erich Landauer (* 4. Februar 1912 in Wien; † 11. September 1993 in Zürich) war ein österreichischer Dirigent, der 1937 als Assistent an die Metropolitan Opera ging und dann 1938 nach dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich in den USA bleiben konnte, wo er 1942 die Staatsbürgerschaft erhielt.



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Liebestraum,


    ich möchte deinem Wunsch Rechnung tragen, in Sachen Erich Leinsdorf deinen Thread zu beachten, und hier daran zu erinnern, dass

    heute die 103. Wiederkehr seines Geburtstages ist.


    Auch, wenn das inzwischen bemäkelt wurde, stelle ich diesen "krummen" Geburtstag hier ein, weil ich der Meinung bin, dass er es verdient hat und dass er zu den unterschätzten Dirigenten gehört.
    Da auch ich ich zu den Leinsdorf-Verehrern gehöre und bei den einzelnen Besprechungen seiner Beethoven-Symphonie-Einspielungen in den entsprechenden Threads erheblichen Gegenwind erfahren habe, hat das aber nichts an meinr Meinung geändert. Meine erste Leinsdorf-Aufnahme war "Un Ballo in Maschera" mit den auch von mr sehr verehrten Leontyne Price und Carlo Bergonzi.
    Interessant an der von mir ebenso hoch geschätzten Aufnahme des 2. KK Brahms mit Richter war ja, wenn ich mich recht entsinne, dass Leinsdorf für den erkrankten Fritz Reiner eingesprungen ist und ohne viele Proben ein solch denkwürdiges Konzert herausgekommen ist.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Stelle fest, dass ich bislang von diesem großen Dirigenten nur eine einzige Aufnahme besitze, nämlich Brahms' zweites KK mit Richter.


    Kann evtl. jemand etwas über Leinsdorfs Beethoven-GA sagen?



    P.S.: Und nochmals Danke! an Wille für das Anstoßen des Threads! :)

    Herzliche Grüße
    Uranus

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  • Erich Leinsdorf ist in meiner Sammlung ziemlich gut vertreten. Symphonien-GA von Brahms und Beethoven, die KK von Beethoven mit Rubinstein, div. Symphonien von Prokofieff und sein 5 KK mit John Browning. Diverse Opern (Aida, Ballo, Walküre) bis hin zu seiner Parsifal-Symphonie. Also ein Dirigent, den ich ziemlich schätze.


    Die Beethoven-Symphonien habe ich lange nicht mehr gehört. Ich erinnere dunkel in einem Uralt-Fonoforum von Ende der 60er Jahre mal in einer vergleichenden Diskographie gelesen zu haben, dass das bis dato die insgesamt befriedigendste GA sein soll. Da wird es sicher Widerspruch geben, da zu dem Zeitpunkt natürlich schon Bernstein, Karajan, Szell, Walter und Klemperer sowie Scherchen auf dem Markt waren.


    Für mich ist Leinsdorf ein Dirigent, der in erster Linie dem Werk gerecht zu werden suchte und weniger durch sehr persönliche Interpretationen auffiel. Deshalb stand er vermutlich immer etwas in der zweiten Reihe.

  • ERICH LEINSDDORF gehört gewiß zu jenen Dirigenten, die zwar zu Lebzeiten ganz hoch im Kurs standen, dann aber doch viel zu schnell vergessen zu werden drohten. Der Wahlamerikaner aus Österreich war wohl in Europa nie so berühmt und geschätzt wie in den USA, wo er schon als 31-Jähriger an der MET größte Triumphe feierte. Über die Stationen CLEVELAND und ROCHESTER gelangte er gegen 1950 als Leiter an die NEW YORK CITY OPERA und wurde 1962 Nachfolger von CHARLES MUNCH beim BOSTON SYMPHONY ORCHESTRA, wo er 7 Jahre blieb. Es folgten zahlreiche Auftritte u. a. auch in den Musikzentren Europas, wo er ein sehr begehrter Gastdirigent war. 1959 und 1972 dirigierte er auch in BAYREUTH. 1978 übernahm er für 3 Jahre FRICSAY's RADIO-SYMPHONIEORCHESTER.


    Nun scheint man sich aber allmählich doch wieder seiner unbestreitbaren Qualitäten zu erinnern, vor allem als STRAUSS-Dirigent höchsten Grades, aber auch einige seiner Aufnahmen von Werken MAHLERs, STRAWINSKYs und BEETHOVENs brauchen auch noch heute keine Konkurrenz zu scheuen. Viele seiner Interpretatiionen bieten nicht nur Brillanz, absolute Präzision, sondern sie zeigen häufig auch tiefe Einsicht in das Innenleben einer Kopmposition auf, und Gespür für den natürlichen Ablauf des muskalischen Geschehens, und sie bestechen nicht zuletzt durch eine gewisse Noblesse des Musizierens. Dabei war Partiturtreue für ihn ein Imperativ. Er achtete auf jedes Sechzehntel, 1982 urteilte die Zeitschrift "Christ und Welt" über ihn sehr treffend: "ERICH LEINSDORF ist kein Dompteur, kein Seiltänzer, kein Urviech, sondern ein Gentleman, der zum Manager wurde. Zugleich ist er selbst jener "Comlposer's Advocate", also jener Anwalt des Komponisten, den er sich in seinem Buch mit demselben Titel unter dem idealen Dirigenten vorstellt."


    Ich schätze unter den zahlreichen Einspielungen LEINSDORFs auch ganz besonders seine wunderbar natürlich fließenden Aufnahmen von MOZART's frühen Sinfonien Nr. 21, 22, 23, und 24 mit den LONDONER PHILHARMONIKERN, die damals als LP beim Label WESTMINSTER erschienen. Für mich wurden diese sogar zu Referenzaufnahmen neben den Einspielungen durch das MAINZER KAMMERORCHESTER unter GÜNTER KEHR, die mit ihrem sehr transparenten Spiel etwas verhaltenere Tempi wählten.
    wok



  • Und heute ist Erich Leinsdorfs Todestag, zu dem ich aus meiner Sammlung diese Gesamtaufnahme ausgesucht habe:



    Heute ist sein 22. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Passend zum Todestag veröffentlicht Pristine Classical diese Woche einen MET-Mitschnitt von 1940 in dem der 28-jährige Erich Leinsdorf die Walküre mit dem Sänger-Dreamteam Flagstad-Melchior dirigiert. Diese Aufnahme war bisher angeblich nur in grottenschlechter Tonqualität vefügbar. Das von neuen Quellen remasterte Ergebnis ist der Hörprobe nach klanglich wirklich erstaunlich gut.

  • Das hört sich ja wirklich vielversprechend an.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Erich Leinsdorf mit Janis Joplin auf dem Tanglewood Festival 1969


    Erich Leinsdorf gehört zu denjenigen Dirigenten, die ich erst spät für mich entdeckte. Den Namen kannte ich natürlich schon lange. Besonders als Operndirigent hat er einige erstaunliche Aufnahmen geleitet, die noch heute als referenzträchtig gelten. Aber auch bei Orchesteraufnahmen hat er einiges vorgelegt, was keine Vergleiche zu scheuen braucht. Leinsdorf scheint einer der Dirigenten gewesen zu sein, die live noch mehr aus sich herausgehen konnten und teilweise noch beeindruckendere Ergebnisse erzielten.


    Der Maestro meinte dazu selbst:


    "Eine Aufnahme wird immer gleich klingen, egal wie oft man sie spielt und wenn sie nicht jedes Mal denselben Effekt auf den Hörer hat, dann ist nicht die Tonanlage daran schuld. Eine gewisse Unsicherheit geht jedem Live-Konzert voraus, weil es eben ein Konzert ist, in dem keine Passagen wiederholt werden, wo es keine Korrekturen gibt. Am wenigsten vorhersehbar ist vor allem das Publikum: dessen Stimmung und Art beeinflussen den Musiker in vielerlei Hinsicht. Wenige Künstler würden abstreiten, dass das Publikum einen entscheidenden Einfluss auf die Musiker ausübt."


    — Erich Leinsdorf on Music, 1991


    Auch zur Rolle des Orchesters äußerte er sich:


    "Ich habe einen kleinen Katalog von Konzerten, die ich nicht begleiten möchte, weil die Rolle des Orchesters darin zu gering ist, so daß die Qualität eines Ensembles nicht zur Geltung kommt. Denn die besten Orchester sollten für Werke vorbehalten sein, die auch die besten Musiker erfordern – in einem Chopin-Konzert wird ein großartiges Orchester allenfalls verplempert."


    — Erich Leinsdorf, The Composer's Advocate. A Radical Orthodoxy for Musicians, 1981


    Leinsdorfs musikalischer Horizont war sehr groß. Er war bis zuletzt neuem Repertoire zugänglich, wie Henry Fogel, langjähriger Präsident des Chicago Symphony Orchestra, betonte. Konkret ging es um Stenhammars Klavierkonzert, das Leinsdorf bei einem Besuch bei ihm hörte und spontan so faszinierend fand, dass er es kurz darauf einstudierte und dirigierte. Bei einem Konzert in Cleveland, wo auch Musik von Kurt Weills Musik zur Dreigroschenoper gespielt wurde, soll Leinsdorf bei diesem Werk seinen Smoking abgelegt und eine Lederjacke angezogen haben, was beim Publikum köstlich ankam.


    Er, der gebürtige Wiener, war ja gerade in Amerika tätig. Der Höhepunkt dieser Tätigkeit war sicher seiner Zeit als Musikdirektor des Boston Symphony Orchestra zwischen 1962 und 1969. Doch auch danach dirigierte er häufig als Gastdirigent, besonders das Cleveland Orchestra, aber auch das Chicago Symphony Orchestra, das New York Philharmonic und das Philadelphia Orchestra, also alle "Big Five" und darüber hinaus noch u. a. das Los Angeles Philharmonic, das San Francisco Symphony und das St. Louis Symphony Orchestra. In Europa stand er am Pult aller namhaften Orchester, so in London, Paris, Amsterdam, Berlin, München und Wien. Zwischen 1978 und 1981 fungierte er als faktischer künstlerischer Leiter des Radio-Symphonie-Orchesters Berlin (heutiges DSO Berlin), nahm aber sonst keine Chefdirigentenstellenposten mehr an. Zuletzt wirkte er in Zürich, wo er 1993 mit 81 Jahren auch starb.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Der zwischen 1962 und 1969 eingespielte Beethoven-Zyklus von Erich Leinsdorf mit "seinem" Boston Symphony Orchestra (er war damals ja der Chefdirigent) war lange Zeit nur schwer erhältlich. Glücklicherweise liegt er seit gut fünf Jahren nun in einer neu remasterten RCA-Box vor.


    Was ist dazu zu sagen? Die Gründe, wieso diese Gesamtaufnahme zumindest in Europa eher unter ferner lief, erschließen sich beim Hören nicht so ganz (ein ganz ähnlich gearteter Fall ist der Zyklus aus Philadelphia unter Eugene Ormandy, ebenfalls aus den 60er Jahren). Dass der Fokus bezüglich amerikanischer Beethoven-Einspielungen sehr einseitig auf New York/Bernstein und Cleveland/Szell (und später noch Chicago/Solti) lag (liegt?), ist letztlich auf die Politik der Plattenlabels zurückzuführen. Qualitativ stehen Boston und auch Philadelphia dem nicht nach, auch wenn sie offenbar immer schwerer erhältlich waren als die genannten.


    Leinsdorfs Beethoven ist in dem Sinne nicht "spektakulär", was ich ausdrücklich nicht negativ meine. Großorchestral bei gleichzeitiger guter Durchhörbarkeit mit einigen sehr schön herausgearbeiteten Details, durch den recht "europäischen" Klang der Bostoner veredelt. Klangtechnisch soweit sehr gut und natürlich eingefangen. Ich hörte bisher die "drei Kleinen" (Nr. 1, 2 und 8 ) sowie die Siebte. Am bekanntesten aus dem Zyklus ist wohl die Neunte (mit Domingo und Milnes), die auch bereits zuvor separat erhältlich war.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Gründe, wieso diese Gesamtaufnahme zumindest in Europa eher unter ferner lief, erschließen sich beim Hören nicht so ganz (ein ganz ähnlich gearteter Fall ist der Zyklus aus Philadelphia unter Eugene Ormandy, ebenfalls aus den 60er Jahren).


    Ich glaube mich daran zu erinnern, dass Ende der 1960er Jahre diese Einspielung bei einer vergleichenden Diskographie der bis dahin vorliegenden Beethoven-GA im FonoForum als "goldener Mittelweg" sehr gut wegkam.

  • Lieber Willi,


    herzlichen Dank für Deinen Hinweis auf den 25. Todestag von Erich Leinsdorf, der, wie so viele großartige Künstler, vor den Nazis fliehen mußte, aber dankenswerterweise nach dem Krieg, zumindest zu Gastspielen, in die Heimat zurückkehrten.


    Ich höre jetzt zum Gedächtnis eine wenig bekannte Aufnahme, die aber aller Aufmerksamkeit wert ist:
    SCHUBERT: Messe Nr. 6 Es-Dur, D. 950
    Pilar Lorengar (Sopran), Betty Allen (Alt), Fritz Wunderlich & Manfred Schmidt (Tenor) und Josef Greindl (Baß),
    Chor der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin, Berliner Philharmoniker, Dirigent: Erich Leinsdorf (Aufnahme: 9/1960, Jesus-Christus-Kirche, Berlin).


    Die Aufnahme erschien ursprünglich auf einer CAPITOL-LP, mit dieser habe ich sie seinerzeit kennengelernt. Ich ziehe sie noch heute allen mir bekannten Konkurrenzeinspielungen vor, auch den beiden berühmten Sawallisch-Versionen (Philips bzw. EMI). Die Sänger sind erstklassig, und Leinsdorf hatte das richtige Gespür für diese wunderbare Musik von Franz Schubert.


    So sah die deutsche Erstveröffentlichung dieser Aufnahme auf Langspielplatte aus:


    61-tPD9vlHL.jpg


    Es ist m.W. die einzige Studio-Produktion Leinsdorfs mit den Berliner Philharmonikern. Über die Entstehungsgeschichte der Aufnahme schweigt sich das ansonsten informative Booklet des verdienstvollen Labels TESTAMENT aus.
    Meist kommt diese CD an Weihnachten bei mir in den Player, das "Et incarnatus est" im Credo ist von ganz besonderer Innigkeit.
    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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