Händel: Anthems

  • Sagitt meint:


    BBB fände andere Chorwerke als Messiah erwähnenswert. Es ist sicher eine Tragik, dass der Messiah alle anderen (Chor)Werke von Händel in den Schatten stellt. Man hört sie auch selten im Konzertsaal oder in Kirchen ( außer bei Händelfesten), da das finanzielle Risiko zu groß ist, ein Werk mit allen Kosten aufzuführen, für das sich dann zu wenige interessieren.


    Dem Londoner Stress entrann Händel für eine gewisse Zeit bei Herzog von Chandos. Bei dem- einer Männergesellschaft- fühlte sich Händel wohl und schrieb Anthems- eine Art von Kantaten in England.


    Es gibt eine großartige Box mit vier CD von The Sixteen. Die noch junge Lynne Dawson- eine ihrer ersten solistischen Tätigkeiten- singt himmlisch. Man höre nur im 94ten Psalm das Duett vom Ian Bostridge..Oh worship the lord...zum Niederknien schön. Die Anthems sind nicht sonderlich lang, aber The Sixteen singen halt professionell. Großartig die Homogenität der Koloraturen. Interessant, dass es keine Altstimmen gibt, die waren wohl bei Herzog nicht vorhanden.


    Wer also Meisterliches in der kleinen Form hören will, der sollte unbedingt zu dieser Box greifen.

  • Mein "Vorredner" sagte es schon:


    Händels "Chandos Anthems" sind kleine
    Meisterwerke, die hierzulande eigentlich nie, aber auch in England eher nur sporadisch zu hören sind. Die erwähnten Aufnahmen mit "The Sixteen" besitze ich, hier noch nicht als Box, sondern als Einzel-CDs, seit ihrem Erscheinen im Jahr 1989.


    Viel bekannter wurden jedoch die Schwester-Werke, Kompositionen,
    die Händel für die Krönung Georges II. in 1727 entweder neu schrieb, bzw. aus "Altbeständen" kompilierte.
    Das bekannteste von ihnen wurde "Zadok, the Priest" (verwurstet in Jeans- und anderen Werbe-Kampagnen ! :(


    Meine Referenz über die Jahre hinweg bleibt:



    Ebenfalls hören lassen kann sich James Brown, der mit seinem Consort die Krönungs-Zeremonie von 1727 "nachstellte":



    Von Händels Anthems finde ich persönlich am anrührendsten:


    Funeral Anthem for Queen Caroline
    (The Ways of Zion do mourn HWV 264)


    ein wahres Meisterwerk mit Anklängen an deutsche Choräle und die Chor-Praxis seines bewunderten
    Hallenser Lehrers Friedrich Wilhelm Zachow. Warum diese wirklich bewegende und eindrucksvolle Komposition nirgenwo zu hören ist, mag der Himmel wissen...


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Sagitt meint:
    Händel durfte früh und immer wieder- zu königlichen Anlässen die Musik schreiben ( war er eigentlich " der" Nachfolger Purcells ? Experten bitte antworten). Eines der schönes Stücke ist die Geburtstagsode für die Königin Anna ( angeblich ihr 48zigster Geburtstag). Bedeutend darin eine Bass-Arien, die Händel später für eines seiner doppelchörigen Konzerte umarbeitet( nicht einfach kopiert).
    Eine CD mit dieser Überschrift versammelt großartige Sänger der Alte-Musik-Scene Englangs- Jillian Fisher, James Bowman, Mark Ainsley und Michael George, geleitet von Robert King. Sehr hörenswert!

  • Zitat

    Funeral Anthem for Queen Caroline
    (The Ways of Zion do mourn HWV 264)


    ...aus deren Eingangschor Mozart den Beginn seines Requiem zauberte...


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • sagitt:


    Zitat

    war er eigentlich " der" Nachfolger Purcells ?


    Händel so zu apostrophiern, wär ganz sicher zu einfach ausgedrückt, der "Nachfolger" Purcells in Westminster Abbey war sein Lehrer John Blow, ebenfalls ein bedeutender Anthem-Komponist.
    Natürlich war Händel dazu angehalten, nachdem er sich entschlossen hatte, dauerhaft in England zu leben, all jene Musik kennenzulernen, die den Engländern besonders am Herzen lag und Purcell kommt dabei eine ganz wichtige Rolle zu. Innerhalb weniger Jahre gelang es Händel hervorragend, alle Feinheiten und Besonderheiten der englischen Sprache auf das Vollkommenste zu verinnerlichen und in Musik umzusetzen, so daß man ihn mit Recht als englischen Komponisten bezeichen darf. Erstaunlicherweise soll diese geniale Beherrschung der "anerlernten" Sprache sein Sprechen nicht geprägt haben, denn davon sind viele Anekdoten im Umlauf, die wohl einen wahren Kern haben.
    Last not least: Händel griff verschiendene Anregung britischer Komponsten, nicht nur Purcells, auf, schickte sie durch seinen "Filter" und verwandelte sie letztendlich in "pures Gold" :]
    Der "Nachfolger Purcells ist er trotzdem nicht, weil Henry Purcell eine in sich geschlossene Geistes- und Musikwelt verkörpert, die sowohl retrospektiv ist, jedoch vom klanglichem Wollen (romantische Züge in "The Tempest" und "The Fairy Queen" weit über das hinausweist, was Händel, der immer "Kind seiner Zeit" war, als Musiker anstrebte.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Sagitt meint:


    Dank arte nova höre ich mal wieder zwei großartige Stücke aus Händels chandos-Zeit. Ein chandos Te Deum, ich kannte es vorher nicht und den Anthem Let God arise. Beides Werke, die dringend ihrem Schattendasein entrissen werden mussten.Beide Werke sind bester Händel.
    Die Vokalsolisten Frankfurt musizieren mit einem drottningholm baroque ensemble und machen ihre Sache sehr gut, vor allem Chor und Orchester, aber auch die Sopranistin im Anthem, wunderbar klare Stimme.
    Wer sich ein wenig für Händel interessiert, sollte diese Schätze heben !

  • Chandos Te Deum


    Vielen dank für den Hinweis, großartig "nachzuhören" sidn diese Werke jedoch auch hier (Gesamteinspielungen der Chandos-Musiken:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB,


    da ich die Ausgabe nicht komplett habe, die Frage: ist denn das TE Deum auch dabei ?


    Wäre, wenn ja, sicher eine gute Alternative,obwohl die von mir gepostete Aufnahme auch sehr gut ist.

  • Jedenfalls vielen Dank für den Hinweis auf die ArteNova-CD. Die Chandos-Aufnahme ist nämlich sauteuer (EUR 19/CD, die 4-CD-Box ca. 60), das ist mir zum Reinschmecken etwas zu viel...


    "The ways of Zion do Mourn" gibt es auch noch aus den 70ern mit Gardiner (Erato/apex); ein wirklich sehr hörenswertes Stück!
    Eine Adaption davon bildet den ersten Teil (Trauer um Josephs Tod) der dreiteiligen Fassung von "Israel in Egypt" (die z.B. Parrott eingespielt hat)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Sagitt,


    ich habe mir die von BBB genannte Box damals zum günstigen Einführungspreis gekauft und bin rundum zufrieden mit ihr.


    Das Te Deum ist aber nicht dabei.


    Wenn ich auch die wohl jüngere Arte Nova- Aufnahme nicht habe, glaube ich mich zu erinnern, bei ihrem Erscheinen von einer Weltersteinspielung des Chandos- Te Deums gelesen zu haben?


    Ich schließe aus Deinem Beitrag, daß es offensichtlich eine Anschaffung wert ist ?


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

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  • Auch meine "Nachkontrolle hat ergeben: das "Te Deum" fehlt und damit wandert die Arte-Nova-CD auf meine Wunschliste !!!

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Sagitt meint:


    nur, dass keiner enttäuscht ist. Es ist nicht das Dettinger Te Deum. Ich weiss nicht,ob ich das Chandos Te Deum in eine Reihe damit stellen würde, aber ich finde, es ist hörenswerte Musik, in der Form ein wenig größer als die Anthems, aber nicht so mächtig wie das Dettinger

  • Hallo Sagitt / BBB


    wißt Ihr vielleicht, wie oft Händel das Te Deum vertont hat ? Im Durcheinander von Beinamen und HWV- Nummern bin ich etwas ratlos
    ?(


    Mir ist neben dem Dettinger und Utrechter Te Deum jetzt durch Sagitts Anregung noch die Chandos- Variante bekanntgeworden. Auf meiner Naxos- Einspielung vom Dettinger ist noch ein Te Deum HVW 282 drauf.


    Jetzt sehe ich in BBBs Beitrag eine cpo- Aufnahme mit einem Caroline Te Deum!


    Sind das alle bekannten Varianten?


    Für Antwort dankt


    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Hallo Stefan,


    das HWV listet folgende Stücke auf:


    HWV 278 Te Deum, "Utrecht"
    HWV 280 Te Deum, "Caroline"
    HWV 281 Te Deum, "Chandos"
    HWV 282 Te Deum, ohne Titel
    HWV 283 Te Deum, "Dettingen"



    :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Dank Dir Thomas!


    Man muß halt nur die richtigen Leute fragen...! :]


    Ich habe mich fürs Wochenende grad mal wieder mit dem Dettinger Te Deum verabredet!


    :hello:
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!