Die Bachkantate (066): BWV42: Am Abend aber desselbigen Sabbats

  • BWV 42: Am Abend aber desselbigen Sabbats
    Kantate zum Sonntag Quasimodogeniti (Leipzig, 8. April 1725)




    Lesungen:
    Epistel: 1. Joh. 5,4-10 (Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat)
    Evangelium: Joh. 20,19-31 (Jesus erscheint den Jüngern; der ungläubige Thomas)



    Sieben Sätze, Aufführungsdauer: ca. 33 Minuten


    Textdichter: unbekannt
    Choräle: Nr. 4 Jacob Fabricius (1632); Nr. 7 Martin Luthers dt. Version der Antiphon „Da pacem Domine“ (1531) und die Zusatzstrophe von Johann Walter (1566)



    Besetzung:
    Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass; Coro: SATB; Oboe I + II, Fagott, Violino I/II, Viola, Cello, Continuo





    1. Sinfonia (D-Dur) Oboe I + II, Fagott, Streicher, Continuo


    2. Recitativo Tenor, Continuo
    Am Abend aber desselbigen Sabbats, da die Jünger versammlet und die Türen verschlossen waren aus Furcht für den Jüden, kam Jesus und trat mitten ein.


    3. Aria Alt, Oboe I + II, Fagott, Streicher, Continuo
    Wo zwei und drei versammelt sind
    In Jesu teurem Namen,
    Da stellt sich Jesus mitten ein
    Und spricht dazu das Amen.
    Denn was aus Lieb’ und Not geschicht,
    Das bricht des Höchsten Ordnung nicht.


    4. Choral. Duetto Sopran, Tenor, Fagott, Cello, Continuo
    Verzage nicht, o Häuflein klein,
    Obschon die Feinde willens sein,
    Dich gänzlich zu verstören,
    Und suchen deinen Untergang,
    Davon dir wird recht angst und bang:
    Es wird nicht lange währen.


    5. Recitativo Bass, Continuo
    Mann kann hiervon ein schön’ Exempel sehen
    An dem, was zu Jerusalem geschehen;
    Denn da die Jünger sich versammlet hatten
    Im finster’n Schatten,
    Aus Furcht für denen Jüden,
    So trat mein Heiland mitten ein
    Zum Zeugnis, dass er seiner Kirchen Schutz will sein.
    Drum lasst die Feinde wüten!


    6. Aria Bass, Violino I divisi, Continuo
    Jesus ist ein Schild der Seinen,
    Wenn sie die Verfolgung trifft.
    Ihnen muss die Sonne scheinen
    Mit der güld’nen Überschrift:
    Jesus ist ein Schild der Seinen,
    Wenn sie die Verfolgung trifft.


    7. Choral SATB, Oboe I + II, Fagott, Streicher, Continuo
    Verleih` uns Frieden gnädiglich,
    Herr Gott, zu unser’n Zeiten;
    Es ist ja doch kein and’rer nicht,
    Der für uns könnte streiten,
    Denn du, uns’r Gott, alleine.


    Gib unser’m Fürsten und all’r Obrigkeit
    Fried’ und gut Regiment,
    Dass wir unter ihnen
    Ein geruhig und stilles Leben führen mögen
    In aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit.
    Amen.



    Thematisch geht es in dieser Kantate wie in der Kantate, die Bach zum selben Sonntag des Vorjahres geschaffen hatte (BWV 67), um die Angst der Christenschar, die sich wie die Jünger in Jerusalem "versammlet" hat, vor Feinden aller Art. In der Hoffnung auf den solchen Versammlungen immer beiwohnenden Jesus, wird dieser als der Beschützer seiner Kirche angerufen.


    Die Sinfonia, die diese Kantate einleitet, dürfte, wie Alfred Dürr und andere vermuten, ein zu früherer (Köthener?) Zeit komponierter Satz aus einem Instrumentalkonzert sein.


    Das Rezitativ Nr. 2 ist vom Text her der wörtliche Beginn des Evangeliums des heutigen Sonntags und wird in bester Evangelisten-Manier vom Solo-Tenor vorgetragen, wie dies auch in Bachs Passionen der Fall ist.


    Ein bekanntes Jesuswort aus Matthäus, Kapitel 18 Vers 20 bildet die Textgrundlage für die Arie Nr. 3, deren mit der Sinfonia identische Orchesterbesetzung die Vermutung nahelegt, dass zumindest Teile des oben erwähnten Instrumentalkonzerts (der langsame Satz) in dieser Arie erneut verwendet wurden.


    Das Duett Nr. 4 hat zwar den Text der 1. Strophe eines Chorals von Jacob Fabricius zur Grundlage, von der eigentlichen Choralmelodie ist in dieser Nummer jedoch eher weniger zu erkennen, dafür werden sowohl Fagott als auch Violoncello (als beteiligte Continuo-Instrumente) mit hörenswerten "Extra-Aufgaben" bedacht!


    Der zur Abwechslung wieder einmal aus 2 Strophen bestehende Schlusschoral ist derselbe, den Bach in seiner Kantate BWV 126 schon einnmal verwendet hat - diese etwas ungewöhnliche Kombination eines von Luther stammenden Chorals mit einer deutlich später entstandenen Zusatzstrophe (von Johann Walter) scheint zu Bachs Zeit recht beliebt gewesen zu sein - und aus Sicht der hier erwähnten "Obrigkeit" sicher auch gern gehört...! ;)

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Die Sinfonia, die diese Kantate einleitet, dürfte, wie Alfred Dürr und andere vermuten, ein zu früherer (Köthener?) Zeit komponierter Satz aus einem Instrumentalkonzert sein.


    Von Walter Hindermann gibt es den Versuch einer Rekonstruktion dieses Konzertes (für 2 Oboen, Fagott und Streicher). Der erste Satz basiert auf der Sinfonia, der zweite auf der Alt-Arie. Am 8. Juli bin ich in Thüringen an einer Aufführung dieses zugegebenermaßen etwas willkürlich zusammengebastelten Konstruktes beteiligt. Wenn dann jemand zufällig in der Nähe von Zeulenroda oder Greiz sein und Interesse haben sollte....


    Viele Grüße


    Bernd