BWV 103: Ihr werdet weinen und heulen
Kantate zum Sonntag Jubilate (Leipzig, 22. April 1725)
Lesungen:
Epistel: 1. Petr. 2,11-20 (Seid untertan aller menschlichen Ordnung)
Evangelium: Joh. 16,16-23 (Abschiedsreden Jesu: Eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden)
Sechs Sätze, Aufführungsdauer: ca. 18 Minuten
Textdichter: Christiane Mariane von Ziegler (1695-1760)
Choral: Paul Gerhardt (1653)
Besetzung:
Soli: Alt, Tenor; Coro: SATB; Flauto dolce piccolo (Sopranblockflöte), Oboe d’amore I + II, Tromba, Violino I/II, Viola, Continuo
1. Chorus SATB, Solo-Bass, Flauto dolce piccolo, Oboe d’amore I + II, Streicher, Continuo
Chor
Ihr werdet weinen und heulen, aber die Welt wird sich freuen.
Bass
Ihr aber werdet traurig sein.
Chor
Doch eure Traurigkeit soll in Freude verkehret werden.
2. Recitativo Tenor, Continuo
Wer sollte nicht in Klagen untergeh’n,
Wenn uns der Liebste wird entrissen?
Der Seelen Heil, die Zuflucht kranker Herzen
Acht’ nicht auf uns’re Schmerzen.
3. Aria Alt, Flauto dolce piccolo, Continuo
Kein Arzt ist außer dir zu finden,
Ich suche durch ganz Gilead;
Wer heilt die Wunden meiner Sünden?
Weil man hier keinen Balsam hat.
Verbirgst du dich, so muss ich sterben.
Erbarme dich, ach! höre doch!
Du suchest ja nicht mein Verderben,
Wohlan, so hofft mein Herze noch.
4. Recitativo Alt, Continuo
Du wirst mich nach der Angst auch wiederum erquicken;
So will ich mich zu deiner Ankunft schicken,
Ich traue dem Verheißungswort,
Dass meine Traurigkeit
In Freude soll verkehret werden.
5. Aria Tenor, Tromba, Oboe d’amore I + II, Streicher, Continuo
Erholet euch, betrübte Sinnen,
Ihr tut euch selber allzu weh.
Lasst von dem traurigen Beginnen,
Eh’ ich in Tränen untergeh’,
Mein Jesus lässt sich wieder sehen,
O Freude, der nichts gleichen kann!
Wie wohl ist mir dadurch geschehen!
Nimm, nimm mein Herz zum Opfer an.
6. Choral SATB, Flauto dolce piccolo, Tromba, Oboe d’amore I + II, Streicher, Continuo
Ich hab’ dich einen Augenblick,
O liebes Kind, verlassen;
Sieh aber, sieh, mit großem Glück
Und Trost ohn’ alle Maßen
Will ich dir schon die Freudenkron’
Aufsetzen und verehren;
Dein kurzes Leid soll sich in Freud’
Und ewig’ Wohl verkehren.
Wie in der Kantate BWV 12 geht es auch in dieser Kantate aus Bachs Leipziger Zeit um den Gegensatz Traurigkeit - Freude, der direkt im Eingangssatz durch das Zitieren des zentralen Verses des Sonntagsevangeliums (Joh. 16, 20) zum Ausdruck kommt.
Diese Kantate ist übrigens die erste von neun Kantaten, zu denen die Leipziger Dichterin Mariane von Ziegler, eine sehr gebildete, kunstliebende und -verständige Dame, den Text beigesteuert hat.
Die von Bach hier vorgeschriebene Sopranblockflöte ist für eine spätere Aufführung (15. April 1731) durch eine Solo-Violine (oder Traversflöte) ersetzt worden: Entweder stand damals kein geeignetes Instrument oder kein fähiger Instrumentalist für den anspruchsvollen Part zur Verfügung... :]
Man sollte beim Vergleich von CD-Einspielungen mal darauf achten, welches Solo-Instrument hier eingesetzt wird - wie gesagt: Es gäbe 3 Varianten.
Im Rezitativ Nr. 4 erfolgt in dieser Kantate der Wechsel von Traurigkeit zu Freude und wie in der Kantate BWV 12 wird die entsprechende "Freuden"-Arie Nr. 5 durch den Einsatz einer Solo-Trompete auch instrumentatorisch besonders hervorgehoben.
Der Schlusschoral wurde von Paul Gerhardt gedichtet, dessen 400. Geburtstag wir in 2007 gedenken.