Franz Ignaz Beck [1734-1809]-Ein Mannheimer Sinfoniker erobert Paris! - Die Sinfonien

  • Hallo!!


    Mein dritter neuer Thread heute und mein dritter Komponist, den ich euch näherbringen will:



    Franz Ignaz Beck 1734-1809


    Franz Ignaz Beck wurde im Jahr 1734 in Mannheim geboren. Sein sehr einflussreicher Vater, er war Ratgeber von Kurfürst Karl Philipp, ebnete ihm durch seinen Tod den Weg zur Musik.
    Er starb schon sehr früh in Franz´Leben und der Kurfürst nahm den Kleinen bei sich auf. Er lernte das Violinspiel und die Kompositionskunst.


    Sein Lehrer war der nicht ganz unbekannte Johann Stamitz. Nach einigen Jahren Lehrzeit bei ihm ging er nach Italien und lernte bei Baldassare Galuppi. Doch sein Lebenswandel war lasterhaft und draufgängerisch, wie wir gleich sehen werden.


    Denn 1743/44, Beck war wieder in Mannheim verabredete er sich mit einem Rivalen zu einem Duell, angeblich ging es um eine Frau, welches mit dem Tod des Rivalen endete.
    Das Duell, war offiziell verboten, darum musste Beck aus Mannheim fliehen. Er floh nach Venedig und blieb dort dreieinhalb Jahre.


    Von dort musste er wieder einmal fliehen, da er ein junges Mädchen, seine geheime Geliebte entführt hatte und sie heiraten wollte.
    Er floh mit ihr nach Neapel und sie schlossen erst dort den Bund der Ehe.


    Die nächsten Jahre liegen im Dunkel der Geschichte verborgen, man trifft erst wieder in Paris auf ihn.


    Im Jahre 1757 wurden dort nämlich einige Sinfonien von ihm aufgeführt. Insgesamt sind 20 Sinfonien von ihm erhalten. Wieviele Mannheimer Sinfonien er vernichtet hat, ist nicht bekannt.
    Ja, ihr habt richtig gelesen. Beck hat seine eigenen Sinfonien vernichtet, wofür ich ihn sehr hasse. :angry: :motz: :angry: :motz:
    Bei den tollen Werken, die uns erhalten sind. :jubel:


    In den frühen 1760er Jahren wurden einige davon , von den erhaltenen natürlich, in Marseille uraufgeführt, was darauf schließen lässt, dass er dort gelebt haben muss.


    1783 komponierte er, mittlerweile hochangesehen ein prunkvolles Stabat mater. Das Stabat mater widmete er 1806 einem gewissen Napoleon Bonaparte.


    Während der Revolution weilte er in Paris, aber sein Name wurde mächtig in den Schmutz gezogen. Eines Nachts brachte man ihn sogar vors Revolutionstribunal, das ihn zwang für sie zu komponieren.
    Im Nachthemd stimmte er, mehr oder weniger, freiwillig zu.


    So kam es zu einigen Revolutionshymnen, die ihm nach dem Umsturz nicht gerade positiv ausgelegt wurden.


    Es wurde still um ihn. Erst am 31. Dezember 1809 hörte man seinen Namen wieder. An diesem Tage starb er in Bordeaux.


    Seine Hauptwerke sind seine wunderschönen Sinfonien, die unverkennbar an seinen Lehrer Stamitz erinnern.


    Meine Aufnahme, die mir sooooooooo sehr ans Herz gewachsen ist:

    5 Sinfonien, teilweise op. 10 und op.13, alles in Dur! :jubel:
    Northern Chamber Orchestra- Nicholas Ward


    Die Sinfonien entstanden in den frühen 1760er Jahren, also in seiner Pariser "Frühzeit" und in Marseille.


    Eine tolle Aufnahme des Stabat maters hab ich auch, und zwar diese:

    Sandrine Piau, Heidrun Kordes, Derek Lee Ragin, Christophe Einhorn, Klaus Mertens
    Vokalensemble des SWR
    La Stagione Frankfurt-Michael Schneider


    Ein sehr dumpfes und schweres Stabat mater, dass mir sehr gut gefällt!
    Und die Solisten sind superb!!! :jubel: :jubel: :jubel:


    Weitere Aufnahmen, die hoffentlich sooooooo gut sind wie die obige Naxos-Aufnahme:

    6 Sinfonien op.1
    New Zealand SO, Armstrong
    Eine von mit sehr geschätzte "Kapelle" mit einem guten Dirigenten. Sollte eigentlich passen!





    Ich freue mich auf eine spannende Diskussion und hoffe euch Beck nähergebracht zu haben!


    LG joschi

  • Hallo!!


    Möchte nun dieses Werk genauer vorstellen:


    Das Stabat mater!!


    Es wurde 1783 in Paris komponiert und 1806 von Beck selbst für Kaiser Napoleon gewidmet!
    Die Besetzung ist: 2 Soprane, Alt/Countertenor, Tenor (Der hier kaum was zu singen hat) und Bariton.


    Von der Besetzung ist es im italienischen Stil, da der Tenor kaum was zu tun hat. Der Countertenor dieser Aufnahme, Lee Ragin, singt gut, aber was mich interessieren täte, wäre, ob Beck die Partie für einen Kastraten oder eine Altistin geschrieben hat. Denn in Paris für einen Kastraten zu schreiben,halte ich für unwahrscheinlich, da die Franzosen mit den Kastraten wenig bis gar nichts anfangen konnten!
    Andererseits ist es doch möglich, da dem Kastraten/Countertenor 2 Arien zugestanden wurden, das hat sonst kein Solist. Der Tenor hat nicht mal die!


    Weiß da vielleicht jemand Bescheid! (Ulli?)


    Nun zur Aufnahme selbst.
    Es singen
    Sandrine Piau,
    Heidrun Kordes,
    Derek Lee Ragin,
    Christophe Einhorn,
    Klaus Mertens
    Vokalensemble des SWR
    La Stagione Frankfurt-Michael Schneider


    Die Interpreten sind mir allesamt bekannt, außer Einhorn. Da er nicht viel zu singen hat, kann ich mir vorstellen, dass man deshalb einen weniger bekannten Tenor genommen hat! :stumm:


    Die Aufnahme ist wirklich super! :jubel:
    Musikalisch, wie interpretationstechnisch gibt es nichts auszusetzen. Die Solisten verdienen Lob, ebenso der Dirigent!


    Das Werk an sich ist sehr dumpf und düster, aber es hat auch pompösere Momente!
    Die Koloraturen in den schnelleren Passagen kommen gut und sauber. (zumindest nach meinem Hörverständnis! :stumm: )


    Mir gefällt das Werk an sich schon sehr gut, schade, dass es keine Alternativaufnahme gibt, obwohl mir diese schon reicht!


    LG joschi


    PS: Im Anhang noch der Aufbau dieses Werkes


    1. Stabat mater dolorosa
    Lamentabile
    Duett: Sopran I & Sopran II


    2. Cujus animam genitente
    Andante con moto
    Arie: Countertenor


    3. O quam tristis et afficta
    Cantabile
    Terzett: Sopran I & Sopran II, Countertenor


    4. Quae maerebat
    Moderato
    Arie: Sopran I


    5.Quis est homo
    Tempo giusto
    Chor


    6. Vidit suum dulcem natum
    Lamentabile
    Arie: Sopran II


    7. Eja mater, fons amoris
    Allegretto
    Rezitativ: Sopran II, Chor


    8. Fac me vere tecum flere
    Andante moderato
    Chor mit Countertenor


    9. Fac ut portem Christi mortem
    Andante con moto
    Duett: Tenor & Bariton


    10. Fac me plagis vulnerai
    Andantino
    Duett: Sopran I & Sopran II


    11. Inflammatus et accensus
    Allegro con brio
    Arie: Countertenor


    12.Fac me cruse custodiri
    Adagio assai
    Arie: Bariton


    13. Quando corpus morietur
    Largo
    Schlusschor

  • Zitat

    Original von DonBasilio
    [...] aber was mich interessieren täte, wäre, ob Beck die Partie für einen Kastraten oder eine Altistin geschrieben hat. Denn in Paris für einen Kastraten zu schreiben,halte ich für unwahrscheinlich, da die Franzosen mit den Kastraten wenig bis gar nichts anfangen konnten!
    Andererseits ist es doch möglich, da dem Kastraten/Countertenor 2 Arien zugestanden wurden, das hat sonst kein Solist. Der Tenor hat nicht mal die!


    Weiß da vielleicht jemand Bescheid! (Ulli?)


    Salut,


    steht dazu nichts im Booklet?


    Das einzige, was ich gerne ergänzen kann, ist, dass offenbar Unklarheit über Becks Lebensbeginn herrscht: Er wurde entweder am 15. Februar 1723 oder zwischen 1730 und 1733 geboren - nun kommt bei Dir noch 1734 ins Spiel... :rolleyes:


    Die Urkunde der Todesanmeldung verkündet ein Alter des Verstorbenen von 86 Jahren, 10 Monaten und 15 Tagen [so kommt man wohl grob gerechnet auf den 15.02.1732]. Der Totenschein hingegen macht Beck zum Zeitpunkt seines Ablebens um 10 Jahre jünger - er selbst gab sich 1794 bei einem militärischen Untersuchungskommitee als 62jährig aus [könnte gelogen gewesen sein]. In der 1810 erschienenen Biographie von J. E. L. Hospital wird wiederum 1723, in jener von E. Feret der 15.02.1730 genannt. Einigen wir uns doch auf 1732 - dann sind seine Lebensdaten mit jenen von Joseph Haydn gleichlautend.


    Folgende Story macht ihn mir sympathisch: Auf die Frage, ob er keine neuen Werke herauszugeben habe, antwortete er mit einem "Bah!" [Robert Sondheimer, MGG].


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zwischenzeitlich ist ja schon die dritte CD von La Stagiones Einspielungen von Becks Sinfonien erschienen mit dem ganz ausgezichneten Op. 4,1, dessen Kopfsatz wohl das genialste ist, was es aus den 1760er Jahren an sinfonischer Musik gibt. An manchen Stellen fragt man sich, ob Beethoven diesen Satz gekannt hat. :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: ein einzigartiges Werk!!!!!!

    HERNEN

  • Hier nun auch eine Abbildung mit Link.
    Sechs Jahre nach Helge Fallers Empfehlung bin auch ich in den Besitz dieser CD gekommen. Anders als man vermuten möchte gibt es hier nicht "Galantes" - kaum Anklänge an Haydn, eher Sturm und Drang pur - oder - deutlicher ausgedrückt - "rabiate Musik. Die Produktinfo benützt hier - durchaus gut beschreibend - das Wort "ausdruckswütig".
    Vermutlich wird der Stil durch die etwas harsche Lesart von Michael Schneider und seinem Ensemble "La Stagione Frankfurt noch (bewusst) begünstig.
    Interessant daß die meisten uns überlieferten orchestralen Werke von Beck aus der Zeit vor 1770 entstanden sind, obwohl der Komponist bis Ende 1809 lebte.....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Thread über Franz Ignaz Beck geht - wenn auch schleppend - voran. Es ist schwierig über einen Komponisten zu schreiben, der von fast allen existierenden Musiklexika ignoriert wird. Wikipedia in deutsch verschweigt die sechs Sinfonien op 2. Glücklicherweise hat Naxos sie im Juni 2014 mit dem "Thirteen" Strings Chamber Orchestra unter Kevin Mallon aufgenommen und 2015 veröffentlicht. Diese Sinfonien klingen um einiges runder und gefälliger als beispielsweise die von Michael Schneider eingespielten, allerdings handelt es sich hier um eine andere Opuszahl. Ein endgültiges Urteil darüber, was Komposition und was Interpretation ausmacht, wird erst zu fällen sein, wenn mir von einem oder dem anderen Werk zwei Interpretationen zur Verfügung stehen werden und ich Zeit finde sie im Vergleich zu hören. Dies wird leider erst frühestens in 2-3 Monaten der Fall sein....


    Nun noch eine Korrektur zum von Johannes Krakhofer verfassten Einführungsthread:

    Zitat

    Denn 1743/44, Beck war wieder in Mannheim verabredete er sich mit einem Rivalen zu einem Duell, angeblich ging es um eine Frau, welches mit dem Tod des Rivalen endete.
    Das Duell, war offiziell verboten, darum musste Beck aus Mannheim fliehen. Er floh nach Venedig und blieb dort dreieinhalb Jahre

    .
    Alles stimmt - bis auf eine Kleinigkeit: Becks Rivale war nicht wirklich tot, sondern täuschte dies mittels Theaterblut lediglich vor. Beck hat das Land also völlig umsonst für drei Jahre verlassen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Franz Ignaz Beck [1734-1809]-Ein Mannheimer Sinfoniker erobert Paris!“ zu „Franz Ignaz Beck [1734-1809]-Ein Mannheimer Sinfoniker erobert Paris! - Die Sinfonien“ geändert.
  • BECK Franz Ignaz_ Sinfonie op 4 Nr 1 in D-dur (Callen 19)


    Da bislang nur Sinfonien hier erwähnt wurden ist es mit möglich, den Thread weiter laufen zu lassen - mit einer kleinen Titelerweiteung.

    Ich plane hier - so meine Zeit und meine Kenntnisse es erlauben, EINZELNE Sinfonien hier vorzustellen (und lade andere Mitglieder ebenso ein, die sich dazu berufen fühlen - hier mitzumachen) wobei es hier nicht un irgendwelche stilistische Analysen gehen soll, zu denen ich nocht befähigt bin und die auch von den meisten eher als langweilig empfunden würden, sondern auch subjektive Höreindrücke. Aber auch die ersparen dem geneigten Interessenten nicht das persönliche hineinhören.


    Zuvor noch ein Einschub, eine Korrektur des Eröffnungsbeitrages von Ex-Mitglied Joannes Krakhofer. Das Duell, deswegen Beck fleien musste, hatte in Wahrheit keinen tödlichen Ausgang, dieser war nur vorgetäuscht und erreichte so die gewünsche Flucht von Beck. Im Laufe der Jahre wird Wikipedia immer genauer - und das ist gut so.


    Heute habe ich die Sinfonie op 4 Nr 1 (Callen 19) in der Aufnahme mit dem Czech Chamber Philharmonik Orchestra Pardubic unter Marek Stilec gehört-


    Der Erste Satz kam sehr selbstbewusst und bestimmt daher, geradezu unerbittlich zu Beginn aber bald mit wunderbaren Bläser- Passagen dazwische, die die Strenge abmildern.

    Aber eigentlich ist bei der Satzbezeichnung (Allegro, Majestoso) schon alles gesagt.

    Der Unterschied zwischen Dramatk und entspannten (nicht lyrischen !!) Stellen ist generell bemerkenswert, wenngleich hier nicht so forciert wie bei der Konlurrenzaufnahe von "La Stagione" unter Michael Schneider. Siehe hierzu meinen Beitrag in diesem Thraed vom 28. Februar 2013

    . Der Unterschied ist indes nicht gravierend. Dazu ist anzumerken, daß mir als Österreicher, böhmische Orchester (sie sind üblicherweise geschmeidiger und lieblicher) eher liegen als deutsche, was aber kein Werturteil sein soll.

    Eigentlich wüsste ich keinen Komponisten der hier als Vorbild gedient haben könnte, mit Ausnahme des 3. Satzes (Menuetto I, II) wo (zumindest bei mir) Erinnerungen an Joseph Haydns Stil wach werden.

    Dem ist Beck übrigens durchaus ebenbürtig (in der Qualität - nicht im Output) , was die Zeitgenossen ohnedies gewusst gaben-


    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 4600

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • BECK Franz Ignaz_ Sinfonie op 4 Nr 2 in B-dur (Callen 20)


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    Heute habe ich mir die Sinfonie op 4 Nr 2 (Callen 20) angehört und zwar ursprünglich in der Naxos Aufnahme unter Marc Stilec

    Erneut beeindruckte mich der Kontrast der "kräftigen " Stellen mit jenen einschmeichelnder Bläserpassagen oft über einem unruhig flirrenden Streicherteppich. Der langsame Satz ist ein Andantino, weder melancholisch noch nachdenklich. Für mich ist der Finalsatz, ein Presto assai, schlechthin die Krönung des Werkes, vor allem durch die betörenden Bläaser.

    Ich habe dann zum Vergleich die ebenfalls in mienem Besitz befindliche cpo Aufnahme von La Staggione Frankfurt unter Michael Schneider ebenfalls gehört, die mich seinerzeit nicht besonders beeindruckt hat. Beim wiederhören war der Eindruck (wie soft9 postiver, ich wüsste nichts was an dieser Aufnahem auszusetzenb wäre, und vermutlich ist sie die "historisch korrektere" - aber - auch wenn der Unterschied nicht gravierend ist, die Gesamtbalance des tschechischen Kammerorchersters gefällt mir einfach besser. Ich betone ausdrücklich die Subjektivität dieser Aussage.


    Wer die "La Stagione Frankfurt" Einspielung von cpo noch kaufen möchte, findet sie nur nach bei Amazon, nau oder antiquarisch. jpc jat sie bereits gestrichen...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !