Die Bachkantate (077): BWV37: Wer da gläubet und getauft wird

  • BWV 37: Wer da gläubet und getauft wird
    Kantate zu Christi Himmelfahrt (Leipzig, 18. Mai 1724)




    Lesungen:
    Epistel: Apg. 1,1-11 (Prolog, letzte Verheißung, Himmelfahrt Jesu)
    Evangelium: Mark. 16,14-20 (Missions- und Taufbefehl, Himmelfahrt)



    Sechs Sätze, Aufführungsdauer: ca. 21 Minuten


    Textdichter: unbekannt
    Choräle: Nr. 3 Philipp Nicolai (1599); Nr. 6 Johann Kolrose (um 1535)



    Besetzung:
    Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass; Coro: SATB; Oboe d’amore I + II, (Solo-Violine), Violino I/II, Viola, Continuo





    1. Chor SATB, Oboe d’amore I + II, Streicher, Continuo
    Wer da gläubet und getauft wird, der wird selig werden.


    2. Aria Tenor, (Solo-Violine), Continuo
    Der Glaube ist das Pfand der Liebe,
    Die Jesus für die Seinen hegt.
    Drum hat er bloß aus Liebestriebe,
    Da er ins Lebensbuch mich schriebe,
    Mir dieses Kleinod beigelegt.


    3. Choral Sopran, Alt, Continuo
    Herr Gott Vater, mein starker Held!
    Du hast mich ewig vor der Welt
    In deinem Sohn geliebet.
    Dein Sohn hat mich ihm selbst vertraut,
    Er ist mein Schatz, ich bin sein’ Braut,
    Sehr hoch in ihm erfreuet.
    Eia, eia!
    Himmlisch Leben wird er geben mir dort oben;
    Ewig soll mein Herz ihn loben.


    4. Recitativo Bass, Streicher, Continuo
    Ihr Sterblichen, verlanget ihr,
    Mit mir
    Das Antlitz Gottes anzuschauen?
    So dürft ihr nicht auf gute Werke bauen;
    Denn ob sich wohl ein Christ
    Muss in den guten Werken üben,
    Weil es der ernste Wille Gottes ist,
    So macht der Glaube doch allein,
    Dass wir vor Gott gerecht und selig sein.


    5. Aria Bass, Oboe d’amore I, Streicher, Continuo
    Der Glaube schafft der Seele Flügel,
    Dass sie sich in den Himmel schwingt,
    Die Taufe ist das Gnadensiegel,
    Das uns den Segen Gottes bringt;
    Und daher heißt ein sel’ger Christ,
    Wer gläubet und getaufet ist.


    6. Choral SATB, Oboe d’amore I + II, Streicher, Continuo
    Den Glauben mir verleihe
    An dein’ Sohn Jesum Christ,
    Mein Sünd’ mir auch verzeihe
    Allhier zu dieser Frist.
    Du wirst mir nicht versagen,
    Was du verheißen hast,
    Dass er mein’ Sünd’ tu tragen
    Und lös’ mich von der Last.



    Zu Christi Himmelfahrt hat uns Bach ein ganz besonders reichhaltiges Bouquet an Kantaten hinterlassen. Es sind dies neben der hier besprochenen Kantate noch die Werke BWV 128, BWV 43 und natürlich das wunderbare Himmelfahrts-Oratorium BWV 11!


    Obwohl für einen hohen kirchlichen Feiertag gedacht, überrascht die Kantate aus dem Jahr 1724 mit einer recht "sparsamen" Orchesterbesetzung: Außer den Streichern und der Continuo-Gruppe wird lediglich ein Oboe d'amore - Paar benötigt. Aber Bach wäre nicht Bach, wenn ihn eine solche Konstellation nicht trotzdem zu einer ausdrucksvollen Fest-Kantate inspirieren würde. :yes:


    Die Kantate beginnt mit einem Bibelwort-Chor, der einen Vers aus dem heutigen Evangelientext zum Inhalt hat (Markus, Kapitel 16 Vers 16)


    Die Arie Nr. 2 muss einmal einen Part für Solo-Violine enthalten haben, der aber nicht überliefert wurde. Im Rahmen der Neuen Bach-Ausgabe wurde dieser unter Zuhilfenahme der übrigen Stimmen dieses Satzes rekonstruiert und dürfte in dieser Gestalt heute meist auch aufgeführt werden. Wäre ansonsten echt schade um diese wirkungsvolle Violinstimme!


    Im Choral Nr. 3 verwendet Bach die 5. Strophe eines recht bekannten Chorals, dem er sogar eine eigene Kantate gewidmet hat (BWV 1): "Wie schön leuchtet der Morgenstern" von Philipp Nicolai. In der hier besprochenen Kantate gestaltet er den Choral zu einem kunstvollen Duett für die Sopran- und Altstimme. Diese für Bach typische Choralbearbeitung ist eine "Gattungsform", die er zu großer, unverwechselbarer Meisterschaft geführt hat.

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)