Beethoven: Klaviersonate Nr. 15 in D-Dur op. 28 "Pastorale"


  • Pastorale. Diese Bezeichnung hat sich für Beethovens 15. Klaviersonate eingebürgert- und wie in den meisten anderen Fällen ist der Beiname hängengeblieben. Sie verdankt sich dem Hamburger Verleger Cranz. Der Topos vom idyllischen Leben auf dem Lande- fernab vom lauten Trubel derd großen Städte ist fast so alt wie die Menschheit selbst. Neben der Sonate op. 28 trägt auch noch Beethovens sechste Symphonie den gleichen Beiname, nur ist er hier vom Komponisten gewollt.


    Das Autograph der Sonate trägt Beethovens eigenhändigen Vermerk "1801", wie ihre Vorgänger Opus 7, 13 und 26 trägt sie den Titel "Grande Sonate". Veröffentlicht wurde die Sonate im Jahr 1802 und trägt eine Widmung an Jospeh von Sonnenfels:


    "A Monsieur Joseph Noble de Sonnenfels, Conseiller aulique et Secretaire perpetuel de l'Academie des Beaux Arts"


    Anders als bei beiden Sonaten Opus 27 experimentiert Beethoven hier weniger mit der Form- die Grundstimmung die über der ganzen Komposition liegt ist heiter, weniger melancholisch-wild als bei der "Mondscheinsonate". Wenn man Beethovens gesundheitlichen Probleme zu dieser Zeit in Rechnung stellt, so könnte man verblüfft sein ob dieser offensichtlichen Heiterkeit, denn Beethoven litt zu diesem Zeitpunkt schwer unter seiner zunehmenden Ertaubung, wie Briefe aus dieser Zeit eindrucksvoll belegen.


    Die Sonate ist viersätzig:


    I. Allegro


    Die Sonate beginnt mit einer - vergleichsweise monotonen- Basslinie, über der sich das erste Thema entfaltet.


    II. Andante


    Die Stimmung des Andante scheint etwas gedämpfter als das vorausgehende Allegro.


    III. Scherzo. Allegro vivace.


    Hingegen ist des Scherzo wieder unbeschwert und heiter. Besonderes Merkmal ist ein Kontrast zwischen vier langen Noten (jeweils eine Oktave) auseinander liegend und einer flotenn Melodie.


    IV. Rondo. Allegro ma non troppo


    Wie das einleitende Allegro beginnt das finale Rondo mit einer wiegenden tänzerischen Figur im Bass. Wenn man irgendwelche Anklänge an ländliche Heitkeit in dieser Sonate suchen möchte, dann wohl am ehesten in diesem Satz, aber das ist eine Frage des subjektiven Empfindens.



    Aufnahmen der Pastorale gibt es ebenso wie bei den anderen bekannten Sonaten Beethovens in Hülle und Fülle, eine Empfehlung fällt deshalb nicht leicht. Von den neueren Aufnahmen sind mir zwei besonders im Gedächtnis geblieben: Die Ronald Brautigams und die Gerhard Oppitz´. Aber dazu spätter mehr. Zuerst würden mich Eure Erfahrungen interessieren. Welcher Aufnahme würdet Irh den Vorzug geben. Welchen Stellenwert hat Opus 28 für Euch unter den Sonaten des Komponisten?


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Die Sonate beginnt mit einer - vergleichsweise monotonen- Basslinie, über der sich das erste Thema entfaltet.


    Gibt es etwas Monotoneres als die Wiederholung eines einzigen Tones in gleichen Notenwerten über etliche Takte?


    Zitat

    Die Stimmung des Andante scheint etwas gedämpfter als das vorausgehende Allegro.


    Das haben langsame Sätze im Vergleich zu schnellen so an sich :D


    Zitat

    Wie das einleitende Allegro beginnt das finale Rondo mit einer wiegenden tänzerischen Figur im Bass.


    Das stimmt nicht - die Bassfigur im ersten Satz ist weder wiegend noch tänzerisch (siehe oben).


    Zitat

    Welcher Aufnahme würdet Irh den Vorzug geben. Welchen Stellenwert hat Opus 28 für Euch unter den Sonaten des Komponisten?


    Zu den verschiedenen Aufnahmen kann ich nicht sonderlich viel beitragen, da ich nur die Gesamtaufnahme mit Gulda in meiner Sammlung habe. Die Sonate gehört zu denjenigen Beethovens, die sich dem Hörer unmittelbar erschliessen; sie wirkt sehr ansprechend, auch aufgrund ihrer heiter-gedämpften Grundstimmung; ich vermute, dass sie eher deswegen den Beinamen "Pastorale" bekommen hat.


    :hello: Andreas

  • WAS?
    Diese Sonate hatte noch keinen eigenen Thread?
    Unglaublich!
    Das ist doch DIE Klaviersonate schlechthin. -g-


    Zitat

    Original von Caesar73
    Wie das einleitende Allegro beginnt das finale Rondo mit einer wiegenden tänzerischen Figur im Bass. Wenn man irgendwelche Anklänge an ländliche Heitkeit in dieser Sonate suchen möchte, dann wohl am ehesten in diesem Satz


    Wie? Also tänzerisch habe ich die Basstöne noch nie empfunden.
    Eher "hineinziehend", "gänsehautverursachend", unheimlich, dunkel.


    Zitat

    Original von Caesar73
    aber das ist eine Frage des subjektiven Empfindens.


    ach so, ja, ist wohl so.


    Zitat

    Original von Caesar73
    Aufnahmen der Pastorale gibt es ebenso wie bei den anderen bekannten Sonaten Beethovens in Hülle und Fülle, eine Empfehlung fällt deshalb nicht leicht.


    stimmt!


    Zitat

    Original von Caesar73
    Von den neueren Aufnahmen sind mir zwei besonders im Gedächtnis geblieben: Die Ronald Brautigams und die Gerhard Oppitz´.


    Ich habe Backhaus, Gulda und Barenboim.
    Gefallen mir eigentlich alle recht gut, wobei ich aber glaube, dass es irgendwo da draußen bestimmt noch bessere Aufnahmen gibt.
    Brautigam und Oppitz werde ich bestimmt noch versuchen.


    Zitat

    Original von Caesar73
    Aber dazu spätter mehr. Zuerst würden mich Eure Erfahrungen interessieren. Welcher Aufnahme würdet Irh den Vorzug geben. Welchen Stellenwert hat Opus 28 für Euch unter den Sonaten des Komponisten?


    Ist meine lieblings Beethoven Sonate. :)
    Zu den Gründen kann ich jetzt nicht viel schreiben, ich finde sie einfach musikalisch rund, perfekt und gefühlvoll, vom ersten bis zum letzten Satz, von der ersten bis zur letzten Note.

  • Lieber Caesar!
    Danke für diesen thread.
    Habe folgende Aufnahmen dieser lyrischen, wunderschönen Sonate:
    Gulda
    Brendel
    ja, und dann diese, die ich auch für Gould-Hasser (da gibt es in diesem Forum leider zuviele) empfehlen kann.

    Für meinen Geschmack hat Gould hier den lyrischen, unaufgeregten Charakter dieser Sonate am besten getroffen.
    :hello:

  • Zitat

    Original von flotan
    Für meinen Geschmack hat Gould hier den lyrischen, unaufgeregten Charakter dieser Sonate am besten getroffen.


    Beim Mitsingen oder auf dem Klavier? :D


    :hello: Andreas

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  • Zitat

    Original von Fugato


    Gibt es etwas Monotoneres als die Wiederholung eines einzigen Tones in gleichen Notenwerten über etliche Takte?


    Das d wird 9 takte lang wiederholt, dann nochmal 15 eine Oktave höher. Wiegend ist der Charakter m.E. schon ein wenig, aber nicht wegen des Bass-Ostinatos, sondern wegen der Melodie des Hauptthemas.


    Zitat


    Das haben langsame Sätze im Vergleich zu schnellen so an sich :D


    Nciht zwangsläufig. Gerade hier hat das Andante durch die kleinen Notenwerte und die Artikulation einen eher weniger ruhigen Charakter als der Beginn des Kopfsatzes. (Man fühlt den Kopfsatz in ganzen 3-/4-Takten, das 2/4-Andante in Achteln, die eher etwas schneller sein sollten)


    Zitat


    Das stimmt nicht - die Bassfigur im ersten Satz ist weder wiegend noch tänzerisch (siehe oben).


    Die Gemeinsamkeiten zwischen den Satzanfängen sind m.E dennoch offensichtlich, selbst wenn es im Kopfsatz ein Ostinato auf einem Ton und hier eins mit "Zwischennoten" ist. Auch hier fällt 15 Takte lang auf jede Hauptzählzeit ein d im Bass.


    Ich mag die Sonate sehr; sie ist mit Abstand mein Favorit unter op. 22-28. Ich wollte selbst vor einigen Wochen mal einen Thread dazu starten, bin aber nicht dazu gekommen. Ich habe u.a. Gulda, Gould und Gilels. Letzterer ist etwas zu langsam, besonders im Kopfsatz, auch das andante nimmt er eher ernst als spielerisch. Gulda gefällt mir sehr. Auch Gould ist hier gut, es ist offenbar eine der Sonaten, die er wirklich geschätzt hat. Ich werde demnächst mal in einige reinhören und berichten.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat


    Zitat: Original von flotan
    Für meinen Geschmack hat Gould hier den lyrischen, unaufgeregten Charakter dieser Sonate am besten getroffen.
    Beim Mitsingen oder auf dem Klavier?


    Andreas


    1. Ich hoere das Mitsummen kaum, und wenn,
    2. stoert es mich ueberhaupt nicht...


    Aber wie auch Johannes schon schreibt, glaube auch ich, dass speziell bei dieser Sonate Gould ganz besonders spielt. Muss mal schauen, ob ich etwas auf youtube finde....

  • Zitat

    Welchen Stellenwert hat Opus 28 für Euch unter den Sonaten des Komponisten

    Als Student habe ich diese Sonate sehr gerne gespielt, ja sogar geübt. Die Oktavensprünge im 4. Satz sind ein bisschen heikel. Aber sonst zählt sie ja eher zu den leichteren Sonaten von Beethoven.Mir ist der Begriff Pastorale dazu eingefallen, bevor ich erfahren habe, dass es so etwas wie diese halboffizielle Bezeichnung gibt.Später hat dann die #30 diese Sonate in ihrer Bedeutung für mich abgelöst.Sie ist einfach schönliebe Grüße, Hans

    Eine Signatur, die ich 1990 verwendet habe:
    "Better to create than to consume"

  • Meine absolute Vorzugsvariante:


    A. Schnabel, rec. 1933
    Ein völlig natürlicher Fluss der Musik, wie ihn auch Schnabel nur in seinen besten Aufnahmen erreicht hat!



    erwähnen möchte ich auch noch folgende Zeilen von H. Neuhaus ("aus dem Buch "Die Kunst des Klavierspiels"):


    Skrjabin liebte ganz besonders Beethovens "Pastoral"-Sonate op.28, und es ist auch klar warum: Schon die ersten Takte mit ihren weichen dissonierenden Harmonien auf den starken Taktteilen kommen dem harmonischen Denken Skrjabins entgegen. (S.178)

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)