Opera Lille Händel Giulio Cesare Emmanuelle Haim /McVicar

  • Ich kam gestern in den Hochgenuss einer Aufführung des Guilio Cesare von Händel.


    Concert d'Astrée unter Emmanuelle Haïm
    Inszenierung: David McVicar
    Cesare: Sonia Prina Alt
    Cleopatra: Anna Christy Sopran
    Cornelia: Charlotte Hellekant Alt
    Sesto: Tuva Semmingsen Mezzo
    Tolomeo: Christophe Dumaux Counter
    Achilla: Simon Bailey Bass
    Nireno: Rachid Ben Abdeslam Counter


    Diese Aufführung war neben einer Poppea unter Renée Jacobs das Beste was ich bisher an LIVE-Barock gesehen habe und ich bin so begeistert, dass mir die Worte fehlen. :jubel::jubel: :jubel:
    Das will bei mir was heissen!
    Die Lebendigkeit und Farbigkeit und das Riesenengagement der Mitwirkenden hat auch dauernden Szenenapplaus provoziert und so dauerte das Ganze nochmal 20 minuten länger als ohnehin schon geplant also weit über 4 Stunden. No problem, man hat es nciht gemerkt!
    MCVicar hat eine dezente Umdeutung der Szenerie in ein koloniales Ägypten ANGEDEUTET, aber ohne politisch scihtbare Intention. Caesar hätte theoretisch auch Napoleon sein kônnen, das war aber eher Lokalkolorit als Aussage.
    Musik und Freude an derselben standen absolut im Vordergrund und eine wahrhaft überbordende Spiel und Tanzlust setzte Händels wahrhaft überbordende Ideenvielfalt ins genau richtige Licht.
    Das war Barock at his best: sinnenfroh und farbig, Verzeiflung und Jubel nebeneinander. Komik und tiefes Gefühl Seite an Seite. Dass diese Oper aus lauter Juwelen besteh, ist mir nochmal so richtig bewusst geworden und bei meinem nächsten Opernvoting wird sie oben auf der Liste sein.
    Emmanuelle Haïm hat im Orchestergraben fast mitgetanzt und ist nun nach der Geburt ihres Kindes endlcih wieder da und das in bester Form!
    Bis auf einge Schwaechen bei den Blechblaesern gibt es musikalisch fuer mich nichts auszusetzen!


    Das Einige der Sänger neben ihrer hochvirtuosen Gesangspartie auch noch auf professionellen Niveau tanzen und spielen konnten, hat mich wirklich zutiefst beeindruckt. Allen voran hier zu nennen Anna Christy als Cleopatra!
    Stimmlich sich fand ich sie eigentlich eher "normal" und durchschnittlich gut,mit eienr typischen Souberettenstimme. Aber ihre darstellerische und tänzerische Leistung war einzigartig und sie hat die etwas zickige und unwiderstehliche femme fatal Cleopatra mit ganz neuen Dimensionen auf die Bühne gebracht. :jubel: :jubel: :jubel:
    Bei ihrer grossen Arie "Piangero la sorte mia" fehlte mir ein bisschen das Herzzereissende, aber dafür hat dann umso mehr das herrliche Timbre der jungen norwegischen Mezzo Tuva Semmingsen gesorgt mit "Cara speme" (ich war den Traenen nah!) und ihrem verzweifelten Duett mit Cornelia " Son nato a sospirar" auch genug für die Traenendruese geboten. ;)
    Ganz besonders ans Herz lege ich auch den Cesare der Italienerin Sonia Prina. Sie hat eine Partie bewältigt, die für den weltberühmten Senesino geschrieben wurde und die an Gesangskunst wirklcih alles abverlangt, was nur abverlangt werden kann. :untertauch:
    Da ich sie schon als echten Koloraur Alt aus Paris mit Rossini kannte, wusste ich bereits um ihr herausragendes Talent. Auch an Bühnentemperament und Schauspielkunst steht sie einer Bartoli kaum nach und wird mit Sicherheit noch viel von sich hören machen. Sie ist aber ein echter ALT und kein Mezzo. :jubel: :jubel: :jubel:
    Insgesamt ein spektakulaeres Opern- Erlebnis, fuer das ich sehr dankbar bin. am Samstag gibt es noch eine letzte Aufführung. Es lohnt fast jede Anreise,würde ich mal sagen....... :yes: :yes: :yes:


    eine barock delirierende Fairy Queen :angel:

  • Ich freue mich für dich und möchte dein Lob auf keinen Fall beschmutzen, aber ich finde es schade, dass man für die Rolle des Giulio Cesare keinen männlichen Alt gefunden hat. Es gäbe dann doch relativ viele.

  • Lieber cmd, besser als Sonia Prina hätte das meiner Ansicht niemand machen können und daher bin ich's zufrieden, dass Senesino nicht durch einen Altisten "ersetzt" wurde. Der Klang eines Kastraten und eines Altisten schient ohnehin keineswegs derselbe zu sein ,(wie man mir fachlicherweise erklärte) von daher dürfte das historische Argument nicht so zählen.
    Und zumal ich ohnehin lieber weibliche als männliche Alt-Stimmen höre und mit zwei Countern in dieser Produktion schon "ausgelastet" war.Diese beiden hatten eher eine buffomâssige Kontur in der Inszenierung und haben das wunderbar gemacht.
    Vielleciht sollte Caesar sich dagegen als eine seriösere Figur abheben? ?(


    Was ich neu dazugelernt habe: im Programmheft stand, dass in den 20iger Jahren Hândels Opern in Deutschland aus einem Dornröschenschlaf geweckt wurden und dann aber die Rollen der Altisten und Counter eine Oktave tiefer in Bass-Lage gesetzt wurden und aus der Mezzo-Hosenrolle ein Tenor wurde. Also ein Sopran(Cleopatra) ein Tenor(Sesto) und alle Anderen Baritone/Bässe. Mit den extremen Koloraturen und dem Gleichgewicht Stimmen/Orchster muss es ganz furchtbar gewesen sein und daher kein grosser Erfolg beschieden. Im Programm steht, Cesar als Bass habe dannz.B. geklungen, wie ien Mann mit Halsschmerzen der im Badezimmer gurgelt....... :untertauch:
    Wenn man bedenkt, dass der Koloraturbass nciht eben ein häufiges Stimmfach ist, scheint das sogar realistisch auch wenn ich nciht weiss woher Herr Winton Dean diese Infos hat.


    Die morgige letzte Vorstellung ist übrigens leider ganz ausverkauft. Ich habe eben angerufen um noch eine Karte zu ergattern..... X(


    Fairy Queen

  • Na gut, ein Kastrat hat natürlich mehr nach einer Frau geklungen, als ein Countertenor oder Altus. Ich kenne die Rolle nicht. Ist es wirklich eine Altlage? Dann wäre der Kastrat doch schon fast wegzuschließen, da die meist doch Sopräne waren... vielleicht irre ich mich da auch, natürlich wird es da auch Alti gegeben haben. Aber es wurde dann wohl doch eher die besonders hoch singenden Knaben...

  • Lieber CMD ,der Caesar ist wirklich eine Alt-Rolle und Senesino war offenscheinlich ein Alt-Kastrat. Es gab Sopran und Alt-Kastraten. In dem Film Farinelli wurde versucht, den Klang zu rekonstruieren.
    Wie es WIRKLICH klang, werden wir wohl nciht erfahren, aber mir scheint es logisch, dass eine Stimmfarbe als Folge von HORMONEN anders klingt als eine Stimmfarbe aufgrund mit anderen Hormonen und infolge reiner Gesangstechnik . Da ich aber kein Kastrat und auch kein Counter bin, ;) kann ich leider keine Erfahrungsberichte liefern. Vielleciht tut das ja jemand anders, der mehr Ahnung von dieser Materie hat.
    Ich persönlich mag einfach das warme Timbre einer weiblcihen Altstimme lieber hôren.


    Fairy Queen :angel:

  • Ja, den Film kenn ich.
    Nun, ich selbst bin Sopran, klinge auch so wie eine Frau. Das ist mir schon tausende Male gesagt worden - find ich auch nicht schlimm. Und wie sehr nun diese Hormone mitspielen... hm... ich kann schon eindeutig bestimmen, männlich zu sein. :P