Grammophon kaufen

  • Hallo liebe Schellackfreunde,


    ich möchte mir ein altes Trichtergrammophon kaufen. Wo gibt's Händler, die sich darauf spezialisiert haben? Auf was muss ich achten? Wie oft muss man die Nadel wechseln?


    LG,


    Knuspi

  • Hallo Knuspi,


    hier findest Du einen Link zu Schellackrelevanten Seiten.


    Besonders vorsichtige Musikhörer haben seinerzeit die Nadel nach jeder Plattenseite gewechselt.


    Aber: willst Du Dir ein Grammo zulegen, um damit Platten zu hören? Das dürftest Du in besserer Qualität tun, wenn Du die Schellacks auf einem Plattenspieler abspielst. Mittlerweile haben die auch immer öfter wieder die Einstellung für 78 rpm (ich würde allerdings eher einen gebrauchten Braun aus den 1970ern für so was nehmen; bei den durch die Geschwindigkeit obwaltenden Kräften ist ein mittelschwerer Tonarm nichtg verkehrt).


    Nur normale Nadeln kannst Du nicht verwenden; die offizielle Verrundung für Schellacks liegt bei 65 mµ. Das gilt vor allem für Platten, die nach 1945 hergestellt wurden (und die, aufgrund einer anderen Konsistenz des Pressmaterials Grammophone nicht sonderlich mögen). Für alles, was davor produziert wurde, ist eine Nadelverrundung zwischen 9o und 120 mµ ideal. Herr Schlechter von Radio Schlechter am Gereonnswall kann Dir entsprechendes besorgen. Alternativ wirst Du bei PhonoPhono in Berlin fündig.


    Ich selbst freue mich daheim an einem neu erworbenen Album mit Heinrich Schlusnus-Schellacks. Die werden auf einem Braun PS 500 mit einem Shure-System abgespielt und klingen erheblich besser als von einem Grammo. Dies nur so als Tip.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Vielen Dank Thomas,


    ich wollte schon als Kind immer so ein Teil haben - ebnso ein Polyphon. Ja und ich wollte es auch wirklich in Gebrauch nehmen. Schellacks auf "normalen" Plattenspielern empfinde ich als nicht so schön. Aber vom Klang besser?


    Bzgl. Schlussnus: Habe seine Interpretation des Spielmanns aus Königskinder. Wunderschön!!!! Als Jugendlicher war ich häufig im Theatermuseum. Da sprach mich mal jemand an, der aufmerksam wurde, wie ich mir die ganzen alten Schinken zu Sängerlegenden aus den Regalen fischte. Er hatte zu hause eine ganz wunderbare Sammlung an Schellackplatten!!!!!


    LG,


    Christoph

  • Hallo zusammen,


    der deutschlandweit wohl führende Experte in Sachen Grammophone ist hier zu erreichen:


    http://www.grammofon.de/home.htm


    Der Mann hat eine äußerst sehenswerte Sammlung, die er demnächst auch in einem würdigen Rahmen präsentieren wird. Von Köln aus ist das nicht sehr weit.


    Bei mir werden Schellacks mit dem Dual 1219 bzw. 1229 und einem Shure 75-System mit Schellacknadel widergegeben. Das klingt auch an eine modernen Stereoanlage noch gut.


    Gruß
    Holger

    Die Wahrheit liegt hinter dem Denken.

  • Leider habe ich diesen Thread erst jetzt gefunden.


    Ich bin nicht der Meinung, daß die Wiedrgbe ALTER Schellackplatten - speziell solcher vor 1925 über einen elektischen Tonabnehmer besser klingt. Die Verzerrung des Trichters täuschst beispielsweise bei Caruso Platten Höhen vor wo theoretisch gar keine sind.


    An Trichtergramophonen gibt es meiner Erinnerung nach ca 3 Sorten.


    A:
    Das ECHTE Trichtergrammophon mit kunstvollbemaltem Hotz trichter oder Messingtrichter. Diese sind relativ teuer (meiner Einschätzung nach etwa um die 1500 Euro)


    B:
    Fälschungen, von Kennern in USA auch Grapophones genannt
    Diese werden in Indien gefertigt und sind keine historisch korrekten Kopien. Zudem Verfügend sie in der Regel über einen zu schwachen Motor, der für Reisegrammophone gedacht war und den schweren Trichter nicht aushält.
    Diese Stücke werden in der Regel um ihre Authentzität zu bestätigen mit einem gefälschten altertümlichen HIS MASTERS VOICE-Logo versehen. Wenn ein echtes Trichtergerammophon um 200 oder 300 Euro angeboten wird, dann ist zumeist Vorsicht angebracht....
    Entweder der Verkäufer ist sehr eunfältig oder aber (zumeist) sehr raffiniert....
    Die Motoren sind in Indien noch immer in großer Stückzahl verfügbar, weil REISEGRAMMOPHONE in indien bis in die sechzigerjahre Produziert wurden, da viele Gegenden noch ohne Strom waren....


    Mehr info zum Crapophone (von englisch Crap = Schei.....) hier



    C: Reisegrammohone
    Es gibt sie seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Der Trichter ist im Gehäuse eingebaut, der Klang dementsprechend baßschwach - aber für Unterhaltungsmusik ausreichend. Solche Stücke sind um verhältnismaßig wenig Geld auf Flohmärkten und beim Altwarenhändler zu bekommen - nicht immer im optimalen Zustand...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Grammos - wenn man anfängt sich dafür zu interessieren - sind ein Fass ohne Boden. Das fängt schon damit an, dass auch die Trichtergrammophone alle unterschiedlich klingen (abhängig vom verwendeten Material und Konstruktion der Tonabnehmer/Tonarme). Die verwendeten Nadeln (bis heute werden sie hergestellt) spielen auch eine Rolle. Bei einer Auktion ist mir auch schon einmal ein Grammo untergekommen, bei dem man mit zwei Armen und zwei Trichtern - beide Tonabnehmer waren gleichzeitig aber mit einem bestimmten Abstand voneinader auf der Platte - versucht hat, einen Stereo-Effekt zu erzielen.


    Die Qualität der Platten wollen wir dabei nicht vergessen: die Rezeptur der Masse, aus der die Platten gepresst wurden, variierte von Unternehmen zu Unternehmen (die laufruhigsten Platten, die ich kenne, wurden von RCA-Victor im Amerika der späten 1930er Jahre hergestellt). Aber auch die billig-Varianten gab es: Platten mit einem Kern aus Pappe. Ob dadurch das an sich spröde Material daran gehindert werden sollte, auseinanderzuspringen, wenn es zu Beschädigungen kam?


    Elektro-Motoren für die Grammos kamen in den 1930er Jahren (ebenso die elektrische Schallverstärkung). Die traditionelle Alternative - ich bitte um Korrektur, wenn ich mich irre - waren entsprechend starke Uhrwerke. Das galt auch für die Aufnahme. Mit Geschwindigkeitsschwankungen ist hier zu rechnen (bei den Grammos gibt es zumeist die Möglichkeit, die Geschwindigkeit zwischen 70 und 80 Umin zu variieren. 80 war wohl eine Standardgeschwindigkeit von Pathe. Hier aber Vorsicht: die alten Platten von Pathe wurden von innen nach aussen abgetastet. Da nützt ein klassisches Grammophon wenig.


    Freilich, die Dinger konnten verdammt gut klingen. Alles eine Frage des Preises. Der Standard war aber eher quäkig.


    Will man die alten Schellack-Platten so abtasten, dass der Klang optimal ist, so muss man einigen Aufwand betreiben. Das liegt daran, dass sich der Rillenschnitt im Laufe der Jahre geändert hat. Um die Rillen optimal abzutasten heisst das Zauberwort Nadelverrundung. Und diese Nadeln muss man sich schleifen lassen (es gibt tasächlich zwei Anbieter dafür). 90µ reichen in aller Regel, für die von Alfred genannten Platten vor 1925 sollten es eher 120µ sein. Wer das Geld für die Mono-Abtaster von Ortofon (SPU) nicht investieren mag, ist mit Shure ganz gut bedient. Ein Stereo-Abtaster sollte allerdings mono-verschaltet werden. Musik mono und Rauschen stereo? Fürchterlich!


    1927 beginnt die elektrische Schallaufzeichnung. Bei diesen Platten hat IMO die elektrische Abtastung (die es damals auch schon gab) eine klaren akustischen Vorteil. Um diesen Vorteil auch bei den älteren Platten zu erreichen muss ein ziemlicher Aufwand betrieben werden. Der allerdings für weniger Geld zu haben ist als ein richtig gutes Trichtergrammophon (für das ich ja auch einen entsprechend versierten Mechaniker brauche).


    Nun hört aber auch jeder anders. Entsprechende Hörvergleiche hier anzustellen dürfte wohl schwierig sein.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Also, ich denke zwar, dass der Grammophonkauf schon stattgefunden hat, trotzdem für Mitleser, die jetzt über eine Anschaffung nachdenken: ich empfehle ein gutes Koffergrammo aus den frühen 30ern bei Ebay zu ersteigern (His Masters Voice ist die beste Marke) und dazu unbedingt Orginalnadeln - auch die kann man bei Ebay bekommen. Es gibt zwar zeitgenössische Nadeln in Tütchen zu je 100 oder 200 billig zu erwerben, aber die sind unter aller Würde, ruinieren die Platten in erster Linie und klingen schlecht. Die Orginalnadeln in möglichst noch versiegelten Dosen aus der Vorkriegszeit sind zwar teilweise recht teuer (200 Stück so um die 30 Euro), aber die bessere Wahl.
    Alternativ kann man sich einen Reiseplattenspieler aus den 50ern zulegen (am Besten Philips oder Telefunken), der eine Wechselnadel im Abnehmer hat: eine Seite Rubin, andere Seite Stahlnadel für Schellack.


    Moderne Plattenspieler mit 78 Umdrehung mögen zwar ein klanglich besseres Ergebnis erzielen, aber Schellack auf den Orginalgeräten abzuspielen ist sozusagen HIP. :beatnik: --- Und nicht vergessen: nach jeder Plattenseite die Nadel wechseln (ernsthaft).

  • Hallo Florian,


    bei den von Alfred angesprochenen Platten aus der Zeit vor 1927 wird bei auf Plattenspielern der 1950er Jahre wenig Freude aufkommen. Die waren für die Nachkriegsplatten optimiert: andere Masse, engerer Schnitt, Nadelverrundung 65µ. Diese Platten auf einem Grammo abzuspielen dürfte sie schnell ruinieren. Die neue Pressmasse sorgte zwear für einen besseren Klang, war aber auch empfindlicher.


    Stahlnadeln hatten die Wechselnadelträger nicht; wie gesagt, der Unterschied lag im Schliff.


    Charme hat so ein Grammo in der Tat allemal. Ich persönlich habe früher auch auf die Koffergrammophone geschielt, fröne heute dem Morbus Schellackensis aber mit modernen Plattenspielern.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Hallo Thomas,
    habe an Dich als Schellackexperten mal eine Frage.Wieviele Spielstunden kann man nach Deiner Erfahrung einen Saphier ohne wesentliche Gefährdung der Platten verwenden ? (natürlich setzte ich das Abspielen einigermaßen intakter Platten voraus - für stark abgenutzte,gesprungene,geklebte Platten benutze ich ohnehin eine länger strapazierte Nadel)
    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.

  • Hallo Santoliquido,


    ganz ehrlich, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Das Abtastgewicht liegt bei mir bei maxim. 3 p, das Antiskating ist entsprechend justiert. Soviel Komfort haben die Platten früher nie gehabt. Nach meiner Einschätzung dürfte von heutigen Abtastern für die alten Platten keine Gefahr mehr ausgehen. Da drohen von anderer Stelle größere Gefahren (unsachgemäße Reinigung etwa).


    Zitat

    stark abgenutzte,gesprungene,geklebte Platten


    Das sind allerdings Platten, bei denen ich umgehend nach Ersatz suche, die ruinieren nämlich ihrerseits die Nadeln.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Hallo, Thomas!


    Ich bin zufällig in diesen Thread gerutscht. Sehr interessant! Da ich begeisteter Schellackhörer bin, habe ich auch mehrere Plattenspieler mit speziellen Nadeln ausgerüstet. Ich besitze z.Zt. über 600 Schellacks und es macht mir Freude diese zu hören. Kein Vergleich mit alten Grammophonen. Schon durch deren hohes Auflagegewicht werden die Platten "ausgefräst". Mit meinen Thorens und Dual-Playern abgespielt klingen die Schellacks wirklich gut und ich habe weniger Störgeräusche.


    Gruß Wolfgang

    W.S.